Ratsprotokoll vom 12. Februar 1909

2 Bei Annahme des Projelies ist der Stadtgemeinde die Ver¬ zinsung und Amortisierung des zum Baue aufzunehmenden Kapitales auf mindestens 20 Jahre hinaus gesichert und es treffen sie während dieser Zeit weder Steuer= noch Erhaltungs¬ auslagen. In 37 Jahren ist das ganze Gebäude unbelastet im Eigentume der Stadtgemeinde und wird gewiß immer eine ent¬ sprechende Verwendung finden, die für die Stadt stets eine er¬ giebige Ertragsquelle bieten wird. Für die Stadtgemeinde sowohl als auch für die Bewohner der Stadt ist die Ausführung des vorliegenden Projektes jeden¬ falls den Projekten, ein Haus am Grünmarkt, oder zwei Häuser am Stadtplatz, oder endlich zwei Häuser in Ennsdorf für das Postgebäude umzugestalten, weitaus vorzuziehen, da alle diese Projekte bedeutend höhere Kosten verursachen. Daß die gefundene Lösung der schwebenden Frage unver¬ gleichlich besser den berechtigten Interessen der Allgemeinheit dient, als die Herstellung des Postamtes in unmittelbarer Nähe des Staatsbahnhofes, bedarf wohl keiner weiteren Ausführung. Was endlich die aufgeworfene Frage betrifft, daß durch die Ausführung des in Antrag gebrachten Projektes ein altes, architektonisch schönes Gebäude der Demolierung zugeführt und dadurch das gefällige Stadtbild in diesem Teile der Stadt gestört werden wird, so erlaube ich mir darauf hinzuweisen, daß das neue Projekt dem abzutragenden Gebäude und dem Stadtbild möglichst angepaßt wird und daß daher die ausgesprochenen Be¬ denken ihre Berechtigung verlieren dürften. Uebrigens wird die Stadtgemeinde=Vorstehung gewiß bestrebt sein, den diesbezüglich von Seite bewährter Kunstverständiger vorgebrachten Anregungen soweit als möglich entgegenzukommen. Der Bürgermeister: F. Lang. Der Herr Referent Dr. Franz Angermann führt aus: Aus diesem Amtsberichte wolle der löbliche Gemeinderat ersehen, daß seitens der Stadtgemeinde=Vorstehung in dieser Frage alles wohl erwogen wurde, was zur gedeihlichen Lösung derselben für die Stadt und deren Bewohner und Geschäftsleute zu führen geeignet ist. Es bestanden zur Lösung dieser Frage schon drei Projekte, die sich aber als undurchführbar erwiesen haben. Erstes Projekt. Für den Fall, als der Bau eines neuen Kreisgerichtsgebäudes erfolgt wäre sollte das heutige Kreisgerichtsgebäude am Stadtplatze zu einem Postamtsgebäude adaptiert werden. Leider konnte dieses Projekt, welches gewiß eine gute Lösung dieser Frage herbeigeführt hätte, nicht realisiert werden, weil der Bau eines neuen Kreisgerichtsgebäudes seitens des Finanz=Aerars abgelehnt wurde und für das heutige Kreis¬ gerichtsgebäude nur Adaptierungen bewilligt worden sind. Zweites Projekt. Nachher wurde der Ankauf des Dorn=Hauses am Grünmarkt und die dazu nötige Adap¬ tierung ins Auge gefaßt, — doch war es nicht möglich, mit dem k. k. Postärar eine Abmachung zu treffen, weil dieses Projekt einen Kostenaufwand von rund 500.000 K erfordert hätte. Drittes Projekt. Weiters hatte man dann zur Er¬ bauung des Postamtsgebäudes beabsichtigt, die drei Häuser am Stadtplatze Nr. 26, 28 und 30 (Steueramtsgebäude, Kühberger und Zamponi) einzulösen, dieselben total zu demolieren und dort ein neues Postamtshaus hinzustellen. Da diese Aktion aber einen Kostenaufwand von über 600.000 K erfordert hätte, konnte ein Resultat noch weniger erzielt werden, als beim zweiten Projekt. Nachdem die nötige Lösung nicht gefunden werden konnte tauchte nun ein Viertes Projekt und zwar von ämtlicher Seite auf, das Hauptpostamt in das sogenannte Direktionsgebäude vis-à-vis dem Bahnhof zu verlegen und in dieses Gebäude auch die anderen Verwaltungsbehörden zu konzentrieren, und zwar Steueramt, Bezirkshauptmannschaft, Steuerreferat 2c., nachdem die Neuerbauung eines Postamtsgebäudes durch den Staat als total unerreichbar erklärt worden war. Gegen dieses Projekt hat sich die Stadtgemeinde=Vor¬ stehung energisch ausgesprochen weil dadurch eine arge Schädigung aller geschäftlichen Interessen bewirkt worden wäre. In diesem Stadium ist nun der Herr Postdirektor in Linz mit dem vorliegenden Projelte hervorgetreten und die Stadtgemeinde=Vorstehung, respektive der Herr Bürgermester hat in richtiger Erkenntnis der Situation I. daß dermalen nur dieses Projekt für Steyr ausführbar ist, II. daß Steyr auch in absehbarer Zeit kein neues Postamt bekommt, wenn nicht dieses Projekt akzeptiert wird, und III. daß die Gefahr besteht, wenn dieses Projekt nicht akzeptiert würde, seitens des Aerars — ohne Rücksicht auf die Ein¬ wendungen und Proteste der Stadtgemeinde und ihrer Bewohner — das Hauptpostamt dann in das Direktions¬ gebäude vis-à-vis dem Bahnhofe verlegt werden könnte, in welchem Falle auch die Errichtung einer Post=Filiale in der Stadt ausgeschlossen wäre, die Verhandlungen mit der k. k. Post= und Telegraphen=Direktion in Linz eingeleitet, es wurde das Projekt ausgearbeitet und hat das k. k. Handelsministerium in Wien derartig günstige Ver¬ tragsbestimmungen bewilligt, daß jeder unbefangene Mensch diesem Projekte zustimmen muß, welcher für Steyr ein geeignetes, dem Verkehre und dem Geschäftsleben entsprechendes Postamt haben will. Ich lege das Projekt dem löbl. Gemeinderate zur gefälligen Einsicht vor und bemerke: 1. daß dieses Projekt seitens des städt. Bauamtes geprüft und begutachtet wurde; 2. daß dasselbe für alle Bedürfnisse des neuen Post¬ amtes vorsieht, ja selbst für eventuelle weitere Ausdehnung des Geschäftsverkehres; 3. daß auch in der äußeren Ausgestaltung der alte Charakter unserer Häuser gewahrt wird, und 4. daß laut angeschlossener Kostenberechnung und Ueber¬ prüfung derselben nur ein Kostenaufwand von rund 154.000 K erforderlich sein wird während die obigen Projekte sub 2 und 3 500.000 und über 600.000 K zu stehen gekommen wären. Weitaus der wichtigste Punkt des ganzen Projektes ist die äußerst günstige finanzielle Seite desselben, welche nachgerade zur Zustimmung herausfordert. Nach den getroffenen Vereinbarungen, welche sogar seitens des k. k. Handelsministeriums die Vorsanktion erhalten haben, soll die Stadtgemeinde Steyr auf ihrem Grunde Haus Nr. 26 am Grünmarkt in Steyr nach dem vorliegenden Bauplane ein Postamtsgebäude auf ihre eigenen Kosten erbauen, dafür wird ihr seitens des k. k. Postärars als Mietzins für dieses Amts¬ haus zugesichert: 1. Eine 5½% ige Verzinsung der Gesamtbaukosten, inklusive des Grundwertes von 35.000 K, womit die Zinsen und Amortisation des aufzunehmenden Darlehens wohl getilgt werden können 2. die volle Vergütung der vom Amtsgebäude zu zahlenden Steuern und Umlagen; 3. die Vergütung der Zinsheller und die des Wasserziuses; 4. die gänzliche innere und äußere Gebäude=Er¬ haltung auf die Dauer des Mietvertrages; und 5. Abschluß des Mietvertrages auf vorläufig zehn Jahre und Zusicherung auf voraussichtliche Verlängerung auf weitere zehn Jahre unter den gleichen Bedingungen, und ist wohl mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, daß auch nach 20 Jahren das Gebäude noch weiters als Post¬ amtshaus vom k. k. Aerar weiter gemietet wird. Daraus kann der löbl. Gemeinderat ersehen, daß ohne irgend welches Risiko und ohne finanzielle Opfer dieses Projekt seitens der Stadtgemeinde Steyr ausgeführt werden kann, indem die ganze damit verbundene finanzielle Last durch die Miete seitens des k. k. Postärars übernommen wird: 1. weil mit einer 5½% igen Verzinsung der Gesamtbaukosten und der Grundkosten die Verzinsung und die Amortisation des aufzunehmenden Darlehens getilgt werden kann: weil alle Steuern und Umlagen, die Zinsheller und der 2. Wasserzins vom k. k. Aerar getragen und 3. die sämtlichen inneren und äußeren Gebäude=Erhaltungs¬ kosten auf die ganze Mietdauer auch vom k. k. Aerar be¬ stritten werden. Schließlich gestatte ich mir noch eine Frage zu erörtern, welche nach Anschauung der l. und III. Sektion wohl nur eine nebensächliche Bedeutung für dieses Projekt hat — dieselbe jedoch besprochen werden muß, weil in der Oeffentlichkeit sich gegenteilige Stimmen erhoben haben, um zu zeigen, daß diese Gegnerschaften mit Rücksicht auf die durchaus günstigen sonstigen Voraussetzungen, welche für das Projekt sprechen, keinen plausiblen Grund für sich haben und die Durchführung dieses Projektes nicht hindern dürfen und können. Diese Frage ist die Platzfrage. Es ist gewiß richtig, daß das Postamt nach Möglich¬ keit mitten im Verkehrszentrum der Stadt erbaut werden soll, weil dadurch den Interessen der Geschäftsleute am besten entsprochen werden würde; allein da dies bei uns in Steyr nach dem Gesagten absolut nicht möglich war, indem alle 3 Projekte, das Postamt am Stadtplatze zu erbauen, wegen der u hohen Kosten sich undurchführbar erwiesen haben, so er¬ scheint der der Stadtgemeinde gehörige Platz am Grünmarkt ge¬ wiß nicht ungünstig, sondern zweckentsprechend, weil dieser Platz nur zirka 200 Schritte von dem jetzigen Postamte entfernt ist, wodurch für die Geschäftsleute doch kein Schaden entstehen kann und weil von dort aus der ganze Postwagen¬ verkehr über die obere Ennsbrücke abgelenkt werden kann und dadurch die Enge von diesem Wagenverkehr entlastet werden würde und weil durch die Errichtung des Postamtes an dieser Stelle ein bisher totliegender Platz belebt und dem Verkehr zu¬ gängig gemacht wird Nachdem am Stadtplatze die Errichtung des Postamtes un¬ durchführbar ist — und der Platz am Grünmarkt der Errichtung des Postamtes am Bahnhofe unter allen Umständen vor¬ zuziehen ist — so scheint auch die Platzfrage kein Hindernis zu sein, diesem Projekte zuzustimmen. Deshalb haben die I. und III. Sektion des Gemeinderates nach reiflicher Erwägung aller Umstände sich einmütig ent¬ chlossen, dem löblichen Gemeinderate im Prinzipe die Erbauung eines k. k. Postamtsgebäudes nach dem vorliegenden Projekte einzuraten und die von der k. k. Postdirektion in Linz vorge¬ legten und vom k. k. Handelsministerium genehmigten Punk¬ tationen zu acceptieren. Diese Punktationen lauten: Punktationen zu einem zwischen der k. k. Post- und Telegraphen=Direktion für Oberösterreich und Salzburg in Linz namens des Aerars einer¬ seits und der Stadtgemeindevorstehung in Steyr andrerseits über die Miete des von ihr am Grünmarkte Nr. 26 zu erbauenden Postgebäudes nach Fertigstellung des letzteren abzuschließenden Mietvertrage: § 1. Die Stadtgemeinde Steyr verpflichtet sich an das Aerar zu vermieten und letzteres verpflichtet sich zu mieten: das ganze von der Stadtgemeinde Steyr auf ihre Kosten zu erbauende P

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