Ratsprotokoll vom 11. Mai 1906

2 Die Erben haben jedoch nachfolgende Legate binnen drei Monaten nach meinem Ableben bar und abzugsfrei zu entrichten: Zur Errichtung von Pfründen im Betrage von je 10 K per Monat für verarmte Bürger männlichen und weiblichen Ge¬ schlechtes der Vorstadt Steyrdorf in Steyr vermache ich den Be¬ trag von zwanzigtausend Kronen. Die Verleihung dieser Pfründen, welche den Namen „Rosenauer=Bürgerpfründen“ zu erhalten haben, sowie die Ver¬ waltung des Stiftungskapitales steht der Gemeindevorstehung Steyr, das ist dem Bürgermeister und Gemeinderate der landes¬ fürstlichen Stadt Steyr zu.“ Dieses Stiftungskapital per 20.000 K wurde seitens des Testamentsvollstreckers, des k. k. Herrn Notars Adolf Ritter von Weismayr in Steyr, im städtischen Kasseamte in Steyr erlegt. Der Gemeinderat der Stadt Steyr hat sich in seiner Sitzung vom 11. Mai 1906 zur Annahme dieser Stiftung bereit erklärt und sich zur sorgfältigen Verwahrung und Verwaltung des Stiftungskapitales verpflichtet. Ueber Auftrag der Stadtgemeinde=Vorstehung Steyr wurde um das eingezahlte Stiftungskapital per 20.000 K die auf die Stadtgemeinde Steyr nomme der Rosenauer=Bürgerpfründen¬ stiftung vinkulierte 4%ige österr. Kronenrente ddo. 1. März 1906 Nr. 65.324, im Nominale per 20.000 K (zwanzigtausend Kronen) erworben und diese sonach das Stiftungskapital bildende Obli¬ gation in der hierstädtischen Depositenkasse hinterlegt. Für diese Stiftung haben folgende Bestimmungen zu gelten: 1. Die Stiftung führt für immerwährende Zeiten den Namen „Rosenauer=Bürgerpfründenstiftung“ 2. Berechtigt zum Stiftungsgenusse sind verarmte Bürger oder Bürgersfrauen von Steyr ohne Unterschied der Konfession, welche in Steyrdorf (das ist Badgasse 1, 2, 3, 5, Fabriksstraße , 3, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 16, 18, 20, Fischergasse 2, 4, 6, Frauengasse 6, Gleinkergasse 1 bis 26, dann 28 und 30, Kirchengasse 1 bis 10, dann 12, 14, 16, 18, 20, 22, Michaeler¬ platz 1, 2, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 11, 12, 13, 14, 15, Ortsquai 3, 4, 5, 7, Schlossergasse 3 und 5, Schuhbodengasse 1 bis 13, Sierninger¬ straße 1, 3 bis 34 und 37) wohnen. In Ermangelung solcher anspruchsberechtigter Bürger und Bürgersfrauen sind die abgereiften Zinsen zum Stiftungskapitale zu legen und mit demselben zu fruktifizieren, bis wieder an¬ spruchsberechtigte Bewerber um diese Pfründe vorhanden sind. 3. Die Jahreserträgnisse des Stiftungskapitales werden nach Anordnung des Stifters in so viele Pfründenbezüge aufge¬ teilt, als mit Rücksicht auf die fixierte Höhe des monatlichen Pfründenbezuges von monatlich 10 K möglich ist und es erfolgt die Beteilung mit diesen Pfründen alljährlich. 4. Der in einem Jahre mit einem Pfründenbezuge Be¬ teilte kann auch in den folgenden Jahren des Stiftungsgenusses teilhaftig werden. 5. Ueber die Verleihung dieser Pfründen entscheidet der Gemeinderat der Stadt Steyr nach Anhörung des städtischen Armenrates. Wir endesgefertigten Vertreter der Stadtgemeinde Steyr geloben und versprechen demnach für uns und unsere Nachfolger im Amte, für die getreue Erfüllung und Verwaltung dieser Stiftung, sowie Erhaltung des Stiftungskapitales, so lange die Bedeckung vorhanden ist, stets Sorge zu tragen und mit dem Stiftungsvermögen ohne Genehmigung der kompetenten Stiftungs¬ behörde keine Veränderung vorzunehmen. * Urkund dessen wurde dieser Stiftbrief in drei gleichlauten¬ den Exemplaren ausgefertigt, wovon je eines der Stadtgemeinde Steyr, der k. k. Statthalterei in Linz und dem Herrn Testaments¬ vollstrecker k. k Notar Adolf Ritter von Weismayr in Steyr zu übergeben sind. (Folgen die Unterschriften.) Der Sektionsantrag hierüber lautet: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde der im Entwurfe vorgetragene Stiftbrief über die Rosenauer'sche Bürgerpfründenstiftung punkto 20.000 K genehmigt und ist dessen ämtliche Ausfertigung zu veranlassen. Einstimmig nach Antrag. — Z. 9678. 6. Zuschrift des k. u. k. Korpskommandos in Inns¬ bruck betreffend die Kündigung der Krankenzimmer im St. Anna=Spital. In dieser Eingabe kündigt das k. u. k. Korpskommando die mit Vertrag vom Jahre 1891 gemieteten zwei Kranken¬ zimmer im St. Anna=Spitale. Die Sektion beantragt: Der löbliche Gemeinderat wolle die auf Grund des § 8 des Vertrages vom 20. und 23. Dezem ber 1891 erfolgte ¼jährige Kündigung der Miete von zwei Krankenzimmern im St. Anna=Spitale zu Steyr für das k. u. k. Militärärar zur Kenntnis nehmen, wonach mit 16. Juli 1906 dieses Mietsvertragsverhältnis erlischt. Einstimmig nach Antrag. — Z. 8898. II. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Josef Tureck. 7. Amtsbericht über den Stadtkasse=Journals¬ abschluß pro Dezember 1905. Die städtische Rechnungskanzlei berichtet über die Ein¬ nahmen und Ausgaben der Stadtkasse im Monate Dezember 1905 wie folgt: 122.075 K 38 h Einnahmen im Monate Dezember 1905 96.846 „ 02 Kassarest vom Vormonate 218.921 K 40 h Gesamt=Einnahmen 218.921 K 40 h Ausgaben im Monate Dezember 1905 Der Herr Referent bemerkt hiezu, daß das Kassejournal durch die Herren Gemeinderäte Reitter und Nothhaft geprüft und richtig befunden wurde. Zur Kenntnis. — Z. 8644. 8. Antrag auf Ankauf von österreichisch=ungarischen Bank=Aktien. Der Herr Referent verliest folgendes Memorandum. Die Erhaltung des deutschen Charakters des österreichischen Noten=Institutes ist von so tief einschneidender Bedeutung, die diesfällige Rückwirkung auf eine ganze Reihe von nationalen und wirtschaftlichen Interessen des deutschen Volkes in Oester¬ reich eine derart empfindliche, daß im Verhältnisse dagegen zahl¬ reiche andere nationale Bestrebungen und Wünsche weit in den Hintergrund treten. Solche Verhältnisse erheischen entschlossene Abwehr, ihnen gegenüber wären weder kleinliche Rücksichten, noch die Erwägung am Platze, daß andere Faktoren in die Bresche treten sollen. Die Vertretungen der deutschen Städte haben meines Er¬ achtens die Pflicht der weitgehendsten Mitwirkung zur Sicherung des deutschen Einflusses auf die Notenbank Oesterreichs durch die Erwerbung von Aktien dieses Bankinstitutes und der Ausübung des ihnen hiedurch zufallenden Stimmrechtes. Das ist in dem gegebenen Falle umso leichter, als es sich um eine ganz einfache und gefahrlose finanzielle Transaktion handelt, bei welcher im schlimmsten Falle ein kleiner Kursverlust in Betracht kommen könnte, dem andererseits die Erzielung einer rund um ½ Perzent höhere Rente für die in Betracht kommen¬ den Fonds gegenübersteht, woraus erhellt, daß bei der Erwerbung dieses pupillarsicheren Wertpapieres von einem finanziellen Opfer der Gemeinde keine Rede sein kann, obgleich auch ein solches nicht gescheut werden dürfte. Die Durchführung der Transaktion kann natürlich auch durch ein einheimisches Kreditinstitut erfolgen. In diesem Sinne mache ich den Vorschlag: 1. In teilweiser Aenderung des Beschlusses des löbl. Gemeinde¬ rates vom 6. April d. J. den Ankauf von 40 Stück Aktien der österr.= ungar. Bank im beiläufigen Kurswerte von 1650 K zu beschließen, und 2. zur Deckung des auflaufenden Betrages die nicht vinkulierten Staatsobligationen aus dem Fr. Eyermann=Fonde per 41.000 K, die in der Steyrer Sparkasse erliegenden 13.000 K des Redtenbacher Stipendienfondes, ferner die 5000 K des Invalidenfondes — und endlich von den nicht vinkulierten Staatsobligationen des Gemeindefonds per 17.400 K so viel zu veräußern, als zur Ergänzung der erwachsenden Kosten nötig ist. Steyr, am 25. April 1906. Der Bürgermeister: V. Stigler. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen, es sei dem Vorschlage des verehrten Herrn Bürgermeisters zuzustimmen: 1. In teilweiser Aenderung des Beschlusses des löblichen Gemeinderates vom 6. April 1906 den Ankauf von 40 Aktien der österreichisch=ungarischen Bank im beiläufigen Kurswerte von 1650 K zu beschließen. 2. Zur Deckung des auflaufenden Betrages die nicht vinku¬ lierten Staats=Obligationen aus dem Franz Eyermann=Fond per 41.000 K, die in der Steyrer Sparkasse erliegenden 13.000 K des Redtenbacher'schen Stipendienfondes, die 5000 K des Inva¬ lidenfondes und endlich von den nicht vinkulierten Staats=Obli¬ gationen des Gemeindefondes per 17.400 K soviel zu veräußern, als zur Gänze der erwachsenden Kosten nötig ist. Herr G.=R. Dr. Angermann befürwortet die Annahme des Sektionsantrages, indem er darauf hinweist, daß die meisten deutschen Städte aus national=ökonomischen Rücksichten sich zum Ankauf solcher Aktien entschlossen haben. Diese Aktien besitzen gesetzlich gewährte pupillarische Sicherheit und verzinsen sich besser als andere Papiere. Hierauf wird der Sektionsantrag einstimmig angenommen. 9. Ansuchen um Ueberlassung des Standels im Bürgerspitale. Ueber das vorliegende Ansuchen der Marie Wimmer um Bewilligung des Feilhaltens im Vorhause des Bürgerspitales gegen einen jährlichen Pachtschilling von 36 K stellt die Sektion den Antrag: Nachdem der für diesen Verkaufsstand seit undenklichen Zeiten gezahlte Mietzins niemals der Gemeinde oder dem Milden Versorgungsfonde zugeflossen, sondern an die Unterstandler des Bürgerspitals verteilt wurde und diese so langjährige Gepflogen¬ heit kaum abzubringen sein dürfte, andererseits die Gemeinde in die Lage käme, die Zinssteuer bezahlen zu müssen, beantragt die Sektion, der löbliche Gemeinderat wolle beschließen, von einer Vermietung des Standplatzes im Bürgerspitale ganz abzusehen. Herr G.=R. Schertler stellt den Gegenantrag auf Vermietung dieses Verkaufsstandes zugunsten der Armen im Bürgerspitale. Herr G=R. Dantlgraber bemerkt, er verkenne nicht die gute Absicht, die Herr G.=R. Schertler durch seinen Gegen¬ antrag verfolge, aber auf die Gefahr hin, daß bei Vermietung dieses Standplatzes die Gemeinde für das Bürgerspital Zins¬ steuer zahlen müsse, sei er auch für den Sektionsantrag, nur laube er, daß man den Verkauf im Vorhause des Bürgerspitales zugunsten der Unterstandler stillschweigend dulden könnte.

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