Ratsprotokoll vom 8. Juli 1904

2 Der Herr Referent bemerkt hiezu, daß die Behauptung des Radfahrerbundes, es seien bereits in allen anderen Städten die Fahrverbote aufgehoben worden, nicht richtig sei, denn wie aus einer Zeitungsnotiz hervorgehe (welche er verliest), habe die Stadtvertretung in Wels erst kürzlich eine Kundmachung er¬ lassen, nach welcher Wett= und Bummelfahrten in der Stadt, sowie das schnelle Fahren mit Vehikeln überhaupt verboten ist. Auch der Gemeinderat der Landeshauptstadt Linz habe, um Un¬ fällen vorzubeugen, beschlossen, den Nummerierungszwang wieder einzuführen. Die Sektion hat sich nach eingehender Beratung zum Be¬ schlusse geeinigt, bei den abnormen Verhältnissen in Steyr, das gestellte Ansuchen der genannten Vereine nicht befürworten zu können und stellt dieselbe daher den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Dem Ansuchen der beiden genannten Körperschaften um Aufhebung des er¬ gangenen Fahrverbotes an mehreren Stellen im Rayon der Stadt Steyr kann aus Sicherheitsgründen nicht stattgegeben werden und werden die diesfällig bestehenden Bestimmungen vollinhaltlich aufrecht erhalten. Der Herr Vorsitzende eröffnet hierüber die Debatte. Herr G.=R. Sommerhuber spricht sich dahin aus, daß das Fahrverbot in Zwischenbrücken aufgehoben werden soll, weil die Gefahr für die Passanten gewiß nicht größer ist, als an anderen Punkten. Nur das schnelle Fahren soll bestraft werden. Herr G.=R. Schachinger sagt, er habe schon seinerzeit dafür gestimmt, daß Zwischenbrücken den Radfahrern freigegeben werde und er sei auch heute noch dafür. Er war erst kürzlich in Salzburg und habe die Bemerkung gemacht, daß dort Fahrver¬ bote nicht bestehen. In dieser gewiß weitaus belebteren Stadt eien nur Tafeln angebracht mit der Aufschrift: Radfahrer, langsam fahren! Herr G.=R. Wolf schließt sich den Ausführungen der Vor¬ redner an, empfiehlt aber die Anbringung von Warnungstafeln gegen das schnelle Fahren. Herr G.=R. Heindl ist ebenfalls für die Freigebung in Zwischenbrücken, jedoch in den anderen Straßen und Gassen sollen die bestehenden Fahrverbote aufrecht erhalten bleiben. Herr G.=R. Schönauer empfiehlt die Anbringung von großen Warnungstafeln mit roten Querstreifen am Eingang der Enns= und Steyrbrücke. Herr G.=R. Dr. Angermann erwidert auf die vor¬ liegenden Ausführungen: Als die Frage der Regelung des Rad¬ fahrersportes zum ersten Male im Gemeinderate zur Sprache kam, habe eine allgemeine Begeisterung geherrscht, daß dieses Thema aufgegriffen wurde und der Gemeinderat hat die damals aufgestellten Bedingungen für die Radfahrer einstimmig akzeptiert weil jeder der Herren eingesehen hat, daß es so nicht weiter gehen kann. Dann ist die Eingabe der „Styria“ gekommen und es wurden von den aufgestellten Regeln Ausnahmen gemacht und das Fahrverbot nur auf bestimmte Straßen beschränkt. Wenn er sich gegen die Aufhebung des Fahrverbotes in Zwischen¬ brücken ausspreche, so tue er dies nur im Interesse der öffent¬ lichen Sicherheit und weil derartige Fahrverbote in allen größeren Städten gehandhabt werden, wie ja der Herr Referent heute nachgewiesen habe. Er teile nicht die Anschauung des Rad¬ fahrerbundes, daß die Fußgeher oder schlecht erzogene Kinder Schuld sind, wenn irgend ein Unglück passiert, er stimme dem bei, daß der Radfahrer derjenige sein soll, welcher das Haupt¬ augenmerk auf die Fußgeher zu richten habe und darum finde er die vom Gemeinderate aufgestellten Bestimmungen vollkommen für notwendig. Wenn auf Salzburg hingewiesen werde, so müsse er darauf erwidern, daß die Stadt Salzburg nur mehr einige enge Gassen hat, sie hat durchwegs breite Straßen und große Plätze. Der Gemeinderat solle sich von seiner Verordnung nicht bröckelweise auf das alte Maß zurückleiten lassen, sonst hätte man zum Schlusse gar keine Beschränkung mehr und die Sache wäre beim Alten. Die Befürchtungen des Fremdenverkehrs=Komitees, daß durch diese Verordnungen der Fremdenzuzug nach Steyr leiden werde, ind unbegründet, weil jeder Fremde einsehen wird, daß er sich den bestehenden Verordnungen fügen müsse. Ich bin der An¬ schauung, daß es besser ist, wenn 30 bis 40 Radfahrer wegen des Fahrverbotes nicht nach Steyr kommen, als wenn ein einziger Mitbürger von uns zutode gestoßen würde und darum bin ich dafür, daß diese Verordnung aufrecht erhalten bleibt. Wenn der Verkehr in Zwischenbrücken zeitweilig auch geringer ist, so gibt es doch wieder Zeiten, wo der Verkehr ein gewaltiger ist. Was die Frage der Avisotafeln anbelangt, so finde er auch, daß dieselben in Bezug auf ihre äußere Form, Größe und Text nicht zweckentsprechend sind und er stelle daher den Antrag, daß neue Avisotafeln angeschafft werden, die mit großen und weithin sichtbaren Buchstaben das Absteigen oder Langsamfahren den Radfahrern schon deutlich gebieten, bevor sie noch an die mit Verbot belegte Stelle gelangen. Herr G.=R. Sommerhuber stellt nun den direkten Antrag, daß das langsame Radfahren in Zwischenbrücken ge¬ stattet werde, welcher Antrag von den Gemeinderäten Heindl, Hiller, Busek und Wolf unterstützt wird. Der Herr Vorsitzende konstatiert, daß im Gemeinde¬ rate eine Abweichung der Anschauung nur betreffs des Fahrens n Zwischenbrücken herrsche, während die letzterlassene Radfahrer¬ ordnung in allen anderen Punkten keinem Widerspruch begegne. Bei der Abstimmung erhält der Antrag der Sektion wie der Antrag des Herrn G.=R. Sommerhuber je 12 Stimmen. Der Herr Vorsitzende dirimiert zugunsten des Antrages des Herrn G.=R. Sommerhuber. Hierauf wird der Antrag des Herrn G.=R. Dr. Anger¬ mann in Bezug auf Anschaffung neuer Avisotafeln einstimmig angenommen. Herr G.=R. Schönauer entfernt sich.) 6. Pensionierungs=Ansuchen einer Schuldienerin. Ueber das vorliegende Ansuchen der Anna Großhaupt, Schuldienerin an der Mädchenschule in der Berggasse um Pensionierung stellt die Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Das Ansuchen der Anna Großhaupt um Versetzung in den dauernden Ruhe¬ stand wird hiemit bewilligt und der Gesuchstellerin mit Rücksicht auf deren emineute und äußerst uneigennützige Dienstleistung unter Anrechnung einer Dienstzeit von 33 Jahren ein jähr¬ licher Ruhegehalt von 688 K zugewiesen. Zugleich wird der Gesuchstellerin bedeutet, daß dieselbe so¬ lange in ihrem bisherigen Dienstesorte zu verbleiben hat, bis dieser Posten durch eine geeignete Nachfolgerin besetzt sein wird und beginnt erst von diesem Zeitpunkte der Bezug des obigen Ruhegehaltes. Dieser sohin erledigte Posten ist zur Wiederbesetzung, zur provisorischen Besetzung vorerst auf ein Jahr, mit dem Be¬ deuten auszuschreiben, daß nur weibliche Bewerber um diesen Posten einschreiten können, und daß kinderlose, verwitwete oder unverehelichte Personen, welche mindestens das 30. Lebensjahr erreicht haben, hiebei den Vorzug erhalten, daß endlich mit diesem Posten ein Handel mit Schul= und Schreibmaterialien nicht verbunden ist. Einstimmig angenommen. — Z. 14.500. II. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Josef Tureck. 7. Amtsbericht betreffs Wiederversteuerung der Hunde pro 1904/1905. Ueber vorliegenden Amtsbericht stellt die Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen, es sei die Wiederversteuerung der Hunde für das Jahr 1904/05 einzu¬ leiten und die Kundmachung nach dem vorliegenden Entwurfe auszufertigen. Einstimmig nach Antrag. — Z. 11.859. 8. Amtsbericht über den Stadtkassa=Journals=Ab¬ schluß pro März 1904. Laut Bericht der städtischen Rechnungskanzlei betrugen im Monate März 1904: Die Einnahmen 31.223 K 96 h Hiezu Kassarest vom Vormonate 5.711 „ 69 „ 36.935 K 65 h Zusammen Die Ausgaben ab 25.748 „ 72 „ Kassarest pro April .. 11.186 K 93 7 Der Herr Referent bemerkt, daß das Kassa=Journal durch die Herren Gemeinderäte Reitter und Tureck geprüft und richtig befunden wurde. — Zur Kenntnis. — Z. 14.061. 9. Eingabe des Aktions=Komitees der Telephon¬ linie Linz — Enns — Steyr und Enns — Mauthausen be¬ treffs Erhöhung des gezeichneten Gemeinde=Beitrages. Ueber diese Eingabe stellt die Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen, den Beitrag zu den Bau¬ osten für die interurbane Telephonverbindung Steyrs von 500 K auf 525 K zu erhöhen und an die Herren J. Reit¬ hoffers Söhne in Garsten anweisen zu lassen. Dieser Antrag wird einstimmig angenommen. — Z. 14.343. 10. Spenden=Gesuche. 1. Dem Komitee zur Wiederherstellung des in Losenstein befindlichen Denkmales zur Erinnerung an den glorreichen Ueber¬ gang der österreichischen Armee unter dem Feldmarschall Grafen Khevenhüller über die Enns im bairischen Erbfolgekrieg im Jahre 1741 wird über Antrag der Sektion ein Betrag von 10 K gespendet. — Z. 14.100 2. Dem Rennverein in Steyr wird eine Subvention von 250 K für das Jahr 1904 zu Rennpreisen bewilligt. — Z. 15.396. (Herr G.=R. Dr. Angermann entfernt sich.) 11. Ansuchen um pachtweise Wiederüberlassung eines städtischen Grundes Der Herr Referent verliest folgenden Sektionsantrag: Der löbliche Gemeinderat wolle über Ansuchen des Herrn Josef Weidinger, Tischlermeister in Steyr, um Wiederverpachtung des bisher innegehabten städtischen Grundes im Ausmaße von 68•4 m2 auf weitere fünf Jahre, das ist bis 31. Juli 1909, unter den bisherigen Pachtbedingungen um den Anerkennungs¬ zins von jährlich 2 K seine Zustimmung erteilen. Einstimmig nach Antrag. — Z. 14.658. III. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr Vize¬ Bürgermeister Franz Lang. 12. Kostenvorauschlag für die Renovierung der Rathaus=Fassade. Der Herr Referent teilt mit, daß die Arbeiten für die Renovierung der Hauptfassade des Rathauses dem Herrn Franz Plochberger als dem billigsten Offerenten übertragen wurde und stellt namens der Sektion den Antrag auf Bewilligung der Kosten im beiläufigen Betrage von 5300 K. Wird ohne Debatte einstimmig bewilligt. — Z. 14.052.

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