Ratsprotokoll vom 12. Februar 1909

3 gebäude Grünmarkt Nr. 26 vom 1. Mai 1911 angefangen un¬ kündbar auf 10 aufeinanderfolgende Jahre d. i. bis 30. April 1921. Nach Ausgang der 10jährigen Miete verpflichtet sich die Stadtgemeinde, das Postgebäude über ein seitens der Postver¬ waltung ein Jahr vorher zu stellendes Ersuchen zu den gleichen Bedingungen auf weitere 10 Jahre in Bestand zu geben. § 2. Es wird vereinbart, daß der Baumeister Josef Ertl in Breitbrunn das Bauprojekt unter Zugrundelegung der beiliegen¬ den Planskizzen, die rücksichtlich der Raumverteilung und Raum¬ ausdehnung für bindend angenommen werden, auszuführen habe. In dem Bauprojekte müssen alle Arbeiten und Vorkehrungen (alles was niet= und nagelfest ist), die die Beziehbarkeit des Post¬ gebäudes sichern, abgesehen von den besonderen Arbeiten für die Einrichtung des Telegraphen= und Telephonbetriebes, im vollsten Maße berücksichtigt werden. Das von Ertl fertiggestellte Bauprojekt bedarf sodann der Zustimmung der Stadtgemeindevorstehung einerseits und der Post= und Telegraphen=Direktion andrerseits. Ertl ist nach einer zutreffenden Vereinbarung von der Stadtgemeindevorstehung für die bisherigen Vorarbeiten bezw. Ausarbeitung des Projektes zu entschädigen. § 3. Es wird vereinbart, daß die Vergebung des Baues im Wege einer beschränkten Konkurrenz zu erfolgen habe, an der der Baumeister Ertl ebenso wie die stadtseitig einzuladenden Unternehmer teilnehmen können. Die Vergebung des Baues hat einvernehmlich mit der Post= und Telegraphen=Direktion zu erfolgen. Die Vollendung des Baues hat so rechtzeitig zu erfolgen, daß er spätestens mit 1. Mai 1911 beziehbar und bewohnbar ist. § 4. Bei der ursprünglichen Berechnung des Mietzinses für das aufzuführende Postgebäude wurde ein Baukostenbetrag von 173.000 K, in dem der Kostenbetrag des Grundwertes 35.000 K) und der Planierung eingerechnet wurde, zu Grunde gelegt; bei Annahme einer 5½% igen Verzinsung des Kapitales und Be¬ rechnung der Steuern und Umlagen mit dem 3. Teile des Jahresmietzinses sowie eines Betrages von 485 K für die Ge¬ bäudeerhaltung ergab sich eine Mietzinsforderung jährlicher 15.000 K, die auch vom k. k. Handelsministerium bewilligt wurde und womöglich nicht überschritten werden soll. Da aber der Betrag für den Bau vor Erstellung des endgültigen Projektes ziffermäßig nicht feststeht, wird als Grundlage für die nach Ab¬ schluß der Baurechnungen vorzunehmende Festsetzung des Miet¬ zinses folgendes vereinbart: Der Mietzins wird sich zusammenzusetzen haben aus a) 5½% Zinsen der Gesamtbaukosten mit Einschluß des mit 35.000 K anzuschlagenden Grundwertes als Verzinsung und Amortisation, der vollen Vergütung der jeweilig zur Vorschreibung ge¬ langenden Steuern und Umlagen, wobei die Steuerfrei¬ heit während der ersten 12 Jahre in Anschlag zu bringen ist, e) der Vergütung der jeweiligen Zinsheller und des Wasser¬ zinses. § 5. Die Stadtgemeinde Steyr ermächtigt die Postverwaltung, innerhalb des Postgebäudes samt Zubehör alle wie immer ge¬ arteten, aus Betriebs= oder anderen Rücksichten notwendig werdenden baulichen Aenderungen und Herstellungen auf Kosten des Aerars durchführen zu lassen, ohne daß die Postverwaltung zu einer Wiedereinsetzung in den früheren Stand oder statt deren zu einer Vergütung verpflichtet wäre. Das Aerar übernimmt für die Vertragsdauer die Kosten der gesamten Gebäudeinstandhaltung (innere und äußere). Die Rückübergabe der Mietobjekte wrd in jenem Zustande geschehen, in welchem sie sich zur Zeit der Uebergabe befinden. § 6. Die Kosten der Errichtung des Mietvertrages mit Einschluß der Stempelauslagen wird die Stadtgemeinde zu tragen haben. 8 7. Die Stadtgemeinde ist einverstanden, daß die dem Aerar aus dem Mietvertrage zustehenden Mietrechte auf seine Kosten grundbücherlich einverleibt werden. Nachdem gegen die Abfassung der Punktationen von juri¬ discher Seite auch keine Bedenken bestehen, stellt die I. Sektion im Einvernehmen mit der III. Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: „Es werde die Erbauung eines k. k. Postamtsgebäudes nach dem vorliegenden Projekte im Prinzipe genehmigt und den von der k. k. Post= und Telegraphen=Direktion in Linz pro¬ ponierten Punktationen zu einem zwischen der k. k. Post= und Telegraphen=Direktion in Linz namens des k. k. Aerars einerseits und der Stadtgemeinde Steyr anderseits über die Miete des von letzterer am Grünmarkt Nr. 26 in Steyr zu erbauenden Postamtsgebäudes abzuschließenden Mietvertrages die Zustim¬ mung erteilt.“ Der Herr Referent verliest folgendes Schreiben des Herrn Hofrates Hoheisel: Euer Hochwohlgeboren! Hochgeehrter Herr Bürgermeister! Die „Tagespost“ vom 10. Februar enthält einen Aufsatz, in dem gegen den Bau des Postgebäudes am Grünmarkte Be¬ denken erhoben wurden. Obwohl bei den über die Sache hier abgehaltenen ein¬ gehenden Beratungen auch diese Einwände als möglich voraus¬ esehen und erörtert worden sind, glaube ich dazu noch einmal auf folgendes aufmerksam machen zu sollen. Da die heutigen Lokalverhältnisse des Postamtes Steyr unhaltbar sind, habe ich nichts unversucht gelassen, die notwendige Aenderung herbeizuführen. Ich habe zunächst versucht, die Unter¬ bringung des Postamtes im Kreisgerichtsgebäude zu erreichen und bin für dieses Projekt schriftlich und mündlich mit allem Nachdrucke eingetreten. Als sich ergab, daß dieses Projekt aus den Euer Hochwohlgeboren ohnehin bekannten Ursachen nicht verwirklicht werde, habe ich mehrere andere Projekte für den Postbau am Stadtplatze ausarbeiten lassen. Unter diesen befand sich auch das Projekt, an Stelle des Steueramtes samt Neben¬ häusern ein Amtsgebäude zu bauen, in dem auch das Postamt untergebracht werde. Dieses Projekt konnte aus mehrfachen Gründen nicht weiter verfolgt werden. Zunächst ergaben sich wegen der Terrainverhältnisse und der erzielbaren Belichtung ungewöhnliche Schwierigkeiten, solche Postamtsräume zu schaffen, daß sie der Organisation des Betriebes und den Bedürfnissen der Parteien tatsächlich entsprechen. Als ganz unmöglich erwies es sich dabei aber, einen ordentlichen Hofraum zu gewinnen und den unerquicklichen Zu¬ tand, daß der Wagen= und Parteienverkehr einander behindern und daß sich das Verladegeschäft auf öffentlicher Straße abwickelt, endgültig zu beseitigen. Uebrigens erwies sich dieses Projekt außer¬ ordentlich kostspielig, daß der notwendige Aufwand mit dem Ge¬ chäftsumfange, bezw. mit dem Erträgnisse des Postamtes Steyr keinesfalls im richtigen Verhältnisse stand und daß daher keine Aussicht vorhanden war, es jemals bewilligt zu erhalten. Als diese Projekte nach eingehenden Studien sich als aus¬ sichtslos erwiesen, wurde auch noch die von Steyrer Interessenten gekommene Anregung, das Postamt in die Bahnhofstraße oder auf den Bahnhof zu verlegen, aufgegriffen und verfolgt. Diese an sich mögliche Lösung wurde aber mit Rücksicht auf die topo¬ graphische Gestaltung und den Umstand, daß der Stadtplatz das natürliche Verkehrszentrum von Steyr bildet, als minder günstig erachtet und nur für den Fall offen gelassen, als eine bessere Lösung ausgeschlossen sei. Ein günstiger Zufall führte die Erstellung des Projektes am Grünmarkte herbei. Der Grünmarkt bildet die natürliche Fortsetzung des Stadt¬ platzes und wenn keine Aufschriften vorhanden wären, könnte wohl niemand unterscheiden, wo der Stadtplatz aufhört und der Grünmarkt anfängt. Der Bauplatz am Grünmarkte ist vom gegenwärtigen Posthause, gegen dessen Lage niemals auch nur der geringste Einwand erhoben worden ist, nicht mehr als rund 200 Meter entfernt. Der Grünmarkt ist außerdem von dem Ziele, in dem die hauptsächlichste Erweiterung von Steyr erfolgt, sowie vom Karolinental und den rückliegenden Teilen sehr gut zugänglich, endlich ist der Grünmarkt durch eine Brücke mit dem jenseitigen Ennsufer verbunden und kann der Wagenverkehr zum und vom Bahnhofe über diese Brücke stattfinden, bezw. die Enge und der Stadtplatz vom Postwagenverkehr fast ganz entlastet werden. Es ist daher zweifellos, daß die Lage des Bauplatzes am Grünmarkte für ein Postgebäude eine sehr günstige ist; der Bauplatz als solcher hat den außerordentlichen Vorteil, daß er auf allen vier Seiten frei ist und daß daher in dem dort zu errichtenden Postgebäude eine ausgezeichnete Belichtung erzielt werden kann. Dieser Umstand ist gerade bei einem Postgebäude, bei dem die Reihung der Räume, wenn sie rationell sein soll, genau nach der natürlichen Organisation des Postbetriebes er¬ folgen muß, von ausschlaggebender Bedeutung. Das Projekt, dessen Skizzen Euer Hochwohlgeboren vorliegen, ist vom fach¬ lichen Standpunkte so günstig, wie es an keinem der übrigen Plätze einschließlich des Kreisgerichtsplatzes hätte erstellt werden können. Der Bauplatz am Grünmarkte bietet auch Raum für einen zureichenden Posthof. Endlich ist die Erbauung eines Postgebäudes an diesem Platze finanziell möglich und liegt die Bewilligung für den den Baukosten entsprechenden Mietzins bereits vor. Wenn auch dieses Projekt scheitern sollte, dann ist nach meiner festen Ueberzeugung in absehbarer Zeit auf eine gedeih¬ liche Lösung der Postfrage in Steyr nicht zu rechnen, was im Interesse der Bewohner von Steyr und der Beamtenschaft des Postamtes in gleichem Maße auf das höchste zu bedauern wäre. Ich erlaube mir die Aufmerksamkeit Euer Hochwohlgeboren auf diesen Umstand nochmals zu lenken und bitte, von dieser Mitteilung den Ihnen geeignet erscheinenden Gebrauch zu machen. Mit dem besten Danke für Ihre vielseitigen Bemühungen bin ich in ausgezeichneter Hochachtung Euer Hochwohlgeboren ergebener Hoheisel. Weiters verliest der Herr Referent ein Schreiben des Deutschen Volksvereines für den Traunkreis, welches lautet: Löblicher Gemeinderat der l. f. Stadt Steyr! Wie verlautet, tragen sich einzelne Herren des Gemeinde¬ rates mit der Absicht, bei der am 12. Februar 1909 stattfinden¬ den Sitzung den Bau des Postgebäudes am äußersten Ende des Grünmarktes zu beantragen. Ueber diesen Plan herrscht in den breiten Kreisen der Bevölkerung Mißstimmung und Unwille, weil dadurch das Postgebäude außerhalb des Geschäftsverkehres der Stadt gestellt wird. Mit großen Besorgnissen sieht die Geschäftswelt Steyrs dieser Erschwerung des postalischen Ver¬ kehres entgegen und für manche Stadtteile, wie insbesonders Stadt¬ platz, Ennsdorf, Ort und teilweise Steyrdorf, wird die Entfer¬ nung vom Postamte bedeutend vergrößert, was gewiß keine Förderung des Geschäftsverkehres bedeutet. Außerdem spielt die Frage des Feuerwehrdepots hinein und ist eine günstige Lösung dieser Angelegenheit wieder auf unbestimmte Zeit verschoben. Auf diese Gründe uns stützend, ersuchen wir den löblichen

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