2 alten Kreisgerichts=Gebäubes für ein herzustellendes Postamt von den beteiligten Zentralstellen endgiltig bewilligt und bis 1 Mai 1911 ausgeführt werden würde. Dieser Abmachung hat der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 25. März d. J. auch zugestimmt. Mit Eingabe vom 5. April d. J., Z. 122 V. P, hat bereits die k. k. Post= und Telegraphen=Direktion Linz mitgeteilt, daß keine Aussicht auf die Realisierung dieses Projektes vor¬ handen ist und hat dieselbe aus dem Grunde, weil sie befürchtete, daß aus der Demolierung des Innerberger Stadels für die Stadtgemeinde nicht bloß Mißstimmungen innerhalb der Ge¬ meinde, sondern möglicherweise mit Rücksicht auf das von hoher und höchster Seite kundgegebene Interesse an der Erhaltung des Stadels am Grünmarkt auch jetzt noch nicht greifbare mittelbare Nachteile erwachsen können, ein neues Projekt vorgelegt, welches unter Erhaltung dieses Stadels am Grünmarkte ausgeführt werden könnte. Dieses Projekt besteht darin, daß in der Stadt im Kreis¬ gerichtsgebäude das von der Feuerwehr benützte Lokale zu einer Stadt=Post=Filiale adaptiert werde und würde das Postärar für die Benützung der Gemeinde 4000 K als Ablösungssumme be¬ zahlen und am Bahnhofe in Steyr würde vom Postärar ein neues Postamtsgebäude errichtet werden. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 7. April d J. diesen Vorschlag in Beratung gezogen, konnte jedoch über diesen Vorschlag nicht schlüssig werden, weil die Frist zur Entscheidung über die bei der Kommission vom 25. März l. J. getroffenen Abmachungen noch nicht abgelaufen war und hat daher auch be¬ schlossen, mit der Austragung dieser Frage zuzuwarten, bis eine Entscheidung über die Abmachungen vom 25. März 1909 ein¬ langt oder die gestellte Frist bis 1. Mai l. J. abläuft. Nun ist die Entscheidung über diese Frage eingelangt. Mit Zuschrift vom 25. April d. J. hat die k. k. Post= und Tele¬ graphen=Direktion mitgeteilt, daß das k. k. Handelsministerium über neuerlichen Erlaß des k. k. Finauz=Ministeriums in Wien eröffnet habe, daß ein Neubau des Justizgebäudes in Steyr nicht durchgeführt werden könne und somit auf das alte Kreis¬ grichtsgebäude für Postzwecke nicht zu rechnen ist. (Der Herr Referent verliest die obige Zuschrift.) Durch diese Erledigung ist der Gemeinderat vor die Ent¬ scheidung gestellt: a) Entweder bei dem Projekte der Erbauung des Postamtes am Grünmarkte zu verbleiben, oder b) das neue Projekt bestehend aus einer Stadt=Post=Filiale und einem Bahnhofpostamt zu akzeptieren und die mit dem k. k. Handelsministerium vereinbarten Abmachungen wieder zu lösen. Nachdem sich für die Erhaltung des Grünmarkt=Stadels auch in hervorragender Weise Seine k. u. k. Hoheit der Thron¬ folger interessiert hat und an die Stadtgemeinde Zuschriften und Telegramme gerichtet hat wegen Erhaltung dieses Objektes, so hat der Herr Bürgermeister zur Darstellung der wahren Sach lage einen Informationsbericht an Seine k. u k. Hoheit ab¬ gehen lassen und um gütige Aeußerung gebeten, ob trotz der geschilderten Sachlage auf die Erhaltung des Stadels beharrt wird. (Der Herr Referent verliest diesen Bericht.) Mit Zuschrift der Militärkanzlei Seiner k. u. k. Hoheit des hronfolgers vom 27. April 1909 wurde der Stadtgemeinde Steyr eröffnet, daß Seine k. u. k. Hoheit nach wie vor an der unbedingten Erhaltung des Innerberger Stadels festhalten und wünschen, daß dem neuen Projekte: Stadt=Post=Filiale und Bahnhofpostamt keine Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden mögen. (Der Herr Referent verliest die Zuschrift der Militär¬ Kanzlei.) Weiters ist in dieser Frage auch eine Zuschrift des k. k. Statthalters vom 28. April 1909 an den Herrn Bürgermeister eingelangt, in welcher ausdrücklich erwähnt ist, daß der Ge¬ meinderat diesem Wunsche des Thronfolgers rechtzeitig und frei¬ willig nachkommen solle und das neue Projekt mit der Erhaltung des Stadels akzeptieren soll. Mittlerweile sind aber aus der Bevölkerung der Stadt Steyr zwei Petitionen an den Gemeinderat eingelangt, welche entgegen diesen Bestrebungen vom Gememeinderate kategorisch verlangen, daß derselbe sich von Gegenströmungen nicht irre machen lassen solle und bei dem einstimmig gefaßten Beschluß auf Erbauung des Postgebäudes am Grünmarkt beharren solle. Die neue Petition hat das Handelsgremium in Steyr überreicht und lautet dieselbe: (Der Herr Referent verliest diese Eingabe.) Die zweite Petition wurde von diversen Handels= und Gewerbsleuten, Gastwirten, Hausbesitzern und Privatleuten versehen mit 435 Unterschriften überreicht und lautet: (Der Herr Referent verliest diese Petition.) Dieser Petition hat sich auch der Verband der Gewerbe=Genossenschaften der Stadt Steyr angeschlossen. Das ist die Situation, in welcher sich heute der Gemeinde¬ rat von Steyr in der für die Stadt so hochwichtigen Frage der Schaffung eines dringendst nötigen Postamtsgebäudes befindet. Sehr bedauerlich ist es, daß durch die Aufrollung der Innerberger Stadl=Affäre die glatte Abwicklung und Durch¬ führung des für die geschäftlichen Interessen der Stadt so prak¬ tischen und gediegenen Projektes der Herstellung des Postamtes am Grünmarkt verhindert und möglicherweise gänzlich undurch¬ führbar gemacht wird. Der Gemeindrat von Steyr steht gewiß vor einer sehr schweren Entscheidung. Einerseits ist es seine Pflicht, den Wünschen seiner Mitbürger nachzukommen und die Interessen derselben mit allem Nachdrucke zu wahren und zu vertreten; anderseits hat derselbe auch gewisse Rücksichten nach Möglichkeit zu üben, welche in der hohen und höchsten Stellung jener begründet erscheinen, welche sich für die Erhaltung des historischen Denkmales am Grünmarkt wiederholt und mit allem Nachdrucke eingesetzt haben. In dieser schwierigen Lage ist nun die I. Sektion bei der Vorberatung des einzubringenden Antrages noch auf ein Projekt verfallen, welches vielleicht geeignet ist, sowohl den Anforderungen unserer Mitbürger zu entsprechen, als auch die Erhaltung des Innerberger Stadels zu ermöglichen und dadurch den Gemeinde¬ rat einen günstigen Ausweg aus dieser Zwangslage zu ebnen. Vor Allem wird von der Bürgerschaft, und zwar mit vollem Rechte verlangt, daß das Postamt in der inneren Stadt möglichst am Stadtplatze untergebracht werde. Um dieses zu erreichen, könnten noch zwei Varianten versucht werden: 1. Der Ankauf des Direktionsgebäudes am Bahnhofe und dessen Adaptierung zu einem Kreisgerichtsgebäude, wodurch das alte Kreisgerichtsgebäude für das Postamt frei würde, oder 2. die Mietung des Dornhauses am Stadtplatze und dessen Adaptierung für das Postamt. Nach eingeholten Erkundigungen könnte bezüglich der beiden Projekte sogleich in Verhandlungen eingetreten werden, nachdem seitens der beteiligten Parteien die Geneigtheit besteht, der Lösung dieser Fragen näher zu treten. Die 1. Sektion ist nun der Meinung, daß vor der defini¬ tiven Entscheidung in der Postfrage auch noch diese Projekte versucht werden sollen, damit dem Gemeinderate nicht der Vor¬ wurf gemacht werden kann, daß er alles mögliche zu einer all¬ seits befriedigenden Lösung dieser wichtigen Frage versucht hat und stellt deshalb die 1. Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: 1. Es werde über die Eingabe der k. k. Post= und Telegraphen¬ Direktion Linz vom 25. April 1909 vorläufig noch keine definitive Entscheidung gefällt. 2. Es sei dieselbe aber zu ersuchen, die beiden Projekte, und war das des Ankaufes des Direktionshauses am Bahnhofe und Adaptierung zum Kreisgerichtsgebäude und sohinigen Verwendung des alten Kreisgerichtsgebäudes zum Postamte, eventuell das der Miete des Dornhauses am Stadtplatze und der Adaptierung desselben zum Postamte in Erwägung zu ziehen und zustimmenden Falles die erforderlichen Ver¬ handlungen sogleich einzuleiten. Der Herr Vorsitzende eröffnet hierüber die Debatte. Herr G.=R. Erb: Obwohl die fortgesetzte Vertagung der Postfrage sehr bedauerlich ist, so erübrige doch nichts anderes, als den Sektionsantrag anzunehmen. Der Staat nehme in dieser Frage eine sonderbare Haltung ein, indem er die ganze Verant¬ wortung der Lösung dieser Frage auf die Gemeinde wälze; der Gemeinderat soll die Beschlüsse der Postdirektion nach allen Richtungen hin decken. Der Staat habe doch die Verpflichtung, für die Unterbringung seiner Aemter in erster Linie aufzu¬ kommen und die Geldmittel hiefür aufzubringen, aber es scheint, die Postdirektion will möglichst billig zu einem Postgebäude kommen und dabei keine Verantwortung über die Platzfrage und den Bau übernehmen. Während man in anderen Städten, wie Ried, Wels, St. Pölten geradezu palastartige Justizgebäude erhielt, Leoben beispielsweise ein großes Postamt erhielt, ohne daß die Gemeinde hiezu etwas beizutragen hatte, wird die Stadt Steyr schon seit Jahrzehnten in dieser Beziehung vernachlässigt. Man betrachte nur die Finanzräumlichkeiten in Steyr, die in vier verschiedenen Räumlichkeiten in der Stadt zerstreut sind. Er habe bereits unter dem Ministerium Körber in einer Inter¬ pellation die Unzulänglichkeit des Post= und Kreisgerichtsgebäudes geschildert, aber es wurde damals erklärt, daß diese Gebäude ausreichen und wie recht er damals gehabt habe, zeige die Auf¬ rollung der Postfrage. Das Verhalten des Staates kann hier nicht genug getadelt werden. Die Frage, wohin das Postgebäude kommen soll, sei Sache der Stadt und ein Druck, von wo immer her derselbe kommen möge, könne den Gemeinderat nicht veranlassen, eine Stellung einzunehmen, die eine Schädigung für die Stadt bedeutet. Die Postfrage sei eine reine Geldfrage. Wenn der Staat das Geld hergibt, so kann die Post auch am Stadtplatze errichtet werden, indem durch Ankauf einiger Häuser ein Bauplatz am Stadtplatz geschaffen werde. Der Innerberger Stadel habe gewiß eine historische Be¬ deutung, aber nicht der Stadel allein ist es, welchem diese Be¬ deutung zukommt, sondern dem ganzen Platze dortselbst. Das Projekt des Innerberger Stadels solle heute noch nicht fallen gelassen werden, denn der Einspruch, der dagegen erhoben wurde, könne nicht allein maßgebend sein für das Fallenlassen dieses Projektes. Er möchte die Frage aufwerfen, ob es nicht doch gut wäre, in dieser schwierigen Angelegenheit eine Deputation unter Führung des Reichsratsabgeordneten der Stadt Steyr an die maßgebenden Zentralstellen zu entsenden, da er sich hievon mehr verspreche, als von schriftl'chen Eingaben und man solle kein Mittel unversucht lassen, um sich den Vorwurf zu ersparen, daß nicht alles getan wurde, was möglich war. Herr Altbürgermeister Viktor Stigler verwahrt sich gegen den Vorwurf eines Versäumnisses. Er habe wiederholt als Bürgermeister persönlich und in Begleitung des Herrn Ober¬ landesgerichtspräsidenten Kallina in den Ministerien wegen des Justizgebäudes vorgesprochen, aber alle Schritte waren vergeblich, weil das Finanz=Ministerium nicht die nötigen Mittel zur Ver¬ fügung hatte.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2