4 Gemeinderat dringendst, dieses Projekt recht zu erwägen und zu trachten, daß das Postgebäude in den Mittelpunkt des Ver¬ kehres gestellt wird, wobei wir noch besonders hervorheben, daß die Lösung dieser Fragen auf viele Jahrzehnte hinaus von größter Wichtigkeit und Bedeutung ist. Wir wiederholen nochmals, daß die Stimmung der Be¬ völkerung entschieden gegen das obenerwähnte Projekt ist. Für den Ausschuß zeichnen hochachtend: Der Schriftführer: Der Vorstand =Stellvertreter: Julius Gschaider. Josef Langoth. Ueber dieses Schreiben wird zur Tagesordnung überge¬ gangen und bemerkt der Herr Referent, daß die Behauptung, es hätten sich nur einzelne Herren mit diesem Plan beschäftigt, vollständig falsch und tendenziös sei. Weiters verliest der Herr Referent folgendes Schreiben des Herrn k. k. Konservators Edmund Schmidel: Hochgeehrter Herr Bürgermeister! Hochgeehrter Gemeinderat der l. f. Stadt Steyr! Vor wenigen Tagen erfuhr ich, daß die Demolierung des Getreidekastens geplant ist. Derselbe ist ein in seiner Art stil¬ vollstes und markantestes Gebäude der alten Eisenstadt, ausge¬ zeichnet durch seinen ebenmäßigen Giebelbau, das mächtige Rustikator und die freilich verblaßten zierlichen Sgraffito¬ Ornamente. Der Platz mit den beiden Fronten des Gasteiger'schen Neutors und dem erkergeschmückten Derfler'schen Hause bildet in seiner Unberührtheit ein seltenes stimmungsvolles Stadtbild und das sollte nicht gestört werden. Ich habe einmal Steyr das Nürnberg Oesterreichs genannt und es mit Rothenburg ob der Tauber, diesem Juwel deutscher Städte, verglichen, wohin jährlich Tausende von kunstfreundlichen Besuchern pilgern. Steyr muß den Ruf als deutsche Kunst¬ stadt erhalten, den es verdient. Es ist ein Akt der Pietät, das zu erhalten, was die kunstliebenden Vorfahren geschaffen und was jetzt jeden Kunstfreund, jeden Gebildeten entzückt. Was wir an Stelle des Alten setzen, ist meist demselben in keiner Weise ebenbürtig Gewiß ist, daß bezüglich des Postgebäudes gerechtfertigte Wünsche vorliegen, hoffentlich kann man sie auf andere Weise erfüllen. Das Opfer wäre für eine Stadt, die ihre Denkmale mit Pietät hüten soll, zu groß. Möge mir verziehen werden, daß ich mich des Getreidekastens mit aller Wärme in Erfüllung meiner Pflicht und mit innigster Pietät für die Geschichte und Denkmale der ehrwürdigen Eisenstadt annehme und die Hoffnung ausspreche, daß meine Bitte um Erhaltung des Gebäudes Er¬ wägung und Berücksichtigung finde. Sarning, 11. Februar 1909. Mit vollster Verehrung und Hochachtung ergebenst Edmund Schmidel k. k. Konservator für die l. f. Stadt Steyr. Der Herr Referent bemerkt hiezu, daß es sich im vor¬ liegenden Falle um eine Lebensfrage handle, wobei andere noch o berechtigte Rücksichten zurückstehen müssen. Nach dem vor¬ liegenden Plane werde übrigens nach Möglichkeit der architek¬ tonische Charakter dieses Gebäudes gewahrt werden. Der Herr Vorsitzende eröffnet hierüber die Debatte. Herr G.=R. Haslinger erklärt, daß er das neue Post¬ amt am liebsten am Stadtplatze sehen würde, aber da nach den Ausführungen des Herrn Bürgermeisters und des Herrn Re¬ ferenten, ein solches Projekt unerschwingliche Kosten beanspruchen würde, stehe er von seiner Ansicht ab und stimme auch für das Projekt am Grünmarkt, welches die einzige Lösung dieser Frage bilde, obwohl er vom Standpunkte der Erhaltung der Bau¬ denkmäler bedauere, daß dieses Gebäude zum Opfer fallen müsse. Herr G.=R. Meditz stellt die Anfrage, ob der Vertrag nicht auf 30 Jahre ausgedehnt werden könnte, worüber der Herr Vorsitzende dahin Aufklärung gibt, daß eine solche Vertrags¬ verlängerung nur beim k. k. Ministerium erwirkt werden könnte, was aber die Angelegenheit verzögern würde. Dieser Aufklärung fügt der Herr Referent noch bei, daß das Postärar nur berechtigt ist, Verträge auf je zehn Jahre abzuschließen. Herr G.=R. Dantlgraber erklärt sich ebenfalls für das Projekt am Grünmarkt, weil es auch in finanzieller Be¬ ziehung das günstigste ist. Herr Altbürgermeister Stigler sagt, er habe nicht die Befürchtung, daß das Postärar die Verträge nicht verlängern werde, denn es sei doch nicht anzunehmen, daß solche Gebäude mit der für ihren Zweck hergestellten Einrichtung ohne weiters stehen gelassen werden. Was den Verlust des architektonischen Wertes anbelange, so müsse er darauf hinweisen, daß auch in anderen Städten die Beseitigung historischer Bauwerke nicht verhindert werden kann, wenn es die Verkehrs=Verhältnisse und die Entwicklung bedingen. In Wien müsse auch das Kriegs¬ ministerium =Gebäude den Anforderungen des Verkehres zum Opfer fallen. Herr G.=R. Nothhaft erklärt namens seiner Partei für das Projekt am Grünmarkt zu stimmen. Herr G.=R. Sommerhuber betonte, daß der Getreide¬ tadel am Grünmarkt einer der historisch wertvollsten Gebäude sei, ein Bau aus den Zeiten der Renaissance und verdiene wohl einen Nachruf Hierauf wird der Sektions=Antrag einstimmig ange¬ nommen. Herr G.=R. Dr. Angermann sagt, es freue ihn, daß der Gemeinderat in dieser hochwichtigen Angelegenheit so ein¬ mütig vorgegangen ist, beglückwünscht den Herrn Bürgermeister zu diesem Erfolge und spricht demselben für die Bemühungen und erfolgreiche Durchführung der Verhandlungen den wärmsten Dank des Gemeinderates aus. Der Herr Bürgermeister erklärt, daß er mit Freuden an diesem Projekt gearbeitet hat, weil er die Zweckmäßigkeit des¬ selben eingesehen habe. II. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Josef Tureck. 2. Amtsbericht über den Stadtkasse=Journals¬ Abschluß pro Oktober 1908. Die städtische Rechnungskanzlei berichtet wie folgt: Einnahmen im Oktober 1908 . 30.821 K 78 h Kasserest vom Vormonat . . . . . . 72.304 „ 86 „ Gesamt=Einnahmen. 103.126 K 64 K Ausgaben im Oktober ..40.499 „ 25 „ Kasserest pro November Der Herr Referent bemerkt, daß das Kasse=Journal durch .62.627 K 39 h die Herren Gemeinderäte Wöll und Heindl geprüft und richtig befunden worden sei. Zur Kenntnis. — Z. 3454. 3. Spendengesuche. a) Dem Kuratorium der mensa academica der Universität in Wien wird eine Spende von 50 K für das Jahr 1909 bewilligt. Einstimmig nach Antrag. — Z. 2982. h) Dem Verein „Südmark“ in Graz wird die bisherige Jahresspende per 40 K bewilligt. Z. 3656. III. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr Vize¬ bürgermeister Leopold Köstler. 4. Amtsbericht betreffs Beschaffung neuer Amts¬ räume im Rathause 2c. Ueber den vorliegenden Amtsbericht stellt die Sektion den Antrag: Nachdem das Einlassen der Fußböden in den Amtslokali¬ täten mit Stauböl bereits geschehen ist, beantragt die Sektion, der löbl. Gemeinderat wolle beschließen, daß der hiesigen Pfand¬ leihanstalt die Verständigung zugemittelt werde, daß sich dieselbe hestens um andere Amtsräume umsehen wolle, da die von der¬ elben im Rathause gemieteten Lokale die Gemeinde selbst dringend benötigt. Weiters wolle der Gemeinderat von der vom Amte ein¬ pfohlenen Anschaffung eines Staubsaug=Apparates vorläufig ab¬ sehen, während aber die öfteren sowie die vom hiesigen Bauamte vorgeschlagene gründliche Reinigung der Amtslokale in diesem Jahre bewilligt werden wolle. Einstimmig nach Antrag. — Z. 38 V. P. IV. Sektion. Referent: Sektions=Obmann Herr G.=R. Gottlieb Bruckschweiger. 5. Präsentations=Vorschlag für Stipendien. a. Bezüglich Verleihung des Mattern=Hammer'schen Sti¬ pendiums liegt folgender Antrag vor: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen, es sei der hohen Statthalterei zum Bezuge eines Mattern=Hammer'schen Stipendiums von 240 K jährlich der Bittsteller Berthold Mittendorfer, Schüler der II. Gymnasialklasse am Collegium Petrinum in Vorschlag zu bringen. — Einstimmig nach Antrag. b) Wegen Vergebung des Jung=Fenzl'schen Stipendiums von jährlich 230 K stellt die Sektion den Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen, es sei der hohen k. k. o.=ö. Statthalterei ein Vorschlag über die Bezugsberechtigung eines Jung=Fenzl'schen Stipendiums jährlicher 230 K nicht zu erstatten, da die beiden Bewerber hierum der ausdrücklichen stiftbriefmäßigen Bedingung, „Bürgerssöhne von Steyr zu sein“, nicht entsprechen. Einstimmig nach Antrag. — Z. 2984. Ueber Umfrage des Herrn Vorsitzenden stellt Herr G.=R. Hiller den Antrag, dem Herrn Hofrat Hoheisel für seine Mitwirkung an dem Zustandekommen des neuen Postgebäudes den Dank durch Erheben von den Sitzen auszudrücken. Die Gemeinderäte erheben sich von ihren Sitzen. Hierauf Schluß der Sitzung.
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