Ratsprotokoll vom 17. August 1906

3 Der Sektionsantrag hierüber lautet: Nachdem Rosalia Schäffel das ihr gehörige Vermögen, be¬ stehend in dem Einlagebüchel der Sparkasse Steyr mit dem Saldo von 8836 K der Stadtgemeinde Steyr überlassen hat, gegen dem, daß dieselbe im städtischen Versorgungshause bis zu ihrem Ableben vollkommen alimentiert wird, dieselbe bereits 77 Jahre alt ist, und dieser Betrag jährlich zu 4% einen Zinsenbetrag von rund 336 K abwirft, erscheint diese Abfindungssumme acceptabel und stellt die 1. Sektion den Antrag: Der Gemeinderat wolle beschließen: Es werde der von Rosalia Schäffel gestellte Antrag auf lebenslängliche vollkommene Versorgung im städtischen Armenverpflegshause gegen Abtretung des Eigentumsrechtes an ihrem Vermögen im Betrage von 8836 K, eingelegt im Einlagebüchel der Sparkasse Nr. 46.882 mit dem Saldo von 8836 K, seitens der Stadtgemeinde Steyr angenommen und wird der vorgetragene Versorgungs=Vertrag zwischen der Rosalia Schäffel und der Stadtgemeinde Steyr ge¬ nehmigt. Das beim städtischen Kassa=Amte bereits deponierte Ein¬ lagebüchel der Sparkasse in Steyr Nr. 46.882 mit dem Saldo von 8836 K ist dem Armenfonde der Stadt Steyr einzuver¬ leiben und sind von den abreifenden Zinsen, bei Unzulänglichkeit vom Kapitale, die Kosten der Versorgung zu bestreiten. Einstimmig nach Antrag. — Z. 17.589. 4. Rekurse in Armenrats=Entscheidungen. a) Liegt vor der Rekurs des Andreas Schröpfer, verehel. Unterstandlers im Herrenhause, gegen die Entscheidung des städt. Armenrates vom 8. August 1906, Z. 12.426, gegen die Ent¬ ziehung des Unterstandes. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Nachdem bei einem Wochenverdienst von 18 K die Entziehung des Unterstandes im Herrenhause vollkommen gerechtfertigt erscheint, stellt die l. Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde dem Rekurse des Andreas Schröpfer gegen die Entscheidung des städt. Armenrates vom 8. August 1906, Z. 12.426, aus den Gründen der I. Instanz keine Folge gegeben. Einstimmig nach Antrag. — Z. 18.138. b) Liegt vor der Rekurs des Vormundes der Waldischen Kinder gegen die Entscheidung des städtischen Armenrates vom 25. Juni 1906, Z. 11.387, womit dem Ansuchen um Erhöhung des Erziehungsbeitrages auf monatlich 12 K keine Folge ge¬ geben wurde. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Mit Rücksicht darauf, daß durch die Rekursausführungen die Abweisungsgründe der I. Instanz nicht widerlegt erscheinen und die Mutter der Kinder noch immer als erwerbsfähig anzusehen ist, stellt die I. Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde dem Rekurse der Vormundschaft der minderjährigen Waldischen Kinder gegen die Entscheidung des städtischen Armenrates vom 25. Juni 1906, Z. 11.387, aus den Gründen der l. Instanz keine Folge gegeben. — Wird mit Majorität angenommen. c) Liegt vor der Rekurs des Josef Graßl gegen die Ent¬ scheidung des städtischen Armenrates vom 25. Juni 1906, Z. 12.958, wegen verweigerter Erhöhung der Unterstützung. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Nachdem der Re¬ kurrent Josef Graßl mit der bewilligten Unterstützung von 10 K und freiem Unterstand im Schnallentor sein Fortkommen finden kann und auf dessen Weigerung, das ihm angewiesene Quartier nicht zu beziehen, keine Rücksicht genommen werden kann, stellt die I. Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde dem Rekurse des Josef Graßl gegen die Entscheidung des städtischen Armenrates vom 25. Juni 1906, Z. 12.958, aus den Gründen der I. Instanz keine Folge gegeben. Einstimmig nach Antrag. — Z. 16.057. 5. Beschlußfassung über den Antrag des Herrn Ge¬ meinderates Gottlieb Dantlgraber betreffend Feststellung der Ursachen der gegenwärtigen Fleischteuerung und Borkehrungen zur Abwehr dieser Teuerung. Ueber den in der letzten Gemeinderatssitzung vom Herrn G.=R. Dantlgraber gestellten Antrag wegen Erhebung der Ur¬ sachen der gegenwärtigen Fleischteuerung ist seitens der Vor¬ stehung der Genossenschaft der Fleischer folgende Aeußerung eingelangt: Euer Wohlgeboren! Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Die gefertigte Genossenschafts=Vorstehung beeilt sich, Ihrem Wunsche mit folgender Erklärung nachzukommen: Der Grund, daß die Fleischpreise nicht allein bei uns sondern auch anderwärts konstant in die Höhe gehen, liegt darin, weil die Vieheinfuhr aus Steiermark von Jahr zu Jahr ab¬ nimmt. Wo früher so viel Vieh nach Oberösterreich eingehandelt wurde, kommen schon seit Jahren tausende und abermals tausende Stück Vieh jährlich weniger in den Handel. Und was ist die Schuld? In Steiermark, wo es vor zehn Jahren noch Alm¬ weiden im Flächenmaße von tausenden von Hektaren gegeben hat, welche sich im bäuerlichen Besitze befanden und worauf hundert¬ tausende Stück Vieh gezüchtet wurden, gibt es das nicht mehr, weil diese Almweiden von kapitalskräftigen Privatpersonen an¬ gekauft und in Jagdgründe umgewandelt wurden, so daß dort, wo man ganze Scharen Nutzvieh weiden sah, nur mehr Hoch¬ wild zu treffen ist; daß durch diese Jagdpassionen einzelner, nun die Gesamtheit getroffen ist, ist traurig und wahr, aber von uns Fleischhauern leider nicht zu ändern. Ein weiterer schwerwiegender Umstand, daß das Fleisch teurer wurde und vielleicht noch teurer wird, ist die massenhafte Viehausfuhr nach Deutschland und umgekehrt keine Einfuhr eitens viehzüchtender Länder. Nach Deutschland ist der Viehexport ausnahmslos gestattet und gegen Serbien und Rumänien besteht die Grenzsperre. In Ober= und Niederösterreich ist die Viehzüchterei ohne¬ hin seit jeher so gering, daß es wahrlich nicht mehr lange dauert, wenn es so fortgeht, in unserer Gegend kein Vieh mehr zu be¬ kommen ist und sollten wir die denkbar höchsten Preise dafür zahlen. Daß unter diesen Verhältnissen nicht nur die Konsu¬ menten, sondern auch wir zu leiden haben, dafür spricht die unwiderlegliche Tatsache, und es wäre hoch an der Zeit, wenn sich die maßgebenden Kreise der Ansicht nicht verschließen würden, daß da dringende Abhilfe nötig ist. Daß wir Fleischhauer an dieser Fleischteuerung keine Schuld haben, beweist auch der Um¬ stand, daß der Fleischhauer des hiesigen Waffenfabriks=Arbeiter¬ Konsumvereines das Vieh zu denselben Preisen einkaufen muß, wie wir andern Fleischhauer alle, und daß er daher unmöglich in der Lage sein kann, das Fleisch billiger als wie wir an die Konsumenten zu verkaufen. Indem wir nun, sehr geehrter Herr Bürgermeister, Sie bitten, diese unsere Darlegung zur Kenntnis zu bringen, zeichnen wir mit besonderer Hochachtung als Ihre ergebene Genossenschafts=Vorstehung der Fleischer und Selcher in Steyr. Josef Maderböck, Vorsteher. Der Herr Referent stellt namens der Sektion folgenden Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde die vom Herrn G.=R. Gottlieb Dantlgraber in der Gemeinderats¬ sitzung vom 13. Juli 1906 beantragte Resolution: „Der Gemeinderat der l. f. Stadt Steyr fordert mit Rücksicht auf den bereits in mehreren Ländern zutage treten¬ den Mangel an Schlachtvieh die hohe Regierung auf, mit allem Nachdrucke dahin zu wirken, daß die für die Vieheinfuhr gesperrten Grenzen ehestens geöffnet werden, damit den breiten Schichten des Volkes der Fleischgenuß nicht durch eine von Jahr zu Jahr wiederkehrende Teuerung gänzlich unmöglich gemacht werde als vollkommen begründet zum Beschlusse erhoben und der Herr Bürgermeister beauftragt, diese Resolution der hohen k. k. Re¬ gierung zu übermitteln. Einstimmig nach Antrag. — Z. 15.815. 6. Entscheidung über Berufungen gegen Ver¬ fügungen des Herrn Bürgermeisters in Wasserleitungs¬ sachen Die Sektion beantragt: Der löbliche Gemeinderat wolle be¬ schließen: Es werde die Entscheidung über die eingebrachten vier Berufungen in Wasserleitungssachen bis zur nächsten Gemeinde¬ ratssitzung vertagt und ist das städtische Bauamt anzuweisen, über jede Berufung die noch nötigen Erhebungen zu pflegen und bis zur nächsten Gemeinderatssitzung zu berichten. Einstimmig nach Antrag. II. Sektion. Referent: Sektionsobmann=Stellvertreter Herr G.=R. Ferdinand Reitter. Amtsbericht über die Stadtkasse=Journals¬ 7. abschlüsse pro März und April 1906. Laut Bericht der städtischen Rechnungskanzlei betrugen: Im Monate März: 41.340 K 34 h Die Einnahmen 57.223 „ 43 „ Kasserest vom Vormonat 98.563 K 77 h Gesamt=Einnahmen 55.152 „ 37 „ Ausgaben im Monate März 43.411 K 40 h Kasserest pro April Im Monate April: 17.873 K 20 k Die Einnahmen 43.411 „ 40 Kasserest vom Vormonat 61.284 K 60 K Gesamt=Einnahmen Ausgaben im April . . 35.312 „ 09 „ 25.972 K 51 h Kasserest pro Mai . Der Herr Referent gibt bekannt, daß das Kasse=Journal durch die Herren Gemeinderäte Franz Nothhaft und Ferdinand Reitter geprüft und richtig befunden wurde. — Zur Kenntnis. 8. Entscheidung über das Ansuchen der Bürger¬ lichen Aktienbrauerei in Steyr um abfindungsweise Entrichtung der Mautgebühr für das mautpflichtige Bierfuhrwerk. Ueber das vorliegende Ansuchen wird nach Aeußerung des Leiters der städtischen Gefällseinhebung beschlossen, überhaupt und auch auf die angetragene Abfindungssumme von 800 K nicht einzugehen, und zwar besonders infolge der hieraus er¬ wachsenden Schwierigkeit der Bierausfuhr=Kontrolle. III. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr Vize¬ Bürgermeister Franz Lang. 9. Beschlußfassung über eine Einleitung des Wassers aus der städtischen Wasserleitung. Wird vertraulich behandelt.

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