Ratsprotokoll vom 7. Mai 1909

Rats-Protokoll über die ordentliche Sitzung des Gemeinderates der k. k. l. f. Stadt Steyr am Freitag den 7. Mai 1909. Tages=Ordnung: Eventuelle Mitteilungen. I. Sektion. (Sektions=Sitzung Donnerstag, den 6. Mai 1909, 3 Uhr nachmittags.) 1. (Vertraulich). Gesuch um Zusicherung der Aufnahme in den Gemeinde=Verband und um Bürgerrechts=Verleihung 2. (Vertraulich). Beschlußfassung in Angelegenheit der Postamtsfrage. II. Sektion. (Sektions=Sitzung Mittwoch den 5. Mai, 3 Uhr nachmittags.) 3. Kassajournals=Abschluß pro Dezember 1908. 4. Zuschrift der Verwaltung der „Oesterr. Illustr. Zeitung“ in Wien in Angelegenheit des Reklameartikels über Steyr. 5. Zuschrift des Allgemeinen Verkehrs=Bureaus in Wien betreffs Beitragsleistung für einen Reklameartikel über Steyr. 6. Einladung der Hauptleitung des Vereines „Ostmark“ zum Beitritte. 7. Spendengesuche. III. Sektion. (Sektions=Sitzung Mittwoch den 5. Mai halb 4 Uhr nachmittags.) 8. Ansuchen des M.=G.=V. „Kränzchen“ um Ueberlassung der Industriehalle für den 29. Mai und um Anordnung eines Promenadekonzertes am Stadtplatze am 30. Mai 1909. 9. Ansuchen des Orts=Verbandes Steyr der Arbeiter=Ver¬ einigungen um Ueberlassung des Karl Ludwig=Platzes und des Stadtwäldchens daselbst zu einem Sommerfeste im Monate August l. J. 10. Ansuchen um pachtweise Ueberlassung eines Grundteiles aus der öffentlichen Straßenparzelle 1394. 11. Ansuchen des Herrn M. Schartinger, Messerschmied¬ meisters in Steyr, um Gestattung der Benützung der Wasserkraft¬ anlage beim Pumpwerk in Zwischenbrücken für seine Polier¬ werkstätte ebenda. 12. Kollektiv=Eingabe von Bewohnern am Wehrgraben um Einstellung einer Waschzille in den Wehrgraben bei der Direktionsbrücke. 13. Eingabe mehrerer Hausbesitzer am Mehlgraben um Verlängerung des Straßenkanales ebenda. 14. Bericht über die vorgenommene Erhebung bezüglich der Adaptierungen im Gefangenhause zur Unterbringung der Pfandleihanstalt. IV. Sektion. (Sektions=Sitzung Donnerstag den 6. Mai, 4 Uhr nachmittags.) 15. Antrag auf einen Stipendium=Fortbezug. Der Vorsitzende: Herr Bürgermeister Franz Lang. Der Vizebürgermeister Herr Leopold Köstler. Die Herren Gemeinde¬ räte: Dr. Franz Angermann, Leopold Anzengruber, Ludwig Binderberger, Alexander Busek, Gottlieb Dantlgraber, Leopold Erb, Ferdinand Gründler, Ferdinand Handstanger, Josef Hiller, Johann Kollmann Michael Meditz, Hans Millner, Franz Nothhaft, Viktor Ortler, Ludwig Reisinger, Ferdinand Reitter, Johann Rotter, Peter Steinhuber, Viktor Stigler, Anton Stippl, Franz Tribrunner, Josef Tureck und Karl Wöll. Ferner sind anwesend: Herr Stadtrat Franz Gall und als Schriftführer städt. Offizial Herr Franz Schmidbauer. Entschuldigt abwesend sind die Herren Gemeinderäte: Karl Heindl, Otto Schönauer und Rudolf Sommerhuber. Der Herr Vorsitzende konstatiert die Beschlußfähigkeit des Gemeinderates und erklärt um 3 Uhr nachmittags die Sitzung für eröffnet. Sodann begrüßt der Herr Vorsitzende den vom Urlaub zurückgekehrten Herrn Altbürgermeister Viktor Stigler und er¬ sucht ihn, die im § 9 der Geschäftsordnung vorgeschriebene An¬ gelobung zu leisten. Der Herr Altbürgermeister leistet die Angelobung mit den Worten: „Ich gelobe.“ Zu Verifikatoren dieses Protokolles werden die Herren Gemeinderäte Peter Steinhuber und Viktor Stigler gewählt. Mitteilungen. Herr Stadtrat Franz Gall teilt mit: 1. Die Allg. Arbeiter=Kranken= und Unterstützungskasse in Steyr dankt für die erhaltene Subvention von 200 K. — Zur Kenntnis. 2. Der Deutsche Turnverein in Steyr dankt für die kostenlose Ueberlassung der Industriehalle am 1. Mai d. J. Zur Kenntnis. 3. Dem Stadtphysikus Herrn Dr. Hauk wurde ein neuer¬ licher halbjähriger Urlaub ab 15. April 1909 erteilt. — Zur Kenntnis. Liegt folgender Dringlichkeits=Antrag vor: Karl Panhuber, städt. Sicherheits=Wachmann, kündigt seinen Dienstposten bis 1. Juli 1909, da er mangels der vorge¬ schriebenen Kaution die Ehebewilligung nicht erlangen kann. Nach Annahme der Dringlichkeit stellt die 1. Sektion fol¬ genden Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen: Es werde diese Diensteskündigung des Wachmannes Karl Panhuber mit 1. Juli 1909 zur Kenntnis genommen und ist behufs Besetzung dieser Stelle die übliche Konkurs=Ausschreibung zu veranlassen mit dem Bemerken, daß die Kompetenzgesuche bis 1. Juni l. J. einzu¬ bringen sind. Einstimmig nach Antrag. — Z. 156 V. P. Hierauf Erledigung der Tagesordnung. I. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Dr. Franz Angermann. 1. Gesuch um Zusicherung der Aufnahme in den Gemeindeverband und Bürgerrechts=Verleihung. Wird vertraulich behandelt. 2. Beschlußfassung in Angelegenheit der Postamts¬ Frage. Der Herr Vorsitzende gibt bekannt, daß dieser Punkt, obwohl als vertraulich angesetzt, über Wunsch mehrerer Herren Gemeinderäte öffentlich verhandelt werde. Liegt folgender Sektionsbericht und Antrag vor: Bei der am 25. März 1909 über Veranlassung der k. k. Zentral=Kommission zur Erhaltung historischer Denkmäler abge¬ haltenen Kommission wurde vereinbart, von dem einstimmigen Beschlusse des Gemeinderates wegen Erbauung des neuen Post¬ gebäudes am Grünmarkt abzugehen, wenn bis längstens 1. Mai dieses Jahres das ursprüngliche Projekt der Erbauung eines neuen Kreisgerichtsgebäudes in Steyr und die Ueberlassung des

2 alten Kreisgerichts=Gebäubes für ein herzustellendes Postamt von den beteiligten Zentralstellen endgiltig bewilligt und bis 1 Mai 1911 ausgeführt werden würde. Dieser Abmachung hat der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 25. März d. J. auch zugestimmt. Mit Eingabe vom 5. April d. J., Z. 122 V. P, hat bereits die k. k. Post= und Telegraphen=Direktion Linz mitgeteilt, daß keine Aussicht auf die Realisierung dieses Projektes vor¬ handen ist und hat dieselbe aus dem Grunde, weil sie befürchtete, daß aus der Demolierung des Innerberger Stadels für die Stadtgemeinde nicht bloß Mißstimmungen innerhalb der Ge¬ meinde, sondern möglicherweise mit Rücksicht auf das von hoher und höchster Seite kundgegebene Interesse an der Erhaltung des Stadels am Grünmarkt auch jetzt noch nicht greifbare mittelbare Nachteile erwachsen können, ein neues Projekt vorgelegt, welches unter Erhaltung dieses Stadels am Grünmarkte ausgeführt werden könnte. Dieses Projekt besteht darin, daß in der Stadt im Kreis¬ gerichtsgebäude das von der Feuerwehr benützte Lokale zu einer Stadt=Post=Filiale adaptiert werde und würde das Postärar für die Benützung der Gemeinde 4000 K als Ablösungssumme be¬ zahlen und am Bahnhofe in Steyr würde vom Postärar ein neues Postamtsgebäude errichtet werden. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 7. April d J. diesen Vorschlag in Beratung gezogen, konnte jedoch über diesen Vorschlag nicht schlüssig werden, weil die Frist zur Entscheidung über die bei der Kommission vom 25. März l. J. getroffenen Abmachungen noch nicht abgelaufen war und hat daher auch be¬ schlossen, mit der Austragung dieser Frage zuzuwarten, bis eine Entscheidung über die Abmachungen vom 25. März 1909 ein¬ langt oder die gestellte Frist bis 1. Mai l. J. abläuft. Nun ist die Entscheidung über diese Frage eingelangt. Mit Zuschrift vom 25. April d. J. hat die k. k. Post= und Tele¬ graphen=Direktion mitgeteilt, daß das k. k. Handelsministerium über neuerlichen Erlaß des k. k. Finauz=Ministeriums in Wien eröffnet habe, daß ein Neubau des Justizgebäudes in Steyr nicht durchgeführt werden könne und somit auf das alte Kreis¬ grichtsgebäude für Postzwecke nicht zu rechnen ist. (Der Herr Referent verliest die obige Zuschrift.) Durch diese Erledigung ist der Gemeinderat vor die Ent¬ scheidung gestellt: a) Entweder bei dem Projekte der Erbauung des Postamtes am Grünmarkte zu verbleiben, oder b) das neue Projekt bestehend aus einer Stadt=Post=Filiale und einem Bahnhofpostamt zu akzeptieren und die mit dem k. k. Handelsministerium vereinbarten Abmachungen wieder zu lösen. Nachdem sich für die Erhaltung des Grünmarkt=Stadels auch in hervorragender Weise Seine k. u. k. Hoheit der Thron¬ folger interessiert hat und an die Stadtgemeinde Zuschriften und Telegramme gerichtet hat wegen Erhaltung dieses Objektes, so hat der Herr Bürgermeister zur Darstellung der wahren Sach lage einen Informationsbericht an Seine k. u k. Hoheit ab¬ gehen lassen und um gütige Aeußerung gebeten, ob trotz der geschilderten Sachlage auf die Erhaltung des Stadels beharrt wird. (Der Herr Referent verliest diesen Bericht.) Mit Zuschrift der Militärkanzlei Seiner k. u. k. Hoheit des hronfolgers vom 27. April 1909 wurde der Stadtgemeinde Steyr eröffnet, daß Seine k. u. k. Hoheit nach wie vor an der unbedingten Erhaltung des Innerberger Stadels festhalten und wünschen, daß dem neuen Projekte: Stadt=Post=Filiale und Bahnhofpostamt keine Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden mögen. (Der Herr Referent verliest die Zuschrift der Militär¬ Kanzlei.) Weiters ist in dieser Frage auch eine Zuschrift des k. k. Statthalters vom 28. April 1909 an den Herrn Bürgermeister eingelangt, in welcher ausdrücklich erwähnt ist, daß der Ge¬ meinderat diesem Wunsche des Thronfolgers rechtzeitig und frei¬ willig nachkommen solle und das neue Projekt mit der Erhaltung des Stadels akzeptieren soll. Mittlerweile sind aber aus der Bevölkerung der Stadt Steyr zwei Petitionen an den Gemeinderat eingelangt, welche entgegen diesen Bestrebungen vom Gememeinderate kategorisch verlangen, daß derselbe sich von Gegenströmungen nicht irre machen lassen solle und bei dem einstimmig gefaßten Beschluß auf Erbauung des Postgebäudes am Grünmarkt beharren solle. Die neue Petition hat das Handelsgremium in Steyr überreicht und lautet dieselbe: (Der Herr Referent verliest diese Eingabe.) Die zweite Petition wurde von diversen Handels= und Gewerbsleuten, Gastwirten, Hausbesitzern und Privatleuten versehen mit 435 Unterschriften überreicht und lautet: (Der Herr Referent verliest diese Petition.) Dieser Petition hat sich auch der Verband der Gewerbe=Genossenschaften der Stadt Steyr angeschlossen. Das ist die Situation, in welcher sich heute der Gemeinde¬ rat von Steyr in der für die Stadt so hochwichtigen Frage der Schaffung eines dringendst nötigen Postamtsgebäudes befindet. Sehr bedauerlich ist es, daß durch die Aufrollung der Innerberger Stadl=Affäre die glatte Abwicklung und Durch¬ führung des für die geschäftlichen Interessen der Stadt so prak¬ tischen und gediegenen Projektes der Herstellung des Postamtes am Grünmarkt verhindert und möglicherweise gänzlich undurch¬ führbar gemacht wird. Der Gemeindrat von Steyr steht gewiß vor einer sehr schweren Entscheidung. Einerseits ist es seine Pflicht, den Wünschen seiner Mitbürger nachzukommen und die Interessen derselben mit allem Nachdrucke zu wahren und zu vertreten; anderseits hat derselbe auch gewisse Rücksichten nach Möglichkeit zu üben, welche in der hohen und höchsten Stellung jener begründet erscheinen, welche sich für die Erhaltung des historischen Denkmales am Grünmarkt wiederholt und mit allem Nachdrucke eingesetzt haben. In dieser schwierigen Lage ist nun die I. Sektion bei der Vorberatung des einzubringenden Antrages noch auf ein Projekt verfallen, welches vielleicht geeignet ist, sowohl den Anforderungen unserer Mitbürger zu entsprechen, als auch die Erhaltung des Innerberger Stadels zu ermöglichen und dadurch den Gemeinde¬ rat einen günstigen Ausweg aus dieser Zwangslage zu ebnen. Vor Allem wird von der Bürgerschaft, und zwar mit vollem Rechte verlangt, daß das Postamt in der inneren Stadt möglichst am Stadtplatze untergebracht werde. Um dieses zu erreichen, könnten noch zwei Varianten versucht werden: 1. Der Ankauf des Direktionsgebäudes am Bahnhofe und dessen Adaptierung zu einem Kreisgerichtsgebäude, wodurch das alte Kreisgerichtsgebäude für das Postamt frei würde, oder 2. die Mietung des Dornhauses am Stadtplatze und dessen Adaptierung für das Postamt. Nach eingeholten Erkundigungen könnte bezüglich der beiden Projekte sogleich in Verhandlungen eingetreten werden, nachdem seitens der beteiligten Parteien die Geneigtheit besteht, der Lösung dieser Fragen näher zu treten. Die 1. Sektion ist nun der Meinung, daß vor der defini¬ tiven Entscheidung in der Postfrage auch noch diese Projekte versucht werden sollen, damit dem Gemeinderate nicht der Vor¬ wurf gemacht werden kann, daß er alles mögliche zu einer all¬ seits befriedigenden Lösung dieser wichtigen Frage versucht hat und stellt deshalb die 1. Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: 1. Es werde über die Eingabe der k. k. Post= und Telegraphen¬ Direktion Linz vom 25. April 1909 vorläufig noch keine definitive Entscheidung gefällt. 2. Es sei dieselbe aber zu ersuchen, die beiden Projekte, und war das des Ankaufes des Direktionshauses am Bahnhofe und Adaptierung zum Kreisgerichtsgebäude und sohinigen Verwendung des alten Kreisgerichtsgebäudes zum Postamte, eventuell das der Miete des Dornhauses am Stadtplatze und der Adaptierung desselben zum Postamte in Erwägung zu ziehen und zustimmenden Falles die erforderlichen Ver¬ handlungen sogleich einzuleiten. Der Herr Vorsitzende eröffnet hierüber die Debatte. Herr G.=R. Erb: Obwohl die fortgesetzte Vertagung der Postfrage sehr bedauerlich ist, so erübrige doch nichts anderes, als den Sektionsantrag anzunehmen. Der Staat nehme in dieser Frage eine sonderbare Haltung ein, indem er die ganze Verant¬ wortung der Lösung dieser Frage auf die Gemeinde wälze; der Gemeinderat soll die Beschlüsse der Postdirektion nach allen Richtungen hin decken. Der Staat habe doch die Verpflichtung, für die Unterbringung seiner Aemter in erster Linie aufzu¬ kommen und die Geldmittel hiefür aufzubringen, aber es scheint, die Postdirektion will möglichst billig zu einem Postgebäude kommen und dabei keine Verantwortung über die Platzfrage und den Bau übernehmen. Während man in anderen Städten, wie Ried, Wels, St. Pölten geradezu palastartige Justizgebäude erhielt, Leoben beispielsweise ein großes Postamt erhielt, ohne daß die Gemeinde hiezu etwas beizutragen hatte, wird die Stadt Steyr schon seit Jahrzehnten in dieser Beziehung vernachlässigt. Man betrachte nur die Finanzräumlichkeiten in Steyr, die in vier verschiedenen Räumlichkeiten in der Stadt zerstreut sind. Er habe bereits unter dem Ministerium Körber in einer Inter¬ pellation die Unzulänglichkeit des Post= und Kreisgerichtsgebäudes geschildert, aber es wurde damals erklärt, daß diese Gebäude ausreichen und wie recht er damals gehabt habe, zeige die Auf¬ rollung der Postfrage. Das Verhalten des Staates kann hier nicht genug getadelt werden. Die Frage, wohin das Postgebäude kommen soll, sei Sache der Stadt und ein Druck, von wo immer her derselbe kommen möge, könne den Gemeinderat nicht veranlassen, eine Stellung einzunehmen, die eine Schädigung für die Stadt bedeutet. Die Postfrage sei eine reine Geldfrage. Wenn der Staat das Geld hergibt, so kann die Post auch am Stadtplatze errichtet werden, indem durch Ankauf einiger Häuser ein Bauplatz am Stadtplatz geschaffen werde. Der Innerberger Stadel habe gewiß eine historische Be¬ deutung, aber nicht der Stadel allein ist es, welchem diese Be¬ deutung zukommt, sondern dem ganzen Platze dortselbst. Das Projekt des Innerberger Stadels solle heute noch nicht fallen gelassen werden, denn der Einspruch, der dagegen erhoben wurde, könne nicht allein maßgebend sein für das Fallenlassen dieses Projektes. Er möchte die Frage aufwerfen, ob es nicht doch gut wäre, in dieser schwierigen Angelegenheit eine Deputation unter Führung des Reichsratsabgeordneten der Stadt Steyr an die maßgebenden Zentralstellen zu entsenden, da er sich hievon mehr verspreche, als von schriftl'chen Eingaben und man solle kein Mittel unversucht lassen, um sich den Vorwurf zu ersparen, daß nicht alles getan wurde, was möglich war. Herr Altbürgermeister Viktor Stigler verwahrt sich gegen den Vorwurf eines Versäumnisses. Er habe wiederholt als Bürgermeister persönlich und in Begleitung des Herrn Ober¬ landesgerichtspräsidenten Kallina in den Ministerien wegen des Justizgebäudes vorgesprochen, aber alle Schritte waren vergeblich, weil das Finanz=Ministerium nicht die nötigen Mittel zur Ver¬ fügung hatte.

N 3 Bereits vor 20 bis 25 Jahren ist die Frage wegen Er¬ richtung eines neuen Postgebäudes akut geworden, es sollte in Ennsdorf erbaut werden, aber damals habe sich ein solcher Petitionensturm dagegen erhoben, daß der Bau unterblieb. Die große Energie und das Wohlwollen, welches Herr Hofrat Hoheisel in dieser Frage der Stadt Steyr entgegengebracht hat, müsse dankbar anerkannt werden, aber dem Gemeinderate bleibe nichts anderes übrig, als den letzten Versuch zu machen, wie er im Sektionsantrage niedergelegt ist. Man müsse heute froh sein, wenn es dem Postärar gelingt, eines der Projekte durchzubringen. Er unterstütze daher den Sektionsantrag. Herr G.=R. Wöll ist auch dafür, daß nochmals an die Regierung wegen Erbauung eines Postgebäudes herangetreten werde. Man solle nicht so viele Rücksichten nehmen; Steyr habe schon seit Jahrzehnten bei der Regierung angepocht und nichts erhalten. Wenn die Vorschläge der Sektion kein günstiges Re¬ sultat erzielen, solle man beim ersten Projekte bleiben. Herr G.=R. Tribrunner teilt die Anschauung des Herrn G.=R. Erb. Er glaube auch, daß die Staatsverwaltung die Pflicht habe, für ihre Aemter selbst zu sorgen. Er stimme dem Sektionsantrage zu, obwohl er zu demselben kein Vertrauen habe. Er halte auch dafür, daß der Gemeinderat durch eine Deputation bei den Zentralbehörden vorstellig werden solle, weil nach seiner Ansicht durch die Postdirektion der Sache zu wenig Nachdruck verliehen werde. Herr G.=R. Nothhaft stimmt auch dem Sektionsantrage zu, umsomehr, als in der Zuschrift der Statthalterei bezüglich des Wunsches des Erzherzogs dem Gemeinderate nahe gelegt wurde freiwillig und rechtzeitig von dem Projekte mit dem Innerberger Stadel abzustehen. Herr G.=R. Dautlgraber steht auf dem Standpunkte des Herrn G.=R. Erb und sei auch dafür, daß durch eine Depu¬ tation nochmals ein Versuch bei den Zentralstellen gemacht werde. Er beantragt, daß in die Deputation die Herren Bürger¬ meister Franz Lang, Vizebürgermeister Leopold Köstler und die Herren Gemeinderäte Erblund Tureck gewählt werden. Herr G.=R. Dr. Angermann ist auch mit der Ent¬ sendung einer Deputation einverstanden, doch lolle man mit der Ausführung dieses Beschlusses solange zuwarten, bis man wisse, wie sich die Postdirektion zu den neuen Vorschlägen des Ge¬ meinderates stelle. Bei der Abstimmung wird sowohl der Antrag der Sektion wie auch der Zusatzantrag des Herrn G.=R Dantlgraber ein¬ stimmig angenommen. II. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Josef Tureck. 3. Kasse=Journals=Abschluß pro Dezember 1908. Die städt. Rechnungs=Kanzlei berichtet: Einnahmen im Dezember 1908 175.614 K 62 h Kasserest vom Vormonat . 81.336 „ 90 Gesamt=Einnahmen. 256.951 K 52 h Ausgaben im Dezember 1908 256.951 „ 52, Der Herr Referent gibt bekannt, daß das Kasse=Journal durch die Herren Gemeinderäte Hiller und Nothhaft geprüft und richtig befunden wurde. Zur Kenntnis. — Z. 9620. 4. Zuschrift der Verwaltung der österr. Illustrierten Zeitung in Wien in Angelegenheit des Reklame=Artikels über Steyr Die Sektion beantragt: Nachdem zu diesem Gegenstand von Seite des Amtes noch Vorerhebungen zu pflegen sind, so wolle der Gemeinderat beschließen, diesen Punkt von der Tages¬ ordnung abzusetzen. Einstimmig nach Antrag. 5. Zuschrift des allg. Verkehrsbureaus in Wien betreffs Beitragsleistung für einen Reklame=Artikel über Steyr. Die Sektion beantragt die Gewährung eines Beitrages von 20 K, was einstimmig angenommen wird. — Z. 10.446. 6. Einladung der Hauptleitung des Vereines „Ostmark“ zum Beitritte. Die Sektion beantragt, dem Verein „Ostmark“ mit einem Betrag von 20 K beizutreten. Herr G.=R. Erb stellt an den Referenten die Anfrage, ob dieser Beitrag nur für dieses Jahr bewilligt ist, oder auch für die kommenden Jahre. Der Herr Referent erklärt, daß der Betrag per 20 K nur für dieses Jahr bewilligt ist. Herr G.=R. Erb hat gegen die Bewilligung des Betrages von 20 K für dieses Jahr nichts einzuwenden. Da jedoch dieser Beitrag als nationale Unterstützung anzusehen ist, so müsse an die weitere Subventionierung dieses Vereines die Bedingung geknüpft werden, daß die bereits bestehenden nationalen Schutz vereine durch die „Ostmark“ nicht bekämpft werden, daß dieser Schutzverein nicht parteipolitisch einseitig vorgehe und daß die „Ostmark“ bestrebt ist, an die bereits bestehenden Schutzvereine Anschluß zu suchen und in nationalen Fragen mit diesen ge¬ meinsam zu arbeiten. Redner ersucht, daß diese Bedingungen in das Protokoll aufgenommen werden. Herr G.=R. Dr. Angermann erwidert, daß der Ge¬ meinderat keine Ursache habe, dem Verein „Ostmark“ zu mi߬ trauen. Es haben sich schon früher in Steyr nationale Vereine gebildet, die mehr politisch als national waren. Der Stand¬ punkt des Herrn G.=R. Erb sei ein parteipolitischer und er halte die Protokollierung dieser Anschauung des Herrn G.=R. Erb für überflüssig. Er unterstütze den Sektionsantrag. Herr G.=R. Nothhaft verwahrt sich gegen das ausge¬ sprochene Mißtrauen. Die „Ostmark“ sei nach § 2 ihrer Statuten zanz unparteiisch und die Christlichsozialen wären nicht zur Gründung eines eigenen nationalen Schutzvereines geschritten, wenn sie nicht vielfach in den bereits bestehenden brüskiert worden wären. Hierauf wird der Antrag der Sektion mit Majorität an genommen. 7. Spendengesuche. a) Dem humanitären Verein der Oberösterreicher und Salz¬ burger in Wien wird eine Spende von 20 K bewilligt. — Z. 10.005. b) Für den Verein der Oberösterreicher in Innsbruck wird der Mitgliedsbeitrag pro 1909 per 6 K bewilligt. — Z. 8986. e) Dem Ansuchen des Bielitzer Männergesang=Vereines um eine Spende zu seinem 75. Gründungsfest wird keine Folge gegeben. — Z. 10.214. d. Dem Ansuchen des öst.=ung. Hilfsvereines in Köln um eine Unterstützung wird keine Folge gegeben. — Z. 8661 e) Dem Ansuchen des Komitees zur Erbauung der österr. Soldaten=Kapelle in Riedern=Kalksburg wird keine Folge gegeben. — Z. 9662. III. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr Vize¬ bürgermeister Leopold Köstler. 8. Ansuchen des Männergesangvereines „Kränzchen“ um Ueberlassung der Industriehalle für den 29. Mai und um Anordnung eines Promenade=Konzertes am Stadt¬ platze am 30 Mai 1900. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Der löbl. Gemeinderat wolle die angesuchte Benützung der Industriehalle am 29. Mai l. J. zur Abhaltung eines Konzertes sowie eines sich daran schließenden Festkommerses unter der Be¬ dingung unentgeltlich bewilligen, daß der Verein für Beleuchtung und Reinigung der Halle aufzukommen hat. Weiters werde die Beistellung der Bürgermusik beim Einzuge der Sänger an Stelle eines Promenade=Konzertes bewilligt. Einstimmig nach Antrag. — Z. 10.103. 9. Anfuchen des Ortsverbandes Steyr der Arbeiter¬ Vereinigungen um Ueberlassung des Karl Ludwig=Platzes und des Stadtwäldchens daselbst zu einem Sommerfest im August d. J. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Der löbl. Gemeinderat wolle die angesuchte Benützung des Karl Ludwig=Platzes und der dortigen Anlagen unter der Be¬ dingung bewilligen, daß die Anlagen nicht beschädigt werden und daß bei Benützung der Industriehalle die Gesuchsteller für Beleuchtung und Reinigung aufzukommen haben. Einstimmig nach Antrag. — Z. 9660. 10. Ansuchen um pachtweise Ueberlassung eines Grundteiles aus der öffentlichen Straßenparzelle 1394. Der Sektionsantrag lautet: Der löbliche Gemeinderat wolle dem Gesuchsteller Herrn Wenzl Zimmer die Aufstellung eines Gastgartens auf der öffent¬ lichen Parzelle 1394 für die Monate Mai, Juni, Juli, August und September auf die Dauer von drei Jahren gegen Abschluß eines Pachtvertrages und gegen einen jährlichen Pachtschilling von 16 K, welcher alljährlich im Mai vorhinein zu entrichten ist, bewilligen. Einstimmig nach Antrag. — Z. 8215. 11. Ansuchen des Herrn M. Schartinger, Messer¬ schmiedmeister, Steyr, um Gestattung der Benützung der Wasserkraftanlage beim Pumpwerke in Zwishenbrücken ür seine Polierwerkstätte. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Nachdem Herr Schartinger nur eine minimale Kraft zum Betriebe seiner Poliere benötigt und dieselbe auch nur stunden¬ weise im Tage benützt wird; infolge der Neuanlage des städt. Wasserrades die Kraft desselben bedeutend erhöht wurde, daher die vom Herrn Schartinger angesuchte Kraftbenützung ohne Be¬ nachteiligung des städt. Pumpwerkes abgegeben werden könnte, erlaubt sich die Sektion den Antrag zu stellen: Der löbliche Gemeinderat wolle der Abgabe von Kraft an Herrn Schartinger ür seine Poliererei seine Zustimmung erteilen und für dieselbe einen jährlichen Pacht von 36 K bestimmen und zur Abfassung eines Pachtvertrages mit den näheren Bestimmungen die Be¬ willigung erteilen Dieser Antrag wird mit dem Zusatze angenommen, daß Herr Schartinger seine Polieranlage nicht vergrößern darf. Z. 11.085. 12. Kollektiveingabe von Bewohnern am Wehr¬ graben um Einstellung einer Waschzille in den Wehr¬ graben bei der Direktionsbrücke. Ueber die vorliegende Eingabe und der vorliegenden Zu¬ timmung der Waffenfabrik und Wehrgraben=Kommune stellt die Sektion folgenden Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle der Aufstellung einer Wasch¬ zille im Wehrgrabenkanale oberhalb der Direktionsbrücke im bei¬

4 läufigen Kostenbetrage von 100 K seine Zustimmung erteilen und die von der Waffenfabriksgesellschaft und der Wehrgraben¬ kommune mit Zuschrift vom 3. April d. J. gestellten Be¬ dingungen erfüllen. Einstimmig nach Antrag. — Z. 5630. 13. Eingabe mehrerer Hausbesitzer am Mehl¬ graben um Verlängerung des Straßenkanales ebenda. Ueber diese Eingabe und auf Grund des Ergebnisses der kommissionellen Besichtigung stellt die Sektion den Antrag: Nachdem der Zustand des Weges durch den Mehlgraben wirklich ein sehr schlechter ist erlaubt sich die Sektion den Antrag zu stellen: Der löbliche Gemeinderat wolle der projek¬ tierten Kanalisierung und Umpflasterung dieser Gasse im bei¬ läufigen Kostenbetrage von 600 K seine Zustimmung erteilen. Einstimmig nach Antrag. — Z. 19.752. 14. Bericht über die vorgenommene Erhebung bezüglich der Adaptierungen im Gefangenhause zur Unterbringung der Pfandleih=Anstalt. Der Sektionsbericht und Antrag lautet: Ueber Beschluß des löbl. Gemeinderates vom 7. April d. J. hat die III. Sektion im Beisein des Herrn Präsidenten der Pfandleihanstalt die für diese Anstalt in Aussicht genommenen Lokale im Exzölestinergebäude in der Berggasse besichtigt und gefunden, daß diese Lokalitäten mit geringen Kosten für diese Anstalt hergerichtet werden könnten. Die Sektion erlaubt sich daher, den Antrag zu stellen, der löbl. Gemeinderat wolle die heute noch nicht ermittelten Adaptierungskosten bewilligen und beschließen, daß diese Lokale der hiesigen Pfandleihanstalt, nachdem dieselben kleiner sind als die im Rathause, um einen jährlichen Zins von 700 K ver¬ mietet werden und zwar nach Abschluß eines Mietvertrages mit der Anstalt. Nach kurzer Debatte, an welcher sich die Herren Gemeinde¬ räte Hiller, Tribrunner, Wöll und Kollmann beteiligen, wird der Sektionsantrag mit Majorität angenommen. — Z. 5867. I. Dringlichkeits=Antrag wegen Beschaffung des Heizungsmateriales pro 1909/10. Nach Annahme der Dringlichkeit gibt der Herr Referent bekannt, daß laut Zusammenstellung des städt. Bauamtes b¬¬ nötigt werden: 376 Raumkubikmeter hartes Holz, 116 Raume kubikmeter weiches Holz, 172 Tonnen Steinkohle, 17 Tonnen Koks, und stellt namens der Sektion folgenden Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen: Es werde die III. Sektion ermächtigt, das vom städt. Bauamte angegebene Quantum Kohle und Holz für die Heizperiode 1909/10 zur Ausschreibung und Vergebung zu bringen. Einstimmig nach Antrag. — Z. 11.458. II. Dringlichkeits=Antrag: Wegen besonderer Schadhaftigkeit der Pflasterung werden vom städt. Bauamt nachstehende Straßenteile zur Umpflasterung beantragt: 1. Umpflasterung des Würfelpflasters in der Haratzmüllerstraße vom Hause Nr. 1 bis zur östlichen Ecke des Hauses Nr. 19. 2. Umpflasterung der Fahrbahn samt Trottoir in der Sier¬ ningerstraße von der Frauengasse bis zur Bruderhausstiege. 3. Umpflasterung der Fahrbahn samt Trottoir vom Bruder¬ hausbrunnen bis zur westlichen Ecke des Hauses Sierninger¬ straße Nr. 65. 4. Pflasterreparaturen am Stadtplatze, Pfarrgasse. Nach Annahme der Dringlichkeit stellt die Sektion den Antrag: Nachdem die vom städt. Bauamte vorgeschlagenen Um¬ pflasterungen infolge des in diesen Straßen herrschenden großen Verkehres sehr dringend ist, wolle der löbl. Gemeinderat den hiefür nötigen Betrag von 3200 K bewilligen und zwar 2000 K aus Post XI/3, die weiteren 1200 K aus Post XVI b des Prä¬ liminares pro 1909. Herr G.=R. Erb macht auf die schlechten Zustände des Werndlberges aufmerksam und ersucht die Sektion, sie möge auch diesen Berg besichtigen und die notwendige Abhilfe treffen. Hierauf wird der Sektionsantrag einstimmig angenommen. V. Sektion. Referent: Sektions=Obmann Herr G.=R. Johann Kollmann. 15. Antrag auf einen Stipendien=Fortbezug. Josef Frauendorfer, Lehramtskandidat für Realschulen, bittet um Stundung der Behebungsfrist des Dr. Matern¬ Hammer'schen Stipendiums von jährlich 240 K. Der Sektionsantrag lautet: der löbl. Gemeinderat wolle beschließen, daß dem Gesuch¬ steller das Dr. Matern=Hammer'sche Stipendium von jährlich 240 K auf Grund des ärztlichen Zeugnisses und über Befür¬ wortung der k. k. Universität Wien gestundet werde. Einstimmig nach Antrag. — Z. 10.919. Herr G.=R. Meditz teilt mit, daß die Fuhrwerksbesitzer sich über die Beschotterung der Straßen mit großen runden Steinen beschweren und um Abhilfe ersuchen, was auch Herr G.=R. Ortler bestätigt. Der Herr Vorsitzende erklärt, daß er dem Stadtbauamte die nötigen Weisungen zukommen lassen werde. Hierauf Schluß der Sitzung. Druck von G. Bruckschweiger in Steyr. 09-5

Anhang zum Protokolle über die Sitzung des Gemeinderates Steyr am 7. Mai 1909 Vertraulicher Teil. I. Section. Referent: Sectionsobmann Herr GR. Dr. Franz Angermann. Liegt vor das Ansuchen des Johann Defranz, Fabriksarbeiter in Steyr um Zusicherung der Aufnahme in den Gemeinde Verband behufs Erlangung der öst. Staatsbürgerschaft. Der Sections Antrag hierüber lautet: Nachdem Gesuchsteller ein mehr als 10 jähriges ununterbrochenes Domizil in Steyr hat, stellt die I. Sektion im Sinne des § 5 des

Gesetzes vom 5. Dezemb 1896 den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde dem Gesuchsteller Johann Defranz samt Gattin und 2 Kindern behufs Erlangung der öst Staatsbürgerschaft die Zusicherung der Aufnahme in den Heimatverband von Steyr gegen Erlag einer Taxe von 30 K bewilligt. Einstimmig nach Antrag Z. 4315 Hierauf Schluß der vertraulichen Sitzung Der Vorsizende Schriftführer Die Verifikatoren

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