Ratsprotokoll vom 16. Februar 1906

2 Beziehungen und mindere Interessengemeinschaft bestehen können und tatsächlich auch bestehen. Ueber diesen einhellig gefaßten Beschluß des Gemeinderates der l. f. Stadt Steyr haben die Gemeindevertretungen von Kirch¬ dorf, Grünburg und Windischgarsten Entrüstungskund¬ gebungen“ beschlossen und dem Gemeinderate von Steyr, so¬ wie dem Antragsteller und Referenten „Eigenmächtigkeit und unqualifizierbares Vorgehen“ sowie „Partei¬ leidenschaft" und „persönliche Gehässigkeit“ zum Vorwurfe gemacht. Nachdem es jeder Gemeindevertretung frei steht, zur Frage der Wahlreform öffentlich Stellung zu nehmen und bei dieser Stellungnahme die besonderen Wünsche der Wählerschaft des Gemeinwesens zum Ausdrucke zu bringen, so ist es auch dem Gemeinderate der Stadt Steyr frei gestanden, die Bitte an die hohe Regierung zu richten, daß die Stadt Steyr einen eigenen Wahlbezirk erhalte, eventuell daß in den neuen Wahlbezirk nur die größeren Ortschaften des politischen Bezirkes Steyr einbe zogen, dagegen die des politischen Bezirkes Kirchdorf ausgeschieden werden, und erscheint daher die „Entrüstung“ der genannten Gemeindevertretungen über diesen Beschluß des Gemeinderates der Stadt Steyr unbegründet, umso mehr, als gerade die Wähler¬ schaft dieser Gemeinden vor wenigen Jahren öffentlich die Abtrennung von dem Hauptwahlorte Steyr als ihnen erwünscht verlangt haben. Noch unbegründeter jedoch sind die Vorwürfe von „Eigen¬ mächtigkeit", „unqualifizierbaren Vorgehens“, „Parteileidenschaft“ und „persönlicher Gehässigkeit“ welche diese Gemeindevertretungen dem Gemeinderate der Stadt Steyr und seinem Referenten an den Kopf zu werfen beliebten, weil der Gemeinderat von Steyr in der Frage der Wahlreform seine eigenen Wege gehen zu wollen erklärte, wenn man in Erwägung zieht, daß gerade diese Wahlorte unseres bisherigen Reichsratswahlbezirkes es waren, welche in letzterer Zeit sich bei Wahlen stets in den schärfsten Gegensatz zu dem Hauptwahlorte Steyr setzten und dadurch bei der überwiegenden Mehrheit der Steyrer Wählerschaft naturgemäß den Wunsch rege machten, in Hinkunft Mittel und Wege einzuschlagen, um eine Majorisierung des Hauptwahlortes Steyr durch die außenliegenden Ortschaften möglichst hintanzuhalten. Der Gemeinderat der Stadt Steyr ist sich daher wohl be¬ wußt, daß die überwiegende Mehrheit der Bewohnerschaft unserer Stadt mit dem einhellig gefaßten Beschlusse vollkommen einver¬ standen ist, und daß dieselbe jede Bevormundung der freien Ent¬ schließung des Gemeinderates von anderer Seite perhorresziert In diesem Bewußtsein muß der Gemeinderat der Stadt Steyr die demselben von den Gemeindevertretungen in Kirch¬ dorf, Grünburg und Windischgarsten unbegründeter Weise ge¬ machten Vorwürfe mit aller Entschiedenheit zurückweisen und stellt die I. Sektion deshalb den Dringlichkeits=Antrag: Der löbl. Gemeinderat der l. f. Stadt Steyr wolle folgende Resolution beschließen: „Der Gemeinderat der l. f. Stadt Steyr weist die gegen denselben und gegen den Referenten aus Anlaß des in der Sitzung vom 19. Jänner d. J. einhellig gefaßten Be¬ schlusses wegen der Petition an die hohe k. k. Regierung be¬ treffend die Zuteilung eines eigenen Abgeordneten, eventuell die Ausscheidung der Wahlorte aus dem politischen Bezirke Kirchdorf, von den Gemeindevertretungen in Kirchdorf, Grün¬ burg und Windischgarsten erhobenen Vorwürfe der „Eigen¬ mächtigkeit", des „unqualifizierbaren Vor¬ gehens“ der „Parteileidenschaft“ und der „per¬ önlichen Gehässigkeit“ mit aller Entschiedenheit zu¬ rück, und wird der Herr Bürgermeister beauftragt, diese Reso¬ lution den genannten Gemeindevertretungen zur Kenntnis zu bringen.“ Steyr, am 16. Februar 1906. Für die l. Sektion: Der Obmann: Dr. Angermann m. p. Der Herr Vorsitzende bringt die Resolution zur Abstimmung und wird dieselbe einstimmig angenommen. Hierauf Erledigung der Tagesordnung: I. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Dr. Franz Angermann. 1. (Vertraulich.) Gesuche um Bürgerrechts=Ver¬ leihungen. 2. (Vertraulich.) Personalien. Diese Punkte werden vertraulich behandelt. 3. Amtsbericht betreffs der diesjährigen Gemeinde¬ ratswahlen. Liegt folgender Amtsbericht vor: Amtsbericht. Im Jahre 1906 erlöschen die Mandate folgender Herren Gemeinderäte: Im I. Wahlkörper die Mandate der Herren Gottlieb Bruckschweiger, Karl Heindl, Josef Huber, Dr. August Redten¬ bacher und Viktor Stigler (5). Im II. Wahlkörper das Mandat des Herrn Johann Kollmann (1). Im III. Wahlkörper die Mandate der Herren Leopold Köstler und Josef Schachinger (2). Im IV. Wahlkörper hätte ein Gemeinderat ausgelost werden sollen, welche Auslosung jedoch durch die freiwillige Mandats=Rücklegung des Herrn Josef Mann entfällt und für den Genannten ein Mandat mit dreijähriger Mandatsdauer zu besetzen ist. Es haben demnach der erste Wahlkörper 5, der zweite 1, der dritte 2 und der vierte 1 Gemeinderat, sämtliche mit der Mandatsdauer von drei Jahren, zu wählen. Die Zahl der Wähler, beziehungsweise verzeichneten Wahl¬ berechtigten, beträgt pro 1906: Im ersten Wahlkörper 695, im zweiten Wahlkörper 553, im dritten Wahlkörper 758, im vierten Wahlkörper 3291. Bei Wiederfestsetzung zweier Sektionen im IV. Wahlkörper wie im Vorjahre, nämlich umfassend die Wahlberechtigten von 4—L und von M—Z, wird eine ziemliche Gleichteilung der beiden Sektionen erfolgen. Das Amt erlaubt sich hievon mit dem Ersuchen Bericht zu erstatten, die Wahltage, den Wahlort für die IV. Sektion und die Wahlkommissionen bestimmen zu wollen. Steyr, am 23. Jänner 1906. Gall m. p, Stadtrat. Ueber diesen Amtsbericht stellt die I. Sektion folgende Anträge: 1. Es werde die im § 40 des Gemeinde=Statutes vorge¬ sehene Auslosung eines Gemeinderates im IV. Wahlkörper nicht vorgenommen, nachdem ein Mandat des IV. Wahlkörpers durch reiwillige Rücklegung ohnedies erledigt ist. 2. Werden zur Vornahme der Ergänzungswahlen von einem Mitglied im IV. Wahlkörper, von zwei Mitgliedern im III. Wählkörper, von einem Mitglied im II. Wahlkörper und von fünf Mitgliedern im I Wahlkörper des Gemeinderates folgende Wahltage bestimmt: Im IV. Wahlkörper: Mittwoch der 14. März 1906 (für engere Wahl Freitag der 16. März 1906). Im III Wahl¬ körper: Montag der 19. März 1906 (für engere Wahl Diens¬ tag der 20. März 1906). Im II. Wahlkörper: Mittwoch der 21. März 1906 (für engere Wahl Donnerstag der 22. März 1906). Im 1. Wahlkörper: Freitag der 23. März 1906 (für engere Wahl Montag der 26. März 1906) 3. Die Wahl im IV. Wahlkörper ist in zwei Sektionen vorzunehmen und sind die Wähler mit den Anfangsbuchstaben A-L in die 1. Sektion und jene mit M—Z in die II. Sektion einzuteilen. 4. Als Wahllokale für beide Sektionen werden die Kasino¬ Säle, entsprechend abgesondert, bestimmt, während die Wahlen im I., II und III. Wahlkörper wie bisher im Rathaussaale statt¬ zufinden haben. 5. Die Wahlzeit wird für den IV. Wahlkörper von 8 Uhr rüh bis 2 Uhr nachmittags und für den I., II. und III. Wahl¬ körper von 8 Uhr früh bis 12 Uhr mittags bestimmt. Für die eventuellen engeren Wahlen in den vier Wahlkörpern gelten die gleichen Wahlzeiten. 6. Wollen in die Wahlkommissionen folgende Herren ge¬ wählt werden: Im vierten Wahlkörper (I. Sektion): Als Mitglieder die Herren: Franz Lang, Vizebürgermeister; Jakob Kautsch, Direktor; Johann Kollmann, Zuckerbäcker: Hans Millner, Privat und Franz Nothhaft, Kaufmann. — Als Ersatzmänner die Herren Adolf Koppitsch, Kassier, und Viktor Ortler, Holzhändler. — In der II. Sektion: Als Mitglieder die Herren: Ferdinand Hand¬ stanger, Josef Hiller, Josef Huber sen, Josef Schachinger und Josef Tureck. — Als Ersatzmänner die Herren Edmund Aelschker und Karl Engl. Im dritten Wahlkörper: Als Mitglieder die Herren: Julius Haller, Josef Heininger, Franz Mally, Franz Vögerl und Franz Werndl. — Als Ersatzmänner die Herren Johann Maresch und Wilhelm Schertler. Im zweiten Wahlkörper: Als Mitglieder die Herren: Karl Engl, Johann Hansl, Kajetan Jonasch, Wilhelm Melichar und Johann Pranter. — Als Ersatzmänner die Herren Adols Koppitsch und Johann Ortner. Im ersten Wahlkörper: Als Mitglieder die Herren: Gottlieb Bruckschweiger, Karl Eisner, Hans Millner, Franz Nothhaft und Hermann Seidl. — Als Ersatzmänner die Herren Karl Bagfrieder und Josef Heiser. 7. Ist in den Wahleinladungen ausdrücklich in Erinnerung zu bringen, daß nur die von der Stadtgemeinde=Vorstehung Steyr ausgegebenen, mit dem Amtssiegel versehenen Stimmzettel Giltigkeit haben. Herr G.=R. Schertler bemerkt, daß er die auf ihn ge¬ fallene Wahl eines Ersatzmannes für den III. Wahlkörper nicht annehme und ersucht, hiefür einen andern Herrn zu wählen. Wird an dessen Stelle Herr Johann Seichter, Schneider¬ meister, in Vorschlag gebracht. Der Herr Referent beantragt, daß von der in der Ge¬ schäftsordnung vorgesehenen Wahl der Wahlkommissionsmitglieder mittelst Stimmzettel ausnahmsweise und ohne Präjudiz abge¬ ehen werde und die Wahl per Akklamation vorzunehmen sei. Dieser Antrag wird einstimmig angenommen. Der Herr Vorsitzende bringt hierauf die Anträge der Sektion zur Abstimmung und werden dieselben einstimmig an¬ genommen. 4. Wahl der Stellungs=Kommission. Liegt folgender Amtsbericht vor: Nach § 41: 2. u. 3. W.=V. l. Teil, hat eine ambulante Stellungs=Komission unter anderen auch aus zwei Mitgliedern der Gemeindevertretung des Stellungsortes zu bestehen und sind die etwa nötigen Ersatzmänner seitens der betreffenden Ver¬

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