2 I. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Dr. Franz Angermann. 1. Gesuche um Aufnahme in den Gemeindever¬ band und Bürgerrechts=Verleihung. Wird vertraulich behandelt. 2. Statthalterei=Erlaß betreffs Schaffung von Kohlenlagern. In diesem Erlasse wird darauf hingewiesen, daß zur Hin¬ tanhaltung der Kohlennot und der Kohlenverteuerung die Ge¬ meinden berufen sind. Die Gemeinden sollen zu diesem Zwecke öffentliche Kohlenlager errichten, beziehungsweise größere Kohlen¬ plätze vermieten, eventuell sich auch mit dem Kohlen=Verschleiß befassen und wird den Gemeinden in unabweislichen Fällen eine kleine Staatsunterstützung gewährt werden. Der Herr Referent bemerkt hiezu, daß zur Errichtung öffentlicher Kohlenlager ein größeres Anlagekapital notwendig sei, welches sich gar nicht verzinsen würde. Die Stadtgemeinde Steyr könnte ein solches Anlagekapital aus ihren Einnahmen nicht zur Verfügung stellen und müßte hiezu ein Anlehen auf¬ nehmen. Damit das öffentliche Kohlenlager seinem Zweck ent¬ spreche, müßten hunderte von Waggonladungen Kohle bestellt werden, was für die Gemeinde aber ein ganz totes Kapital bilden würde. Der Herr Referent ist der Ansicht, daß es Sache der Re¬ gierung wäre, in dieser Kohlenmisère Abhilfe zu schaffen. Die Regierung solle die Erzeugung und den Verschleiß der Kohle übernehmen, da sie in der Lage wäre, billiger zu erzeugen und zu liefern. Die Sektion hat sich daher zu folgenden Antrag geeinigt: Nachdem die Stadtgemeinde Steyr nicht in der Lage ist, solche Kohlenlagerplätze zu beschaffen, weil am und um den Staatsbahnhof in Steyr, wo solche Lagerplätze errichtet werden müßten, kein Grund dafür erhältlich ist, und die Stadtgemeinde Steyr auch nicht die Mittel verfüglich hat, solche Plätze anzu¬ kaufen und herzurichten und noch viel weniger aber in ihrer eigenen Regie den Kohlenverschleiß für den Notfall einzurichten, da hiezu ein großes Anlagekapital erforderlich wäre, indem die Kohlen nur im äußersten Notfall von der Stadtgemeinde verkauft werden dürfen, somit das ausgelegte Kapital lange Zeit total unverzinslich liegen würde und der eventuelle Zuschuß vom Staate, bei dem Umstande, als für ganz Oesterreich pro 1908 nur die minimale Summe von 200.000 K reserviert ist, vor¬ aussichtlich auch nur sehr gering ausfallen würde, mit dem städtischen Kohlenverschleiß aber auch noch weitere Verwaltungs¬ Auslagen für die Gemeinde verbunden wären, die zuzüglich der Kapitalsaufwendung das Budget der Gemeinde mit neuen großen Lasten beschweren würde, endlich damit auch noch nicht die eigentlichen Ursachen der oftmaligen Kohlenverteuerung und Kohlennot behoben werden könnten, da diese Erscheinungen in ganz anderen Verhältnissen ihre Begründung finden, so beantragt die Sektion: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen, es werde seitens der Stadtgemeinde Steyr aus den angeführten Gründen auf die Errichtung von Kohlenlagern und Notverschleiß durch die Stadt¬ gemeinde Steyr nicht eingegangen. Herr G.=R. Tribrunner findet die Anregung des k. k. Ministeriums für nützlich und notwendig und stellt den Antrag, diese Angelegenheit vorläufig zu vertagen und abzuwarten, was andere Gemeinden in dieser Frage tun. Der Antrag des Herrn G.=R. Tribrunner wird abgelehnt und hierauf der Antrag der Sektion mit Majorität ange¬ nommen. — Z. 23.930. 3. Wahl zweier Vertreter in den Beirat für das Meister=Atelier für Stahlschnitt in Steyr. Amtsbericht. Nach Punkt 6 des Statutes für das Meister=Atelier für Stahlschnitt in Steyr steht dem Gemeinde¬ rate der Stadt Steyr das Recht zu, in den aufzustellenden Beirat für diese benannte Anstalt auf Grund der in der Gemeinderats¬ sitzung vom 8. Mai 1908 beschlossene Jahresbeitragsleistung von 1250 K zwei Vertreter zu entsenden. Der löbliche Gemeinderat möge demnach die Wahl dieser zwei Vertreter vornehmen. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Der löbliche Gemeinderat wolle die Wahl zweier Delegierter der Stadtgemeinde Steyr in den Beirat für das Meister=Atelier für Stahlschneidekunst in Steyr vornehmen und werden hiezu die Herren Gemeinderäte Karl Heindl und Rudolf Sommerhuber vorgeschlagen. Die Wahl erfolgt über Antrag des Herrn Referenten mittelst Zuruf und werden die Vorgeschlagenen einstimmig ge¬ wählt. 4. Zuschrift der o.=ö. Handels= und Gewerbekammer in Linz betreffs Umwandlung der Steyrtalbahn in eine normalspurige und Einlösung durch den Staat. 11 Ueber die vorliegende Eingabe, in welcher die Notwendigkeit der Verstaatlichung der Steyrtalbahn und ihr Ausbau auf Normal¬ spur eingehend begründet wird, stellt die Sektion folgenden Antrag: Nachdem durch die seitens der o=ö. Handels= und Gewerbe¬ kammer in Linz eingeleiteten Aktion behufs Verstaatlichung der Steyrtalbahn und deren Umwandlung in eine normalspurige Bahn, welche seitens des o.=ö. Landtages durch den in der Sitzung vom 3. Oktober 1908 einhellig gefaßten Beschluß auf das wärmste bereits befürwortet wurde, die Verkehrs=Interessen der Stadt Steyr, welche an der Steyrtalbahn mit einem Aktien= der Antag selbst einstimmig angenommen. kapitale per 600.000 K beteiligt ist, am besten gefördert würden, indem die Stadt Steyr durch die Ausgestaltung der Steyrtal¬ bahn auf normale Spurweite zu einem Eisenbahnknotenpunkte und hiedurch wieder zu einem Verkehrszentrum würde, wodurch eine bedeutende Hebung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Stadt Steyr erzielt werden würde, begrüßt der Gemeinderat der l. f. Stadt Steyr die von der o.=ö. Handels= und Gewerbekammer eingeleitete und vom hohen o.=ö. Landtage auf das wärmste unterstützte Aktion auf das freudigste und spricht den genannten Faktoren dafür den besten Dank aus. Gleichzeitig beschließt der Gemeinderat der l. f. Stadt Steyr, an das k. k. Eisenbahn=Ministerium in Wien eine selbst¬ ständige Petition zu richten, in welcher unter Darlegung aller Gründe die dringende Bitte ausgesprochen wird, die von der o.=ö. Handels= und Gewerbekammer eingeleitete Aktion wegen Verstaatlichung der Steyrtalbahn und deren Umgestaltung in eine normalspurige Bahn ehemöglichst zu genehmigen und zur Durchführung zu bringen. In der Petition an das k. k. Eisenbahn=Ministerium soll aber ausdrücklich angeführt werden, daß die gesamte Linie der Steyrtalbahn, nämlich Garsten—Klaus und Pergern—Bad Hall, in diese Aktion einbezogen werden solle und soll zugleich darin die weitere Bitte gestellt werden, daß auch die Fortsetzung der Trasse der Steyrtalbahn von Steyr nach St. Peter i. d. Au in Aussicht und Durchführung genommen und die Einlösung der Steyrtalbahn im Sinne des § 6 der Konzessions=Urkunde vom 20. Dezember 1905, R.=G.=Bl. Nr. 205, durchgeführt werde. Dieser Antrag wird einstimmig angenommen. — Z. 215/V. P. 5. Ansuchen der Reserve=Wachmannschaft um Er¬ höhung der Entlohnung für die Marktdienststunden. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Nachdem die Erhöhung des Entgeldes für die Marktdienst¬ stunden von 34 bezw. 36 h auf 40 h nicht ungerechtfertigt er¬ scheint und die Gesamtmehrbelastung per Markt 14 K 10 k, daher per Jahr 28 K 20 h beträgt, stellt die 1. Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde dem Ansuchen der Reserve=Wachmannschaft von Steyr um Er¬ höhung des Entgeldes für die Marktdienststunden stattgegeben und derselben per Marktdienststunde 40 k bewilligt. Die Er¬ höhung tritt mit dem nächsten Markte in Kraft. Z. 221/V. P. Einstimmig nach Antrag. — Der Herr Referent bringt im Sinne des § 28 der Ge¬ schäftsordnung folgende zwei Dringlichkeits=Anträge ein: Löblicher Gemeinderat der l. f. Stadt Steyr! Seitens der Landgemeinde Andorf wurde an die Gemeinden Oberösterreichs ein Rundschreiben gerichtet, in welchem die Ge¬ meinde=Vertretungen Oberösterreichs aufgefordert wurden, sich für eine Petition zu erklären, welche bei dem oberösterreichischen Landtage eingebracht werden soll, und in der um die Ein¬ führung der sechsjährigen Schulpflicht mit obligatem Halbtags¬ unterricht gebeten wird. Gegen diese beabsichtigte Schulverschlechterung, welche von den nachteiligsten Folgen für alle Stände begleitet sein müßte, haben bereits zahlreiche Gemeinde=Vertretungen energisch Protest erhoben und in allen Orten Oberösterreichs hat die bildungs¬ reundliche und fortschrittlich gesinnte Bevölkerung sich zur Ab¬ wehr gegen diesen neuen Ansturm auf unser Reichsvolksschul¬ gesetz erhoben. Es ist wohl nicht notwendig, die üblen Folgen, welche die Einführung der sechsjährigen Schulpflicht mit obligatem Halb¬ tagsunterricht zweifellos zeitigen würde, besonders aufzuzählen; jeder bildungsfreundliche Mensch, gehöre er der Bürgerschaft, dem Gewerbestande, der Arbeiterschaft oder dem Bauernstande an, ist von der gewaltigen Schädigung einer solchen Aktion überzeugt, weil heutigen Tages nur eine gute Schulbildung die Grundlage zur Sicherung der Existenz gewährt. Nachdem die Gemeinde=Vertretung der l. f. Stadt Steyr stets für die Wahrung und Erhaltung der freiheitlichen Schul¬ bildung auf Grundlage des Reichsvolksschulgesetzes eingetreten ist und auch heute noch mit aller Energie eintritt, muß auch seitens des Gemeinderates der l. f. Stadt Steyr gegen diese be¬ absichtigte Verschlechterung und Verkürzung des obligaten Schul¬ unterrichtes Protest erhoben werden und stellt deshalb die I. Sektion im Sinne des § 28 der Geschäftsordnung folgenden Dringlichkeits=Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen folgende Resolution: Der Gemeinderat der l. f. Stadt Steyr legt gegen die seitens der Gemeinde Andorf beabsichtigte Einführung des sechs¬ jährigen Schulunterrichtes mit obligatem Halbtagsunterricht Ver¬ wahrung ein, erhebt gegen jede weitere Verschlechterung des Schulunterrichtes energisch Protest und fordert die schulfreund¬ lichen Abgeordneten im oberösterreichischen Landtage, insbe¬ sondere aber den Abgeordneten der Stadt Steyr, Herrn Viktor Stigler, auf, gegen die beabsichtigte Herabsetzung der Schulpflicht energisch aufzutreten. Steyr, am 26. Oktober 1908. Für die l. Sektion: Der Obmann: Dr. Angermann m. p. Bei der Abstimmung wird sowohl die Dringlichkeit sowie
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