Ratsprotokoll vom 16. Dezember 1910

Rats-Protokoll über die ordentliche Sitzung des Gemeinderates der k. k. l. f. Stadt Steyr am Freitag den 16. Dezember 1910. Tages=Ordnung: Mitteilungen. I Sektion. (Sektions=Sitzung Montag den 12. Dezember um 9 Uhr vormittags.) 1. (Vertraulich.) Gesuche um Aufnahme in den Gemeinde¬ verband und Bürgerrechtsverleihung. 2. Antrag des G.-R. Friedrich Landsiedl betreffend er¬ mäßigter Fahrkarten nach Steyr auf der Steyrtalbahn. 3. Amtsbericht wegen Bereitstellung eines Kontumazstalles. 4. Amtsbericht bezüglich der Gemeinderatswahlen im Jahre 1911. 5. Amtsbericht wegen Festsetzung der Armenfondsgebühren pro 1911. 6. Eingabe des Institutes der barmherzigen Schwestern vom heil. Vinzenz von Paul in St. Anna um Erhöhung der dermaligen Verpflegsgebühr per 1 K 20 k um 12 h per Kopf und Tag. 7. Beschlußfassung wegen Beitragsleistung zur Vergröße¬ rung des Aasverscharrungsplatzes in Pergern. 8. Zuschrift der handelspolitischen Zentralstelle wegen Teil¬ nahme der Stadt Steyr an der Gründung einer Groß=Einkaufs¬ und Studiengesellschaft für städt. Fleischversorgung. II Sektion. (Sektions=Sitzung Montag den 12. Dezember um 3 Uhr nachmittags.) 9. Bericht über die Deckung des Gebarungsabganges aus dem Jahre 1909. 10. Ansuchen der Sanitätsabteilung vom „Roten Kreuz“ um Rückvergütung der Anschaffungskosten für eine Wasserleitung und eine Glaswand im Innerbergerstadel. 11. Gesuch des Kustos des städt. Museums um Bezahlung von 3 Morzer'sche Oelporträts. 12. Eingabe des Herrn Ritter v. Fröhlichstal wegen Maut¬ abfindung. 13. Mautabfindungs=Ansuchen des Johann Eidenberger. 14. Spendengesuche. III. Sektion. (Sektions=Sitzung Mittwoch den 14. De¬ zember um 3 Uhr nachmitags.) 15. Vergebung der Wirtsschaftsfuhren pro 1911. 16. Antrag des Stadtbauamtes wegen Bestellung eines neuen Platzaufsehers am städt. Depotplatz am Kohlanger. IV. Sektion. (Sektions=Sitzung Donnerstag den 15. De¬ zember um 3 Uhr nachmittags.) 17. Vergebung der Interessen aus der Zweithurn=Stiftung. 18. Vergebung einer Simon Zachhuber=Pfründe. 19. Vergebung der Interessen aus der Simon Zachhuber¬ schen Seidenstrumpfwirker=Pfründe. 20. Vergebung der Interessen aus der Leopold Pacher'schen Artillerie=Stiftung. 21. Verleihung von erledigten Rosenauer=Bürgerpfründen. 22. Gesuch des Josef Fuchs um eine Unterstützung aus dem Fonde des bestandenen kaufmännischen Kranken=Vereines. Gegenwärtig: Der Vorsitzende: Herr Bürgermeister Franz Lang. Der Vize=Bürgermeister Herr Leopold Köstler. Die Herren Gemeinde¬ räte: Ludwig Binderberger, Gottlieb Dantlgraber, Wilhelm Denkmayr, Leopold Haller, Karl Heindl, Josef Huber, Johann Kollmann, Friedrich Landsiedl, Josef Langoth, Hanns Millner, August Mitter, Franz Nothhaft, Viktor Ortler, Ludwig Rei¬ singer, Johann Rotter, Rudolf Sommerhuber, Peter Steinhuber, Viktor Stigler, Franz Tribrunner, Josef Tureck und Karl Wöhrer. Schriftführer: Städtischer Adjunkt Herr Johann Bayer. Entschuldigt abwesend sind die Herren Gemeinderäte Leo¬ pold Erb, Ferd. Reitter, Otto Schönauer und Gustav Stalzer. Der Herr Vorsitzende begrüßt die Herren Gemeinderäte, konstatiert die Beschlußfähigkeit des Gemeinderates und erklärt die Sitzung um 3 Uhr 10 Min. nachmittags für eröffnet. Zu Verifikatoren dieses Protokolls werden die Herren Gemeinderäte Rudolf Sommerhuber und Viktor Stigler gewählt. Mitteilungen. 1. Herr Primarius Dr. Viktor Klotz dankt für die Wieder¬ zuerkennung des Fahrpauschales per 600 K. 2. Karl Frank dankt für die Erhöhung seines Diurnums. 3. Der Bienenzüchterverein für Steyr und Umgebung be¬ dankt sich für die Subvention per 20 K und bittet zugleich um fernere Gewogenheit. 4. Die Genossenschaft der Fleischhauer in Steyr erklärt sich bereit, argentinisches Fleisch, falls ein solches nach Steyr eingeführt werden sollte, zum Vertriebe zu übernehmen. 5. Dieselbe Genossenschaft gibt über eine Anfrage der Stadtgemeindevorstehung bekannt, daß von Seite der hiesigen Fleischhauer tatsächlich ein Knochenbezug aus Wien erfolgt und zwar aus dem Grunde, weil die Knochen des von ihnen ge¬ schlachteten Viehes mit dem Fleische und um denselben Preis wie das Fleisch verkauft werden, während die bezogenen Knochen zum kreuzerweisen Verkaufe dienen. Die vorstehenden Mitteilungen werden zur Kenntnis ge¬ nommen. Herr Bürgermeister Franz Lang berichtet hierauf über die Verhandlungen des VII. österr. Städtetages in Wien am 4. und 5. November 1910 wie folgt: Die Verhandlungen des österr. Städtetages haben über 16 Stunden gedauert, weshalb der Bericht hierüber nur in Kürze erfolgen kann. Beim Städtetag waren 24 Städte vertreten und haben insgesamt 79 Delegierte teilgenommen, wovon die Stadt Wien allein durch 29 Delegierte vertreten war. Die Delegierten wurden vom Herrn Bürgermeister der Stadt Wien empfangen. Zu Vor¬ sitzenden wurden gewählt die Herren: Stadtpräsident Stanislaus Ciuchiuski aus Lemberg, Bürgermeister Dr. Franz Graf aus Graz, Bürgermeister Dr. Franz Dinghofer aus Linz und Bürger¬ meister Franz Berger aus Salzburg. Allgemein wurde bedauert, daß zwei der wichtigsten Re¬ ferate: „Die Sanierung der Finanzen der Statutarstädte" und „Die Nachwirkungen der Heimatsgesetznovelle“ entfallen mußten, da die Stadt Laibach verhindert war, diese Referate zu er¬ statten. Der Antrag auf allgemeine Einführung der mitteleuropäischen Zeit ist zur Annahme gelangt. Die Verhandlungen über die gesetzliche Regelung des Elektrizitätswesens waren sehr umfangreich und wurde hierüber folgender Antrag angenommen: Der VII. österreichische Städtetag ersucht das Präsidium seines ständigen Ausschusses den beiden Häusern des Reichs¬ rates eine Petition zu überreichen, die nachstehende Forde¬ rungen des Städtetages in Betreff der gesetzlichen Regelung des Elektrizitätswesens enthält:

2 1. Den Städten, denen heute die Verfügung über ihre Straßen (Gassen, Wege, Plätze) zusteht, mögen sie hiebei an die Bewilligung einer höheren autonomen Behörde gebunden sein oder nicht, muß dieses Recht sowohl gegenüber allen Elektrizitätsunternehmungen anderer physischer oder juristischer Personen als auch gegenüber der k. k. Staatstelegraphen=Ver¬ waltung uneingeschränkt gewahrt bleiben. Daher sollen sie oder die höheren autonomen Behörden auch in Hinkunft ge¬ gebenenfalls über die Benützung von Gemeindestraßen und die hieran zu knüpfenden Bedingungen ohne irgendwelche Einflußnahme staatlicher Behörden zu entscheiden haben. Doch muß den Elektrizitätsunternehmungen einer Stadt im Gebiete anderer Gemeinden, die nach der jeweils letzten Volkszählung eine Zivilbevölkerung von weniger als 25.000 Einwohner besitzen, die Benützung aller öffentlichen nicht ärarischen Straßen (Gassen, Wege, Plätze) für Einrichtungen zur Fortleitung und Verteilung elektrischer Energie gegen angemessene Entschädigung gestattet werden, soferne hiedurch keine dauernde Beeinträchtigung des Gemeingebrauches eintritt. Ueber die Zuerkennung dieses Benützungsrechtes soll die nach der Landesgesetzgebung kompetente autonome Behörde zu entscheiden haben. 2. Den Elektrizitätsunternehmungen der Städte sind Beschränkungen und Lasten, wie: Begrenzung der Konzessions¬ dauer, Betriebspflicht, Kontrahierungszwang, Maximaltarif, staatliches Heimfalls= und Einlösungsrecht nicht aufzuerlegen. 3. Diesen Elektrizitätsunternehmungen soll zugestanden werden: a) ein Enteignungsrecht hinsichtlich der im Privateigentume stehenden unbeweglichen Sachen für alle Anlagen zur Er¬ zeugung und Umwandlung, sowie für alle Einrichtungen zur Fortleitung, Verteilung und Abgabe elektrischer Energie. Das Enteignungsrecht soll ähnlich wie für Eisen¬ bahnen (Gesetz vom 18. Februar 1878, R.=G.=Bl. Nr. 30 geregelt, die Entschädigung aber mit dem Vorbehalte ge¬ richtlicher Schätzung im Verwaltungswege ermittelt werden; b) das Recht auf Benützung der Reichs=, Bezirks= und Landes¬ straßen ohne Entschädigung, aber ohne dauernde Beein¬ trächtigung des Gemeingebrauches. Privaten Elektrizitätsunternehmungen soll das gleiche Benützungsrecht nur mit Zustimmung der Stadtgemeinde, in deren Gebiet die betreffende Strecke der Reichsstraße liegt, eingeräumt werden; e) wahlweise neben dem unter a) bezeichneten Rechte das Recht auf unentgeltliche Benützung fremden Privateigen¬ tumes, und zwar unverbauter Grundstücke und der Außen¬ seite von Gebäuden für Einrichtungen zur Fortleitung, Verteilung und Abgabe elektrischer Energie, wobei dem Eigentümer und sonstigen Benützungsberechtigten für die durch Bau= und Erhaltungsarbeiten entstehenden Ver¬ mögensnachteile voller Ersatz geleistet werden und der ordnungsmäßige Gebrauch des Gebäudes oder Grundstückes durch den Bestand der erwähnten Einrichtungen nicht ge¬ hindert werden soll. 4. Den Elektrizitätsunternehmungen einer Stadtgemeinde soll — unbeschadet erworbenen Rechten — innerhalb ihres Gemeindegebietes das unbeschränkte und ausschließliche Recht zur Abgabe von elektrischer Energie an Dritte zustehen. Hie¬ von soll nur die Energieabgabe an Eisenbahnen ausgenom¬ men sein. 5. In Betreff der privaten Elektrizitätswerke soll den Stadtgemeiden ein Einlösungsrecht zuerkannt werden. Dasselbe soll entweder der Stadtgemeinde, in deren Gebiet der Ver¬ brauch an elektrischer Energie mindestens dreiviertel der ge¬ samten Stromabgabe der Unternehmung beträgt, oder wenn mehrere Stadtgemeinden in Frage kommen und bei keiner von ihnen diese Voraussetzung zutrifft, allen diesen Städten zur ungeteilten Hand zustehen. Die Einlösung soll nach dem Schätzwerte ohne Berück¬ sichtigung des Ertragswertes geschehen. 6. Den Elektrizitätsunternehmungen der Städte soll mit Rücksicht darauf, daß der erzielte Reingewinn nur öffent¬ lichen Zwecken zufließen kann, die unbeschränkte Befreiung von Steuern und Gebühren gewährt werden. 7. Für die Begutachtung elektrischer Starkstromanlagen ist ein Elektrizitätsrat einzusetzen und den Städten darin eine entsprechende Vertretung einzuräumen. 8. In dem neuen Elektrizitätsgesetze soll auf die gesetz¬ liche Regelung der Fragen, die sich auf das Zusammentreffen von Starkstromleitungen miteinander oder mit Schwachstrom¬ leitungen beziehen, Bedacht genommen werden. Ferner sollen strafrechtliche Bestimmungen über den Schutz der Elektrizitätsanlagen gegen unberechtigte Eingriffe und Störungen und wegen Bestrafung unerlaubter Entziehung elektrischer Energie getroffen werden. 9. Die k. k. Regierung wäre aufzufordern, daß sie baldigst das Regulativ über Ausführungen von Einrichtungen zur Fortleitung und Verteilung elektrischer Energie erlasse. Diese Petition wäre in Druck zu legen und an alle Reichsratsabgeordnet n zu versenden, in deren Wahlbezirk eine der im Städtetage vertretenen Städte gelegen ist. Ueber Antrag des Herrn G.=R. Kollmann wird Herr Bürgermeister ermächtigt, diese Petition dem Herrn Abgeord¬ neten Erb mit dem Ersuchen um Vertretung zu übermitteln. Ueber den neuen Gesetzentwurf betreffend die Gebände¬ steuer wurde in ziemlich scharfer Form gesprochen, weil das Gesetz nicht das bringe, was man erhoffe. Das Hauptbedenken des VI. Städtetages richtete sich gegen die Bestimmung des Ent¬ wurfes über die Baufreijahre, wonach die Steuerfreiheit der Neubauten von 12 auf 6 Jahre herabgesetzt, dafür aber eine teilweise Befreiung auch von autonomen Zuschlägen ausgedehnt werden sollte. Diese Bestimmung, durch welche die Kosten der Steuerreform zum großen Teile den autonomen Verbänden aufgebürdet würden, wurde vom Städtetag mit Rücksicht auf die finanzielle Lage der Gemeinden als unannehmbar bezeichnet. Die Regierung hofft, daß die Herabsetzung der Gebäudesteuer in der Weise durchgeführt werde, daß die von der Gebäudesteuer berech¬ neten Umlagen vom Lande und der Gemeinde ermäßigt werden, und zwar im gleichen Prozentsatze wie von der Regierung. Gegen diese Idee habe man Stellung nehmen müssen, weil die Städte ohnehin mit den heutigen Einkünften ungemein schwer ihr Auslangen finden und für den Ausfall der früher umlage¬ pflichtigen Personaleinkommensteuer bis jetzt noch keinen Ersatz zugewiesen erhalten haben. Es wurde daher folgende Resolu¬ tion gefaßt und auch angenommen: Der Städtetag erklärt auch den neuen Gesetzentwurf be¬ treffend die Gebäudesteuer mit den finanziellen Interessen der autonomen Körperschaften, insbesondere der größeren Städte für unvereinbar. Der Städtetag hält es für notwendig, daß bei einer Herabsetzung der staatlichen Gebäudesteuer Bestimmungen ge¬ troffen werden, durch welche die autonome Berechtigung der Gemeinden zur Erhebung von Zuschlägen im bisherigen Um¬ fange gewahrt wird. Wertzuwachsstener: Der am 18. und 19. November 1908 stattgehabte VI. österreichische Städtetag hat in Angelegenheit der Einführung der Wertzuwachssteuer für die Gemeinden einen vom ständigen Ausschusse bezw. dem bezüglichen Komitee ausgearbeiteten Ent¬ wurf eines Rahmengesetzes angenommen, welcher der k. k. Re¬ gierung mit dem Ersuchen zu überreichen war, dieses Rahmen¬ gesetz den Landtagen der einzelnen Kronländer als Regierungs¬ vorlage zur Beschlußfassung vorzulegen. Die Antwort der Regierung auf diese Aktion des Städtetages ist bereits erfolgt, jedoch in einer die Gemeinden keineswegs befriedigenden Weise, denn die Regierung hat bei den einzelnen Landtagen zwei Gesetzentwürfe eingebracht, von denen der eine die Einhebung einer Wertzuwachssteuer als Landesabgabe unter Beteiligung der Gemeinden vorsieht, der andere die Einführung einer Gemeinde=Wertzuwachssteuer allein für den Fall enthält, als das Land von der Einhebung einer Landes=Wertzuwachssteuer absieht. Es erscheint demnach beabsichtigt, die Wertzuwachssteuer in erster Linie zur Sanierung der notleidenden Landesfinanzen zu verwenden, eine Maßnahme, welche weder recht noch billig ist und dem auf dem VI. Städtetage gefaßten Beschlusse, welcher die Einführung der genannten Steuer lediglich als Gemeinde¬ abgabe beinhaltet, vollkommen zuwiederläuft. In den „Bemerkungen“ zu den in Rede stehenden Gesetzentwürfen der k. k. Regierung anerkennt dieselbe selbst daß die Gemeinden durch ihre Vorkehrungen und Einrich¬ tungen gewiß einen wesentlichen Anteil an den eingetretenen Wertsteigerungen und daher auch ein Recht auf den Ertrag einer Besteuerung des Wertzuwachses besitzen, sowie daß gesetz¬ technisch die fragliche Besteuerung am einfachsten und sichersten

in Form einer Gemeindeabgabe eingekleidet werden könnte, erklärt jedoch weiters, daß aber auch die übrigen öffentlich¬ rechtlichen Korporationen, der Staat und die Länder, durch ihre weiter ausgreifenden Organisationen der gesamten wirt¬ schaftlichen Tätigkeit im allgemeinen und des Handels und Verkehres im besonderen gleichfalls sehr erheblich zu den ein¬ getretenen Wertsteigerungen beitragen, weshalb auch ihnen der Anspruch, an dem Ertrage einer Abgabe von dieser Wert¬ steigerung teilzunehmen, nicht abgesprochen werden kann. Um diesen scheinbaren Anspruchskonflikt der drei Fak¬ toren — Staat, Land und Gemeinde — auf die neue Steuer zu lösen, muß man zunächst, was das Verhältnis zwischen Land und Gemeinde betrifft, eine Unterscheidung machen, zwischen den Landeshaupt= und größeren Provinzstädten einer¬ seits und den übrigen kleineren Gemeinden andererseits. An der Tatsache, daß der Bodenwertzuwachs in den Städten ausschließlich nur durch kommunale Investitionen, jedenfalls aber nicht durch die Aufwendungen der Länder hervorgerufen wird, kann wohl mit Recht nicht gerüttelt werden. Es wurde sodann folgender Antrag angenommen: Der Städtetag wolle beschließen, die Regierungsvorlage betreffend die Wertzuwachssteuer ist für die Landeshauptstädte und größeren Städte überhaupt unannehmbar und wird der ständige Ausschuß des Städtetages beauftragt, ehestens eine Petition an die Regierung um Zurückziehung der in Rede stehenden und Einbringung einer neuen Regierungsvor¬ lage im Sinne der heute im Gegenstande vorliegenden Aus¬ führungen einzubringen, wobei als Gesetzesentwurf für die den Städten zuzuwendende Wertzuwachssteuer der vom VI. österreichischen Städtetag beschlossene Entwurf als Grundlage zu dienen hätte. Bei Erlassung des Rahmengesetzes für die übrigen Ge¬ meinden ist eine Bestimmung zu treffen, zufolge deren in dem Zeitpunkte, als in der betreffenden Statutarstadt die Zuwachs¬ steuer gesetzlich eingeführt wird, auch die Umgebungsgemeinden zur Einführung einer solchen Steuer verpflichtet sind. Der Städtetag hat sich noch weiter mit dem Entwurfe be¬ treffend die Einführung der Wertzuwachsabgabe befaßt und ist dieser Entwurf mit der schon in Deutschland bestehenden Ge¬ setzgebung in Vergleich gebracht worden. Entwurf eines Gesetzes über Fürsorgeerziehung. Der österreichische Gesetzentwurf hat im wesentlichen fol¬ genden Inhalt: Fürsorgeerziehung ist Erziehung unter öffentlicher Auf¬ sicht und auf öffentliche Kosten zur Verhütung drohender oder zur Behebung eingetretener Verwahrlosung. Die Fürsorge¬ erziehung kann zugunsten Unmündiger und Jugendlicher, das ist Personen zwischen dem vollendeten 14. und 18. Lebensjahre, verfügt werden, wenn mangels einer anderen geeigneten Ab¬ wehrmöglichkeit die öffentlich=rechtliche Erziehung zur Ver¬ hütung oder Behebung der Verwahrlosung notwendig ist und die Erziehungsbedürftigkeit entweder a) durch Verschulden der Eltern (Vernachlässigung der elterlichen Pflichten, Mißbrauch der Elternrechte, ehrloses oder unsittliches Verhalten der Eltern) oder v) „wegen des Fehlens oder der Unzulänglichkeit der erziehlichen Einwirkung der Eltern, sonstiger Erzieher oder der Schule“ herbeigeführt wurde, oder c) durch die Straffälligkeit des Unmündigen oder Jugendlichen offenbar wird (§§ 1 u. 2). Nach diesem Entwurfe würde, wie ja in den meisten Fällen, der Großteil der Kosten den Gemeinden aufgehalst, und zwar in diesem Falle ½ der Kosten. In diesem Gesetz kommt es zum erstenmal vor, daß die Aufenthaltsgemeinde zur Zahlung verpflichtet ist. Das wäre für eine Stadt ein Ruin und hat daher dieser Gesetzentwurf den größten Widerspruch bei den Delegierten hervorgerufen. Es wurde folgender Antrag an¬ genommen: Der von der Regierung dem Reichsrate vorgelegte Ent¬ wurf eines Gesetzes über die Fürsorgeerziehung bedarf zu Wahrung berechtigter Interessen der österreichischen Städte olgender Abänderungen und Ergänzungen: 1. In Beziehung auf die Voraussetzungen der Fürsorge¬ erziehungen: In einem Zusatze zu § 1 oder in einem speziellen Paragraphen wäre ausdrücklich hervorzuheben, daß die Be¬ timmungen des Gesetzes vom 3. Dezember 1863, R.=G.=Bl. Nr. 105, durch das Gesetz über die Fürsorgeerziehung nicht berührt werden, daß daher die Gemeinde in Ausübung ihrer Armenversorgungspflicht für die Erziehung von Kindern, die verwahrlost sind oder zu verwahrlosen drohen, nur dann zu sorgen hat, wenn die Verwahrlosung oder Verwahrlosungs¬ gefahr ausschließlich durch die wirtschaftliche Not der Erzeuger verursacht ist. 2. In Beziehung auf das Verfahren: a) Das Vormundschaftsgericht entscheidet über die Ueber¬ weisung zur Fürsorgeerziehung unter Zuziehung von zwei vom Gemeindeansschuß der Aufenthaltsgemeinde des Minderjährigen bestimmten Organen der öffent¬ lichen Armenverwaltung; b) das Vormundschaftsgericht hat vor der Beschlußfassung in allen Fällen die Gemeindevorstehung einzuvernehmen; c) alle Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern sind antrags= und daher auch beschwerdeberechtigt; d) wenn auch der Antrag auf Fürsorgeerziehung nicht von der Gemeinde ausgegangen ist, steht ihr dennoch ein Beschwerderecht in solchen Fällen zu, wo ihr aus dem Beschlusse des Gerichtes eine Leistungspflichst erwähst. 3. In Beziehung auf die Kostenfrage: a) § 30, al 2 hätte zu lauten: Die Kosten der Fürsorge¬ erziehung werden zunächst von dem Lande bestritten, in dem sich der Heimatsort des Zöglings befindet. b) § 34 hätte zu lauten: Der Landesgesetzgebung bleibt es vorbehalten, die Heimatgemeinde des Zöglings zum Er¬ satze der Hälfte der Kosten der Fürsorgeerziehung, soweit sie nicht nach § 32 hereingebracht werden, zu verpflichten. 4. Zur wirksamen Verhütung und Bekämpfung elter licher Gewissenlosigkeit: Falls die Fürsorgeerziehung infolge schuldhaften Verhaltens der Eltern notwendig ist, a) wird der schuldtragende Vater auf die Dauer der Für¬ sorgeerziehung seines aktiven und passiven Wahlrechtes in Beziehung auf alle öffentlichen Körperschaften verlustig; b) bewirkt die Anordnung der Fürsorgeerziehung eine Unterbrechung der Ersitzung des Anspruches auf Auf¬ nahme in den Heimatverband, so zwar, daß der Lauf der neuen Aufenthaltsfrist erst mit der Beendigung der Fürsorgeerziehung beginnt: e) sind die Eltern oder der schuldtragende Vater (Mut er), alls die Kosten der Fürsorgeerziehung von ihnen nicht einbringlich sind, im Wege des Verwaltungszwangsver¬ fahrens in ein Arbeitshaus einzuweisen und dort so lange zwaugsweise zurückzuhalten, bis durch den Wert der dort geleisteten Arbeit, bezw. den hierauf entfallenden und einzuziehenden Lohn die Fürsorgekosten gedeckt sind. Der nächste Gesetzentwurf betrifft die Sozialversicherung und deren Rückwirkung auf die Gemeinden. Die Sozialversicherung wird von den Städten auf das lebhafteste begrüßt und gewünscht. Bei den Beratungen hierüber wurde viel über die Art des Klassensystems und der Entschädigung gesprochen. Es wurde der Wunsch ausgedrückt, daß die Versicherung solche Quoten ausbe¬ zahle, daß die Versicherten nicht wieder der Armenversorgung anheim fallen. Für die Armenbehörde ist es unerläßlich, von jeder Rentenzuerkennung Kenntnis zu erlangen. Die Armen¬ behörde hat ein Interesse daran, daß alle Versicherten in vollem Ausmaße das erreichen, worauf sie nach dem Gesetze Anspruch haben, und daß sie nicht aus Nachlässigkeit oder schuldbar die Wahrung ihrer Rechte versäumen. Die Armenbehörde muß daher berechtigt sein, jederzeit in das Verfahren als Prozeßpartei neben dem Versicherten einzutreten. Das Interesse, das sie dort ver¬ tritt, ist ident mit dem Interesse des Rentenwerbers. Sie ist daher sein natürlicher Anwalt. Die Armenbehörde muß ferner auch das Recht haben, das Verfahren statt des Versicherten selbst¬ tändig in Gang zu bringen. Die nämliche Befugnis wäre bei treitigen Ansprüchen an die Krankenkassen erwünscht. Es wurde folgender Beschluß beantragt und angenommen: Der .. österreichische Städtetag erachtet vom Stand¬ punkte der öffentlichen Armenpflege die folgenden Abänderungen des Gesetzentwurfes, betreffend die Sozialversicherung, für dringend geboten: 1. In Beziehung auf die Krankenversicherung. a) In die obligatorische Krankenversicherung wären auch die Hausgewerbetreibenden und jene Personen einzubeziehen, die bestimmte Arbeits= oder Dienstverhältnisse nicht eingehen, ondern ihre Arbeit an verschiedene Auftraggeber vermieten. Bedienerinnen, Hausnäherinnen, Hauswäscherinnen usw.)

b) Es ist dringend geboten, die Wöchnerinnenfürsorge im Rahmen der Krankenversicherung zu einer Mutterschafts¬ versicherung zu erweitern, die als Minimum zu leisten hätte: nebst freier Gewährung des geburtshilflichen Beistandes, der ärztlichen Behandlung und der Medikamente, das 1½fache Krankengeld während der ganzen gesetzlichen Arbeitsruhe, die für alle in Handel, Gewerbe=, haus= und landwirtschaftlichen Betrieben tätigen Frauen auf 8 Wochen (2 Wochen vor und 6 Wochen nach der Entbindung) zu erweitern wäre. 2. In Beziehung auf die Invaliditäts= und 7115 Altersversicherung. *) Die Altersversicherungspflicht wäre obligatorisch auf alle Handels= und Gewerbetreibenden auszudehnen. b) § 105 des Entwurfes (Uebergangsbestimmung) wäre zu Gunsten der Versicherten nach dem Muster des § 156 des deutschen J.=V.=G. abzuändern. Das Gesetz, betreffend die Sozialversicherung, insbesondere auch der Abschnitt über die Versicherung von Invaliden= und Altersrenten hätte nach Ab¬ lauf eines Jahres von der Kundmachung in Kraft zu treten. c) Der Grundbetrag der Renten wäre nach dem Durch¬ schnitte der 500 höchsten Lohnklassen zu bemessen, in denen Beträge geleistet wurden. d) Den versicherten selbständig Erwerbstätigen wäre ein Anspruch auf Invalidenrente wenigstens für den Fall einer durch einen Unfall bewirkten vollständigen Erwerbsunfähigkeit zuzuerkennen. e) Die Befreiung der im § 6, Z. 2, bezeichneten Unfall¬ rentner von der Invaliditäts= und Altersversicherung soll im Gesetze von der Zustimmung der Heimatsgemeinde abhängig erklärt werden. 3. In Beziehung auf die Unfallversicherung. a) Unternehmer, die im unfallversicherungspflichtigen Betriebe mitarbeiten, sollen unfallversicherung pflichtig sein. b) Die Vollrenten sollen ½ des Jahresarbeitsverdienstes, die Teilrenten sollen nach Fünfteln abzustufende Bruchteile der Vollrenten sein. c) Auch die Abfertigungen bei Verminderung der Er¬ werbsfähigkeit um nicht mehr als ½ sollen ohne Zustimmung der zuständi en Armenbehörde gesetzlich unzulässig sein 4. In Beziehung auf die Normen über das Verhältnis zur öffentlichen Armenpflege. a) Von allen Entscheidungen und Erkenntnissen der Be¬ schwerdekommissionen für Krankenversicherung, der Renten¬ kommissionen, der Unfallentschädigungsausschüsse, der Versiche¬ rungsgerichte und des Versicherungsobergerichtes ist eine Ab¬ schrift jener Armenbehörde zuzustellen, in deren Bereich der Versicherte heimatberechtigt ist. b) Der § 300 bedarf einer gründlichen Umarbeitung. Den Gemeinden und Armenbezirken sind gegen die Kranken¬ kassen, die Unfallversicherungsanstalten und gegen die In¬ validen= und Altersrentenkasse als Minimun Ersatzansprüche in jenem Umfange zuzuerkennen, wie sie den Gemeinden= und Armenverbänden im § 49 des deutschen J.=V.=G. eingeräumt sind. e) In Bezug auf streitige Ansprüche gegen die Kranken¬ kassen, die Unfallversicherungsanstalten und gegen die In¬ validen= und Altersrentenkasse ist den Gemeinden und Armen¬ bezirken gesetzlich das Recht einzuräumen, jederzeit in das Ver¬ fahren als Prozeßpartei neben dem Versicherten einzutreten. Den Gemeinden und Armenbezirken ist ferner das Recht zu¬ zuerkennen, das Verfahren um Zuerkennung von Ersatz¬ ansprüchen nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Sozialversicherung statt des Versicherten selbständig in Gang zu bringen. Der österreichische Städtetag erklärt, daß die Bestimmung des eisten Satzes des § 23 des Entwurfes, demzufolge die Ge¬ meinden des Standortes für die Bezirksstellen geeignete Kanzlei¬ lokalitäten, versehen mit der notwendigen Einrichtung, beizu¬ tellen haben, vom Standpunkte der städtischen Interessen un¬ annehmbar ist. Die Kosten der Lokalmiete und der Einrich¬ tungen wären gleich den übrigen Verwaltungskosten der Bezirks¬ stellen gemeinsam von den beteiligten Versicherungskassen und =Anstalten zu tragen. Für die Agenden des übertragenen Wirkungskreises, die in den §§ 139, 157, 210 und 311 den Gemeinden auferlegt werden, wäre diesen im Gesetze eine angemessene Entschädigung zuzuerkennen. Abänderung einiger Bestimmungen des III. Abschnittes des Gesetzes vom 13. Juni 1880, R.=G.=Bl. Nr. 70, betreffend die Unterstützung der hilfsbedürftigen Familien von Mo¬ bilisierten. Hierüber wurde nach längerer Debatte folgender Beschluß gefaßt: Der Städtetag erklärt, daß eine Abänderung des III. Abschnittes des Gesetzes vom 13. Juni 1880, R.=G.=Bl. Nr. 70, betreffend die Unterstützung der hilfsbedürftigen Familien von Mobilisierten unbedingt notwendig und höchst dringend ist. Die Abänderung des Gesetzes hätte nach folgenden Grund¬ sätzen zu erfolgen: 1. Das k. k. Ministerium für Landesverteidigung ist zu ermächtigen, die nur für den Mobilisierungsfall geltenden Unterstützungsbestimmungen des III. Abschnittes des Gesetzes vom 13. Juni 1880, R.=G.=Bl. Nr. 70, fallweise auch auf andere außergewöhnliche militärische Dienstleistungen anwendbar zu erklären. 2. Der Unterstützungsanspruch ist auch unehelichen Kindern zuzuerkennen, und auch 3. solchen hilfsbedürftigen Familienmitgliedern, die im Auslande wohnen, oder die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen. 4. Zur Geltendmachung des Unterstützungsanspruches soll auch die Aufenthaltsgemeinde berechtigt sein. 5. Es ist eine angemessene Frist festzusetzen, nach deren Ablauf der Unterstützungsanspruch nicht mehr geltend ge¬ macht werden kann. 6. Das Amt eines Erhebungsorganes muß über Auf¬ forderung der politischen Behörde jedermann annehmen, der sich nicht auf einen der im Gesetze aufzuzählenden Ablehnungs¬ gründe berufen kann. 7. Die Unterstützungen sind nach der Militär=Durch¬ zugsverpflegung des Aufenthaltes der unterstützten Familie zu bemessen. 8. Für größere Städte sind eigene Unterstützungs¬ kommissionen einzusetzen, bei welchen an Stelle des Vertreters des Landesausschusses je ein Vertreter des Bürgermeisters der betreffenden Stadt zu fungieren hat. 9. Die Unterstützungskommission hat nach gepflogener kollegialer Beratung über die Unterstützungsansprüche zu ent¬ scheiden. 10. Diese Entscheidung steht jener Unterstützungs¬ kommission zu, in deren Sprengel die Heimat= (eventuell Stellungs=) Gemeinde des Eingerückten liegt. Im Falle augen¬ blicklichen Bedürfnisses „ist aber auch die Unterstützungs¬ kommission, in deren Sprengel die Hilfsbedürftigen wohnen, berechtigt, diesen, wenn sie ihre Unterstützungsansprüche ord¬ nungsmäßig geltend gemacht haben, auf Rechnung der zu er¬ wartenden Unterstützung Anzahlungen in angemessener Höhe anzuweisen. 11. Die Zusendung der bewilligten Unterstützung hat portofrei durch die Post zu erfolgen. 12. Die Unterstützungsraten sind unübertragbar und unpfändbar; nur die auf Rechnung derselben aus öffentlichen Kassen bereits geleisteten Vorausbezahlungen dürfen von dem bewilligten Unterstützungsbetrage abgezogen werden. Der Städtetag erklärt daher, daß der Antrag des Ab¬ geordneten Julius Prochazka und Genossen vom 20. Mai 1910 auf Abänderung einzelner Bestimmungen des III. Abschnittes des Gesetzes vom 13. Juni 1880, betreffend die Unterstützung der hilfsbedürftigen Familien von Mobilisierten, welcher An¬ trag fast alle oben gegebenen Anregungen berücksichtigt, schleunigst der legislativen Behandlung zuzuführen wäre. Ueber die Lebensmittelteuerung im Lichte moderner Approvisionierungspolitik, speziell jener der Gemeinde Wien, ntspann sich eine äußerst lebhafte Debatte. Es wurde betont, daß mit der Einführung von argentinischem Fleisch nur dann der Zweck erreicht wird, wenn diese in größeren Mengen und regelmäßig erfolgt. In Wien hat sich herausgestellt, daß das Fleisch nicht nur minder Bemittelten zugute kam, sondern auch Liebhaber fand, und daher oft auf 4 K pro Kilogramm zu stehen kam, weil jeder dieses Fleisch versuchen wollte. Es wurden folgende Anträge gestellt und angenommen: Antrag des Herrn Amtsdirektors Dr. Plochl (Graz). Der Städtetag erklärt, daß die Gemeinden nach ihrem gesetzlich umschriebenen Wirkungskreis nicht verpflichtet, noch

5 mit Bezug auf die ihnen zu Gebote stehenden Mittel in der Lage sind, der steigenden Lebensmittelteuerung wirksam zu begegnen. Insbesonders gilt dies bezüglich der Fleischnot, der nach der Ueberzeugung des Städtetages gründlich und dauernd nur durch eine Aenderung der Handelspolitik, das ist durch Oeffnung der Grenzen gegen die Balkanstaaten für die Ein¬ fuhr von Fleisch und lebendem Schlachtvieh sowie durch Ge¬ stattung der Einfuhr von überseeischem, namentlich argentini¬ schem Fleische in unbeschränkten Mengen und wenn möglich zollfrei abgeholfen werden kann. Der Städtetag fordert deshalb die hohe Regierung dringendst auf, die erforderlichen Mastnahmen für insolange in ausreichender Weise vorzukehren, bis sich die heimische Vieh¬ zucht entsprechend dem Bedarfe gehoben hat und insbesonders die ihr bereits vorliegenden Begehrschriften verschiedener Pro¬ vinzstädte nunmehr ohne Aufschub einer entsprechenden Er¬ ledigung zuzuführen. Das Präsidium des ständigen Ausschusses des Städte¬ tages wird ersucht, diese Entschließung sofort den Ministerien für Ackerbau und Handel zur Kenntnis zu bringen. Antrag des Gemeinderates Seidl (Troppau). 1. Die städtischen Abgeordneten sind zu ersuchen, mit aller Energie dahin zu wirken, daß bei Abschluß neuer Handels¬ verträge auf die Wahrung der städtischen Interessen gebührend Rücksicht genommen werde. Zur augenblicklichen Besserung der unerträglichen Fleischnot ist die Erlassung eines Ausfuhrver¬ botes zu verlangen, ebenso die Gestattung der Vieh= und Fleisch¬ einfuhr besonders aus Argentinien, Hand in Hand damit aber auch eine Ermäßigung des Einfuhrzolles auf überseeisches Fleisch. 2. An die Regierung ist eine Petition wegen Ermäßi¬ gung der Frachttarife für Lebensmittel aller Art, Holz und Brennmateriale, wenigstens auf die bis 1909 bestandenen Sätze, zu richten; die Reichsratsabgeordneten der Städte sind zu er¬ suchen, im gleichen Sinne auf die Regierung einzuwirken. 3. Die städtischen Reichsratsabgeordneten werden ersucht, die Vorlage eines die Preistreibereien unmöglich machenden Kartellgesetzes, insbesonders auch beim Kohlengroßhandel und dem Großhandel mit Eisen, unausgesetzt und energisch zu be¬ treiben. 4. Der VII. österreichische Städtetag wird ersucht, an die Regierung mit dem Ansuchen heranzutreten, eine zirka 50%ige Ermäßigung der Verzehrungssteuer eintreten zu lassen. Anträge des Delegierten Erb (1—4 wie die des Delegierten Seidl). 5. Die städtischen Abgeordneten sind aufzufordern, bei voll¬ ständiger Wahrung der städtischen Interessen zur Hebung der heimischen Bodenproduktion und der Viehzucht die Hand zu bieten. Antrag des Delegierten Pitacco. Der ständige Ausschuß des Städtetages wird ersucht, ohne Aufschub die nötigen Schritte einzuleiten, damit die Ein¬ fuhrsermächtnis der 800 Tonnen argentinischen Fleisches, die für die nächste Sendung bestimmt sein sollen, allen Städten gesichert sei. Ein weiterer Punkt der Tagesordnung: Schaffung einer österr. Städtezeitung wurde mit Rücksicht auf die obwalten¬ den Schwierigkeiten abgelehnt. Es sind nämlich zwei sehr kostspielige Offerte vorgelegen und würden in beiden Fällen die Kosten, welche den Statutar¬ tädten erwüchsen, kaum in einem richtigen Verhältnisse zu den Vor¬ teilen stehen, die sie von einer solchen Publikation erwarten könnten. Es wurde noch beschlossen, in nächster Zeit einen allge¬ meinen Städtetag in Oesterreich einzuführen, wo nicht nur die statutarischen Städte, sondern alle anderen Städte teilnehmen sollen. Die Stadt Wien hat durch ihr besonderes Entgegenkommen, durch Auflage der Drucksorten 2c., die Verhandlungen sehr er¬ leichtert und ist bei der nachfolgenden Delegiertentafel der Ge¬ meinde Wien von mehreren Rednern hiefür der Dank ausge¬ sprochen worden. Die Vertreter haben dem Gründer des Städtetages, Doktor Lueger, einen Kranz aufs Grab gespendet und wurde außerdem dem Denkmalfonde ein Betrag zugeführt. Der Herr Bürgermeister schließt nun seinen Bericht und dankt für die Aufmerksamkeit. Herr G.=R. Millner dankt dem Herrn Bürgermeister im Namen des Gemeinderates für die großen Bemühungen und besonders für die ausführliche und vorzügliche Berichterstattung. Hierauf Erledigung der Tagesordnung. I. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Hanns Millner. Gesuche um Aufnahme in den Gemeindeverband und Ansuchen um Bürgerrechtsverleihung. Wird vertraulich behandelt. 2. Antrag des G.=R. Friedrich Landsiedl betreffend ermäßigter Fahrkarten nach Steyr auf der Steyrtalbahn. Hierüber liegt folgender Sektionsantrag vor: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen, die Steyrtalbahn¬ Gesellschaft von dem Inhalte dieses Antrages mit dem Ersuchen in die Kenntnis zu setzen, dieselbe wolle der hiesigen Geschäfts¬ welt und den Gewerbetreibenden nach Tunlichkeit durch Herstel¬ lung von günstigen Zugsverbindungen und Fahrpreisermäßi¬ gungen entgegenkommen. Herr G.=R. Stigler ergreift vor allen anderen zu diesem Antrage das Wort, weil er in demselben persönlich apo¬ strophiert erscheine. Es sei dies nicht gerechtfertigt, da er nicht allein, sondern auch andere Faktoren hierüber zu entscheiden haben. Bei der Steyrtalbahn=Gesellschaft sei die Stadtgemeinde mit 600.000 K und die übrigen Aktionäre mit 4,000.000 K beteiligt. Jeder dieser Aktionäre kann durch seine Vertretung einen Einfluß ausüben. Was die Zugsverbindungen anbelangt, werden dieselben auf das kulanteste durchgeführt, soweit es eben möglich ist. Was über den Rahmen des Erträgnisses der Bahn gehe, könne man nicht verlangen. Bezüglich der Fahrpreis¬ ermäßigung sind schon seinerzeit Versuche gemacht worden, die aber nicht den erwünschten Erfolg hatten, da trotz der Ermäßi¬ gung nicht mehr Leute gefahren sind als sonst. Gegen den übrigen Antrag habe er sonst nichts einzuwenden. Redner sagt noch, daß er in Erfahrung brachte, daß man in den angrenzen¬ den Orten der Steyrtalbahn eine Fahrpreisermäßigung nach Steyr nicht wünsche, weil die Bewohner dieser Orte dann mehr nach Steyr fahren würden, wodurch deren Geschäftsleute ge¬ schädigt würden. Mit den Fahrpreisermäßigungen für die Touristen ist man darauf gekommen, daß die Bahn infolge der starken Benützung von Touristen doch auf ihre Rechnung kommt. Herr G.=R. Stigler erwähnt nochmals, daß er nicht in der Lage sei, hierüber allein zu entscheiden, sondern andere Faktoren hiefür maßgebend sind. Herr G.=R. Landsiedl kann sich der Ansicht des Herrn Vorredners nicht anschließen, sondern ist der Meinung, daß der Präsident wohl sehr viel Einfluß habe und hofft, daß Herr G.=R. Stigler im Interesse der Stadt Steyr wirken wird. Er glaubt, Herr G.=R. Stigler sollte nicht für die Wünsche der Außenorte, sondern für Steyr eintreten. Die Steyrtalbahn wäre a dazu gebaut worden, daß Leute nach Steyr hereinkommen. Als Antragsteller habe er bezüglich der Fahrpreisermäßigungen an die nahe der Kremstalbahn gelegenen Orte gedacht, deren Bevölkerung bis heute mit Rücksicht auf die billigeren Fahrpreise auf der Kremstalbahn lieber nach Linz fahren. Die vom Herrn G.=R. Stigler erwähnten seinerzeitigen Fahrpreisermäßigungen hätten dem Publikum entsprechend zur Kenntnis gebracht werden sollen, da diese sonst nicht den gewünschten Erfolg haben können. Herr G.=R. Stigler erwidert hierauf, daß es nicht richtig sei, daß die seinerzeitigen Fahrpreisermäßigungen nicht publiziert worden wären. Daß die Fahrpreise auf der Krems¬ talbahn heute billiger sind als auf der Steyrtalbahn, finde er selbstverständlich, da die Kremstalbahn heute im Staatsbetriebe steht. Nachdem die Steyrtalbahn hauptsächlich mit dem Per¬ sonentransporte zu rechnen hat, könne man sie nicht mit der Staatsbahn in Vergleich ziehen und daher auch nicht auf die Preistarife der Staatsbahn herabgehen. An der weiteren Debatte über diesen Punkt der Tagesordnung beteiligten sich noch die Herren G.=R. Huber und Millner, worauf schließlich der Sektionsantrag angenommen wird. 3. Amtsbericht wegen Bereitstellung eines Kon¬ tumazstalles. Der Herr Referent erklärt, die Sektion findet mit Rücksicht auf die im Amtsberichte angeführten Gründe die Be¬ reitstellung eines Kontumazstalles für notwendig und stellt daher den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle den Herrn Bürgermeister beauftragen das Nötige in dieser Angelegenheit zu veranlassen und hierüber dem Gemeinderate Mitteilung zu machen. Der Antrag wird angenommen. 4. Amtsbericht bezüglich der Gemeinderatswahlen im Jahre 1911. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Der löbliche Gemeinderat wolle zur Vornahme der Er¬ gänzungswahlen, und zwar für den I. Wahlkörper 2 Mitglieder, für den II. Wahlkörper 3 Mitglieder, für den III. Wahlkörper 3 Mitglieder, für den IV. Wahlkörper 1 Mitglied, sämtliche auf 3 Jahre, folgende Wahltage bestimmen: Für den IV. Wahlkörper: Sonntag, den 5. März 1911 (Hauptwahltag), Montag, den 6. März 1911 (ev. engere Wahl). Für den III. Wahlkörper: Dienstag, den 7. März 1911 (Hauptwahltag), Mittwoch, den 8. März 1911, (ev. engere Wahl. Für den II. Wahlkörper: Freitag, den 10. März 1911 (Hauptwahltag), Samstag, den 11. März 1911 (ev. engere Wahl). Für den I. Wahlkörper: Montag, den 13. März 1911 Hauptwahltag), Dienstag, den 14. März 1911 (ev. engere Wahl). Die Wahl im IV. Wahlkörper ist in zwei Sektionen zu teilen und hätten in der 1. Sektion die Wähler vom Anfangs¬

6 buchstaben A bis inkl. I. und in der II. Sektion von M bis Z zu wählen. Als Wahllokale für diese beiden Sektionen wären die zwei Säle im Kasino in Aussicht genommen. Die Wahlen für den I., II. und III. Wahlkörper sind im kleinen Ratssaale vorzunehmen. Die Wahlzeit ist für alle vier Wahlkörper von 8 Uhr früh bis 1 Uhr nachmittags festzusetzen. Für allfällige engere Wahlen haben die gleichen Bestimmungen resp. Wahlzeiten zu gelten. Für die Wahlkommissionen wird die Wahl folgender Herren vorgeschlagen: IV Wahlkörper. 1. Sektion. Mitglieder: Josef Huber jun., Leopold Haller, Franz Nothhaft, Johann Kollmann und Gottlieb Dantlgraber. Ersatzmänner: Alexander Busek und Franz Hofer. 2. Sektion. Mitglieder: Johann Rotter, Viktor Ortler, Peter Steinhuber, Josef Tureck und Ludwig Binderberger. Er¬ satzmänner: Anton Duchatschek, Objekt XIII., Peßl Florian, Ge¬ mischtwarenhändler. III. Wahlkörper. Mitglieder: Josef Heininger, Julius Haller, Franz Mally, Franz Tribrunner, Wilhelm Denkmayr. Ersatzmänner: Franz Vögerl und Johann Katschena II. Wahlkörper. Mitglieder: H. v. Paumgartten, Kajetan Jonasch, Wilhelm Melichar, Johann Pranter und Karl Feicht. Ersatzmänner: Franz Aigner und Johann Ortner. I. Wahlkörper. Mitglieder: Franz Hofer, Leopold Haller, Franz Nothhaft, Alexander Busek und Hermann Seidl. Ersatz¬ männer: Viktor Ortler und Karl Bagfrieder. Die Sektion beantragt noch, der löbl. Gemeinderat wolle von der in der Geschäftsordnung vorgesehenen Wahl der Kom¬ missionsmitglieder mittelst Stimmzettel absehen und die Wahlen durch Zuruf vornehmen. Herr G.=R. Nothhaft führt aus, daß dieser Vorschlag hinsichtlich des IV. Wahlkörpers über speziellen Wunsch der Ar¬ beiterschaft gemacht wurde und nun dem Gemeinderate zur Ent¬ scheidung vorgelegt werde. Er habe gegen die Festsetzung des Wahltages für den IV. Wahlkörper für Sonntag Bedenken. Durch die mit Parteifreunden gepflogene Rücksprache habe er die Ueberzeugung gewonnen, daß der Sonntag hiefür nicht geeignet ist. Da die Geschäftsleute an Sonntagen viel zu tun haben, stehe während der Mittagszeit ein großer Andrang bevor. Von der Arbeiterschaft weiß er, daß jeder zur Wahl ohne einen Verdienst¬ entgang frei habe, mit Ausnahme der wenigen Akkordarbeiter, welche aber auch keinen nennenswerten Verdienstentgang erleiden wverden. Herr G.=R. Nothhaft wünscht, daß man bei dem alten Usus verbleibe und stellt deshalb den Antrag, der löbliche Gemeinderat wolle für den IV. Wahlkörper Freitag, den 10. März, für den III. Wahlkörper Montag, den 13. März, für den II. Wahl¬ körper Mittwoch, den 15. März, und für den I. Wahlkörper Samstag, den 18. März, bestimmen. Herr G.=R. Dantlgraber hält die Ausführungen des Herrn G.=R. Nothhaft für nicht stichhältig. Die Geschäftsleute hätten Zeit genug von 11 bis 1 Uhr zur Wahl zu kommen. Daß die Arbeiter an Verdienst nichts einbüßen, sei nicht richtig das wisse er besser, wie Herr G.=R. Nothhaft. Seine Partei sei schon früher dafür eingetreten, auch die Reichsratswahlen an Sonntagen abzuhalten. Er bezeichnet den Sonntag als den günstigsten Tag und ersucht, den Sektionsantrag anzunehmen Bei der Abstimmung bleibt der Antrag des Herrn G.=R. Nothhaft in der Minorität und wird der Sektionsantrag mit Majorität angenommen. 5. Amtsbericht wegen Festsetzung der Armenfonds¬ gebühren pro 1911. Hierüber lautet der Sektionsantrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen, die gleichen Gebühren, welche mit Gemeinderatsbeschluß vom 17. Dezember festgesetzt wurden, auch für das Jahr 1911 gelten zu lassen. Angenommen nach Antrag. 3657 3 6. Eingabe des Institutes der barmherzigen Schwestern vom heil. Vinzenz von Paul in St. Anna um Erhöhung der dermaligen Verpflegsgebühr per 1 K 20 h um 12 h per Kopf und Tag. Der Herr Referent gibt bekannt, daß das Amt sich hierüber bei anderen Krankenanstalten erkundigt habe und aus den Zuschriften hervorgeht, daß Steyr mit der Zahlung der Ver¬ pflegsgebühren nicht zurückstehe Der Sektionsantrag lautet: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen, über das Ansuchen der Institutsschwestern in St. Anna um Erhöhung der der¬ maligen Verpflegsgebühr um 12 k beim o.=ö. Landtag um die Erhöhung der Krankenverpflegstaxe, welche jetzt 2 K beträgt, auf 2 K 20 k. einzuschreiten und nur im Falle der Genehmi gung dieser Erhöhung, den Ordensschwestern die Verpflegsgebühr von 1 K 20 h auf 1 K 30 h pro Kopf und Tag zu erhöhen. Herr G.=R. Tribrunner findet die Erhöhung der Ver¬ pflegstaxe auf 2 K 20 h den hiesigen Verhältnissen nicht ent¬ sprechend und stellt nach längerer Begründung den Antrag, daß nur um die Erhöhung der Verpflegstaxe auf 2 K 10 h ange¬ sucht werde. Der Herr Vorsitzende bemerkt, daß diesem Antrage noch beizufügen wäre, daß die Schwestern die Hälfte der Er¬ höhung bekommen. Herr G.=R. Tribrunner will gegen diesen Zusatz nichts einwenden, er möchte aber nicht, daß etwa durch die Nichtgewährung der ganzen Erhöhung in der Verpflegung eine Verschlechterung eintritt. 4P0 N8 Der Herr Vorsitzende stimmt nun über die Anträge ab, wobei der Antrag des Herrn G.=R. Tribrunner in der Minorität bleibt und der Antrag der Sektion angenommen wird. 7. Beschlußfassung wegen Beitragsleistung zur Ver¬ größerung des Aasverscharrungsplatzes in Pergern. Der Sektionsantrag lautet: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen, dem Ansuchen der Gemeinde Garsten um Beitragsleistung zur Vergrößerung des Aasverscharrungsplatzes in Pergern Folge zu geben und zu den Erweiterungskosten 50% gegen dem beizutragen, daß die Stadtgemeinde Steyr als Mitbesitzerin dieses Platzes zur Hälfte behördlich angeschrieben wird und die Intabulationskosten von der Gemeinde Garsten getragen werden. 27120 Nach Antrag. 8. Zuschrift der handelspolitischen Zentralstelle wegen Teilnahme der Stadt Steyr an der Gründung einer Groß=Einkaufs= und Studiengesellschaft für städt. Fleischversorgung. Hierüber liegt folgender Sektionsantrag vor: Der löbl Gemeinderat wolle beschließen, der Einladung der handelspolitischen Zentralstelle durch Anschließung an die¬ selbe entsprechen und gleichzeitig die Zusicherung einer Waggon¬ ladung argentinischen Fleisches anzustreben. Der Akt wäre zur weiteren Behandlung dem Approvisionierungsausschusse gegen seinerzeitige Berichterstattung zu überweisen. Wird angenommen. II. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Josef Tureck. 9. Bericht über die Deckung des Gebarungs¬ abganges aus dem Jahre 1909. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Der löbl. Gemeinderat wolle den Amtsbericht, wonach der Gebarungsabgang per 12.339 K 62 h im abgelaufenen Jahre gedeckt wurde: 1. durch Verwendung der vom Jahresschlusse übernommenen Sparkassaeinlage Nr. 87.877, lautend auf „Pflasterungs¬ irbeiten“ mit 4903 K 91 K, 2. durch Verwendung der vom Jahre 1908 verbliebenen Spar¬ kassaeinlage Nr. 94.280, lautend auf „Brücke beim Neutor“, mit 4000 K, 3. durch desgleichen der Sparkassaeinlage Nr. 94.281, lautend auf „Herstellung öffentlicher Aborte“, mit 2400 K, zusammen 11.303 K 91 k, und der noch verbleibende Abgang per 1035 K 71 h der außerordentlichen Reserve der Stadtkassa entnommen wurde, zur Kenntnis nehmen und zur Entnahme der 1035 K 71 k aus der Reserve seine Zustimmung erteilen. Herr G.=R. Landsiedl erwähnt, daß mit Rücksicht auf den Umstand, als zur Deckung des Abganges bereits frühere, zu speziellen Zwecken geschaffene Reserven verwendet wurden, habe er dagegen nichts einzuwenden und gibt auch zur Entnahme des Betrages per 1035 K 71 h aus der Reserve der Stadt seine Zustimmung. Der Sektionsantrag wird hierauf angenommen. 3#### 10. Ansuchen der Sanitätsabteilung vom „Roten Kreuz“ um Rückvergütung der Anschaffungskosten für eine Wasserleitung und eine Glaswand im Inner¬ bergerstadel. Die Sektion stellt hierüber folgenden Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen, dem Ansuchen dahin Folge zu geben, daß die Kosten der Wasserleitung im Be¬ trage von 480 K von der Gemeinde übernommen werden, und zwar unter der Bedingung, daß die Gemeinde in den vollen Besitz dieser Leitung kommt. Herr G.=R. Haller ersucht, es möge der Sanitätsabtei¬ lung auch der Kostenbetrag für die Aufstellung der Glaswand per 370 K rückvergütet werden, da diese Abteilung erst kurze Zeit besteht, an dieselbe große Anforderungen gestellt werden und daher auch große Auslagen vorhanden sind. Die Glaswand sei ein Inventarstück und zur Erhaltung der Requisiten unbe¬ dingt notwendig gewesen. Herr G.=R. Heindl bemerkt, daß es nicht der richtige Vorgang sei, etwas ohne vorherige Verständigung der Gemeinde anzuschaffen und dann von ihr die Rückvergütung der Auslagen zu verlangen. Der Herr Bürgermeister gibt zur Aufklärung be¬ kannt, daß der Gemeinderat anläßlich des Ansuchens der Sani¬ tätsabteilung um Ueberlassung des Innerbergerstadels 1200 A zu verschiedenen Herstellungen bewilligt hat. Die Glaswand wurde jedoch damals als nicht unbedingt notwendig aus dem Kostenvoranschlage gestrichen. Die Feuerwehr hat aber darauf nicht Verzicht geleistet und sich dieselbe selbst hergestellt. Der Herr Vorsitzende ersucht den Herrn G.=R. Haller, einen bestimmten Antrag zu stellen, worauf derselbe beantragt, der Feuerwehr die Kosten für die Aufstellung der Glaswand gleichfalls zu vergüten. Herr G.=R. Sommerhuber schließt sich dem Antrage des Herrn G.=R. Haller an und ersucht, diesen Antrag zu unter¬ stützen. Bei der Abstimmung bleibt der Antrag des Herrn G.=R. Haller mit 5 Stimmen in der Minorität und wird der Sektions¬ antrag angenommen. 28510

11. Gesuch des Kustos des städt. Museums um Be¬ zahlung von 3 Morzer'schen Oelporträts im Betrage von 110 K. Ueber Antrag der Sektion wird diesem Ansuchen Folge gegeben. 12. Eingabe des Herrn R. v. Fröhlichstal wegen Mautabfindung. Hierüber stellt die Sektion den Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen, auf das Anbot des Gesuchstellers per 70 K nicht einzugehen, sondern das mit dem letzten Gemeinderatsbeschlusse vom 18. November 1910 fest¬ gesetzte Mautabfindungspauschale per 120 K pro Jahr aufrecht zu erhalten. — Angenommen. 255 2 13. Mautabfindungsansuchen des Joh. Eidenberger. Der Sektionsantrag lautet: Der löbl. Gemeinderat wolle dem Gesuchsteller für seine eigentümlichen Lastpferde ein Mautabfindungspauschale per 260 K für das Jahr 1911 bewilligen. — Angenommen. 28689 14. Spendengesuche. Dem Kuratorium der Mensa academica wird wie im Vor¬ jahre eine Subvention von 50 K pro 1911 bewilligt. Dem Ersten o.=ö. Skiklub „Telemark“ in Steyr und dem Rodelkomitee in Steyr wird je eine Subvention von 20 K be¬ willigt. Ueber das Ansuchen des Deutschen Schulvereines in Wien um eine Spende stellt die Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen, auf dieses Ansuchen nicht einzu¬ gehen, da die Stadtgemeinde ohnehin wirkliches Mitglied ist und jährlich einen Beitrag von 100 K leistet. Wird angenommen. III. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr Vize¬ bürgermeister Leopold Köstler. 15. Vergebung der Wirtschaftsfuhren pro 1911. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Der löbl. Gemeinderat beschließe, die städtischen Wirt¬ schaftsfuhren dem einzigen Offerenten Herrn Karl Viertl laut Offert und unter den bereits von demselben unterfertigten Be¬ dingungen für das Jahr 1911 zu übergeben. 2976 Einstimmig nach Antrag. 16. Antrag des Stadtbauamtes wegen Bestellung eines neuen Platzaufsehers am städtischen Depotplatz am Kohlange“. Die Sektion beantragt, die Aufseherstelle am Holzplatz am Kohlanger dem Stadttaglöhner Josef Moser gegen Ueberlassung der dort befindlichen Wohnung zu verleihen und zu beschließen, die dortige Requisitenkammer zur Unterbringung von Möbeln von den städtischen Zimmerleuten mit einer Holzwand zu unter¬ machen. Einstimmig nach Antrag. IV. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Johann Kollmann. 17. Vergebung der Interessen aus der Zweithurn¬ Stiftung Der Sektionsantrag hierüber lautet: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen: Es seien über Vorschlag des städtischen Armenrates die Interessen aus der Zweithurn=Stiftung an folgende 8 Personen à 2 K zu verteilen: Obermayr Franz, Oettl Barbara, Langbauer Barbara, Rathenberger Josef, Dorfer Josef, Schoßwald Marie, Hörmann Theresia und Werner Barbara. Einstimmig nach Antrag. 18. Vergebung einer Simon Zachhuber=Pfründe. Die Sektion beantragt, die Simon Zachhuber=Pfründe von monatlich 14 K an die vom Armenrate vorgeschlagene einzige Bewerberin Katharina Maresch zu verleihen. Einstimmig nach Antrag 19. Vergebung der Interessen aus der Simon Zach¬ huber'schen Seidenstrumpfwirkerpfründe. Die Sektion beantragt: Der löbl. Gemeinderat wolle be¬ schließen: Es seien über Vorschlag des städtischen Armenrates die Jahresinteressen aus der Simon Zachhuber'schen Seiden¬ strumpfwirkerpfründe per monatlich 20 K 30 k an die beiden Bewerberinnen Therese Haubl und Marie Zimmermann je zur Hälfte, das ist mit 10 K 15 k monatlich, auf die Dauer eines Jahres zu vergeben. Einstimmig nach Antrag. 20. Vergebung der Interefsen aus der Leopold Pacher=Artilleriestiftung. Die Sektion beantragt: Der löbl. Gemeinderat wolle be¬ schließen, die Jahresinteressen aus der Leopold Pacher=Artillerie¬ stiftung per 105 K 20 k an den vom städtischen Armenrate vor¬ geschlagenen anspruchsberechtigten Josef Kimmerstorfer und Franz Brunmayr im Betrage von je 17 K 50 k zu vergeben und die restlichen vier Interessenbeträge aus dieser Stiftung neuerlich zur Ausschreibung zu bringen. Einstimmig nach Antrag. 21 Verleihung von erledigten Rosenauer=Bürger¬ pfründen. Die Sektion stellt den Antrag: Von den 6 zur Ver¬ gebung gelangenden Rosenauer=Bürgerpfründen folgende 4 Be¬ werber mit monatlich 10 K für die Dauer eines Jahres zu be¬ teilen: Ratschüler Elise, Dorfer Josef, Stelzmayr Johann und denek Marie, und ist der auf die weiteren freien Pfründen ent¬ fallende Betrag dem Stiftungskapitale zuzuschlagen. Einstimmig nach Antrag. 22. Gesuch des Josef Fuchs um eine Unterstützung aus dem Fonde des bestandenen kaufmännischen Kranken¬ vereines Die Sektion beantragt: Der löbl. Gemeinderat wolle be¬ schließen, dem Bittsteller Josef Fuchs einen Betrag von 100 K aus den Interessen des bestandenen kaufmännischen Kranken¬ vereines zu bewilligen. Einstimmig nach Antrag. Dringlichkeits=Anträge. Im Wege der Dringlichkeit stellt die Sektion folgende Anträge: 1. Der löbl. Gemeinderat beschließe: Es wolle dem Fach¬ lehrer Herrn Louis Lebeda und Herrn Josef Diltsch die Be¬ nützung des Zeichensaales der Knabenbürgerschule zur Abhaltung von Privatzeichenunterricht am Mittwoch und Samstag in der im Gesuche angegebenen Zeit unter den üblichen Bedingungen gestattet werden. — Bewilligt. 2. Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen: Es werde dem Fachlehrer Herrn Christian Wagner die nachgesuchte Benützung des Lehrmittelkabinetts der Knabenbürgerschule zur Abhaltung eines Fortbildungskurses für Lehrer und Lehrerinnen an den im Gesuche angegebenen Tagen und Stunden unter den üblichen Bedingungen bewilligt. — Einstimmig nach Antrag. Zum Schlusse der Sitzung weist Herr G.=R. Landsiedl darauf hin, daß der Rechnungsabschluß für das vorige Jahr erst euer im August zur Vorlage kam. Nach dem Gemeinde¬ statute ist derselbe binnen drei Monaten nach Ablauf des Ver¬ waltungsjahres vorzulegen. Er ersucht daher den Herrn Bürger¬ meister, dafür Sorge zu tragen, daß dieser Bestimmung ent¬ sprochen werde und fügt noch bei, daß es in jedem Geschäfte zum Jahresabschlusse etwas mehr zu tun gibt, und daß es nach seiner Meinung auch hier möglich sein wird, ohne Personalvermehrung und ohne Extraansprüche der Beamten mit Ausnützung der vollen siebenstündigen Bureauzeit den Rechnungsabschluß binnen dieser Frist fertigzustellen. Der Herr Bürgermeister erwidert, daß es ihm per¬ sönlich sehr angenehm sein wird, wenn im März der Rechnungs¬ abschluß bereits aufliegen wird. Der Herr Vorsitzende wünscht den Herren Gemeinde¬ räten noch recht fröhliche Weihnachten und erklärt die Sitzung um ¾6 Uhr abends für geschlossen.

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