Ratsprotokoll vom 8. November 1907

2 l. J., Z. 20.843, mit welcher der Gemeinde Sierning die Be¬ rechtigung zur Abhaltung eines Wochenmarktes für die Gegen¬ stände des § 66 Gewerbe=Ordnung an Sonntagen verliehen wurde, keine Folge zu geben, da die angefochtene Erteilung des Wochenmarkt=Befugnisses diesfalls nur die rechtliche Genehmigung eines seit altersher bestehenden, marktmäßigen, den Ortsbedürf¬ nissen entsprungenen Zustandes bedeutet, und durch diese Ge¬ nehmigung daher der jeden Donnerstag in Steyr stattfindende Wochenmarkt eine Beeinträchtigung überhaupt nicht erfährt. Hiegegen steht binnen s Wochen der bei der k. k. Bezirks¬ hauptmannschaft in Steyr einzubringende Rekurs an das k. k. Handelsministerium offen, Für den k. k. Bezirkshauptmann: Kloncek m. p. Die Sektion beantragt, der löbl. Gemeinderat wolle be¬ schließen, es werde ein weiterer Rekurs an das k. k. Handels¬ Ministerium nicht eingebracht. Z. 23.666. Einstimmig nach Antrag. 5. Rekurs gegen eine. Armenrats=Entscheidung Ueber den vorliegenden Rekurs der Elise Mörtlmayr gegen die Entscheidung des städt. Armenrates vom 7. Oktober 1907 wegen verweigerter Unterstützung stellt die Sektion den Antrag Nachdem ohnedies dem Gatten der Rekurrentin eine mo¬ natliche Unterstützung von 6 K bewilligt wurde, die Rekurrentin laut ärztlichem Attest nicht gänzlich erwerbsunfähig und sich noch etwas verdienen kann, dieselbe außerdem neun erwachsene Kinder hat, welche gesetzlich zur Unterstützung der Mutter verpflichtet sind, so erscheint die Abweisung gerechtfertigt und stellt die erste Sektion den Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen: Es werde dem Rekurse der Elisabeth Mörtlmayr gegen die Entscheidung des städt. Armenrates vom 12. Oktober 1907 aus den Gründen der ersten Instanz keine Folge gegeben. Herr G.=R. Tribrunner stellt den Gegenantrag auf Stattgebung des Rekurses. Herr Altbürgermeister Viktor Stigler hält es für ge¬ fährlich, sich auf dieser Bahn zu bewegen. Die Vorarbeiten in Armensachen werden intensiv gemacht und die betreffenden Unter¬ stützungsgesuche gewissenhaft behandelt. Die Armenversorgung in Steyr sei eine bessere, als in vielen anderen Orten, weshalb auch dürftige Leute nicht in ihre Heimat gehen wollen und solange in Steyr bleiben, bis sie hier das Heimatsrecht ersessen haben. Herr G.=R. Dantlgraber beantragt die Zurückleitung des Rekurses an den städt. Armenrat. Der Herr Referent betont die Konsequenzen, die eine Ab¬ lehnung des vorliegenden Sektions=Antrages nach sich ziehen und bemerkt, es sei merkwürdig, daß solche Anträge auf Statt¬ jebung von Armen=Rekursen gerade von jener Partei gestellt werden, welche das wenigste zum Gemeindehaushalte beitrage. Er plädiert für die Annahme des Sektionsantrages. Herr G.=R. Tribrunner zieht seinen Antrag zurück. Bei der Abstimmung wird der Antrag des Herrn G.=R. Dantlgraber mit allen gegen vier Stimmen abgelehnt und hierauf der Sektions=Antrag mit Majorität angenommen. Z. 23.490. 4 6. Amtsbericht betreffs Ausschreibung einer Sicherheitswachmann = Stelle. Das Polizei=Inspektorat berichtet, daß durch die Zulassung des Wachmannes Georg Kern zur Kanzleipraxis die Aufnahme eines neuen Wachmannes unbedingt notwendig erscheint. Uleber diesen Bericht und den vorliegenden Amtsbericht tellt die Sektion den Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen: Es werde die erledigte Stelle eines Wachmaunes unter den bisherigen üblichen Bedingungen zur Besetzung öffentlich ausgeschrieben und wird der Herr Bürgermeister beauftragt, diese Ausschreibung sofort zu veranlassen. Einstimmig nach Antrag. — Z. 227/ Prs. Amtsbericht betreffs Besetzung der durch das Ableben des Stadiwundarztes Herrn Ignaz Zach er¬ ledigten Stellen als eines Leichenbeschauers, Polizei¬ arztes und Impfarztes. Im Sinne dieses Amtsberichtes stellt die I. Sektion den Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen: Es werde zur Besetzung der durch das Ableben des Stadtwundarztes Herrn Ignaz Zach erledigten Stelle eines Armen= Polizei= und Impf¬ arztes und Totenbeschauers für den Rayon der Stadtpfarre Steyr der Konkurs ausgeschrieben und sind folgende Modalitäten darin aufzunehmen: 1. Die Bewerbes müssen deutscher Nationalität, österr. Staats¬ bürger und graduierte Doktoren der gesamten Heilkunde ein und haben als Ausweise den Geburtsschein, den Heimat¬ schein und das Doktordiplom, sowie die Nachweise über die bisherige praktische Verwendung als Arzt vorzulegen. Als wünschenswert ist die Befähigung zum Physikat und wird ein solcher Kompetent besonders berücksichtigt. 2. Der anzustellende Arzt hat die sämtliche polizeiärztliche Praxis zu besorgen, hat als Impfarzt zu fungieren und als Totenbeschauer im Rayon der Stadtpfarre in Steyr, und muß sich auch als Armenarzt für einen vom Ge¬ meinderate zu bestimmenden Rayon der Stadt verwenden lassen. Auch hat derselbe die Substitution eines vorüber¬ gehend verhinderten Arztes im städt. Spitale bei Krankheits=, Urlaubs= und Vakanzfällen zu besorgen. 3. Die Anstellung erfolgt vorläufig auf ein Jahr provisorisch und bei zufriedenstellender Dienstleistung nach Ablauf des Jahres definitiv mit den Bezügen der XI. Rangsklasse (1600 K Gehalt und 432 K Aktivitätszulage). 4. Die Kompetenzgesuche sind bis 15. Dezember 1907 einzu¬ bringen. Dieser Antrag wird mit Majorität angenommen. Z. 237 Prs. S. Zuschrift der Stadtgemeinde=Vorstehung Urfahr betreffs Einbringung einer Petition wegen Abänderung des Gesetzentwurfes über die Gemeinde=Vermittlungs¬ ämter. Liegt folgender Amtsbericht vor: Die in der vorliegenden Petition vorgebrachten Darlegun¬ gen sind so überzeugend und so richtig, daß man denselben nichts hinzuzufügen braucht, um den Anschluß an die Petition zu begründen. Gerade in Steyr müßte es ganz sonderbar berühren, wenn die ohnedies mit Arbeit gewiß nicht überlasteten Gerichts¬ behörden durch die obligatorischen Gemeindevermittlungsämter noch mehr entlastet werden würden, während dem Gemeindeamte, das den gestellten Anforderungen nur mehr schwer zu entsprechen vermag, nur Lasten aufgebürdet würden. Uebrigens wird hieramts über Verlangen der Parteien in allen Angelegenheiten mit Ausnahme von Ehrenbeleidigungen Vermittlung gewährt. In diesen häufigen Fällen werden beide Teile zum Amte geladen, wo eine Ausgleichung der entgegenstehenden Rechtsan¬ prüche versucht wird. Auch Lokalaugenscheine werden oft zu diesem Zwecke vorgenommen. Gelingt der Ausgleich nicht, so erfolgt die mündliche Ver¬ weisung an die zuständige Behörde. Schriftliche Aufnahmen erzielter Vergleiche werden aber meistens nicht gemacht und auch von den Parteien gar nicht verlangt. Hiemit wurde bisher mancher Rechtsstreit vermieden und es hat sich hier zu einer Aenderung dieser Praxis gar keine Veranlassung ergeben. Für Steyr liegt eine Notwendigkeit zur Einführung der obligatorischen Vermittlungs=Aemter ganz gewiß nicht vor. Franz Gall m. p., Stadtrat. Hierüber stellt die I. Sektion den Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen: Der Gemeinderat der l. f. Stadt Steyr spricht sich gegen die Einführung der obligatorischen Gemeindevermittlungs=Aemter und insbesondere aber gegen die Einführung der obligatorischen Gemeinde=Ver¬ mittlung in Ehrenbeleidigungssachen aus, schließt sich der Petition der Stadtgemeinde Urfahr vollinhaltlich an und beauftragt den Herrn Bürgermeister, diese Petition dem Landtagsabgeordneten der Stadt Steyr, Herrn Viktor Stigler, mit dem Ersuchen zu übergeben, diese Petition dem hohen o.=ö. Landtage vortragen zu wollen und im Landtage gegen den projektierten Gesetzentwurf Stellung zu nehmen. Einstimmig nach Antrag. — Z. 22.336. Dringlichkeits=Antrag betreffend das Ansuchen des Michael Edlinger um Aufnahme in das Armenverflegs¬ haus gegen Ueberlassung seines Hauses. Nach Annahme der Dringlichkeit stellt die I. Sektion fol¬ genden Antrag Nachdem das als Entgelt angetragene Haus einen Kaufs¬ wert von 3800 Kronen repräsentiert, Gesuchsteller bereits 77 Jahre alt ist, und im Falle der Dürftigkeit ohnedies der Stadtgemeinde zur Last fallen würde, erscheint das Anbot akzeptabel und stellt die I. Sektion den Antrag: Der Gemeinderat wolle beschließen: Es werde dem An¬ uchen des Michael Edlinger um Aufnahme in das Armenver¬ pflegshaus gegen Abtretung seines Hauses K.=Nr. 283 in Enns¬ dorf unter folgenden Modalitäten zugestimmt: 1. Die Stadtgemeinde Steyr gewährt dem Michael Edlinger die lebenslängliche Versorgung im städt. Verpflegshause in einem eigenen Zimmerl, also Wohnung, Kost, Wartung, Kleidung Wäsche, kurz alle notwendigen Lebensbedürfnisse und außer¬ dem für Tabak und Trunk einen monatlichen Barbetrag von 6 Kronen. 2. Für diese Leibrenten überträgt und überläßt Michael Edlinger das ihm gehörige Haus K.=Nr. 283 in Ennsdorf der Stadtgemeinde Steyr in ihr volles und alleiniges Eigentum, so daß derselbe auch in dem Falle, als er vor seinem Ableben freiwillig aus der Versorgung treten sollte, keinerlei Anspruch an die Stadtgemeinde zu stellen berechtigt wäre. Der Herr Bürgermeister wird ermächtigt, diesen Leib¬ renten=Vertrag abzuschließen. Steyr, am 8. November 1907. Dr. Angermann m. p. Wird einstimmig angenommen. — Z. 24.027. I. Sektion. Referent: Sektionsobmann=Stellvertreter Herr G.=R. Ferdinand Reitter. 9. Jahres=Rechnungen für das Jahr 1906. Liegt folgender Amtsbericht vor:

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