2 Vertraulich.) Gesuche um Aufnahme in den Gemeindeverband der Stadt Steyr. Wird vertraulich behandelt. 2. Antrag wegen Beschlußfassung einer Resolution betreffend die Errichtung einer keramischen Fachschule in Steyr. Der Herr Referent verliest folgenden, von 5 Mitgliedern des Gemeinderates unterfertigten Antrag: Löblicher Gemeinderat! Wie bekannt hat der Abgeordnete Herr Realschul¬ professor Erb schon vor längerer Zeit im Reichsrate und erst in jüngster Zeit auch im oberösterreichischen Landtage den Antrag eingebracht, daß die seitens der k. k. Regierung projek¬ tierte „keramische Fachschule“ in der Stadt Steyr errichtet werden solle. Da nun mit derartigen Schulerrichtungen in der Regel auch ganz bedeutende Auslagen für Bauten und Schulerhaltung der betreffenden Gemeinde verbunden sind, weil solche Schulen fast niemals ausschließlich vom Staate oder vom Lande allein errichtet und erhalten werden, bisher aber diese Frage im Ge¬ meinderate noch nicht zur Sprache gekommen ist und daher eventuell die Gefahr besteht, daß die Stadtgemeinde Steyr leicht in eine sehr fatale Zwangslage gebracht werden könnte, hat Gefertigter an den Herrn Bürgermeister die Interpellation ge¬ stellt, ob seitens des Abgeordneten Herrn Erb vor der Antrag¬ stellung etwa beim Herrn Bürgermeister über die Stellungnahme der Stadtgemeinde Steyr zu dieser Frage angefragt wurde und ob demselben und welche Informationen dem Herrn Erb erteilt worden seien. Nachdem Herr Bürgermeister diese Interpellation dahin beantwortet hat, daß ihm von einer solchen vorherigen Anfrage des Herrn Abg. Erb nichts bekannt ist, Herr Bürgermeister gleichfalls schwere Bedenken dagegen geäußert hat, daß in derartigen Fragen Aktionen eingeleitet werden, ohne vorher die Gemeindevertretung zu fragen, ob dieselbe zu der projektierten Schule die eventuell erforderlichen Mittel beitragen könne und wolle, und weil durch solche Aktionen über die Köpfe der Stadt¬ gemeinde=Vorstehung hinweg die Stadtgemeinde Steyr leicht einer sehr mißlichen Zwangslage ausgesetzt werden könnte hat Gefertigter den Antrag gestellt: Der löbliche Gemeinderat wolle bei dieser Sachlage be¬ schließen folgende Resolution (Entschließung): Mit Rücksicht darauf, daß der Abgeordnete Herr Erb im Reichsrate und im Landtage den Antrag auf Errichtung einer keramischen Fachschule in Steyr gestellt hat, ohne sich vorher über die Stellungnahme der Stadtgemeinde=Vertretung zu dieser Frage mit dieser ins Einvernehmen zu setzen, und dieser Vor¬ gang geeignet erscheint, die Stadtgemeinde Steyr eventuell in eine mißliche Zwangslage zu versetzen — erklärt der Ge¬ meinderat der l. f. Stadt Steyr: „mit diesem Vor¬ gehen des Abgeordneten Hern Erb nicht einver¬ standen zu sein, und verwahrt sich dagegen, daß Fragen, welche den Wirkungskreis des Gemeinde¬ rates berühren, mit Hintansetzung der Gemeinde¬ vertretung der Stadt Steyr von wem immer in anderen öffentlichen Vertretungskörpern zur Sprache gebracht werden. Dieser Antrag wird nun im Sinne des § 24 der Ge¬ schäftsordnung des Gemeinderates zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung eingebracht. Steyr, am 3. November 1904. Dr. Franz Angermann m. p, als Antragsteller. F. Gründler m. p. Dr. August Redtenbacher m. p. A. Stippl m. p. Schönauer m. p. Ferd. Handstanger m. p Edm. Aelschker m. p. Mit Rücksicht auf die zutreffende Begründung dieser Ent¬ schließung und in Anbetracht dessen, daß der Gemeinderat ver¬ pflichtet ist, seine Ingerenz in allen die Stadt Steyr betreffenden Fragen zu wahren, stellt die 1. Sektion den Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle der beantragten Entschließung seine Zustimmung geben. Der Herr Antragsteller Dr. Angermann bemerkt noch hiezu: Die erste Sektion sei von der Anschauung ausgegangen, daß der Gemeinderat verpflichtet ist, gegen Jedermann, abge¬ sehen von der Person des Herrn Professors Erb, Stellung zu nehmen, welcher in Fragen und Angelegenheiten, die den Wir¬ kungskreis des Gemeinderates berühren, Aktionen in öffentlichen Vertretungskörpern einleiten, ohne sich vorher mit der Gemeinde¬ vertretung ins Einvernehmen gesetzt zu haben und so dieselbe in eine Zwangslage versetzen können. Derartige Schulen, wie die keramische Fachschule werden nicht vom Staate erbaut, sondern müssen von der betreffenden Gemeinde beigestellt, wie auch die Herhaltung einer solchen Schule übernommen werden. Derartige Angelegenheiten müssen zuerst im Gemeinderate wohl erwogen und beraten werden, denn es handelt sich doch auch darum, ob die Gemeinde die nötigen Mittel für Errichtung einer solchen Schule besitzt Wenn derartige Aktionen ohne Einvernehmen des Gemeinderates eingeleitet werden, könnte es vorkommen, daß der Staat hinterher von der Gemeinde eine Beisteuer von 200.000 K verlangt. Der Gemeinderat ist berechtigt, zu solchen Dingen Stellung zu nehmen und er lasse sich seine Rechte nicht ver¬ kürzen, und wenn Herr Erb noch so viele Erklärungen in die Blätter gibt. Die Umstände, welche Herr Professor Erb ange¬ führt hat, sind nicht stichhältig. Sein Beginnen war ein ge¬ fährliches, ein verfrühtes und ein Uebergriff. Gefährlich für Steyr deshalb, weil derartige verfrühte Aktionen am ehesten ge¬ ährdet werden. Solche Dinge müssen vorläufig unter der Hand gemacht werden, denn wenn man sie an die große Glocke hängt, so fordert man damit die Konkurrenz anderer Städte heraus. Gefährlich auch deshalb, weil der Gemeinderat auch hätte in die Zwangslage versetzt werden können, diese Schule unter harten Bedingungen anzunehmen. Das Beginnen des Herrn Professors Erb war auch ein verfrühtes. Laut stenographischem Protokoll hat der Referent Herr Böheim selbst gesagt: Es geht die Sage, daß der Staat die Gründung einer keramischen Schule beabsichtigt. Der Herr Statthalter hat sich im o.=ö. Landtage geäußert: Er ist nicht in der angenehmen Lage, die Mitteilung machen zu können, daß eine keramische Schule in Oberösterreich errichtet werden solle. Ich glaube, daß der Ausdruck „verfrüht“ durch diese zwei Tatsachen konstatiert ist. Ein Uebergriff war es, weil Herr Professor Erb eigenmächtig gehandelt hat, ohne sich mit der Ge¬ meindevertretung ins Einvernehmen zu setzen. Das sind die Gründe, welche die erste Sektion veranlaßt haben, eine solche Entschließung zu fassen, sie sind rein sachlicher Natur und es kann daher von einer persönlichen Stellungnahme gegen Herrn Landtagsabgeordneten Erb von Kirchdorf keine Rede sein. Er erlaube sich, die Resolution zur Annahme zu empfehlen. Herr G.=R. Sommerhuber erklärt, er stimme dem Antrage der Rechtssektion vollkommen bei, als darin getadelt wird, daß Herr Professor Erb sich nicht vorher an den Gemeinde¬ rat gewendet habe, wenigstens mit einer Mitteilung, daß er in Angelegenheit der Errichtung einer keramischen Schule einen Antrag im Landtage einbringen werde. Wenn davon gesprochen wird, daß man in Regierungskreisen nicht weiß, ob überhaupt eine keramische Fachschule in Oberösterreich gegründet werde, so kommt das eben davon her, daß derlei Wünsche nicht von oben ausgehen, sondern von unten ausgehen müssen. Ich bin dem Herrn Bürgermeister Stigler sehr dankbar, daß er in der Land¬ tags=Sitzung sich dahin ausgesprochen hat, daß er es begrüßen würde, wenn Steyr eine derartige Fachschule bekäme. Man solle sich nicht schon im Prinzipe gegen die Errichtung einer olchen Fachschule aussprechen, damit man, wenn wirklich in Oberösterreich eine solche Schule zustande käme, doch mitkonkur¬ rieren könne. Von einer keramischen Fachschule in dem Umfange wie solche in Teplitz besteht, mit 19 Angestellten, 106 Tages¬ schülern und 200 anderen Schülern, könne Steyr sich wohl nicht träumen lassen. Er denke sich nur eine Fachschule für Keramik im bescheidenen Umfange, wo sich das Hafnergewerbe ausbilden könne und könnte, wenn eine solche Schule Erfolg haben sollte, nur solche als Schüler aufgenommen werden, die schon eine zweijährige Lehrzeit hinter sich haben. Herr G.=R. Dr Angermann ersucht seinen Antrag nicht mißzuverstehen. Er sei im Prinzipe gewiß nicht gegen diese Schule und er glaube auch, daß der gesamte Gemeinderat es mit Freude begrüßen würde, wenn eine keramische Schule in Steyr errichtet würde unter Umständen, wie es die Mittel der Gemeinde ermöglichen. Die Stellungnahme des Gemeinderates ist nicht gegen die Errichtung einer keramischen Schule in Steyr erichtet, sondern nur gegen jene Uebergriffe, die er schon er¬ wähnt habe, weil die Gemeinde nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist, ihre Rechte zu wahren und es nicht dulden kann, daß in Fragen, welche in den Wirkungskreis des Gemeinde rates gehören, von anderen Personen und in anderen Vertre¬ tungskörpern Aktionen eingeleitet werden, welche dazu angetan ind, die Gemeinde eher zu schädigen als zu nützen, wie dies bereits durch die Ablehnung des Antrages Erb im Landtage geschehen ist. Er ersuche dies zur Kenntnis zu nehmen, damit die Sache von gewisser Seite nicht wieder verdreht wird. Der Herr Vositzende bringt nun den Sektionsantrag zur Abstimmung und wird derselbe einstimmig angenommen. 3. Rekurs gegen die Ausweisung aus einem Unterstandshause. Der Herr Referent verliest den Rekurs des Josef Buchinger, Unterstandler des Armenhauses „Herrenhaus“ gegen die Ent¬ scheidung des städtischen Armenrates vom 23. September 1904, Z. 20.768, betreffend seine Ausweisung aus dem Armenhause, sowie den Motivenbericht des Herrn Armenhausvaters Köstler und stellt namens der Sektion den Antrag: Mit Rücksicht auf die gepflogenen Erhebungen, und insbe¬ sondere mit Rücksicht auf den vom Armenhausvater Herrn Köstler über den Rekurrenten erstatteten Bericht erscheint die von Seite des städt. Armenrates verfügte Entfernung des Rekurrenten aus dem sog. Herrenhause vollkommen begründet und wird daher der Antrag gestellt: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen: Es werde dem Rekurse des Josef Buchinger gegen die Entscheidung des städt. Armenrates vom 19. September 1904, Z. 20.768, womit die Entfernung des Rekurrenten aus dem sog. Herrenhause verfügt wurde, aus den zutreffenden Gründen der ersten Instanz keine Folge gegeben. Einstimmig nach Antrag. — Z. 21.665. II. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Josef Tureck.
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