Ratsprotokoll vom 22. Jänner 1904

§ 15. Der Bürgermeister bestimmt nach dem Umfange der Geschäfte, wie viele Gemeinderäte in einer jeden der vier Sektion verwendet werden sollen. § 16. Die Mitglieder einer jeden Sektion wählen aus ihrer Mitte einen Obmann (Berichterstatter) und dessen Stellvertreter. Derselbe hat in der Sektionssitzung die Berichterstattung zu führen und die gefaßten Beschlüsse und Anträge samt deren Motivierung in der nächsten Gemeinderats=Sitzung vorzutragen. Die Einbe¬ rufung und Leitung der Sektions=Sitzungen hat durch den Bürgermeister oder bei seiner Verhinderung durch dessen Stell¬ vertreter zu erfolgen. § 17. Findet der Gemeinderat in einzelnen besonders wichtigen Fällen Spezial=Kommissionen für notwendig, so erfolgt deren Zusammensetzung durch Wahl ohne Rücksicht auf die ständigen Abteilungen. Die Anzahl der Mitglieder derselben darf jedoch 10 nicht überschreiten. Zur Beratung des Gemeinde=Voranschlages, zur Erledi¬ gung von Spitals=Angelegenheiten und zur Beschlußfassung in Disziplinarsachen sind derartige ständige Kommissionen jedes Jahr in der konstituierenden Sitzung des Gemeinderates zu wählen. Die Spezial=Kommissionen wählen einen Gemeinderat zum Berichterstatter, welcher die Ergebnisse der Kommissions=Beratung in der Gemeinderats=Sitzung vorzutragen hat. § 18. In Kommissions= und Sektions=Beratungen entscheidet die relative Stimmenmehrheit, und es hat daher bei Verschiedenheit der Meinungen jener Antrag als Sektionsbeschluß zu gelten, welcher die mehreren Stimmen für sich hat. § 19. Der Bürgermeister hat die Tätigkeit der Sektionen zu überwachen und jede Geschäftsverzögerung abzustellen. § 20. Zur Beschlußfähigkeit des Gemeinderates ist, insoweit das Gemeinde=Statut nicht eine andere Bestimmung festsetzt, die An¬ wesenheit von mindestens 15 Mitgliedern erforderlich. Zur giltigen Beschlußfassung betreffend die Verfügung über das Gemeindevermögen, die Auflage von Steuern, Umlagen und Zuschlägen, betreffend die Aufnahme von Darlehen (§ 50 G.=St. wird aber die Anwesenheit von mindestens zwei Drittel der Ge¬ meinderatsmitglieder gefordert. Ebenso auch zur Abänderung dieser Geschäftsordnung nach § 50 G.=O. § 21. Zu einem giltigen Beschlusse des Gemeinderates ist in der Regel die absolute Stimmenmehrheit der anwesenden Mitglieder des Gemeinderates erforderlich In den Fällen des § 20, Abs. 2, wird jedoch zum giltigen Beschlusse die absolute Mehrheit aller Gemeinderatsmitglieder also mindestens von 15 der anwesenden Mitgliedern gefordert (§ 50 G.=St. u. G=O.) § 22. Der Bürgermeister oder bei seiner Verhinderung dessen Stellvertreter hat die Tagesordnung jeder Sitzung zu bestimmen und muß dieselbe bei ordentlichen Sitzungen mindestens drei Tage, bei außerordentlichen Sitzungen mindestens 24 Stunden vor der Sitzung jedem Mitgliede des Gemeinderates zugestellt werden. In dringenden Fällen kann diese Frist bis auf min¬ destens sechs Stunden abgekürzt werden. § 23. Die Sitzung beginnt mit den Mitteilungen des Vorsitzenden. Dann werden die Einläufe entweder im Auszuge bekannt gegeben oder über Beschluß der Versammlung ihrer vollen Aus¬ dehnung nach vorgelesen. Hierauf werden die noch nicht erledigten Interpellationen durch den Vorsitzenden beantwortet. Sohin erfolgt die Verlesung der seit der letzten Sitzung eingebrachten Interpellationen und eventuell deren Beantwortung. Sodann werden die von den Mitgliedern des Gemeinde¬ rates gestellten Anträge nach der Reihenfolge ihrer Uebergabe mitgeteilt. Anträge, deren dringliche Erledigung begehrt wird, sind ausdrücklich als „Dringlichkeits=Anträge“ zu bezeichnen Der Vorsitzende ist berechtigt, zu verfügen, daß die Ver¬ lesung der Begründung von Interpellationen und Anträgen zu entfallen habe. Interpellationen und Anträge, welche nicht in den Wirkungs¬ kreis des Gemeinderates gehörige Angelegenheiten betreffen oder überhaupt Ungehörigkeiten enthalten, sind unzulässiig und hat der Vorsitzende zu verfügen, daß deren Verlesung nicht erfolgt. Die Anträge — soweit dieselben nicht als „dringlich“ be¬ zeichnet sind — werden den bezüglichen Sektionen zur Vorbera¬ tung zugewiesen und seitens des Bürgermeisters oder dessen Stellvertreters auf die Tagesordnung der nächsten oder einer der nächsten Sitzungen gesetzt. § 24. Interpellationen und Anträge müssen stets schriftlich min¬ destens eine Viertelstunde vor dem Beginn der Sitzung dem Vor¬ sitzenden übergeben werden, widrigens dieselben erst in der nächsten Sitzung zur Mitteilung gebracht werden. Auträge müssen außer vom Antragsteller von wenigstens noch 5 Mitgliedern des Gemeinderates unterfertigt sein. Wird die dringliche Behandlung eines Antrages begehrt, so müssen dieselben außer vom Antrag¬ steller noch von mindestens 10 Mitgliedern unterfertigt sein, aus¬ genommen im Falle des § 28 G.=O. § 25. Ueber Interpellationen und deren Beantwortung ist eine Debatte unzulässig. Dieselben können in der Sitzung, in welcher sie eingebracht wurden, müssen aber in der nächstfolgenden Sitzung beantwortet werden. § 26. Nach Bekanntgabe der Mitteilungen, nach Erledigung der Interpellationen und nach Verlesung der Anträge werden die Dringlichkeits=Anträge in Verhandlung gezogen. S 27. Vor allem haben die Antragsteller von Dringlichkeits=An¬ trägen nach der Reihenfolge der Uebergabe ihrer Anträge die dringliche Behandlung des Gegenstandes zu begründen und sich hiebei lediglich auf die Darlegung jener Gründe zu beschränken, aus welchen sich die Dringlichkeit der Erledigung der Anträge ergeben soll. Debatten über den dem Dringlichkeits=Antrage zu Grunde liegenden Verhandlungsgegenstand sind unzulässig und vom Vor¬ sitzenden nicht zuzulassen. Wird nach geschlossener Debatte über die Dringlichkeit des Antrages die Dringlichkeit desselben seitens der Versammlung nicht anerkannt, so ist dieser Antrag gemäß § 23 der bezüglichen Sektion zur Vorberatung zuzuweisen und auf die Tagesordnung der nächsten oder eine der nächsten Sitzungen zu setzen. Wenn der Gemeinderat jedoch der Dringlichkeit durch Be¬ schluß zustimmt, so ist dann sofort die weitere Erledigung des beantragten Gegenstandes im Sinne der nachfolgenden Bestim¬ mungen zu veranlassen. § 28. Wenn in der Zeit zwischen der Feststellung der Tages¬ ordnung und dem Sitzungsbeginne Verhandlungs=Gegenstände zugewachsen sind, welche nach dem Beschlusse der bezüglichen Sektion eine dringliche Erledigung noch in derselben Sitzung er¬ heischen, so kann ohne der gemäß § 24 sonst vorgeschriebenen schriftlichen Ueberreichung auf Antrag des Sektions=Referenten auch während der Erledigung der Tagesordnung über die dring¬ liche Behandlung dieses Gegenstandes verhandelt und Beschluß gefaßt werden Der zu beobachtende Vorgang während dieser Verhandlung richtet sich nach den Bestimmungen des § 27 und den folgenden Vorschriften. § 29. Nach Erledigung der Dringlichkeits=Anträge im Sinne des § 27 wird zur Tagesordnung übergegangen. n der Regel sind die Gegenstände der Tagesordnung in der Reihenfolge in Verhandlung zu ziehen, in welcher dieselben in der Einberufung zur Sitzung angeführt sind. Der Vorsitzende ist jedoch berechtigt, wenn es wegen Dring¬ lichkeit oder Wichtigkeit einzelner Geschäfte geboten erscheint, von dieser Reihenfolge abzugehen und die frühere resp. spätere Be¬ handlung der auf der Tagesordnung stehenden Verhandlungs¬ gegenstände zu verfügen. § 30. Der Vorsitzende leitet die Verhandlung derart, daß er zunächst dem Berichterstatter der betreffenden Sektion oder Kommission oder dem selbständigen Antragsteller und sohin den übrigen Mitgliedern des Gemeinderates und zwar in der Reihen¬ folge das Wort erteilt, in welcher sich dieselben gemeldet haben. Jedem Redner steht es frei, seine Stelle in der Reihenfolge mit der eines später gemeldeten Redners zu vertauschen. § 31. In der Regel darf ein Mitglied des Gemeinderates in der Verhandlung über einen und denselben Gegenstand nur zweimal das Wort erhalten. Hievon sind ausgenommen und kann das Wort auch öfter als zweimal gegeben werden: 1. Dem Berichterstatter oder selbständigen Antragsteller, welchem auch stets das Schlußwort gebührt. 2. Jenen Mitgliedern, welche den Schluß der Debatte oder den Uebergang zur Tagesordnung beantragen, dieselben haben aber sich nur auf diese Anträge zu beschränken und ist deren Begründung unzulässig. 3. Jenen Mitgliedern, welche eine Tatsache oder persönliche Beziehung berichtigen wollen. Diese Berichtigungen sind nach dem Schlußworte des Berichterstatters oder selbständigen Antragstellers vorzu¬ bringen.

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