Ratsprotokoll vom 30. Juli 1909

3 jetzt schneiden Sie mit Ihrem Antrage den Faden ab, ehe er noch gesponnen wurde. Es müßte keine städtische Sparkassa, es antrages einstimmig angenommen. könnte auch eine Privatsparkassa sein. Viele kleinere Orte wie Steyr, wie Windischgarsten, Kirchdorf 2c. haben ihre eigenen Sparkassen. Es ist bedauerlich, daß Steyr nicht schon zu seinen glücklicheren und sohin der zweite Teil des Sektionsantrages mit Majorität Zeiten, vor 30 Jahren, eine eigene Sparkassa gründete, die ge¬ wiß auch Herr Generaldirektor Werndl unterstützt hätte. Möglich ist die Gründung einer eigenen Sparkassa noch heute und wenn Herr Dr. Angermann glaubt, die Leute würden es sich über¬ legen, ihr Geld in dieselbe zu tragen, so habe ich eine bessere Meinung; es müßte Lokalpatriotismus eintreten. Herr Altbürgermeister Stigler: Herr Erb hat sich in seiner Philippika gegen die Sparkassa darüber aufgehalten, daß Herr G.=R. Dr. Ange mann, der zugleich Rechtskonsulent der Sparkassa ist, das Referat erstattete. Aber wenn auch ein anderes Mitglied der Rechtssektion dasselbe erstattet hätte, wäre es nach keiner Richtung anders ausgefallen, da alle diese Beschlüsse der Sektion einstimmig gefaßt wurden. Herr Erb hat in einer unglaublich scharfen Weise sich da¬ gegen geäußert, daß Herr Bürgermeister Lang der Sparkassa¬ Direktion nicht mehr angehört. Ich war 5 Jahre Bürgermeister, ich war nie in dieser Direktion und andere Bürgermeister auch nicht. Gleichwohl bedauere ich natürlich, daß der Herr Bürger¬ meister nicht mehr gewählt wurde. Herr Erb weiß genan den Grund warum, merkwürdiger Weise weiß ihn von allen Herren hier niemand. Aber ein Hauptgrund, warum die Landgemeinden¬ Vertreter in der Direktion ihre Vertretung beanspruchen, ist die unausgesetzte Hetze gegen die Sparkassa, die wir seit Jahren in Steyr zu verzeichnen haben. Daß die Landgemeinden=Vertreter so wählen, wie sie es für gut finden, ist natürlich, weil sie die Majorität haben, und niemand ist in der Lage, in Korporationen wirksam aufzutreten, wenn er in der Minorität ist. Man kann, wenn man will, es hier oder dort beklagen, aber ändern kann man es nicht. Eine Demonstration gegen die Nichtwahl des Herrn Bürger¬ meisters in der betreffenden Sparkassa=Ausschußsitzung wäre ganz nutzlos verlaufen, weil die Landgemeinden=Vertreter sich einfach auf ihr Recht stützten, sie sind selbständige Männer und lassen sich nichts vorschreiben. Als ich zum Präsidenten der Sparkassa gewählt wurde, habe ich mir einen Augenblick überlegt, ob ich die Stelle an¬ nehmen solle. Ich habe mich dazu in der Annahme entschlossen, daß Herr Bürgermeister eine Korrektur des Vorausgegangenen nicht mehr akzeptieren würde und weil ich sehr viele Gründe zur Vermutung hatte, daß sonst auch für diese Stelle ein Land¬ gemeinden=Vertreter gewählt würde. Herr Erb hat heute ziemlich deutlich selbst zugegeben, daß sein Antrag nur ein Scheinantrag war, als er sagte, daß man die Kommission ruhig ein halbes oder ganzes Jahr hätte be¬ raten lassen können. Gewiß wäre die Kommission zu keinem anderen Resultate gekommen. Bei einer Sparkassa ist die Vertrauenswürdigkeit eine außerordentlich wichtige Sache. Die Sparkassa genießt ein Ver¬ trauen, welches sich als unerschütterlich erwies. Wäre es nicht unerschütterlich, so würde es durch die oft berührte Hetze schon erschüttert worden sein. Aber ihr großer Reservefond und ihre vorzügliche Leitung — da kann der Herr Erb schon lachen — aber das Vertrauen der Bevölkerung zu erschüttern, ist ihm nicht gelungen, so sehr er es auch angestrebt zu haben scheint. Die Sparkassa Steyr hat in den gesährlichen Jahren 1859, 1866 und 1873 nicht einen Pfennig verloren, sie hat prosperiert, prosperiert noch heute. Die Landgemeinden=Vertreter sind geradeso klug, daß sie genau wissen, daß die Gründung einer städtischen Sparkassa außerordentliche Schwierigkeiten macht und es ist möglich, daß sie durch die fortgesetzten Angriffe gegen ihre Majoritätsrechte noch obstinater werden als bisher. Es wäre wünschenswert, daß Herr Erb diejenigen Leute nennen würde, von denen er den Grund der Stellungnahme gegen den Herrn Bürgermeister weiß, damit man der Sache auf den Grund gehen könne. Wenn Herr Erb glaubt, daß man die Bevölkerung veran¬ lassen könne, ihr Geld aus anderen Instituten in die neue städtische Sparkassa zu legen, so ist das zu bezweifeln. In Geld¬ sachen gibt es keine Gemütlichkeit, nur Vertrauen, nur Sicher¬ heit, und wenn der Herr Erb meint, daß die Landgemeinden ihr Geld in eine neue städtische Sparkassa tragen würden, so glaubt er das selbst nicht. Herr G.=R. Tribrunner erklärt sich mit dem ersten Teil des Antrages, daß der Gemeinderat wegen Nichtwahl des Herrn Bürgermeisters sein Bedauern ausspreche, einverstanden, jedoch nicht mit der Gründung einer städtischen Sparkassa, weil eine Zersplitterung von wirtschaftlichen Instituten immer schäd¬ lich sei. Er habe den Antrag des Herrn G.=R. Erb nur des¬ halb unterschrieben, weil noch die Knebelung besteht, daß ein Gemeinderat einen Antrag nur dann einbringen könne, wenn derselbe mit 5 Unterschriften versehen ist. Herr G.=R. Erb bemerkt noch: Er habe keine Philippika gegen die Sparkassa gehalten, er habe nur die Gründe geschil¬ dert, die ihn veranlaßt haben, seinen Antrag einzubringen. Es sei auch keine Hetze, wenn man nicht zu allem schweigt, sonst müßten auch die scharfen Erlässe der Statthalterei eine Hetze sein; die beiden letzten seien sogar recht scharf, es werde sogar mit finanzieller Schadloshaltung bei Ueberlehnung gedroht. Sein Antrag sei auch kein Scheinantrag. Die Frage der Grün¬ dung einer eigenen Sparkassa mußte einmal aufgerollt werden. Bei der Abstimmung wird der erste Teil des Sektions¬ Der Antrag des Herrn G.=R. Erb auf Gründung einer städtischen Sparkassa wird mit allen gegen 2 Stimmen abgelehnt angenommen. 4. Ansuchen der Reserbewache um Erhöhung der Entlohnung. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Nachdem ohnedies bereits zweimal schon Aufbesserungen der Bezüge der Reserve¬ wachmannschaft erfolat sind, der Dienst in der Reservewache nicht als Hauptbeschäftigung, sondern nur als Nebenbeschäftigung anzusehen ist und die erbetene Erhöhung eine solch hohe Neu¬ belastung des Budgets der Stadtgemeinde hervorrufen würde, daß dieselbe als unerschwinglich bezeichnet werden muß, stellt die I Sektion den Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen: Es werde auf das Ansuchen der Reservewachmannschaft um Erhöhung des Stundengeldes von 30 auf 40 Heller für die Monate April bis Ende November des Jahres nicht eingegangen. Herr G.=R. Dautlgraber stellt den Gegenantrag auf Gewährung des Ansuchens, welcher vom Herrn G.=R. Tri¬ brunner unterstützt wird. Herr G.=R. Erb stellt den Antrag, diese Angelegenheit nochmals der Sektion zur Beratung und Beschlußfassung zuzu¬ weisen, in welcher Weise dem vorliegenden Ansuchen der Reserve¬ wachmannschaft ein Entgegenkommen möglich sei. Der Herr Referent bemerkt, eine weitere Beratung dieser Angelegenheit sei überflüssig, weil die Sektion auch später nicht in der Lage sei, einer solchen Ueberschreitung des Budgets seine Zustimmung zu geben. Er ersuche um die Annahme des Sektions¬ antrages. Bei der Abstimmung werden die Anträge der Herren Ge¬ meinderäte Erb und Dautlgraber mit allen gegen 3 Stimmen abgelehnt, worauf der Sektionsantrag mit Majorität angenommen wird. — Z. 191/V. P. 5. Amtsbericht in Angelegenheit der Frau Therese Demelbauer'schen Verlassenschaft in Bezug auf Abgabe einer Erbserklärung zu Gericht. Ueber den vorliegenden Amtsbericht stellt die Sektion folgenden Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen: 1. Es werde zu dem Nachlasse der Therese Demelbauer die bedingte Erbserklärung abgegeben; 2. behufs eventueller vergleichsmäßiger Austragung der Frage, ob der von Franz Demelbauer erhobene Anspruch auf 24.000 K anerkannt werde oder nicht, bei dem Verlassenschafts¬ gerichte die Einvernehmung aller Interessenten beantragt, und 3. zur Vertretung der Stadtgemeinde ein Rechtsanwalt in der Person des Herrn Dr. Bernhard Gottlieb in Steyr bestellt. Dieser Antrag wird einstimmig angenommen. — Z. 17.439. 6. Petition in Angelegenheit der Abänderung der Marktordnung für die Stadt Steyr. Ueber die vorliegende Interpellation des Herrn G.=R. Erb betreffend die hohen Preise von Butter und Eiern am Wochen¬ markt und betreffend die Handhabung der Marktvorschriften gegenüber den auswärtigen Händlern, an welche sich eine Petition von 932 Frauen und eine Petition des Vereines der Beamten und Lehrer anschließe, worin um Einschränkung des Groß= und Zwischenhandels gebeten wird, und über eine weiters vorliegende Petition der Handelsgenossenschaft in Steyr, worin um Auf¬ hebung des Verbotes für die kleineren Händler, daß sie erst nach 9 Uhr einkaufen dürfen, ersucht wird, stellt der Herr Referent, nach Bekanntgabe der diesbezüglichen Marktordnungs=Bestim¬ mungen der Städte Linz, Wels, Gmunden 2c., namens der Sektion folgende Anträge: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde neuerdings im Wege einer Kundmachung öffentlich bekannt gemacht, daß auf Grund des Gemeinderats¬ beschlusses vom 21. Februar 1896 und Statthalterei=Erlasses vom 11. Mai 1896, Z 4344/I, den Groß= und Zwischenhändlern der Einkauf von Lebensmitteln auf den Steyrer Wochenmärkten erst nach 9 Uhr vormittags gestattet ist und das Markt=Inspektorat angewiesen wird, die Einhaltung dieser Einkaufszeit für Gro߬ und Zwischenhändler strengstens zu überwachen. 2. Es werde zur Vermeidung von verdeckten früheren Ein¬ käufen der Groß= und Zwischenhändler folgende Bestimmung in die Marktordnung von Steyr aufgenommen: „Die Ware, welche auf den Markt gebracht worden ist, darf niemanden, der sie kaufen will, vorenthalten, oder von niemanden auf irgend eine Weise versteckt werden. Der Einwand, daß die Ware schon bestellt oder ver¬ kauft sei, wird nicht berücksichtigt, verkaufte Ware ist durch den Käufer sofort vom Markte zu entfernen. Jeder ordnungs¬ widrige Verkauf ist ungültig.“ 3. Ist in der Kundmachung die Strafandrohung aufzu¬ nehmen, daß Uebertretungen gegen die Marktordnung mit Geld¬ strafen von 2 bis 50 Kronen oder mit Arrest bestraft werden, und daß auch die Ausschließung vom Markte auf eine oder mehrere Wochen gegen solche Personen verhängt werden kann, welche wegen Uebertretung der Marktordnung wiederholt abge¬ straft worden sind. Herr G.=R. Erb bemerkt, daß vor 8 Tagen die unange¬ nehme Erfahrung gemacht wurde, daß am Markt kein Butter

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