Ratsprotokoll vom 8. April 1906

Protokoll über die konstituierende Sitzung des Gemeinderates der k. k. l. f. Stadt Steyr am 8. April 1906. Tages=Ordnung: 1. Wahl der zwei Verifikatoren des Sitzungs=Protokolles. 2. Leistung des Angelöbnisses seitens der Herren Gemeinde¬ räte (im Sinne des § 9 der Geschäftsordnung). 3. Wahl von zwei Stimmenzählern. 4. Wahl des Bürgermeisters. 5. Wahl des Vize=Bürgermeisters. 6. Einteilung der Mitglieder des Gemeinderates in die vier Sektionen. 7. Wahl der Sektions=Obmänner und deren Stell¬ vertreter. 8. Wahl der zwei Kassen=Kommissäre. 9. Wahl der Präliminar=Kommission. 10. Wahl der Disziplinar=Kommission. 11. Wahl der Spitals=Kommission. 12. Eventuelle sonstige Anträge und Mitteilungen. Gegenwärtig: Vorsitzender: Alterspräsident Edmund Aelschker. Die Herren Gemeinderäte: Dr. Franz Angermann, Leopold Anzengruber, Gottlieb Bruckschweiger, Alexander Busek, Gottlieb Dantlgraber, Ferdinand Gründler, Josef Hack, Ferdinand Hand¬ stanger, Rudolf Haslinger, Karl Heindl, Josef Hiller, Johann Kollmann, Leopold Köstler, Franz Lang, Michael Meditz, Hans Millner, Franz Nothhaft, Ferdinand Reitter, Wilhelm Schertler, Otto Schönauer, Rudolf Sommerhuber, Gottfried Sonnleitner, Viktor Stigler, Anton Stippl, Josef Tureck, Max Willner und Josef Wolf. Ferner sind anwesend: Herr Stadtrat Franz Gall und als Schriftführer städt. Offizial Herr Franz Schmidbauer. 1. Wahl der zwei Verifikatoren des Sitzungs¬ Protokolles. Es werden gewählt die Herren Gemeinderäte Dr. Franz Angermann und Leopold Anzengruber. Der Herr Vorsitzende trägt nun vor: Mit Beschluß vom 6. d. M. hat der Gemeinderat der Stadt Steyr die am 14., 19., 21. und 23. März 1906 seitens des IV., III., II und I. Wahlkörpers vorgenommenen Ergänzungs¬ Wahlen in den Gemeinderat der l. f. Stadt Steyr im Sinne des § 38 des Gemeindestatutes der Stadt Steyr vom 18. Jänner 1867 bestätigt. Es besteht demnach der Gemeinderat der Stadt Steyr aus nachbenannten 28 Mitgliedern: 1. Aelschker Edmund, k. k. Oberrealschul=Direktor i. P., Besitzer des gold. Verdienstkreuzes mit der Krone. 2. Angermann Franz Dr., Advokat und Realitätenbesitzer, Ehrenbürger der Stadt Steyr. 3. Anzengruber Leopold, Wirt und Realitätenbesitzer. 4. Bruckschweiger Gottlieb, Buchdruckerei= und Hausbesitzer. 5. Busek Alexander, Tischlermeister und Hausbesitzer. 6. Dantlgraber Gottlieb, Tischler, Vorstand der Allg. Arbeiter¬ Krankenkasse in Steyr. 7. Gründler Ferdinand, Eisenhändler und Hausbesitzer. 8. Hack Josef, Messerfabrikant und Hausbesitzer. 9. Handstanger Ferdinand, Bahnamtsvorstand i. R. 10. Haslinger Rudolf, Kaufmann, Vorstand des Handelsgremiums in Steyr. 11. Heindl Karl, kaiserl. Rat, Kaufmann und Hausbesitzer. 12. Hiller Josef, Handschuhmacher und Bandagist. 13. Kollmann Johann, Zuckerbäcker und Hausbesitzer. 14. Köstler Leopold, Papierfabrikant und Hausbesitzer. 15. Lang Franz, Realitätenbesitzer, Besitzer des goldenen Ver¬ dienstkreuzes mit der Krone. 16. Meditz Michael, Kaufmann und Hausbesitzer. 17. Millner Hans, Realitätenbesitzer. 18. Nothhaft Franz, Kaufmann und Hausbesitzer. 19. Reitter Ferdinand, kais. Rat, Kaufmann und Hausbesitzer. 20. Schertler Wilhelm, Bürger und Fabriksarbeiter. 21. Schönauer Otto, Direktor der österr. Waffenfabrik. 22. Sommerhuber Rudolf, Tonwarenfabrikant, k. u. k. Hof¬ lieferant und Realitätenbesitzer. 23. Sonnleitner Gottfried, Feilenfabrikant und Hausbesitzer. 24. Stigler Viktor, Realitätenbesitzer, Bürgermeister, Ehren¬ bürger und Landtags=Abgeordneter der Stadt Steyr. 25. Stippl Anton, Apotheker. 26. Tureck Josef, Kattundruckerei= und Hausbesitzer. 27. Willner Max, Schlossermeister und Hausbesitzer. 28. Wolf Josef, Uhrmacher und beeid. Schätzmeister. 2. Leistung des Angelöbnisses seitens der Herren Gemeinderäte im Sinne des § 9 der Geschäftsordnung. Im Sinne des § 9 der Geschäfts=Ordnung ist jeder Ge¬ meinderat verpflichtet, unmittelbar nach seinem Eintritt in den Gemeinderat in öffentlicher Sitzung ein Gelöbnis abzulegen des Inhaltes: „Dem angestammten Kaiserhause und dem Vater¬ lande iederzeit unbedingt die Treue zu bewahren, den österreichi¬ schen Staatsgedanken stets hochzuhalten und den Bestimmungen des Gemeinde=Statutes der l. f. Stadt Steyr und der Geschäfts¬ Ordnung des Gemeinderates stets nachzukommen.“ Die aufgerufenen neu= und wiedergewählten Herren Ge¬ meinderäte leisten das Gelöbnis mit den Worten: „Ich gelobe.“ Diese Angelobung leisten die Herren Gemeinderäte: Gottlieb Bruckschweiger, Gottlieb Dantlgraber, Rudolf Has¬ linger, Leopold Köstler, Hans Millner, Franz Noth¬ haft und Viktor Stigler. 3. Wahl von zwei Stimmenzählern. Werden die Herren Gemeinderäte Ferdinand Reitter und Josef Tureck gewählt. 4. Wahl des Bürgermeisters. Der Herr Vorsitzende ersucht um Vornahme dieser Wahl mittelst Stimmzetteln, und unterbricht zu diesem Zwecke die Sitzung auf fünf Minuten. Nach Wiederaufnahme der Sitzung gibt der Herr Vor¬ sitzende bekannt, daß von 28 abgegebenen Stimmen 26 Stimmen auf Herrn Viktor Stigler entfielen, somit derselbe zum Bürgermeister der l. f. Stadt Steyr wiedergewählt erscheint. Eine Stimme entfiel auf Herrn Lang und ein Stimmzettel wurde leer abgegeben. Der Herr Vorsitzende beglückwünscht sodann den Herrn Bürgermeister mit folgenden Worten: „Ich erlaube mir namens des löbl. Gemeinderates den neu gewählten Herrn Bürgermeister auf das ehrfurchtsvollste und achtungsvollste zu begrüßen und ersuche ihn, die Bürden dieses Amtes wieder zu übernehmen. (Bravo.) Gleichzeitig möchte ich nicht versäumen, von dieser Stelle aus dem wieder¬ gewählten Herrn Bürgermeister den herzlichsten Dank des Ge¬ meinderates auszudrücken für seine bisherige erfolgreiche, ersprießliche Wirksamkeit, und ihn zu bitten, mit seinen aus¬ gezeichneten Eigenschaften, Eifer, treuer Pflichterfüllung und praktischen Tüchtigkeit auch ferner die Leitung des deutschen Ge¬ meindewesens zu übernehmen, und ich bin überzeugt, daß er dasselbe im fortschrittlichen Sinne leiten wird.“ (Beifall.)

2 Der Herr Bürgermeister übernimmt den Vorsitz und hält folgende Ansprache: Sehr geehrte Herren! Ich danke Ihnen für die Akklamation, welche Sie den überaus freundlichen Worten des Herrn Vorsitzenden gewidmet haben. Ich nehme die auf mich gefallene Wahl vorbehaltlich der Allerhöchsten Bestätigung an. Ich nehme Sie aber keineswegs mit freudigem Herzen an, weil ich mir bewußt bin, daß die Bürden, welche mit dieser Stelle verknüpft sind, nicht geringer, ondern im Laufe der Zeit schwerer geworden sind. Es sind ernste Zeiten, in denen wir uns bewegen, und namentlich sind es wenig freundliche Gesinnungen gegenüber der Autonomie der Statutargemeinden, wie sie neuerdings zutage treten, welche die Tätigkeit des Bürgermeisters einer solchen nicht angenehmer machen. Wie ich die Verhältnisse auffasse, hat der Bürgermeister dieser uralten, mit zahlreichen Privilegien ausgestatteten Stadt mit Ihnen darüber zu wachen, daß diese historischen Rechte nicht erschüttert nicht vermindert, geschweige denn hinweggewischt werden. Sie werden mir deshalb die Bemerkung erlauben, daß das Amt eines Bürgermeisters auch aus diesem Grunde kein angenehmes und kein leichtes ist, aber ich werde nichtsdestoweniger, soweit es meine Kräfte erlauben, versuchen, an diesem Platze meine Schuldigkeit zu tun. Ich kann dies aber nur dann, wenn ich auf die Mitwirkung des löbl. Gemeinderates und der Be¬ amtenschaft rechnen kann. Der Herr Vorsitzende hat dem Wunsche Ausdruck gegeben, ich möge in fortschrittlichem Sinne an der Spitze dieses deutschen Gemeindewesens stehen. Ich bin seit Jahren fortschrittlich ge¬ sinnt und ein deutscher Mann, und werde, so wie bisher, niemals von dieser Richtschnur abweichen, wenn das auch von gewisser Seite nicht anerkannt werden will, was aber gleichgiltig ist. Die Betätigung der fortschrittlichen Gesinnung ist jedoch im Gemeinde¬ haushalte vielfach gebunden an die Möglichkeit der Ausführung fortschrittlicher Ideen, namentlich auf wirtschaftlichem Gebiete, und über diese immer gegebene Richtschnur hinaus kann ich nicht, kann der löbliche Gemeinderat nicht und könnten auch die Vertreter anderer Parteien nicht, wenn sie ausschlaggebend hier vertreten wären. Ich danke nochmals für das mir geschenkte Vertrauen. 5. Wahl des Vize=Bürgermeisters. Diese Wahl wird mittelst Stimmzetteln vorgenommen. Der Herr Vorsitzende konstatiert, daß von 28 abgegebenen Stimmen 27 auf Herrn Franz Lang entfielen, somit derselbe einstimmig zum Vize=Bürgermeister der Stadt Steyr wieder¬ gewählt erscheint. Der Herr Vorsitzende beglückwünscht den Wiedergewählten, indem er sagt: „Ich erlaube mir Herrn Vize=Bürgermeister Lang zu seiner Wiederwahl herzlich zu begrüßen. Ich muß in erster Linie wissen, was Herr Vize=Bürgermeister Lang im abgelaufenen Jahre im Interesse der Gemeinde geleistet hat, und ich kann es am besten beurteilen, wie sehr er bemüht war, mich zu unter¬ stützen. Ich begrüße seine Wiederwahl auf das herzlichste und ersuche ihn, mich wie bisher tatkräftig zu unterstützen. Ich be¬ glückwünsche ihn und die Stadt zu dieser Wiederwahl.“ Der Herr Vize=Bürgermeister dankt für das ihm neuerlich geschenkte Vertrauen und erklärt daß es ihn mit Befriedigung und Freude erfülle, wenn es ihm gegönnt ist, durch seine Mit¬ wirkung das Wohl der Stadt fördern helfen zu können. 6. Einteilung der Mitglieder des Gemeinderates in die vier Sektionen. Der Herr Vorsitzende begrüßt die wieder= und neugewählten Herren Gemeinderäte und stellt an sie die Bitte, daß sie mit dem Gemeinderate zusammenwirken mögen zum Wohle der Stadt Steyr. Der Herr Vorsitzende bemerkt: Nach § 14 der Geschäfts¬ ordnung steht mir das Recht zu, jeden Gemeinderat einer Sektion zuzuweisen. In diesem Sinne habe ich nachstehende Ein¬ teilung getroffen: I. Sektion. Für die innere Verwaltung: Aelschker Edmund, Dr. Angermann Franz, Gründler Ferdinand, Handstanger Fer¬ dinand, Millner Hans, Schönauer Otto und Stippl Anton. II. Sektion. Für den städtischen Haushalt: Haslinger Rudolf, Heindl Karl, Meditz Michael, Nothhaft Franz, Reitter Ferdinand, Tureck Josef. III. Sektion. Städtisches Bauwesen: Anzengruber Leopold, Busek Alexander, Hiller Josef, Kollmann Johann, Lang Franz, Sommerhuber Rudolf, Willner Max. IV. Sektion. Für Kultus, Unterricht und Humanitäts¬ wesen: Bruckschweiger Gottlieb, Dantlgraber Gottlieb, Hack Josef, Köstler Leopold, Schertler Wilhelm, Sonnleitner Gottfried, Wolf Josef Der Herr Vorsitzende bemerkt hiezu: Sollte der eine oder indere Herr Gemeinderat eine Aenderung wünschen, so ersuche ich, dies sofort bekannt zu geben, weil laut Geschäftsordnung der Gemeinderat heute darüber zu entscheiden hat. Da sich niemand zum Worte meldet, erklärt der Herr Vorsitzende diese Einteilung für endgiltig getroffen. 7. Wahl der Sektions=Obmänner und deren Stell¬ vertreter. Es werden gewählt mit Stimmzetteln: 1. Sektion. Obmann: Herr Dr. Franz Angermann. Obmann=Stellvertreter: Herr Edmund Aelschker. II. Sektion. Obmann: Herr Josef Tureck. Obmann¬ Stellvertreter: Herr Ferdinand Reitter. III. Sektion. Obmann: Herr Franz Lang. Obmann¬ Stellvertreter: Herr Leopold Anzengruber. IV. Sektion. Obmann: Herr Leopold Köstler. Obmann¬ Stellvertreter: Herr Gottlieb Bruckschweiger. 8. Wahl der zwei Kassen=Kommissäre. Werden die Herren Karl Heindl und Ferdinand Reitter gewählt. 9. Wahl der Präliminar=Kommission. Ueber Antrag des Herrn G.=R. Dr. Franz Angermann wird die bisherige Zahl 10 der Mitglieder dieser Kommission beibehalten und es werden mit Stimmzetteln gewählt: Die vier Sektions=Obmänner, und zwar Dr. Franz Angermann, Josef Tureck, Franz Lang, Leopold Köstler; ferner die vier Ob¬ männer=Stellvertreter: Edmund Aelschker, Ferd. Reitter, Leopold Anzengruber und Gottlieb Bruckschweiger, dann die Herren Gemeinderäte Karl Heindl und Michael Meditz. 10. Wahl der Disziplinar=Kommission. Ueber Antrag des Herrn G.=R. Kollmann wird be¬ schlossen, daß diese Kommission wie im Vorjahre wieder aus 6 Mitgliedern zu bestehen hat, und es werden mit Stimmzetteln jewählt: Josef Tureck, Franz Lang, Leopold Köstler, Ferd. Gründler, Edmund Aelschker, Ferdinand Handstanger. 11. Wahl der Spitals=Kommission. Ueber Antrag des Herrn G.=R. Wolf wird beschlossen, daß diese Kommission aus 6 Mitgliedern zu bestehen hat und werden in dieselbe mit Stimmzetteln gewählt: Dr. Franz Angermann, Josef Tureck, Franz Lang, Leopold Köstler, Gottlieb Bruckschweiger, Rudolf Sommerhuber. 12. Eventuelle Anträge und Mitteilungen. Der Herr Vorsitzende bemerkt: Ich habe noch eine Pflicht zu erfüllen, nämlich jener Herren Gemeinderäte ehrend zu ge¬ denken, welche eine Wiederwahl nicht mehr angenommen haben. Es sind dies die Herren Josef Huber, Josef Mann, Josef Schachinger und Dr. August Redtenbacher. Diese Herren haben durch eine Reihe von Jahren ihre übernommene Pflicht getreu erfüllt, namentlich Herr Josef Huber, welcher dem Ge¬ meinderate länger als ein Menschenalter angehörte, haben eine gute Kollegialität bewahrt, und ich glaube, daß der Gemeinderat damit einverstanden ist, wenn ich das Bedauern ausspreche, daß diese Herren nicht mehr unter uns sind, und wenn ich ihnen für ihre Tätigkeit im Namen des Gemeinderates den verbind¬ lichsten Dank ausspreche. Sämtliche Gemeinderäte erheben sich von den Sitzen. Bevor ich schließe, habe ich noch den Herren Beamten und Angestellten alle Anerkennung auszusprechen für die im abge¬ laufenen Jahre erfüllte treue Dienstleistung, wie auch den Herren Vertretern der Presse für die Aufmerksamkeit, mit welcher sie den Verhandlungen des Gemeinderates gefolgt sind. Hierauf Schluß der Sitzung. Die Vorsitzenden: ruckschweiger in Steyr — Der Schriftführer: Die Verifikatoren

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