Rats-Protokoll über die ordentliche Sitzung des Gemeinderates der k. k. l. f. Stadt Steyr am 28. September 1906. Tages=Ordnung: Eventuelle Mitteilungen. I. Sektion. (Sektions=Sitzung Donnerstag 3 Uhr nachm.) Beschlußfassung wegen eventueller Ergreifung eines Rekurses. II. Sektion. (Sektions=Sitzung Mittwoch 3 Uhr nachm.) 2. Zuschrift des k. k. Stadtschulrates Steyr in betreff fernerer Pauschalierung der Lehrmittel=Erfordernisse für die hierstädtischen Volks= und Bürgerschulen. 3. Gesuch um pachtweise Wiederüberlassung eines städtischen Grundes. 4. Gesuch um Nachsicht eines Zinsrückstandes. 5. Spendengesuche. IV. Sektion. (Sektions=Sitzung Mittwoch ½5 Uhr nach¬ mittags.) 6. Mehrere Ansuchen um Schullokalitäten=Ueberlassungen. Gegenwärtig: Der Vorsitzende: Herr Bürgermeister Viktor Stigler. Der Vizebürgermeister Herr Franz Lang. Die Herren Gemeinderäte: Edmund Aelschker, Dr. Franz Angermann, Leopold Anzengruber, Gottlieb Bruckschweiger, Alexander Busek, Gottlieb Dantlgraber, Ferdinand Gründler, Ferdinand Handstanger, Rudolf Haslinger, Karl Heindl, Josef Hiller, Johann Kollmann, Leopold Köstler, Hans Millner, Franz Nothhaft, Ferdinand Reitter, Wilhelm Schertler, Anton Stippl, Josef Tureck, Max Willner und Josef Wolf. Als Schriftführer fungiert Herr Karl Frank. Entschuldigt abwesend sind die Herren Gemeinderäte: Josef Hack, Michael Meditz, Otto Schönauer und Rudolf Sommerhuber. Der Herr Vorsitzende konstatiert die Beschlußfähigkeit des Gemeinderates und erklärt um 3 Uhr nachmittags die Sitzung für eröffnet. Als Verifikatoren dieses Protokolles werden die Herren Ge¬ meinderäte Hans Millner und Franz Nothhaft gewählt. Mitteilungen. 1. Der Reservisten=Spar= und Unterstützungs=Verein in Steyr dankt für die munifizente Spende von 50 K. Zur Kenntnis. — Z. 21.385 2. Das hochw. Stadtpfarramt Steyr ladet zum feierlichen Gottesdienste anläßlich des Namensfestes Sr. Majestät unseres Kaisers ein. — Zur Kenntnis. — Z. 21.362. I. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Dr. Franz Angermann. 1. Beschlußfassung wegen eventueller Ergreifung eines Rekurses. Nachdem Herr Bürgermeister Viktor Stigler den Vorsitz an Herrn Vizebürgermeister Franz Lang übergeben hatte, weil er in der zu erledigenden Angelegenheit als Bürgermeister die Entscheidung der Stadtgemeinde=Vorstehung Steyr als politische Behörde I. Instanz unterfertigt habe, referiert der Herr Obmann der 1. Sektion zu Punkt 1 der Tagesordnung wegen Einbrin¬ gung eines Rekurses gegen eine Rekurserledigung der k. k. o.=ö. Statthalterei in Linz vom 2. September 1906, Z. 18.728/VIII, mit welcher der österr. Waffenfabriks=Gesellschaft dem Ansuchen um Bewilligung einer Kabellegung von der Zentrale über die Steyrflußparzelle 1398/1 zur Kraftübertragung und zu Beleuch¬ tungszwecken Folge gegeben und die Stadtgemeinde mit ihren Einwendungen auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurde. Laut Vertrag vom 14. Dezember 1895 hat sich die Stadt¬ gemeinde Steyr zur Erhaltung der elektrischen Beleuchtung in Steyr verpflichtet, bis Ende Dezember 1917 in den öffentlichen Straßen und Plätzen der Stadt, überhaupt im öffentlichen Stadt¬ gebiete weder die Führung neuer Drähte, noch die Aufstellung neuer Träger, Säulen und dergleichen zu elektrischen Beleuch¬ tungszwecken keinem anderen Unternehmer zu gestatten, durch welche solchen Konsumenten, die bis zum 9. Dezember 1895 elektrischen Strom zu Beleuchtungszwecken nicht bezogen haben, denselben zugeführt werden würde und für jede vertragswidrig installierte Glüh= oder Bogenlampe an die Gesellschaft für Gas¬ industrie eine Konventionalstrafe von 200 K zu zahlen, sowie die sofortige Außerbetriebsetzung einer solchen Neuanlage zu veranlassen. In Folge dieser nicht privatrechtlichen, sondern öffentlich¬ rechtlichen Einwendung der Stadtgemeinde=Vertretung Steyr konnte der österr. Waffenfabrik auf Grund des Vorangeführten die nachgesuchte Bewilligung zur Legung von elektrischen Kabel¬ leitungen über öffentliches Stadtgebiet nur zur Kraftüber¬ tragung gestattet werden und war die gestellte Bedingung, daß der elektrische Strom zu Beleuchtungszwecken nicht benützt werden darf, vollkommen gerechtfertigt. Gegen diesen abweislichen Teil der Erledigung des An¬ uchens der österr. Waffenfabrik hat letztere, wie schon erwähnt, den Rekurs an die k. k. Statthalterei in Linz ergriffen, und diese hat, obwohl dieselbe zur Entscheidung inkompetent war, weil nur der oberösterr. Landesausschuß über öffentlichrechtliche Einwendungen zu entscheiden berufen ist, der österr. Waffenfabrik auch die Benützung der elektrischen Kabelleitungen zu Beleuch¬ tungszwecken bewilligt. Da diese Entscheidung gesetzlich unbe¬ gründet erscheint, so ist es erforderlich, daß wegen Inkompetenz und auch in meritorischer Richtung der Rekurs an das Handels¬ ministerium ergriffen werde. Derselbe bringt sodann den Rekurs zur Verlesung, in welchem der Rechtsstandpunkt der Stadtgemeinde genau präzisiert ist und wird eine Kopie dieses Rekurses dem Gemeinderats¬ protokolle angeschlossen. Nach Verlesung sprechen noch die Herren Gemeinderäte Millner und Schertler, denen seitens des Herrn Sektionsobmannes eingehende Aufklärungen erteilt werden. Der Sektionsantrag lautet: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde gegen die Entscheidung der k. k. Statthalterei in Linz vom 2. September 1906, Z. 18.728/VIII, der Rekurs an das k. k. Handelsministerium eingebracht und im Falle der Abweisung desselben die Beschwerde beim k. k. Verwaltungsgerichtshofe in Wien erhoben. Der Sektionsantrag wird hierauf mit allen gegen zwei Stimmen angenommen. — Z. 20.511 und 21 594,06. II. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Josef Tureck. 2. Zuschrift des k. k. Stadtschulrates Steyr in be¬ treff fernerer Pauschalierung der Lehrmittel=Erforder¬ nisse für die hierstädtischen Volks= und Bürgerschulen. Nachdem Herr Bürgermeister Viktor Stigler den Vorsitz wieder übernommen hatte, referiert der Herr Sektionsobmann der II. Sektion zu Punkt 2 der Tagesordnung und stellt hierauf folgenden Sektionsantrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es wird über Antrag des k. k. Stadtschulrates im Sinne der neuen Schul¬ Unterrichtsordnung das Lehrmittel=Pauschale für die Bürgerschule
2 mit 140 K, ferner das Lehrmittel=Pauschale für die sechs Volks¬ schulen à 35 K, zusammen 210 K, das Bibliotheks=Pauschale für die Bürgerschule mit 50 K, für die sechs Volksschulen à 20 K, zusammen 120 K, somit für das Schuljahr 1906/7 die Total¬ summe von 520 K bewilligt. Ferners möge der löbliche Gemeinderat beschließen, daß, wie ja selbstverständlich, Forderungen, welche über dieses Pau¬ schale hinausgehen würden, nicht bewilligt werden können, ferners, daß die diesfällig angeschafften Lehrmittel und Bücher auch wie bisher in die Schulinventarien aufgenommen werden. Angenommen. — Z. 20.352. 3. Gesuch um pachtweise Wiederüberlassung eines städtischen Grundes. Sektionsantrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen, dieses Grund¬ stück sogleich zur Ausschreibung zu bringen. Beschluß nach Antrag. Z. 20.441. 4. Gesuch um Nachsicht eines Zinsrückstandes. In Ansehen der notleidenden Verhältnisse, in der sich die Petentin befindet, stellt die Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle den Nachlaß und daher die Abschreibung des restierenden Mietzinses von 40 K bewilligen. Einstimmig nach Antrag. — Z. 20.199. 5. Spendengesuche. Es liegen zwei Gesuche vor: 1. Verein „Deutsches Haus in Triest“ um eine Spende als Beitrag zur Erbauung eines deutschen Hauses an der Adria. 2. Oesterreichisch=ungarischer Hilfsverein in Nürnberg um eine Spende. Die Sektion beantragt, wegen zu großer Inanspruchnahme durch lokale Spendengesuche auf diese zwei Ansuchen nicht ein¬ zugehen. — Einstimmig nach Antrag. — Z. 20.476 u. 20.231. IV. Sektion. Referent: Sektions=Obmann Herr G.=R. Leopold Köstler. 6. Mehrere Ansuchen um Schullokalitäten=Ueber¬ lassungen. a) Das Handelsgremium der Stadt Steyr gibt bekannt, daß die kommerzielle Fortbildungsschule anfangs Oktober l. J. beginnt und bittet um weitere Ueberlassung der hiezu nötigen zwei Schulzimmer im Realschulgebäude, sowie Beleuchtung und Beheizung daselbst. Der Herr Sektionsobmann verliest das Schreiben der Direktion der Oberrealschule in Steyr, womit sich dieselbe bereit erklärt, die Lehrzimmer der I. und VII. Klasse dem Handels¬ gremium zu überlassen. Herr G.-R. Haslinger stellt die Anfrage, warum man sich gerade für diese Klassenzimmer ausspreche, da die für den angeführten Zweck bestimmten Schulbänke der 1. Klasse zu klein sein dürften. Die Schüler sitzen unbequem, wodurch natürlich auch der Unterricht leide; dies sei unangenehm, und rege er an, anzufragen, ob das Handelsgremium nicht ein anderes Zimmer, als das der 1. Klasse zu dem gewünschten Zwecke haben könnte. An der sich hierüber entwickelnden Debatte beteiligen sich die Herren Gemeinderäte Edmund Aelschker, Vorsitzender Bürgermeister Viktor Stigler und Dr. Angermann, dessen Vermittlungsantrag nach einer Erwiderung seitens des Herrn Sektionsobmannes in der Minorität verblieb. Der Sektionsantrag lautet: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen, daß dem hiesigen Handelsgremium die Lokale der I. und VII. Klasse der hiesigen Oberrealschule am Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag von 6—8 Uhr abends zur Erteilung eines kommer ziellen Unterrichtes samt Beleuchtung und Beheizung unter der Bedingung überlassen werden, daß das Gremium für jede Be¬ schädigung der in diesen Lehrzimmern befindlichen Einrichtungs¬ gegenstände und Lehrmittel aufzukommen hat. Der Sektionsantrag wird hierauf mit großer Majorität angenommen. — Z. 19.996. b) Die Gesellschaft der Musikfreunde bittet, es mögen dem Vereine wie bisher auch im nun beginnenden Schuljahre die zum Musikunterricht erforderlichen Lokale im Bürgerschulgebäude unentgeltlich überlassen werden. Der Sektionsantrag lautet: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen, daß dem hiesigen Musikvereine die angesuchte Benützung der II. Klasse A in der Mädchenbürgerschule und der I. und IV. Klasse in der Knabenvolksschule am Franz Josef=Platz zur Erteilung von Musikunterricht gegen Vergütung der vom Bauamte zu erheben¬ den Kosten für Beleuchtung und Beheizung dieser Lokale während des Unterrichtes bewilligt werde. Angenommen. — Z. 20.311. c) Frl. Anna Pehersdorfer, Fachlehrerin in Steyr, bittet um weitere Ueberlassung des Turnsaales der Bürgerschule für ihren Privatturnkurs für Mädchen an Montagen und Donners¬ tagen von 5—7 Uhr abends. Sektionsantrag: Der löbliche Gemeinderat wolle zu dem Beschlusse vom 17. August l. J. noch weiter beschließen, daß dem Frl. Anna Pehersdorfer die Benützung des Turnsaales im Bürgerschul¬ gebäude am Montag und Donnerstag von 5—7 Uhr abends bewilligt werde, aber der Betrag für Beleuchtung und Beheizung von 24 K auf 48 K erhöht werde, welcher Betrag in zwei Raten, und zwar am 15. Februar und 15. Juli 1907, einzu¬ zahlen ist. Mit großer Majorität angenommen. — Z. 20.139. d) Der Steyrer Fechtklub ersucht um gütige Ueberlassung des Turnsaales der Bürgerschule zur Abhaltung der Fechtübungen unter den bisherigen Bedingungen. Sektions=Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen, dem Steyrer Fechtklub die angesuchte Benützung des Turnsaales im Bürger¬ schulgebäude zu bewilligen, und zwar am Montag von 7—8 Uhr, Mittwoch und Samstag von ½7—½8 Uhr abends, gegen Ver¬ gütung der Gasbeleuchtung und Besorgung der Reinigung des Saales. Angenommen. — Z. 21.510. Druck von G. Bruckschweiger in Steyr. 06—10.
Abschrift. Zl 21.594. Steyr, den 29. September 1906. An die Stadtgemeinde- Vorstehung als politische Behörde I. Instanz. in Steyr. Mit Erlass der k.k. Statthalterei in Linz vom 2. September 1906, Zl 18728/VIII, zugestellt am 18. September 1906 wurde die die sämtliche Entscheidung der Stadtgemeinde Steyr als politische Behörde I. Instanz für den Stadtbezirk vom 19. Juli 1906 betreffend das Ansuchen der österr, Waffenfabriksgesellschaft in Steyr um Genehmigung der Erweiterung ihrer electrischen Anlagen durch Legung einer Kabelleitung von der Zentrale über den Steyrfluss zum Objekte XIII zum Zwecke der Kraftübertragung und der electrischen Beleuchtung für dieses Objekt über Rekurs der österr. Waffenfabriksgesellschaft dahin abgeändert, dass die Ausführung der erbetenen Erweiterungs-Anlage sowohl zum Zwecke der electrischen Kraftübertragung als auch zum Zwecke der electrischen Beleuchtung
für das Objekt XIII genehmigt wurde. Durch diese Entscheidung fühlt sich die Stadtgemeinde Steyr beschwert und überreicht in offener Frist auf Grund des in der Sitzung des Gemeinderates der l.f. Stadt Steyr vom 28. September 1906 gefassten Beschlusses dagegen nachstehenden Rekurs an das k.k. Handels-Ministerium in Wien. Die Stadtgemeinde Steyr muss vor Allem die Entscheidung der k.k. Statthalterei vom 2. September 1906, Z1 18728/VIII deshalb anfechten, weil die k.k. Statthalterei in Linz zur Entscheidung dieser Angelegenheit nicht kompetent ist. Wie aus dem diesämtlichen Kommissions-Protokolle vom 17. Juli 1906 ersichtlich ist, hat die Stadtgemeinde Steyr durch ihre Vertreter gegen die erbetene Ausdehnung des Leitungsnetzes von der electrischen Zentrale der österr. Waffenfabrik auf das Objekt XIII insoweit damit die electrische Beleuchtung diesesObjektes bezweckt und durch geführt wird, im Sinne der im diesämtlichen Protokolle vom 3. April 1906 in A abgegebenen Erklärung und im Sinne des Gemeinderatsbeschlusses vom 6. April 1906 laut Protokoll in B Einwendungen erhoben, weil die Benützung des öffentlichen Gutes im Stadtgebiete zu electrischen Beleuchtungszwecken oder zu electrischen Kraftübertragungen, welche zu Beleuchtungszwecken dienen, nach den bestehenden Veträgen unzulässig ist und die Steyrfluss-Parzelle 1398/1 Katastralgemeinde Steyr, über welche die geplante Beleuchtungsanlage geführt werden soll, laut Amtsbestätigung des k.k. Grundbuchsamtes in Steyr vom 14. Juli 1906 im Verzeichnisse über öffentliches Gut aufscheint und der über diese Parzelle gelegene Luftraum, in welchem die Leitungen über den dort befindlichen Steg geführt werden sollen, als Zubehör im Sinne des § 297 a.b.G.B. angesehen werden müssen. Es steht daher fest, dass diese Leitungen über öffentliches Gut des Stadtgebietes von Steyr geführt werden sollen und damit ist auch die Berechtigung der Stadtgemeinde Steyr gesetzlich begründet,
gegen die Benützung dieses Teiles des öffentlichen Stadtgebietes Einwendungen zu erheben, da der Gemeinderat der l.f. Stadt Steyr laut des Gemeindestatutes vom 18. Jänner 1867 L.G.Bl. No 8 dazu berufen ist, die den Verwaltungs-Anforderungen entsprechenden Verfügungen über die Art der Benützung des öffentlichen Stadtgebietes zu erlassen: (Vide Entscheidung des k.k. Verwaltungsgerichtshofes vom 12. April 1888 Zl 1246). Es frägt sich nur, ob diese Einwendungen auf „öffentlich rechtlicher“oder „rein-privatrechtlicher" Grundlage beruhen. Die Stadtgemeinde Steyr muss aber ihre vorgebrachten Einwendungen als „öffentlich-rechtliche“ ansehen und da über „öffentlich-rechtliche“ Einwendungen, welche die Stadtgemeinde in Ausübung der ihr mit dem Gemeindestatute vom 18. Jänner 1867, L. G.Bl. No 8 im eigenen Wirkungskreise zuerkannten autonomen Verwaltungsbefugnis erhoben hat, gemäss § 95 des Gemeinde-Statutes der Stadt Steyr der oberösterr. Landesausschuss in II. Instanz zu entscheiden hat, so erscheint die k.k. Statthalterei gesetzlich nicht berufen, über den von der österr. Waffenfabrik eingebrachten Rekurs zu entscheiden, die Ausführung der electrischen Anlage zu genehmigen und die Stadtgemeinde Steyr mit ihren Einwendungen lediglich auf den Rechtsweg zu verweisen. Hiezu ist, wie oben erwähnt, der oberösterr. Landesausschuss kompetent und hat in diesem Falle, wo es sich um die Entscheidung von „öffentlich-rechtlichen“ Einwendungen handelt, eine Verweisung auf den Rechtsweg überhaupt nicht zu erfolgen, sondern die II. Instanz hat in einem solchen Falle über diese Einwendungen „meritorisch“ zu entscheiden (Vide Entscheidung des k.k. Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Oktober 1887, Zl 2818) Dass aber diese Einwendungen der Stadtgemeinde Steyr dem Gebiete des „öffentlichen Rechtes" angehören, ergibt sich aus Folgenden: 1.) Beziehen sich die vorgebrachten Einwendungen auf die Benützung des „öffentlichen Gutes“ des Stadtgebietes von
Steyr, über welches der Stadtgemeinde Steyr im eigenen Wirkungskreise die ausschliessliche Verwaltungsbefugnis nach freiem Ermessen zusteht, nach welcher die Stadtgemeinde die Benützung des öffentlichen Gutes des Stadtgebietes im „öffentlichen Interesse“ bewilligen oder auch verweigern resp. nur mit gewissen Beschränkungen zugestehen kann, wie im vorliegenden Falle, dass die über das öffentliche Stadtgebiet Steyrfluss Parzelle 1398/1 zu legenden Kabelleitungen nur zur Kraftübertragung und nicht zu Beleuchtungszwecken verwendet werden dürfen. Es müssen schon deshalb gleichsam in objektiver Richtung die vorgebrachten Einwendungen der Stadtgemeinde Steyr als „öffentlich-rechtliche“ angesehen werden. 2.) Aber auch in subjektiver Beziehung gehören diese Einwendungen auf das Gebiet des „öffentlichen“ Rechtes. Die Stadtgemeinde Steyr hat im „öffentlichen Interesse“, damit für die Bewohner der Stadt Steyr die Einführung der electrischen Beleuchtung gesichert werde und der Bestand des Electricitätswerkes in Steyr bis zum Jahre 1917 auch gesichert bleibe, im Vertrage vom 18. Februar 1896, welcher in Abschrift sub C sammt der Copie des Gemeinde ratssitzungsprotokolles vom 17. Jänner 1896 in D angeschlossen wird die Verpflichtung eingegangen, keinem anderen Unternehmer zu gestatten, „das öffentliche Stadtgebiet“ in Steyr zu electrischen Leitungen, welche Beleuchtungszwecken dienen sollen, zu benützen. Die Stadtgemeinde Steyr hat in diesem Vertrage „im Interesse der Bewohnerschaft“ der Stadt Steyr, also aus „öffentlichen Rücksichten“, somit nicht in ihrem „Privat Interesse“ sich Verpflichtungen in Bezug auf das öffentliche Gut des Stadtgebietes auferlegt, aus welchen dieselbe nun die vorgebrachten Einwendungen ableitet.
Dies geht aus den Beilagen A und B klar hervor. Da es sich somit in diesem Vertrage nicht um eine reine privatrechtliche Angelegenheit handelt, welche nur das Jnteresse der Stadtgemeinde als Privatperson und der Electrieitätsgesellschaft in Steyr tangiert, sondern dieser Vertrag, im „öffentlichen Interesse-“, „aus öffentlichen Rücksichten“ von der Stadtgemeinde Steyr vereinbart wurde, weil ohne diese eingeräumte Monopoilisierung der electrischen Beleuchtung in der Stadt Steyr bis zum Ablaufe des Gasvertrages, das ist bis zum Jahre 1917, die electrische Beleuchtung nicht eingeführt hätte werden können und die im Jahre 1895 eingeführte electrische Beleuchtung über Verlangen der Gasgesellschaft in Steyr wieder hätte entfernt werden müssen, so erscheint diese Angelegenheit auch in dieser Richtung als eine „öffentlich-rechtliche“ und war der Gemeinderat der Stadt Steyr resp. dessen Vertreter berufen, zur Wahrung dieser öffentlichen Interessen an der Einführung und an dem Bestande der electrischen Beleuchtung in der Stadt Steyr die vorgebrachten Einwendungen gegen die Bewilligung der erbetenen electrischen Anlage, insoweit dieselbe Beleuchtungszwecken dienen solle, zu erheben und wäre somit Seitens der angerufenen II. Instanz bei Vorhandensein „öffentlichrechtlicher Einwendungen“ Mangels der Zuständigkeit der Rekurs der österr. Waffenfabriksgesellschaft aus diesem Grunde abzuweisen gewesen. Die Entscheidung über die vorgebrachten „öffentlichrechtlichen Einwendungen“ der Stadtgemeinde Steyr steht aber auch nicht dem ordentlichen Richter zu, sondern über diese Einwendungen hätte der oberösterr. Landesausschuss in II. Instanz in meritorischer Richtung zu entscheiden und wäre je nach dem Resultate dieser Entscheidung, wenn die Einwendungen als gerechtfertigt erklärt würden, die Untersagung der Benützung der erbetenen electrischen Leitungen zu Beleuchtungszwecken zu bestätigen, im anderen Falle, wenn dieselben als nicht begründet angesehen würden, die Benützung der erbetenen
electrischen Leitungen auch zu Beleuchtungszwecken zu bewilligen. Diese Kompetenzlage ist aber auch selbst dann vorhanden, wenn man den zwischen der Stadtgemeinde Steyr und dem Electrieitätswerke in Steyr am 18. Februar 1896 abgeschlossenen Vertrag als eine reine Privat- Angelegenheit-, „ohne öffentli ches Interesse“ ansehen würde, was aber nach dem Zwecke, dem Geiste und Inhalte dieses Vertrages absolut nicht der Fall ist; denn die von der Stadtgemeinde Steyr vorgebrachte Einwendung hat „öffentliches Gut“ des Stadtgebietes zum Gegenstande und über die Art der Benützung des öffentlichen Gutes im Stadtgebiete kann die Stadtgemeinde Steyr, resp. deren legale Vertretung der Gemeinderat von Steyr im eigenen Wirkungskreise nach freiem Ermessen vorgehen und auch die Entscheidung gegen diese Beschlüsse des Gemeinderates steht gemäss § 95 des Gemeindestatutes von Steyr nicht den Gerichten, und in II. Instanz nicht den k.k. politischen Landesbehörden, sondern dem oberösterr. Landesausschusse zu. Zur Entscheidung über den Rekurs der österr. Waffenfabriksgesellschaft wäre die k.k. Statthalterei nur dann zuständig gewesen, wenn die Einwendungen der Stadtgemeinde Steyr sich als „reinprivatrechtliche“ darstellen würde, denn nur dann haben gemäss § 30 Absatz 4 die politischen Behörden in II. Instanz zu entscheiden und sind solche rein privatrechtliche Einwendungen zur Austragung auf den Rechtsweg zu verweisen, während bei „öffentlich-rechtlichen“ Einwendungen Seitens der zuständigen politischen Behörden in „merito“ zu entscheiden ist. Es stand demnach nach dieser Sachlage der angerufenen k.k. Statthalterei in dieser Frage keine Entscheidung zu, und erscheint die Beschwerde der Stadtgemeinde in dieser Richtung somit gesetzlich begründet. Aber selbst in dem Falle, als die Zuständigkeit der k.k. Statthalterei in II. Instanz gesetzlich begründet wäre, was aber nicht der Fall ist, erscheint die Entscheidung der k.k. Statthalterei vom 2. September 1906, Zl 18728/VIII deshalb nicht gerechtfer-
tigt, weil die Stadtgemeinde-Vorstehung Steyr als politische Behörde für den Stadtbezirk mit der Entscheidung vom 19. Juli 1906, Zl 15826 die von der österr. Waffenfabriksgesellschaft nachgesuchte Bewilligung zur Erweiterung ihrer electrischen Anlage durch Legung einer Kabelleitung von der Zentrale über die Steyrfluss- Parzelle 1389/1 zum Objekte XIII tatsächlich erteilt hat und nur die Bedingung daran geknüpft hat, dass durch diese Kabelleitung das Objekt XIII nur mit electrischer Kraft zu Kraftzwecken und nicht zu Beleuchtungszwecken versorgt werden darf. Es wurde also die Ausführung dieser Kabelleitung seitens der Behörde I. Instanz bewilligt und ist diese Kabelleitung auch bereits von der österr. Waffenfabrik ausgeführt worden, nur hat die Behörde I. Instanz die Bedingung daran geknüpft, dass diese Kabelleitung nicht zur Leitung des electrischen Stromes zu Beleuchtungszwecken verwendet werden darf, weil der Gemeinderat der Stadt Steyr, resp. dessen Vertreter auf Grund des bestehenden Vertrages vom 18. Februar 1896 die Bewilligung zur Benützung des öffentlichen Stadtgebietes- Steyrflussparzelle 1398/1, über welche die Kabelleitungen geführt werden, nur unter dieser Bedingung resp. Einschränkung erteilt haben. Da sich die Einwendung der Stadtgemeinde Steyr, dass das „öffentliche Gebiet“ der Stadt Steyr nicht zu electrischen Leitungen verwendet werden darf, welche zu Beleuchtungszwecken dienen soll, aus den in diesem Recurse vorher erörterten Gründen und der geschilderten Sachlage als eine „öffentlich-rechtliche Einwendung“ darstellt, so war die politische Behörde I. Instanz, resp. der Herr Bürgermeister in analoger Anerkennung des § 79 der Bauordnung von Steyr und im Sinne der Gewerbeordnung berechtigt, aus diesen „öffentlich-rechtlichen Gründen“ die Bewilligung der Errichtung und Ausführung der electrischen Kabelleitungen an die gestellte Bedingung zu knüpfen, dass diese electrischen Leitungen nicht für Beleuchtungszwecke verwendet wer-
den dürfen. Diesen Grundsatz hat auch der k.k. Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 31. Dezember 1879 Zl 2524 in einer analogen Frage ausgesprochen, dass die politische Behörde I. Instanz aus „öffentlichen Rücksichten“ berechtigt und verpflichtet ist, die zu erteilende Baubewilligung an eine Bedingung zu knüpfen, welche den „öffentlichen rechtlichen“ Interessen entspricht. Es erscheint daher die Entscheidung der k.k. Statthalterei vom 2. September 1906, Z1 18728/VIII, womit die Ausführung der erbetenen electrischen Erweiterungs-Anlage durch Kabellegung sowohl zum Zwecke der Kraftübertragung als auch zum Zwecke der Beleuchtung für das Objekt XIII bewilligt wurde, nicht gerechtfertigt. Sohin stellt die Stadtgemeinde Steyr das ergebene Ansuchen: das hohe k.k. Handelsministerium geruhe die Entscheidung der k.k. Statthalterei in Linz vom 2. September 1906, 21 18728/VIII, womit der österr. Waffenfabriksgesellschaft in Steyr über deren Rekurs gegen die Entscheidung der Stadtgemeinde Vorstehung in Steyr vom 19. Juli 1906, Zl 15826 die Ausführung der angesuchten Erweittrungsanlage ihrer electrischen Zentrale durch Legung einer Kabelleitung nach den vorgelegten Plänen sowohl zum Zwecke der electrischen Kraftübertragung als auch zum Zwecke der electrischen Beleuchtung für das Objekt XIII genehmigt wurde, aus den geltend gemachten Gründen wegen Inkompetenz resp. bei Anerkennung der Zuständigkeit im Sinne des § 79 der Bauordnung für Steyr in analoger Anwendung der Gewerbeordnung und in Hinsicht auf die angeführten grundaätzlichen Entscheidungen des hohen k.k. Verwaltungsgerichtshofes zu beheben Steyr, am 29. September 1906. Die Gemeinderäte: Der Vizebürgermeister Carl Heindl. m.p. Franz Lang. Rudolf Haslinger. m.p.
Stadtgemeinde-Vorstehung Steyr als politische Behörde für den Stadtbezirk. Die Gemeinde-Vertretung der Stadt Steyr durch den Vizebürgermeister und die mitgefertigten Herren Gemeinderäte überreichen einen Recurs gegen die Entscheidung der k.k. Statthalterei in Linz vom 2. September 1906, Zl 18728/VIII in betreff der electrischen Betriebsanlage der österreichischen Waffenfabriksgesellschaft in Steyr bezw. gegen die dieser Gesellschaft zuerkannte Berechtigung zur Installierung der electrischen Beleuchtung.
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