Rats-Protokoll über die außerordentliche Sitzung des Gemeinderates der k. k. l. f. Stadt Steyr am 21. Juni 1907. Gegenwärtig: Der Vorsitzende: Herr Vizebürgermeister Franz Lang. Die Herren Gemeinderäte: Dr. Franz Angermann, Leopold Anzengruber, Ludwig Binderberger, Gottlieb Bruckschweiger, Gottlieb Dantlgraber, Ferdinand Gründler, Ferdinand Hand¬ stanger, Rudolf Haslinger, Karl Heindl, Josef Hilker, Johann Kollmann, Leopold Köstler, Hans Millner, Franz Nothhaft, Ferdinand Reitter, Johann Rotter, Wilhelm Schertler, Otto Schönauer, Rudolf Sommerhuber, Peter Steinhuber, Franz Triebrunner, Josef Tureck, Karl Wöll. Schriftführer städt. Offizial Herr Franz Schmidbauer. Entschuldigt abwesend sind die Herren Gemeinde =Räte Busek und Stippl; Herr G.=R. Meditz ist beurlaubt. „ Der Herr Vorsitzende konstatiert die Beschlußfähigkeit des Gemeinderates und erklärt um 3 Uhr nachmittags die Sitzung für eröffnet. Zu Verifikatoren des Protokolles werden die Herren G.=R. Millner und Nothhaft gewählt. Hierauf nimmt der Herr Vorsitzende das Wort und sagt: Ich habe den Herren zu berichten über den Besuch der Deputation, welche der löbl. Gemeinderat in der letzten Sitzung zu dem Zwecke gewählt, um mit dem Herrn Bürgermeister Rück¬ sprache über die angekündigte Demission zu pflegen, bezw. ihn von diesem Entschlusse abzubringen. Obwohl die Deputation in 2 stündiger Besprechung sich alle erdenkliche Mühe gegeben hat, den Herrn Bürgermeister zur Zurückziehung seiner Demission zu bewegen, muß ich mit großem Bedauern mitteilen, daß die Deputation einen vollen Erfolg nicht erreicht hat. Der Herr Bürgermeister ist leider bei der angekündigten Demission geblieben und war nicht zu bewegen, dieselbe voll¬ ständig zurückzuziehen. Das Ersuchen der Deputation ist nur in der Weise von Erfolg begleitet gewesen, daß der Herr Bür¬ germeister erklärt hat, sein Gemeinderatsmandat nach wie vor beizubehalten und im Gemeinderate tätig mitzuwirken, wogegen er seine Stelle als Bürgermeister endgiltig nur bis 30. Sep¬ tember d. J. behalte. Es ist nun Sache des löbl. Gemeinderates, diese endgiltige Entschließung des Herrn Bürgermeisters zur Kenntnis zu nehmen und sein Einverständnis durch Abstimmung zu betätigen. Er eröffne hierüber die Debatte. Herr G.=R. Nothhaft begrüßt es mit Freuden, daß Herr Bürgermeister seine Amtsgeschäfte noch bis 30. September fortführt und daß er auch sein Gemeinderatsmandat beibehält, und er glaube, daß diese Entschließung auch in der Bevölkerung lebhafte Befriedigung hervorrufen wird. Wir lassen die Hoff¬ nung nicht schwinden, daß wir unseren hochgeehrten Herrn Bürgermeister auch noch am 1. Oktober an der Spitze des Ge¬ meinderates auf längere Zeit hinaus noch sehen werden. Möge diese Hoffnung zur Tatsache werden! Herr G.=R. Dr. Angermann sagt, er könne dem löb¬ lichen Gemeinderate die Versicherung geben, daß es sein eifrigstes Bestreben war, seinen geehrten Freund und Gesinnungsgenossen, Herrn Bürgermeister Stigler, von seinem Entschlusse abzubringen. Die Gründe, die den Herrn Bürgermeister zu seinem Entschlusse geführt haben und die er der Deputation gegenüber geltend ge¬ macht hat, sind aber so schwerwiegender Natur, daß man sie anerkennen müsse. Es ist de facto seine angegriffene Gesundheit und sein vorgeschrittenes Alter, die ihn zu diesem Entschlusse veranlaßten, und ich glaube, daß diese Gründe wirklich vorhanden sind, denn der Herr Bürgermeister hat schon längere Zeit an Aufregungen gelitten, die seine intensive Tätigkeit hervorge¬ rufen haben. Es ist bedauerlich, einen solchen Mann zu verlieren, aber wir müssen in den sauren Apfel beißen und seine Entschließung als endgiltig ansehen. Wie Herr G.=R. Nothhaft richtig bemerkt hat, wird ja der Verlust dieses Mannes in dem größten Teile der Bevölkerung allgemeines Bedauern hervorrufen, namentlich in jenem Teile der Bevölkerung, welcher es mit dem Gemeindewohle und mit dem Blühen und Gedeihen unserer Stadt ernst meint. Es erübrigt uns heute nichts anderes, als den Rücktritt des Herrn Bürgermeisters zur Kenntnis zu nehmen. Herr G.=R. Schertler glaubt, man solle doch noch ein¬ mal den Versuch machen, den Herrn Bürgermeister zu bewegen, daß er seine Stelle noch bis zum Ablaufe seiner Funktions¬ periode beibehalte. Der Herr Vorsitzende erwidert, daß den Wunsch, den Herr G.=R. Schertler eben ausgesprochen habe, gewiß alle Herren Gemeinderäte teilen, aber er glaube, daß weitere Schritte in dieser Richtung aussichtslos wären. Er bittet, daß der löbliche Gemeinderat die endgiltige Er¬ klärung des Herrn Bürgermeisters in Betreff Weiterführung seiner Amtsgeschäfte bis 30. September und Beibehaltung seines Gemeinderatsmandates genehmigend zur Kenntnis nehme und gleichzeitig nochmals dem Herrn Bürgermeister den herzlichsten Dank für seine tatkräftige Führung, sowie das aufrichtigste Be¬ dauern über den von ihm angemeldeten Rücktritt ausspreche und dies durch Erheben von den Sitzen ausdrücke. Sämtliche Herren Gemeinderäte erheben sich von ihren Sitzen. Es erübrigt mir nur noch, die heutige Sitzung unter dem Eindrucke zu schließen, daß wir lebhaft bedauern, unseren hoch¬ geschätzten Herrn Bürgermeister zu verlieren und daß dieses Be¬ dauern aus tiefstem Herzen eines jeden Gemeinderates kommt für diesen Mann, der stets mit Eifer und Fleiß sein Amt ver¬ waltet hat. Die Verifikatoren: Der Schriftführer: DSchmidbanen weiger in Stepr. 67 6 on G. B
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