3 Zu dieser engeren Wahl werden die mit dem Amtssiegel der Stadtgemeinde versehenen Stimmzettel im Stadtgemeinde¬ Amte, oder am Tage der engeren Wahl vor der Wahlkommission am Wahlort ausgegeben.“ „Wahlberechtigte sind deshalb, weil sie bei der Hauptwahl ihr Stimmrecht nicht ausgeübt haben, bei der engeren Wahl von der Ausübung dieses Wahlrechtes nicht ausgeschlossen.“ „Die Wähler haben sich bei der engeren Wahl auf jene Personen zu beschränken, die bei der Hauptwahl nach denjenigen, welche die absolute Mehrheit erlangten, die relativ meisten Stimmen für sich hatten. Motivenbericht. Zur Begründung der beantragten Abänderungen respektive Er¬ gänzungen der §§ 25, 34 und 37 des Gemeindestatutes der Stadt Steyr. ad § 25. Die beantragte Abänderung des Schlußsatzes des §§ 25 erscheint durch die Einführung der amtlichen Ausgabe von mit dem Amtssiegel der Stadtgemeinde versehener Voll¬ machten und durch die bisherige Praxis begründet, weil diese Wahlvollmachten stets den Bevollmächtigten seitens der Wahl¬ kommission abgenommen und dem Wahlakte beigelegt worden sind. Letzteres hat auch darin seinen plausiblen Grund, weil die Wahlvollmachten nicht für jede Gemeinderatswahl ausgestellt werden, sondern für jede einzelne Wahl, da sich die Uebertragung der Vollmachten jedesmal nach den aufgestellten Kandidaten richte und daher nicht auf Jahre im Voraus ausgestellt zu werden pflegt. ad § 34. Die derart beantragten Abänderungen wegen Zustellung des Wahlausschreibens an die Wahlberechtigten ist durch die bisher gepflogene Praxis gerechtfertigt, weil die Wahl¬ ausschreiben bis dato nicht gemäß § 34 auf die im § 33 des Gemeindestatutes angedeutete Art (durch öffentliche Kundmachung bekannt gemacht wurden, sondern durch Zustellung an die Wähler, und diese Art der Bekanntmachung viel verläßlicher und wirkungsvoller erscheint, als daß das Wahlausschreiben, wie der § 33 besagt, lediglich am Gemeindehause angeschlagen und durch die Hauseigentümer den Parteien zugestellt werden soll. ad § 37, Absatz 3. Die Einführung, daß die Stimmzettel und die Wahlvollmachten mit dem Amtssiegel der Stadtgemeinde versehen und von dieser ausgegeben werden sollen, hat der Ge¬ meinderat in seinen Sitzungen vom 9. Mai 1902 und vom 3. April 1908 bereits ausführlich begründet und wird daher auf die bezüglichen Sitzungsprotokolle verwiesen, welche diesem Motivenberichte anzuschließen sein werden. Insbesondere wird hingewiesen, daß diese Vorschriften lediglich zu dem Zwecke beschlossen worden sind, daß Unzukömm¬ lichkeiten, welche durch beliebige Stimmzettel oder beliebige Voll¬ machten sich leicht ergeben können und bei den Gemeinderats¬ wahlen in Steyr laut der obigen Sitzungsprotokolle auch tat¬ sächlich vorgekommen sind — in Hinkunft möglichst vermieden werden. Eine Einschränkung der Ausübung des Wahlrechtes liegt nicht im Mindesten vor, da durch diese reinen Formsachen das Wahlrecht in keiner Richtung tangiert wird. Es muß darauf hingewiesen werden, daß die neue Reichs¬ ratswahlordnung vom 26. Jänner 1907, R.=G.=Bl. Nr. 17, im § 15 ganz dieselbe Bestimmung bezüglich der Stimmzettel ent¬ hält, daß die Stimmzettel nur von der Behörde ausgegeben werden, mit dem Amtssiegel versehen sein müssen, und daß nur solche Stimmzettel giltig seien. Wenn durch diese Bestimmung der auf dem Grundsatze der größten Wahlfreiheit aufgebauten Reichsratswahlordnung eine Einschränkung des Wahlrechtes nicht erfolgt, so kann durch dieselbe Bestimmung auch bei den Gemeindewahlen eine solche Einschränkung nicht vorliegen. Dasselbe gilt in analoger Anwendung auch bezüglich der amtlichen Ausgabe der mit dem Amtssiegel versehenen Wahl¬ vollmachten. ad § 37, Absatz 5, wird die Weglassung dieses Absatzes begründet, weil nach der beantragten Abänderung des § 34 schon im Wahlausschreiben auch auf die engere Wahl hinge¬ wiesen wird mit Angabe des Ortes und der Zeit der engeren Wahl — daher diese Mahnung an die Wähler entfallen kann. ad § 37, Absatz 9, wird die Abänderung damit begründet, daß die Bestimmung des Gemeindestatutes, nach welcher bei der engeren Wahl nur jene Wähler sich beteiligen dürfen, die bei der Hauptwahl ihr Stimmrecht ausgeübt haben — total ver¬ altert ist, und daß nach der neuen Reichsratswahlordnung ge¬ mäß § 37 der Grundsatz aufgestellt wurde: „Wahlberechtigte sind deshalb, weil sie bei der Hauptwahl ihr Stimmrecht nicht ausgeübt haben, bei der engeren Wahl von der Ausübung dieses Wahlrechtes nicht ausgeschlossen.“ Es wird also dieser dem modernen und freiheitlichen Wahl¬ rechte entsprechende Grundsatz auch auf die Gemeindewahlen angewendet und wird diese Einführung gewiß die Zustimmung aller Wähler finden. Herr G.=R. Triebrunner bemerkt, wenn das Gemeinde¬ statut schon geändert werden soll, so solle man das ganze Statut einer Revision unterziehen und dasselbe so erweitern, wie es einer fortschrittlichen Gemeinde zukommt. Das heutige Gemeinde¬ statut sei ganz konservativ gehalten, der IV. Wahlkörper habe nur vier Mandate, so daß, wenn seine Partei einen Antrag ein¬ bringen will, sie zur Majorität um die fünfte Unterschrift betteln gehen müsse. Das gegenwärtige Statut sei für eine fortschritt¬ liche Stadt eine Schande. Er beantragt, zwecks einer Revision des Statutes eine spezielle Sitzung einzuberufen. Herr Altbürgermeister Viktor Stigler erwidert hierauf, daß schon die vier Mandate für den IV. Wahlkörper im Land¬ tage Schwierigkeiten gemacht haben und es ist kaum anzunehmen, daß der Landtag solchen Wünschen, wie Herr G.=R. Triebrunner vorbrachte, Rechnung tragen werde. Man solle sich nicht auf ein Gebiet begeben, dessen Tragweite und Konsequenzen man heute gar nicht überblicken könne. Er ersucht, den Antrag des Herrn G.=R. Triebrunner abzuweisen. Der Antrag des Herrn G.=R. Triebrunner wird mit allen gegen vier Stimmen abgewiesen und der Sektionsantrag mit dem gleichen Stimmenverhältnis angenommen. Der Herr Vorsitzende bringt nun die Paragraphe 1—5 des beantragten Landesgesetzes je separat zur Abstimmung und werden dieselben mit mehr als Zweidrittel=Majorität ange¬ nommen. 4. Amtsbericht wegen Wiedererwirkung der Be¬ willigung zur Einhebung der Bierverbrauchs=Umlage. Amtsbericht. Mit dem Erlasse des o.=ö. Landesausschusses in Linz vom 19. September 1907, Z. 21.018, wurde der Stadtgemeinde Steyr die Einhebung einer Umlage von 2 K von jedem im Gemeinde¬ gebiete zum Ausschanke gelangenden Hektoliter Bier für das Jahr 1908 bewilligt. Zwecks Wiedererlangung dieser Bewilligung ür das Jahr 1909 wolle der Gemeinderat Beschluß fassen. Der Stadtrat: Gall. Der Sektionsantrag hierüber lantet: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen: Es werde beim hohen o.=ö. Landesausschusse um Bewilligung zur Einhebung einer Umlage von 2 K von jedem im Gemeindegebiete zum Ausschanke gelangenden Hektoliter Bier für das Jahr 1909 an¬ gesucht und der Herr Bürgermeister beauftragt, das Geeignete rechtzeitig zu veranlassen Einstimmig nach Antrag. — Z. 13.306. 5. Erteilung der Zustimmung zur Löschung einer intabulierten Verpflichtung. Hierüber liegt folgender Sektionsantrag vor: Mit Rücksicht darauf, daß der Verpflichtete Herr Heinrich Mann im Falle der beanspruchten Rückvergütung von zirka 2600 Kronen in Anbetracht seiner mißlichen finanziellen Lage und des hohen Schuldenstandes dem Ruine preisgegeben würde, da dessen Haus im Exekutionswege versteigert werden müßte, weil anders eine Bezahlung von demselben nicht zu verlangen wäre, und bei dem Schätzwerte von zirka 10.000 K und dem Schuldenstand von über 7600 K es überhaupt sehr fraglich ist, ob die Verpflegskosten durch die Exekution hereingebracht werden könnten, so erscheint es wohl begründet, auf diese Verhältnisse Rücksicht zu nehmen und Gnade vor Recht ergehen zu lassen und stellt die 1. Sektion den Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen: Es werde der ür die Verpflegung der Theresia Mann in der Irren=Anstalt Niedernhart seitens der Stadtgemeinde Steyr bezahlte Alimen¬ tationsbetrag von 855 K 40 h dem Heinrich Mann aus den erwähnten Gründen nachgesehen und die Bewilligung zur Löschung des auf dem Hause K.=Nr. 319 in Ennsdorf haftenden Verpflichtung, den Unterhalt der Theresia Mann zu bestreiten erteilt. Dieser Beschluß ist durch 14 Tage mit dem Beifügen öffentlich kundzumachen, daß Einwendungen innerhalb dieser Frist schriftlich oder mündlich bei der Gemeinde=Vorstehung er¬ hoben werden können. Einstimmig nach Antrag. — Z. 12.996. 6. Zustimmung zur Abschließung eines Vertrages wegen künftiger Erhaltung des zwischen Objekt V der Waffenfabrik und dem Hause Nr. 42 Fabriksstraße ge¬ legenen Kanales. Liegt folgender Amtsbericht vor: Amtsbericht. Im Jahre 1897 wurde der österr. Waffenfabrik gestattet, die Abwässer und Fäkalien aus den im Hofraume des Objektes 11! hergestellten Pissoirs und Aborten in den zwischen dem Objekte III und dem Hause Nr 42 der Fabriksstraße liegenden Kanal in der Wehrgrabenstraße zu führen, ohne daß über die künftige Erhaltung dieses Kanales ein Abkommen getroffen worden wäre. Dieser Kanal ist jetzt in seiner ganzen Ausdehnung ordentlich hergerichtet worden und wird über die Kosten, welche jetzt erwachsen sind und die fernerhin durch die Erhaltung ent¬ stehen, eine Vereinbarung vorgeschlagen, nach welcher die Waffen¬ fabrik und der Besitzer des Hauses Nr. 42 der Fabriksstraße je drei Achtel dieser Kosten und die Gemeinde zwei Achtel derselben zu tragen hat. zetzt hätte nach dieser Vereinbarung die Stadtgemeinde 17 K 11 k an die Waffenfabrik zu bezahlen, da diese den Kanal hat herrichten lassen und dafür den Betrag von 68 K 41 7 bezahlt hat. Die Waffenfabrik und der Besitzer des Hauses Nr. 42 der Fabriksstraße sind mit der vorgeschlagenen Vereinbarung ein¬ verstanden. Die Gemeinde hat ein Interesse an dem Kanal, weil derselbe das Ueberwasser aus dem „Bruderhaus=Brunnen“ und die Niederschlagswässer aus dem „Bruderhausgarten“ abführt. Es wird gebeten, der Vereinbarung zuzustimmen. Steyr, 5. Juni 1908. Franz Gall m.### Stadtrat.
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