Ratsprotokoll vom 27. Oktober 1905

Rats-Protokoll über die ordentliche Sitzung des Gemeinderates der k. k. l. f. Stadt Steyr am 27. Oktober 1905. Eventuelle Mitteilungen. I. Sektion. (Sektions=Sitzung Montag 3 Uhr nach¬ mittags.) 1. Bericht des Stadtkasseamtes über den Erlag von 4000 Kronen seitens des Herrn Leopold Werndl zu Gunsten der Fer¬ dinand Redtenbacher=Stiftung. 2. Rekurs des Herrn Franz Brodetz gegen die Verweige¬ rung von Offenhaltungs=Bewilligungen an allen Samstagen und Sonntagen bis 3 Uhr morgens. Tages=Ordnung: IV. Sektion. (Sektions=Sitzung Montag 4 Uhr nachm.) 3. Verleihung einer Haratzmüller=Pfründe. 4. Verleihung von vier Interessenbeträgen aus der Josef und Ludwig Werndl=Stiftung. 5. Ansuchen des Fechtklubs in Steyr um Wiederüberlassung des Turnsaales im Bürgerschulgebäude zu Fechtübungen. 6. Ansuchen des Schulausschusses der gewerblichen Fort¬ bildungsschule in Steyr um Wiederüberlassung der Schullokali¬ täten und Gewährung der bisherigen Subvention. Antrag über die Erbauung der Brigade=Werkstätte im Komplexe der Artillerie=Kaserne. Gegenwärtig: Der Vorsitzende: Herr Bürgermeister Viktor Stigler. Der Vizebürgermeister Herr Franz Lang. Die Herren Gemeinderäte: Edmund Aelschker, Dr. Franz Angermann, Leopold Anzen¬ gruber, Alexander Busek, Ferdinand Gründler, Ferdinand Hand¬ stanger, Karl Heindl, Josef Hiller, Leopold Köstler, Josef Mann, Michael Meditz, Dr. August Redtenbacher, Ferdinand Reitter, Josef Schachinger, Wilhelm Schertler, Rudolf Sommerhuber, Gottfried Sonnleitner, Anton Stippl, Max Willner und Josef Wolf. Ferner sind anwesend: Herr Stadtrat Franz Gall und als Schriftführer städtischer Offizial Herr Franz Schmidbauer. Entschuldigt abwesend sind die Herren Gemeinderäte Gottlieb Bruckschweiger, Josef Hack, Josef Huber und Josef Tureck. Der Herr Vorsitzende konstatiert die Beschlußfähigkeit des Gemeinderates und erklärt um 3 Uhr nachmittags die Sitzung für eröffnet. Zu Verifikatoren dieses Protokolles werden gewählt die Herren Gemeinderäte Dr. Franz Angermann und Leopold Anzengruber. Mitteilungen. Herr Stadtrat Franz Gall verliest ein Schreiben des Herrn Wilhelm Klein, worin derselbe dem Gemeinderate für die Teilnahme beim Leichenbegängnisse seiner Gattin seinen Dank ausspricht. Wird zur Kenntnis genommen. Vor Uebergang zur Tagesordnung beantwortet der Herr Vorsitzende eine Interpellation des Herrn G.=R. Schertler, wie folgt: Der Herr Gemeinderat Wilhelm Schertler hat mir einen Antrag folgenden Inhaltes überreicht: „Der Herr Bürgermeister wird ersucht, Erhebungen über die Ursachen der eingetretenen Fleischteuerung und über die Mittel zur Abhilfe dagegen zu pflegen, sich zu diesem Zwecke eventuell mit anderen Gemeindevorstehungen ins Vernehmen zu setzen und auf Grund des Ergebnisses dieser Erhebungen jene Vorkehrungen zu treffen, die eine Herabminderung der Fleischpreise bewirken.“ Ich kann diesen Antrag als solchen nicht ansehen, weil er die nach § 24 der Geschäftsordnung geforderten fünf Unter¬ schriften von Gemeinderäten nicht trägt, stehe jedoch nicht an, auf diese Eingabe, die ich als Interpellation auffasse, folgendes zu erwidern: Die Klagen und Beschwerden über die enorme Fleisch¬ teuerung werden von Tag zu Tag lauter und intensiver, und es ist ganz begreiflich, wenn aus der Mitte der Gemeindevertretung heraus, wie allenthalben, eine Besprechung der Ursachen derselben und eine Beratung über die Mittel zur Abhilfe dagegen ver¬ langt wird. Die angeregten Fragen tragen jedoch schon lange nicht mehr den Charakter „lokaler“ Fragen, da die nach Abhilfe ringenden Verhältnisse in allen Teilen der Monarchie in ganz gleicher Weise schwer empfunden werden, wie in Steyr. — Die von den Gemeindevertretungen der Städte Wien, Prag, Graz, Brünn, Troppau, Salzburg, Lemberg, Krakau, Reichenberg 2c. in derselben Angelegenheit gefaßten Beschlüsse zielen ja alle auf die Herbeiführung einer Verbilligung des Fleisches hin, und keiner dieser Kommunen ist es bisher gelungen, ein Mittel zu finden, das Abhilfe geschaffen hätte. Bemüht, den Vorkommnissen in der Stadt Steyr meine ganze Aufmerksamkeit zu schenken, war es mir natürlich vor Einbringung der gestellten Interpellation bekannt, daß die Fleisch¬ preise eine Höhe erreicht haben, die es weiten Kreisen der Be¬ völkerung erschweren oder fast unmöglich machen, ihren Bedarf an Fleisch zu beschaffen. Ich habe deshalb am 16. Oktober d. J. ein Enquete berufen, der ich den Vorsteher der Genossenschaft der Fleischhauer und den ersten Fleischhauer der Stadt Steyr zugezogen habe. Diese Herren haben mir erklärt, daß die Ursache der eingetretenen Fleischteuerung in dem Mangel an Schlacht¬ und Stechvieh, insbesondere an Rindvieh zu suchen sei. Als Ursache dieses Mangels geben dieselben an, daß zahlreiche Alpen¬ weiden, die früher ausschließlich der Aufzucht von Rindvieh ge¬ widmet waren, heute in den Besitz von Personen oder Korpo¬ rationen übergegangen sind, die dieselben vornehmlich für Jagd¬ zwecke verwenden, daß ferner die Sperrung der Grenzen gegen Ungarn und Galizien und der Export des Schlachtviehes nach Deutschland eine ganz außerordentliche Vermehrung des Vieh¬ mangels bewirke. Durch das gänzliche Verbot des Schweine¬ triebes sei auch die Aufzucht von Schweinen erschwert worden, so daß auch Mangel an Schweinefleisch, Speck und Schmalz ein¬ getreten sei, der in den außerordentlich hohen Preisen dieser Artikel zum Ausdrucke komme. Die Fleischhauer der Stadt Steyr und darüber hinaus, in allen Teilen Oesterreichs, klagen darüber, daß sie unter den heutigen Einkaufsverhältnissen selbst bei den sehr erhöhten Fleisch¬ preisen kaum mehr in der Lage sind, ihren gewerblichen Betrieb ohne materielle Verluste fortzuführen. Diese Klagen machen den Eindruck der Berechtigung, es darf aber auch nicht unerwähnt bleiben, daß andererseits die landwirtschaftlichen Produzenten den Nachweis geliefert haben, es lasse die eingetretene Erhöhung der Preise für Zuchtvieh und die Höhe der Futter= und Mastkosten den beim Viehverkaufe er¬ zielten Nutzen als einen mäßigen erscheinen.

2 Hieraus ist zu entnehmen, daß in absehbarer Zeit eine Aussicht auf Fleischpreisermäßigung durch Nachlassen der Vieh¬ preise wohl nicht zu erwarten ist. Unter den Maßnahmen, die die verschiedenen Stadtver¬ tretungen zur Bekämpsung der Fleischteuerung vorschlagen, be¬ findet sich fast durchwegs an erster Stelle die Zulassung der Vieheinfuhr aus Rußland und Rumänien. Der Erfüllung dieses Wunsches dürften aber zur Zeit so bedeutende wirtschaftspolitische und veterinärpolizeiliche Hinder¬ nisse entgegenstehen, daß diese Zulassung der Vieheinfuhr kaum zu erwarten steht. Insolange Oesterreich und Ungarn ein ge¬ meinsames Zollgebiet bilden und sich die Viehproduktion der beiden Länder derart ergänzt, daß neben der Fleischversorgung der heimischen Märkte noch immer ein Schlachtviehexport möglich ist und stattfindet, wird das Verlangen nach Eröffnung der Grenzen gegen Rußland und Rumänien keine Aussicht auf Er¬ folg haben, da sie zu den heftigsten Protestbewegungen der über¬ wiegend landwirtschaftlichen Bevölkerungskreise führen würde. Aus den ganz gleichen Gründen dürfte eine, wenn auch zur zeitweilige Sperrung der Grenze gegen das Deutsche Reich bezüglich des Viehexportes wohl nicht zu erwarten sein. Es bleibt daher gegenwärtig nichts übrig, als auf Mittel zu sinnen, die geeignet sind, mit ausschließlicher Inanspruch¬ nahme der heimischen Vieh= und Fleischproduktion eine Verbilli¬ gung der Fleischpreise herbeizuführen. Diesem Bestreben verdankt die Wiener Aktien=Gro߬ schlächterei ihr Entstehen, die die Aufgabe erfüllen will, durch eine Zusammenfassung des Betriebes eine Verbilligung der Regie herbeizuführen und hiedurch dem Kleinverkäufer das Fleisch zu En gros- Preisen zu liefern, die sich für ihn niederer als beim Selbsteinkaufe stellen. Die erwartete Verbilligung des Fleisches ist aber bis jetzt durch diese Großschlächterei auch nicht eingetreten, im Gegenteile, die Fleischpreise sind trotz ihrem Bestehen immer höher geworden. Mir liegt eine Kundmachung des Ministeriums des Innern vom 5. Oktober 1905, Z. 45.025, vor, nach welcher die Vieh¬ einfuhrsbeschränkungen erlassen wurden: 1. Wegen des Bestandes der Maul= und Klauenseuche des Rindviehes aus 29 Komitaten des Königreiches Ungarn; 2. wegen des Bestandes der Schweinepest aus 40 Komi¬ taten dieses Königreiches: 3. wegen des Bestandes des Stäbchenrotlaufes bezüglich der Schweine aus 38 Komitaten; 4. wegen des Bestandes der Schafpocken bezüglich der Ein¬ fuhr von Schafen aus 11 Komitaten; 5. wegen des Bestandes der Schweinepest aus Kroatien und Slavonien die Einfuhr von Schweinen von 6 Komitaten dieses Gebietes. Fünf Komitate sind für die Einfuhr wegen des Ausbruches verschiedener Seuchen noch verboten, und nun darf die Frage gestellt werden: wäre der Viehmangel heute noch in seinem Um¬ fange vorhanden, wenn alle diese heute gesperrten Komitate ihr Vieh auf den Markt zu bringen in der Lage wären? Ich glaube daher, daß das so schwer zu tragende Unheil der Verteuerung der Fleischpreise hauptsächlich in den Verhält¬ nissen, die in Ungarn und in Kroatien und Slavonien bestehen, liegt, und ich bin der Meinung, daß eine große Abhilfe in einer Verbesserung diesfälliger dortiger Zustände zu suchen ist, daß ferner durch staatliche Subvention der Viehaufzucht, eventuell durch die Schaffung von staatlichen Zuchtstationen 'selbst, die die Abgabe billigen Zuchtviehes bezwecken, endlich durch Hebung und Begünstigung der Alpenwirtschaft eine absehbare Verbilligung der Fleischpreise herbeigeführt werden könnte Ich bin nach all dem selbstverständlich außerstande, Mittel für die Verbilligung der Fleischpreise in loko in Vorschlag zu bringen. Geschäftsordnungsmäßig eingebrachte Anträge aus Ihrer Mitte sind selbstverständlich willkommen. V. Stigler, Bürgermeister. Der Gemeinderat nimmt diese Interpellations=Beantwor¬ tung zur Kenntnis. Hierauf Erledigung der Tagesordnung. I. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Dr. Franz Angermann. 1. Bericht des Stadtkasseamtes über den Erlag von 4000 Kronen seitens des Herrn Leopold Werndl zu Gunsten der Ferdinand Redtenbacher=Stiftung. Der Herr Referent verliest folgenden Bericht: Es wird dem löblichen Gemeinderat zur Kenntnis gebracht, daß Herr Leopold Werndl, Realitätenbesitzer in Steyr und Hörer der Hoch¬ schule für Bodenkultur in Wien, mit Genehmigung seines Vor¬ mundes Herrn Hans Millner und der hiesigen Vormundschafts¬ behörde, zur Vermehrung des in der Verwaltung der Stadt¬ gemeinde Steyr befindlichen Ferdinand Redtenbacher'schen Sti¬ pendien=Stiftungskapitales im derzeitigen Betrage von 8651 K 35 k einen Barbetrag von 4000 K gespendet hat, so daß dieses Kapital zusammen 12.651 K 35 h ausmacht. Da laut Gemeinderatsbeschluß vom 31. Jänner 1890, Z. 20.593, dieses Stipendium erst dann aktiviert werden kann, wenn die Zinsen des Stiftungskapitales, zu 4% gerechnet, min¬ destens 300 fl. = 600 K jährlich betragen, das heutige Stiftungs¬ kapital jedoch dieses Zinsenerträgnis noch nicht ergibt, wird seitens des Gefertigten im Sinne dieses Gemeinderatsbeschlusses vorgeschlagen: 1. Diese Spende des Herrn Leopold Werndl per 4000 K, welche laut Kassabericht vom 16. Oktober 1905, Z. 1323, bereits bei der Stadtkasse bar erlegt wurde, mit Dank für die Ferdinand Redtenbacher'sche Stipendienstiftung in Empfang, Verwahrung und Verwaltung zu nehmen. 2. Den Herrn Bürgermeister zu beauftragen, dem Spender Herrn Leopold Werndl für diesen Wohltätigkeitsakt den Dank des Gemeinderates zum Ausdrucke zu bringen 3. Zugleich zu beschließen, daß von der Aktivierung dieses Stipendiums abgesehen wird laut obigem Gemeinderatsbeschluß vom 31. Jänner 1890, Z. 20.593, da das festgesetzte mindeste Zinsenerträgnis von jährlich 300 fl. = 600 K nicht erreicht ist. V. Stigler. Steyr, am 20. Oktober 1905. Hierüber stellt die l. Sektion folgende Anträge: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: 1. Es werde die Spende von 4000 K des Herrn Leopold Werndl zum Ferdinand Redtenbacher'schen Stipendien=Stiftungs¬ onde mit Dank in Empfang und in die Verwahrung und Ver¬ waltung der Stadtgemeinde Steyr genommen. 2. Es werde der Herr Bürgermeister beauftragt, dem Spender Herrn Leopold Werndl für diesen Wohltätigkeitsakt den Dank des Gemeinderates zum Ausdrucke zu bringen. 3. Es werde von der Aktivierung dieses Stipendienfondes dermalen noch abgesehen, da das laut Gemeinderatsbeschluß vom 31. Jänner 1890, Z. 20.593 festgesetzte mindeste jährliche Er¬ trägnis von 300 fl. = 600 K nicht erreicht ist. Diese Anträge werden einstimmig angenommen. 2. Rekurs des Herrn Franz Brodetz gegen die Verweigerung von Offenhaltungs=Bewilligungen an allen Samstagen und Sonntagen bis 3 Uhr morgens. Ueber den vorliegenden Rekurs verliest der Herr Referent olgenden Sektionsbericht und Antrag: Mit Rücksicht auf den Bericht des städt. Polizei=Inspekto¬ rates, daß die beiden Kaffeehäuser in Steyrdorf bisher stets für den allgemeinen Verkehr zur Nachtzeit vollkommen genügt haben und tatsächlich infolge der mißlichen Erwerbs= und Geschäfts¬ Verhältnisse in der Waffenfabrik dermalen ein gesteigertes Be¬ dürfnis für ein Nachtlokal nicht vorliegt, außerdem das Geschäft des Herrn Brodetz nicht als Kaffeehaus, sondern als Gasthaus ausgeübt wird, und andere Gasthausbesitzer respektive Gastwirte solche Erlaubnis zum regelmäßigen Offenhalten dermalen nicht eingeräumt wurde, daher durch diese Gestattung ein Präjudiz geschaffen würde, auf welches sich dann alle anderen Gastwirte berufen könnten, stellt die 1. Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde dem Rekurse des Herrn Franz Brodetz, Gastwirt in Steyr, gegen die abweisliche Entscheidung der Stadtgemeinde=Vorstehung Steyr vom 11. September 1905, Z. 19.918, aus den Gründen der ersten Instanz und aus den obigen Erwägungen keine Folge gegeben. Einstimmig nach Antrag. — Z. 21.586. V. Sektion. Referent: Sektions=Obmann Herr G.=R. Leopold Köstler. 3. Verleihung einer Haratzmüller=Pfründe. Ueber Vorschlag des städtischen Armenrates wird über Antrag der Sektion der Frau Anna Dlauhy der Fortbezug der Johann Haratzmüller=Pfründe bis 1. Februar 1906 bewilligt. Z. 18.306. 4. Verleihung von vier Interessenbeträgen aus der Josef und Ludwig Werndl= Stiftung. Ueber Vorschlag des städtischen Armenrates und Antrag der Sektion werden die vier erledigten Pfründen von je 100 K jährlich aus der Josef und Ludwig Werndl=Stiftung nachstehen¬ den Bewerbern verliehen: Therese Schwind, Marie Hofner, Michael Hofmann und Marie Stöger. — Z. 15.784. 5. Ansuchen des Fechtklubs in Steyr um Wieder¬ überlassung des Turnsaales im Bürgerschulgebäude zu Fechtübungen. Ueber das vorliegende Ansuchen stellt die Sektion folgen¬ den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen, daß dem Steyrer Fechtklub die angesuchte Benützung des Turnsaales m Bürgerschulgebäude an den Abenden des Montag, Mittwoch und Samstag von 6—7 Uhr in den Monaten vom Oktober bis April wie immer gegen Vergütung der Gasbeleuchtung und Be¬ orgung der Reinigung des Saales bewilligt werde. Einstimmig nach Antrag. — Z. 21.510. 6. Ansuchen des Schulausschusses der gewerblichen Fortbildungsschule in Steyr um Wiederüberlassung der Schullokalitäten und Gewährung der bisherigen Sub¬ vention. Ueber das vorliegende Ansuchen stellt die Sektion folgen¬ den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen, es sei dem Schulausschusse der gewerblichen Fortbildungsschule für Lehrlinge für das Schuljahr 1905/06 ein Erhaltungsbeitrag von 200 K, sowie die Benützung der angesuchten Lokale im Bürger¬ schulgebäude nebst Beheizung wieder zu bewilligen. Einstimmig nach Antrag. — Z. 23.664. Antrag über die Erbauung der Brigade=Werkstätte im Komplexe der Artillerie=Kaserne. Der Herr Vizebürgermeister Franz Lang übernimmt den Vorsit Der Herr Bürgermeister referiert in Angelegenheit der Erbauung einer Brigade=Werkstätte im Komplexe der Artillerie¬ Kaserne wie folgt: Schon im ursprünglichen Bauprogramm für die Artillerie kaserne wurde die Erbauung einer Werkstätte in Aussicht ge¬

3 nommen. Dieser Werkstättenbau war damals nur im kleinen Stile gedacht mit einem Kostenaufwande von 30.000 bis 40.000 Kronen. Dieser Werkstättenbau ist also für den löblichen Ge¬ meinderat keine Neuheit, und wurde nur hinausgeschoben, weil die Heeresverwaltung über die Ausdehnung dieses Werkstätten¬ baues bis vor kurzem nicht schlüssig geworden ist. Nun ist am 13. August l. J. ein Erlaß der k. k. Statt¬ halterei Linz herabgelangt, worin der Stadtgemeinde Steyr er¬ öffnet wurde, daß das k. u. k. Reichskriegsministerium beab¬ sichtigt, anläßlich der Reorganisation der Artillerie in jedem Korpsbereiche eine Artilleriewerkstätten=Abteilung aufzustellen, welche die größeren Reparaturen an Feld= bezw. Gebirgsartillerie¬ materiale zu bewirken haben wird. Eine solche Artilleriewerk¬ stätte soll auch im Bereiche der Korpsartillerieregiments=Kaserne Steyr auf Grund des Einquartierungsgesetzes geschaffen werden. luf Grund dieses Erlasses wurde ich beauftragt, den Zusammen¬ tritt der gemischten Lokalkommission zur Verfassung des Bau¬ programmes und des Detailelaborates zu veranlassen, was Ende August geschehen ist. Angefordert werden ein Mannschafts=, ein Werkstättengebäude, ein Flugdach und gemauertes Magazin und ein freistehender Abort. Nach den vorliegenden Plänen und Kostenvoranschlägen stellen sich die Kosten für diese Ubikationen auf rund 130.000 K. Die bezüglichen Verhandlungen sind unter der Voraussetzung der Zustimmung des löblichen Gemeinderates geführt worden, und es obliege ihm daher heute, die Zustim¬ mung zu diesen Mehrauslagen vom Gemeinderate zu erwirken. Dadurch, daß es gelungen ist, die Brigade=Equitation nach Steyr zu bekommen, liegt auch der Bau einer Brigadewerkstätte nahe. Der Bau dieser Werkstätte liege auch im wirtschaftlichen Interesse der Stadt Steyr, da aus den Bedürfnissen dieser Werk¬ stätte auch hiesige Gewerbetreibende Nutzen ziehen können. Nachdem zur Erbauung der Brigade=Werkstätte die vor¬ handenen Mittel ausreichen, so daß ein neues Darlehen hiezu nicht ausgenommen zu werden braucht, so glaube er, daß der löbliche Gemeinderat seine Zustimmung zu den Wünschen der Heeresverwaltung geben werde, und stellt folgenden Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle nunmehr unter den bisher üblichen Modalitäten die Erbauung der Artillerie=Werkstätten¬ Abteilung im Komplexe der Artilleriekaserne beschließen, und zwar für ein Mannschaftsgebäude, ein Werkstättengebäude, ein Flugdach und Magazin, einen freistehenden Abort samt den dazu nötigen Wasserleitungs= und Kanalisierungs=Anschlüssen im bei¬ läufigen Kostenvoranschlage von 130.000 K und unter der Be¬ dingung, daß die vorhandenen und bewilligten Mittel dazu reichen und daher die Aufnahme eines besonderen Anlehens zu diesem Zwecke nicht nötig ist. Herr G.=R. Schachinger stellt die Anfrage, ob das zum Baue der Artillerie=Kaserne ausgenommene Darlehen auch noch ausreichend ist für den Bau der Brigade=Werkstätte, er habe ge¬ hört, daß für den letzteren Bau auch der Reservefond benützt werden soll. Der Herr Vorsitzende erwidert, daß, wie er bereits erwähnt habe, die vorhandenen Mittel auch für den Bau der Brigade=Werkstätte ausreichend sind. Die Inanspruchnahme des Reservefondes ist vorerst nicht in Aussicht genommen, sollte das aus irgend einem Grunde notwendig oder wünschenswert sein, so würde jedenfalls der löbliche Gemeinderat um seine Zustim¬ mung ersucht werden. Herr G.=R. Hiller spricht den Wunsch aus, daß der Bau der Brigade=Werkstätte nur an hiesige Gewerbetreibende ver¬ geben werde. Der Herr Vorsitzende erwidert, es sei ja schon beim Baue der Artillerie=Kaserne darauf Bedacht genommen worden, daß hiesige Geschäftsleute vor allen berücksichtigt werden, was auch geschehen ist. Er stehe nicht an, diesen Standpunkt auch jetzt wieder einzunehmen, aber eine Ausschreibung, die nur zu gunsten der einheimischen Gewerbetreibenden abzielt, möchte er wegen der Verantwortung gegenüber der Landesverwaltung nicht anraten. Infolge Beschlusses des hohen oberösterr. Landtages hat der Landesausschuß die Verpflichtung, die ganze Kasernbau =Ange¬ legenheit, also auch die Ausschreibung der Arbeiten, zu über¬ wachen, und es ist aus diesem Grunde nicht möglich, von einer allgemeinen Ausschreibung abzugehen. Eine Ausschreibung muß erfolgen, und kann derselben keine Beschränkung zu Grunde ge¬ legt werden. Der Herr Vorsitzende bringt sodann den Antrag des Herrn Bürgermeisters zur Abstimmung und wird derselbe ein¬ stimmig angenommen. Der Herr Bürgermeister bemerkt noch, daß ihm daran liege, daß der löbliche Gemeinderat heute erkläre, daß der Bau der Brigade=Werkstätte als eine längst vorgesehene, im ursprüng¬ lichen Bauprogramme aufgenommene, allerdings nunmehr er¬ weiterte, vom Kasernbau untrennliche Angelegenheit ist und die Ausschreibung und Vergebung dieser Bauarbeiten unter den bis¬ herigen Modalitäten vor sich gehe. Der Herr Vizebürgermeister bringt diese vom Herrn Bürgermeister nachgesuchte Erklärung zur Abstimmung und wird dieselbe einstimmig erteilt. Hierauf Schluß der Sitzung. Der Vorsitzende: Druck von G. Bri

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