2 1. Den Städten, denen heute die Verfügung über ihre Straßen (Gassen, Wege, Plätze) zusteht, mögen sie hiebei an die Bewilligung einer höheren autonomen Behörde gebunden sein oder nicht, muß dieses Recht sowohl gegenüber allen Elektrizitätsunternehmungen anderer physischer oder juristischer Personen als auch gegenüber der k. k. Staatstelegraphen=Ver¬ waltung uneingeschränkt gewahrt bleiben. Daher sollen sie oder die höheren autonomen Behörden auch in Hinkunft ge¬ gebenenfalls über die Benützung von Gemeindestraßen und die hieran zu knüpfenden Bedingungen ohne irgendwelche Einflußnahme staatlicher Behörden zu entscheiden haben. Doch muß den Elektrizitätsunternehmungen einer Stadt im Gebiete anderer Gemeinden, die nach der jeweils letzten Volkszählung eine Zivilbevölkerung von weniger als 25.000 Einwohner besitzen, die Benützung aller öffentlichen nicht ärarischen Straßen (Gassen, Wege, Plätze) für Einrichtungen zur Fortleitung und Verteilung elektrischer Energie gegen angemessene Entschädigung gestattet werden, soferne hiedurch keine dauernde Beeinträchtigung des Gemeingebrauches eintritt. Ueber die Zuerkennung dieses Benützungsrechtes soll die nach der Landesgesetzgebung kompetente autonome Behörde zu entscheiden haben. 2. Den Elektrizitätsunternehmungen der Städte sind Beschränkungen und Lasten, wie: Begrenzung der Konzessions¬ dauer, Betriebspflicht, Kontrahierungszwang, Maximaltarif, staatliches Heimfalls= und Einlösungsrecht nicht aufzuerlegen. 3. Diesen Elektrizitätsunternehmungen soll zugestanden werden: a) ein Enteignungsrecht hinsichtlich der im Privateigentume stehenden unbeweglichen Sachen für alle Anlagen zur Er¬ zeugung und Umwandlung, sowie für alle Einrichtungen zur Fortleitung, Verteilung und Abgabe elektrischer Energie. Das Enteignungsrecht soll ähnlich wie für Eisen¬ bahnen (Gesetz vom 18. Februar 1878, R.=G.=Bl. Nr. 30 geregelt, die Entschädigung aber mit dem Vorbehalte ge¬ richtlicher Schätzung im Verwaltungswege ermittelt werden; b) das Recht auf Benützung der Reichs=, Bezirks= und Landes¬ straßen ohne Entschädigung, aber ohne dauernde Beein¬ trächtigung des Gemeingebrauches. Privaten Elektrizitätsunternehmungen soll das gleiche Benützungsrecht nur mit Zustimmung der Stadtgemeinde, in deren Gebiet die betreffende Strecke der Reichsstraße liegt, eingeräumt werden; e) wahlweise neben dem unter a) bezeichneten Rechte das Recht auf unentgeltliche Benützung fremden Privateigen¬ tumes, und zwar unverbauter Grundstücke und der Außen¬ seite von Gebäuden für Einrichtungen zur Fortleitung, Verteilung und Abgabe elektrischer Energie, wobei dem Eigentümer und sonstigen Benützungsberechtigten für die durch Bau= und Erhaltungsarbeiten entstehenden Ver¬ mögensnachteile voller Ersatz geleistet werden und der ordnungsmäßige Gebrauch des Gebäudes oder Grundstückes durch den Bestand der erwähnten Einrichtungen nicht ge¬ hindert werden soll. 4. Den Elektrizitätsunternehmungen einer Stadtgemeinde soll — unbeschadet erworbenen Rechten — innerhalb ihres Gemeindegebietes das unbeschränkte und ausschließliche Recht zur Abgabe von elektrischer Energie an Dritte zustehen. Hie¬ von soll nur die Energieabgabe an Eisenbahnen ausgenom¬ men sein. 5. In Betreff der privaten Elektrizitätswerke soll den Stadtgemeiden ein Einlösungsrecht zuerkannt werden. Dasselbe soll entweder der Stadtgemeinde, in deren Gebiet der Ver¬ brauch an elektrischer Energie mindestens dreiviertel der ge¬ samten Stromabgabe der Unternehmung beträgt, oder wenn mehrere Stadtgemeinden in Frage kommen und bei keiner von ihnen diese Voraussetzung zutrifft, allen diesen Städten zur ungeteilten Hand zustehen. Die Einlösung soll nach dem Schätzwerte ohne Berück¬ sichtigung des Ertragswertes geschehen. 6. Den Elektrizitätsunternehmungen der Städte soll mit Rücksicht darauf, daß der erzielte Reingewinn nur öffent¬ lichen Zwecken zufließen kann, die unbeschränkte Befreiung von Steuern und Gebühren gewährt werden. 7. Für die Begutachtung elektrischer Starkstromanlagen ist ein Elektrizitätsrat einzusetzen und den Städten darin eine entsprechende Vertretung einzuräumen. 8. In dem neuen Elektrizitätsgesetze soll auf die gesetz¬ liche Regelung der Fragen, die sich auf das Zusammentreffen von Starkstromleitungen miteinander oder mit Schwachstrom¬ leitungen beziehen, Bedacht genommen werden. Ferner sollen strafrechtliche Bestimmungen über den Schutz der Elektrizitätsanlagen gegen unberechtigte Eingriffe und Störungen und wegen Bestrafung unerlaubter Entziehung elektrischer Energie getroffen werden. 9. Die k. k. Regierung wäre aufzufordern, daß sie baldigst das Regulativ über Ausführungen von Einrichtungen zur Fortleitung und Verteilung elektrischer Energie erlasse. Diese Petition wäre in Druck zu legen und an alle Reichsratsabgeordnet n zu versenden, in deren Wahlbezirk eine der im Städtetage vertretenen Städte gelegen ist. Ueber Antrag des Herrn G.=R. Kollmann wird Herr Bürgermeister ermächtigt, diese Petition dem Herrn Abgeord¬ neten Erb mit dem Ersuchen um Vertretung zu übermitteln. Ueber den neuen Gesetzentwurf betreffend die Gebände¬ steuer wurde in ziemlich scharfer Form gesprochen, weil das Gesetz nicht das bringe, was man erhoffe. Das Hauptbedenken des VI. Städtetages richtete sich gegen die Bestimmung des Ent¬ wurfes über die Baufreijahre, wonach die Steuerfreiheit der Neubauten von 12 auf 6 Jahre herabgesetzt, dafür aber eine teilweise Befreiung auch von autonomen Zuschlägen ausgedehnt werden sollte. Diese Bestimmung, durch welche die Kosten der Steuerreform zum großen Teile den autonomen Verbänden aufgebürdet würden, wurde vom Städtetag mit Rücksicht auf die finanzielle Lage der Gemeinden als unannehmbar bezeichnet. Die Regierung hofft, daß die Herabsetzung der Gebäudesteuer in der Weise durchgeführt werde, daß die von der Gebäudesteuer berech¬ neten Umlagen vom Lande und der Gemeinde ermäßigt werden, und zwar im gleichen Prozentsatze wie von der Regierung. Gegen diese Idee habe man Stellung nehmen müssen, weil die Städte ohnehin mit den heutigen Einkünften ungemein schwer ihr Auslangen finden und für den Ausfall der früher umlage¬ pflichtigen Personaleinkommensteuer bis jetzt noch keinen Ersatz zugewiesen erhalten haben. Es wurde daher folgende Resolu¬ tion gefaßt und auch angenommen: Der Städtetag erklärt auch den neuen Gesetzentwurf be¬ treffend die Gebäudesteuer mit den finanziellen Interessen der autonomen Körperschaften, insbesondere der größeren Städte für unvereinbar. Der Städtetag hält es für notwendig, daß bei einer Herabsetzung der staatlichen Gebäudesteuer Bestimmungen ge¬ troffen werden, durch welche die autonome Berechtigung der Gemeinden zur Erhebung von Zuschlägen im bisherigen Um¬ fange gewahrt wird. Wertzuwachsstener: Der am 18. und 19. November 1908 stattgehabte VI. österreichische Städtetag hat in Angelegenheit der Einführung der Wertzuwachssteuer für die Gemeinden einen vom ständigen Ausschusse bezw. dem bezüglichen Komitee ausgearbeiteten Ent¬ wurf eines Rahmengesetzes angenommen, welcher der k. k. Re¬ gierung mit dem Ersuchen zu überreichen war, dieses Rahmen¬ gesetz den Landtagen der einzelnen Kronländer als Regierungs¬ vorlage zur Beschlußfassung vorzulegen. Die Antwort der Regierung auf diese Aktion des Städtetages ist bereits erfolgt, jedoch in einer die Gemeinden keineswegs befriedigenden Weise, denn die Regierung hat bei den einzelnen Landtagen zwei Gesetzentwürfe eingebracht, von denen der eine die Einhebung einer Wertzuwachssteuer als Landesabgabe unter Beteiligung der Gemeinden vorsieht, der andere die Einführung einer Gemeinde=Wertzuwachssteuer allein für den Fall enthält, als das Land von der Einhebung einer Landes=Wertzuwachssteuer absieht. Es erscheint demnach beabsichtigt, die Wertzuwachssteuer in erster Linie zur Sanierung der notleidenden Landesfinanzen zu verwenden, eine Maßnahme, welche weder recht noch billig ist und dem auf dem VI. Städtetage gefaßten Beschlusse, welcher die Einführung der genannten Steuer lediglich als Gemeinde¬ abgabe beinhaltet, vollkommen zuwiederläuft. In den „Bemerkungen“ zu den in Rede stehenden Gesetzentwürfen der k. k. Regierung anerkennt dieselbe selbst daß die Gemeinden durch ihre Vorkehrungen und Einrich¬ tungen gewiß einen wesentlichen Anteil an den eingetretenen Wertsteigerungen und daher auch ein Recht auf den Ertrag einer Besteuerung des Wertzuwachses besitzen, sowie daß gesetz¬ technisch die fragliche Besteuerung am einfachsten und sichersten
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2