2 gehen des Ausschusses dieser Sparkassa werden für die Zukunft schwere wirtschaftliche Schädigungen der Stadt Steyr im Ge¬ folge haben. Diese Vorgänge zeigen auch die Einflußlosigkeit der vom Gemeinderate der Stadt Steyr in den Sparkasse=Ausschuß ent¬ sendeten Ausschüsse, indem diese von der Ausschußmehrheit, welche die Landgemeinden stellen, jederzeit rücksichtslos majorisiert werden können. Solche Verhältnisse vertragen sich weder mit der wirt¬ chaftlichen Wohlfahrt, noch mit dem Ansehen der Stadt Steyr, welche dadurch in ein tief bedauerliches Abhängigkeitsverhältnis zu den Landgemeinden gedrängt ist. Die erfolgte Ausscheidung des Bürgermeisters der Stadt Steyr aus der Direktion der Sparkassa in Steyr kann der Ge¬ meinderat der Stadt Steyr nicht ohne energischen Widerspruch hinnehmen und muß gegen dieses Verdrängen des Bürgermeisters entschiedenst Stellung genommen werden. Deshalb stellt der Gefertigte folgende Anträge: 1. Der Gemeinderat der Stadt Steyr drücke über die un¬ verdiente, rücksichtslose Zurücksetzung und Verdrängung des Bürgermeisters der Stadt Steyr bei der Wahl des Direktoriums der Sparkassa in Steyr sein tiefstes Bedauern und seine volle Entrüstung aus. 2. Der Gemeinderat beschließe, die Frage der Errichtung einer städtischen Sparkassa oder eines ähnlichen Geldinstitutes in Steyr zu erwägen und zu diesem Zwecke eine eigene Kommission zu wählen mit dem Austrage, dem Gemeinderate entsprechenden Bericht und geeignete Vorschläge hierüber möglichst bald zu erstatten. L. Erb m. p. Joh. Rotter m. p. Z. 17.934. G. Dantlgraber m. p. Tribrunner m. p. Ludwig Reisinger m. p. Ludwig Binderberger m. p. Steyr, am 16. Juli 1909. Der Herr Referent bemerkt, daß die I. Sektion diese An¬ träge eingehend in Beratung gezogen hat und stellt folgende Anträge: 1. Es werde seitens des Gemeinderates der Stadt Steyr wegen der vom Sparkassa=Ausschusse nicht erfolgten Wiederwahl des Herrn Bürgermeisters Franz Lang in die Sparkassa=Direktion das Bedauern ausgedrückt, weil Herr Lang schon durch 8 Jahre als Sparkassa=Direktor pflichteifrig gewirkt hat und in der Regel der Bürgermeister der Stadt Steyr in die Sparkassa=Direktion berusen wurde. 2. Es werde der Antrag des Herrn G.=R. Erb auf Er¬ wägung wegen Errichtung einer städtischen Sparkassa und Wahl einer Kommission zur Berichterstattung, ohne sich in diese Frage einzulassen, abgelehnt. Der Herr Referent begründet diese Anträge wie folgt: Daß der Gemeinderat der Stadt Steyr sein Bedauern darüber ausspreche, daß Herr Bürgermeister Lang nicht mehr in die Direktion gewählt wurde, sei vollkommen begründet. Herr Bürgermeister wirkte 8 Jahre pflichteifrig in der Direktion und in der Regel gehörte der jeweilige Bürgermeister der Direktion an. Man hätte auf diese Umstände Rücksicht nehmen sollen. Gegen die Gründung einer städtischen Sparkassa spricht jedoch eine ganze Reihe von Bedenken, die zur Ablehnung des Antrages führen müssen. Vor allem muß bedacht werden, daß die Stadt Steyr ein Mitglied der seit 1852 bestehenden Sparkassa in Steyr ist und sei 57 Jahren mitinteressiert ist bis zirka zur Hälfte des Jahres¬ erträgnisses, weil derselben statutarisch von der jeweiligen Höhe des Jahreserträgnisses 50 % zugewiesen werden. Durch die Gründung einer städtischen Sparkassa würde die Stadt sich selbst Konkurrenz schaffen, die das Erträgnis der alten Sparkassa einigermaßen schmälern könnte, ohne der Stadt Steyr durch eine Reihe von Jahren ein Erträgnis einzubringen. Die städtische Sparkassa in Linz ist unter ganz anderen günstigen Verhältnissen gegründet worden als eine solche in Steyr gegründet werden könnte. Linz hat viermal soviel Ein¬ wohner als Steyr und es kann daher ein solches Geldinstitut dort leichter bestehen als hier. Die städtische Sparkassa in Linz besteht seit 21 Jahren und hat nur ein Erträgnis von 19.000 K aufzuweisen, welcher noch dem Reservefonde zugeführt werden muß, da derselbe noch nicht 5% des Einlagekap tales ausmacht Wenn neben der alten Sparkassa eine städtische Sparkassa gegründet wird, wird die Folge davon sein, daß das Erträgnis der alten Sparkassa verringert und so auch der statutarische An¬ teil der Stadt Steyr geschmälert wird, und da die neue Spar¬ kassa solange kein Erträgnis liefert, bis der Reservefond 5% des Einlagekapitales beträgt, so wäre eine solche Konkurrenz nur ein wirtschaftlicher Nachteil für die Stadt Steyr. Die Stadt Steyr hat von der hiesigen Sparkassa von 1876 bis 1908 an statutarischen Anteilen am Reinerträgnisse die Summe von 897.000 K und an Spenden unter Zustimmung der Landgemeinden=Vertreter 198.000 K, zusammen 1,095.000 A, erhalten. Das ist doch ein ganz gewaltiger wirtschaftlicher Vorteil. Durch die Konkurrenz einer neuen Sparkassa würde nicht nur der statutarische Anteil verringert, sondern es würde auch der Nachteil erwachsen, daß es mit den bisherigen Spenden zu Ende wäre. Die Majorität der Landgemeindenvertreter würde sagen: Wenn ihr Spenden wollt, dann geht zu eurer eigenen Sparkassa. Steyr hat bisher beträchtliche Spenden von der Sparkassa erhalten, so 40.000 K zum Spitalbau, 30.000 A zum Baue der Versuchsanstalt, 50.000 K für die Industriehalle. Nirgends in Oesterreich wurde eine städtische Sparkassa ge¬ gründet, wo eine Gemeinde bereits mit einem fixen Anteil an der Sparkassa beteiligt ist. Eine solche Gründung wäre für Steyr nur dann richtig, wenn die Stadtgemeinde aus der bisherigen Bezirkssparkassa ausscheiden würde. Das wäre aber nicht durch¬ führbar aus verschiedenen Gründen. Wie könnte man die Ein¬ leger veranlassen, daß sie künftig zur städtischen Sparkassa gehen, die keinen Reservefond besitzt und keine andere Garantie hat als die Gemeinde. Steyr hat für eine Sparkassa keine günstige Position. Woher soll das Geld in die neue Sparkassa fließen, wenn rings um Steyr lauter Sparkassen sind. Die umliegenden Sparkassen, die Hypothekenbank, der Volkskredit, besonders aber die kumulativen Waisenkassen machen schon jetzt eine starke Kon¬ kurrenz. Von den Einlagen der Stadtbevölkerung kann eine Sparkassa nicht existieren, umsoweniger, als viele Steyrer ihr Geld auswärts anlegen. Dazu kommt noch, daß die Stadt Steyr eine hinlängliche Kaution für die neue Sparkassa aufbringen und einen aus¬ reichenden Barvorschuß erlegen müßte, um die Kosten für Lokale, Beamte, Diener, Kanzlei=Erfordernisse vorläufig zu decken, was eine große Belastung des Gemeindebudgets bewirken müßte, deren Rückersatz erst in vielen Jahren zu erwarten wäre. Aus allen diesen Gründen hat die Sektion die Ablehnung des Antrages auf Gründung einer neuen Sparkassa beschlossen. Herr G.=R. Erb sagt, vor allem müsse er seinem Er¬ staunen Ausdruck geben, daß der Rechtskonsulent Herr Doktor Angermann das Referat über die Sparkassafrage erstatte, weil er, im innigsten Zusammenhange mit der Sparkassa stehend, in dieser Frage befangen sein müsse. Es wäre der Sache zweckdien¬ licher gewesen, wenn ein anderer Herr der Rechtssektion das Referat erstattet hätte. Die Ausscheidung des Herrn Bürgermeisters aus der Spar¬ kassa=Direktion hat in der Bevölkerung von Steyr große Mi߬ stimmung hervorgerufen. Es freut mich, daß die Rechtssektion, zwar erst über mein Einschreiten, sich auf den Standpunkt ge¬ stellt hat, das Bedauern auszudrücken, daß der Herr Bürger¬ meister nicht mehr in die Direktion der Sparkassa gewählt wurde. Dieses Bedauern hätte aber schon in jener denkwürdigen Sitzung des Sparkassa=Ausschusses ausgesprochen werden sollen. Dort hätten die Herren sofort mit aller Energie auftreten sollen, gegenüber dieser Beleidigung des Bürgermeisters der Stadt Steyr durch die Landgemeinden=Vertreter. Der Bürgermeister der Stadt Steyr steht an der Spitze der Stadt und wenn die Land¬ gemeinden=Vertreter in so rücksichtsloser Weise gegen ihn vor¬ ehen, so ist dies eine Kränkung der ganzen Stadt ohne Rück¬ sicht auf die Partei. In einer so peinlichen Frage wäre die Ein¬ berufung einer außerordentlichen Gemeinderatssitzung am Platze gewesen. Die Ausschüsse hätten nach Mitteilung der Vorgänge demonstrativ ihre Sparkassa=Mandate zurücklegen sollen und alle hätten einstimmig ohne Unterschied der Partei wieder gewählt werden müssen. Der Solidarität der Landgemeinden=Vertreter wäre somit die Solidarität der Vertreter der Stadtgemeinde gegenüber gestanden. Weil ein Landgemeinden=Vertreter durch eine Aeußerung des Herrn Bürgermeisters Lang und des Herrn Huber sich beleidigt fühlte, haben sofort alle 14 Landgemeinden¬ Vertreter solidarisch beschlossen, die beiden Herren nicht mehr zu wählen. Sprechen wir es nur offen aus: Der Herr Bürger¬ meister wurde nicht mehr gewählt, weil er bei Besetzung eines Beamtenpostens in der Sparkassa mit dem Sohne eines Land¬ gemeinden=Vertreters dagegen war, weil die Vorbildung desselben eine zu geringe war und aus Rachedurst wurde der Herr Bürger¬ meister nicht mehr gewählt. Wenn Sie, meine Herren, dem Stirn¬ runzeln eines Landgemeinden=Vertreters nachgeben, so werden Sie einfach ohnmächtig gegen diese Herren und genau so wie die Herren Lang und Huber würde jeder städtische Sparkassa¬ Direktor nicht mehr gewählt, wenn er es wagen sollte, eine gegenteilige Ansicht zu äußern. Das Femgericht der Land¬ gemeinden=Vertreter würde sich gleich zusammensetzen und jeden rücksichtslos zurückdrängen. Ein Herr, von dem man es nicht hätte erwarten sollen, hat über die Verdrängung des Bürger¬ meisters gesagt, darüber brauche sich die Bevölkerung nicht auf¬ zuregen. Ja, wenn eine solche Behandlung des Bürgermeisters die Bevölkerung nicht aufregen soll, wenn der erste Bürger der Stadt so rücksichtslos hinausgedrängt wird, was soll sie dann noch aufregen? Niemand kann dem Herrn Bürgermeister irgend etwas Nachteiliges nachsagen, daß er die Sparkassa=Interessen ver¬ nachlässigt hätte, nur weil er sich auf den Standpunkt gestellt hat, daß geschulte Kräfte in die Sparkassa gehören. — Redner wird in seinen Ausführungen durch Zwischenrufe unterbrochen Derselbe geht nun auf den zweiten Teil seines Antrages über und führt weiter aus: Dieser Vorgang gegenüber des Herrn Bürgermeisters Lang in der Sparkassa=Ausschußsitzung hat gezeigt, daß man mit einer Rücksichtslosigkeit gegen die Vertreter der Stadt Steyr vorgeht. Die Stadt ist heute den Landgemeinden=Vertretern ausge¬ liefert. Im Sparkassa=Ausschusse hat die Stadt 10, das Land 14 Vertreter. Wie ließe sich dieses Verhältnis ändern? Dadurch, daß man die Frage wegen Gründung einer städtischen Sparkässa in Erwägung zieht, aber nicht gleich in der ersten Sitzung ab¬ lehnt; das ist keine kluge Taktik. Dadurch begibt man sich der einzigen Waffe, durch welche man auf die Landgemeinden=Aus¬ schüsse einen Druck hätte ausüben können. Hätten Sie eine Kommission zur Beratung der Frage gewählt, Sie hätten sie ruhig ein halbes oder ganzes Jahr beraten lassen können, aber
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