Ratsprotokoll vom 22. Jänner 1904

Rats-Protokoll über die ordentliche Sitzung des Gemeinderates der k. k. l. f. Stadt Steyr am 22. Jänner 1904. Tages=Ordnung: Eventuelle Mitteilungen. I. Sektion. (Sektions=Sitzung Donnerstag ½3 Uhr nachmittags.) 1. (Vertraulich.) Gesuche um Aufnahme in den Gemeinde¬ verband und Bürgerrechts=Verleihung. 2. (Vertraulich.) Personal=Angelegenheiten. 3. Abgabe einer Aeußerung über das Gesuch der Friseur¬ gehilfen betreffs der Sonntagsruhe. 4. Rekurse gegen Armenrats=Entscheidungen. 5. Wahl von Vertrauensmännern in die Personal=Ein¬ kommensteuer=Schätzungs= Kommission. 6. Revision der Geschäftsordnung des Gemeinderates. 7. Gemeinde=Jagd = Ausschreibung. 8. Statthalterei=Entscheidung über den Rekurs des † Michael Stiegler betreffs Aberkennung des Bürgerrechtes der Stadt Steyr. 9. Beschlußfassung, ob gegen eine Ministerial=Entscheidung in einer Ausweisungs=Angelegenheit die Beschwerde an den Ver¬ waltungsgerichtshof eingebracht werden soll. II. Sektion. (Sektions=Sitzung Montag 11 Uhr vor¬ mittags.) 10. Stadtkassa=Journals=Abschlüsse pro August und Sep¬ tember 1903. 11. Amtsbericht betreffs Ablaufes des Theater=Pachtvertrages. 12. Ansuchen des Herrn Theater=Direktors Augustin Knirsch bis Ende April 1904 Theatervorstellungen geben zu dürfen und um Verleihung des Theaters pro 1904/5. 13. Ansuchen der Gesellschaft der Musikfreunde in Steyr um Ueberlassung des Industriehalle=Saales zu einem Konzert am 22. März 1904. 14. Subventions= und Spenden=Gesuche. 15. Eingabe der Firma Franz Werndl in Unterhimmel um Pauschalierung der Mautgebühren pro 1904. 16. Monturs=Eingabe pro 1904. IV. Sektion. (Sektions=Sitzung Dienstag 3 Uhr nach¬ mittags). 17. Zuschrift des k. k. Stadtschulrates Steyr betreffs Ueber¬ nahme des entfallenden Kosten=Beitrages der Stadtgemeinde zur Errichtung eines Fortbildungskurses (IV Klasse) an der Mädchen¬ bürgerschule in Steyr. 18. Ansuchen des Leiters der Mädchenvolksschule in der Aichetgasse um Mitbeheizung seiner Wohnung aus dem Heizungs¬ materiale der Schule. 19. Verleihung einer Simon Zachhuber'schen Seidenstrumpf¬ wirkerpfründe. Gegenwärtig: Der Vorsitzende: Herr Bürgermeister Viktor Stigler. Der Vize=Bürgermeister Herr Franz Lang. Die Herren Gemeinde¬ räte: Edmund Aelschker, Dr. Franz Angermann, Leopold Anzen¬ gruber Gottlieb Bruckschweiger, Alexander Busek Ferdinand Gründler, Josef Hack Karl Heindl, Josef Hiller, Josef Huber, Johann Kollmann, Leopold Köstler, Dr. August Redtenbacher, Ferdinand Reitter, Josef Schachinger, Rudolf Sommerhuber, Anton Stippl und Josef Tureck. Ferner sind anwesend: Herr Stadtrat Franz Gall und als Schriftführer Herr Franz Schmidbauer. Entschuldigt sind die Herren Gemeinderäte Ferdinand Handstanger, Mathias Perz, Otto Schönauer und Gottfried Sonnleitner. Der Herr Vorsitzende konstatiert die Beschlußfäyigkeit des Gemeinderates, ersucht um die Verifikation dieses Protokolles die Herren Gemeinderäte Anzengruber und Bruckschweiger und erklärt um 3 Uhr nachmittags die Sitzung für eröffnet. Der Herr Stadtrat Franz Gall erstattet folgende Mit¬ teilungen: 1. Seine k. u. k. Apostolische Majestät haben mit Aller¬ höchster Entschließung vom 22. Dezember 1903 dem vom Land¬ tage des Erzherzogtums Oesterreich ob der Enns beschlossenen Entwurf eines Gesetzes, womit mehrere Bestimmungen des Gemeinde=Statutes der Stadt Steyr vom 18. Jänner 1867, L.=G.=Bl. Nr. 8, abgeändert werden, die Allerhöchste Sanktion allergnädigst zu erteilen geruht. Zur Kenntnis. — Z. 1231. 2. Seine k. u. k. Apostolische Majestät haben mit Aller¬ höchster Entschließung vom 16. Dezember 1903 den Beschluß des o.=ö. Landtages vom 3. November 1903, womit den Gemeinden Steyr, Garsten und St. Ulrich die Bewilligung zur Weiter¬ einhebung der bestehenden Mautgebühr am Gehstege bei der Eisenbahnbrücke nächst Garsten mit den in der Statthalterei¬ Kundmachung vom 31. Dezember 1883 (L.=G. u. V.=Bl. Nr. 2 ex 1884) festgesetzten Mautgebühren und bei Aufrechthaltung der in den §§ 17 und 18 des Gesetzes vom 26. August 1891 (R.=G.=Bl. Nr. 140) festgesetzten Mautbefreiungen auf weitere fünf Jahre, das ist bis 31. Dezember 1908, erteilt wird, mit dem ausdrücklichen Beisatze allergnädigst zu genehmigen geruht, daß bezüglich der Mautbefreiungen jene Bestimmungen in An¬ wendung zu kommen haben, welche für die nunmehr aufge¬ hobenen ärarischen Mauten in den §§ 17 und 18 des Gesetzes vom 26. August 1891, R.=G.=Bl. Nr. 140, festgesetzt waren. Zux Kenntnis. — Z. 1254. 3. Die städtische Rechnungskanzlei berichtet, daß sich das Reinerträgnis der in eigener städt. Regie besorgten Einhebung der hiesigen Mauten und Gefälle im abgelaufenen Jahre 1903 auf 34.109 K 73 h belief. Dasselbe weist gegenüber dem Vor¬ jahre einen Mehrerfolg von 1775 K 77 k und gegenüber dem seinerzeitigen Pachtschillinge eine Mehreinnahme von 9610 K 66 h aus. Zur Kenntnis. — Z. 1441. 4. Franz Bräcklein dankt für seine Anstellung als Auf¬ sichtsorgan zur Erbauung der Korps=Artillerie=Kaserne. Zur Kenntnis. Hierauf Erledigung der Tagesordnung. I. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Dr. Franz Angermann. 1. (Vertraulich.) Gesuche um Aufnahme in den Gemeindeverband und Bürgerrechts=Verleihung. 2. (Vertraulich.) Personalansuchen. Die Punkte 1 und 2 werden vertraulich behandelt.

2 3. Abgabe einer Aeußerung über das Gesuch der Friseurgehilfen betreffs der Sonntagsruhe. Der Herr Referent trägt vor: Die k. k. Statthalterei in Linz hat die Eingabe der Friseur¬ gehilfen in Steyr um Gestattung der Sonntagsruhe im Friseur gewerbe in der Weise, daß die Geschäfte nicht vor 6 Uhr eröffnet und um 12 Uhr mittags geschlossen werden, zur Einholung der Aeußerung der Genossenschaft der Friseure sowie zur Abgabe eines Gutachtens seitens des Gemeinderates der Stadtgemeinde Steyr übermittelt. Das Gutachten der Genossenschaft geht dahin, daß die Offenhaltung der Friseurgeschäfte an Sonntagen über 12 Uhr mittags in Steyr eine Notwendigkeit sei, weil viele Arbeiter an Sonntagen bis 12 Uhr mittags arbeiten müssen und erst nach dem Essen zum Friseur gehen und daß daher die Sperrung der Friseurgeschäfte um 12 Uhr mittags eine Schädigung der Fri¬ seure bedeuten würde. Der Herr Referent stellt namens der Sektion folgenden Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle die Abgabe folgenden Gut¬ achtens beschließen: In Erwägung der von der Friseurgehilfen=Versammlung für die Bewilligung ihres Ansuchens wegen Schließung der Friseurgeschäfte an Sonntagen von 12 Uhr mittags angefangen, geltend gemachten Gründe, sowie in Anerkennung der von der Genossenschaft der Friseure für die Offenhaltung der Geschäfte an Sonntagen bis 2 Uhr nachmittags gutächtlichen Aeußerungen, spricht sich der Gemeinderat mit Rücksicht auf die in Steyr ob¬ waltenden auf die Friseurgeschäfte Bezug und Einfluß habende Verhältnisse dahin aus, daß es sich empfehlen würde, einerseits die von den Friseurgehilfen erwünschte Sonntagsruhe für dieselben von 12 Uhr mittags angefangen eintreten zu lassen, andererseits aber soll es dem Geschäftsinhaber freistehen, sein Geschäft auch über diese Stunde an Sonntagen offen zu halten und dasselbe auszuüben. Dadurch glaubt der Gemeinderat den Anforderungen der Gehilfen und denen der Geschäftsinhaber möglichst entgegenzu¬ kommen, während in dem Falle als nur dem Begehren der Ge¬ hilfen entsprochen würde, nach Anschauung des Gemeinderates jedenfalls eine Schädigung der Geschäftsinhaber eintreten würde, wenn dieselben gezwungen würden, ihre Geschäfte an Sonntagen um 12 Uhr mittags zu schließen. Wird ohne Debatte einstimmig angenommen. — Z. 25.363. 4. Rekurse gegen Armenrats=Entscheidungen. a) Liegt vor der Rekurs des Wenzel Pawlitschko gegen die Entscheidung des städt. Armenrates vom 23. Oktober 1903, Z. 21.613, wegen verweigerter Unterstützung. Der Herr Referent stellt namens der Sektion folgenden Antrag: Nachdem nach den gepflogenen Erhebungen Gesuchsteller 8 K von der Krankenkasse und 20 K von der Waffenfabrik, usammen 28 K monatlich bezieht, seine Tochter, die bei ihm lebt, 16 K pro Monat verdient, daher zusammen 44 K Ein¬ kommen sich ergibt, beantragt die Sektion: Der löbl. Gemeinde¬ rat wolle beschließen: Es werde dem Rekurse keine Folge gegeben. Einstimmig nach Antrag. — Z. 23.028. „ Liegt vor der Rekurs des Friedrich Wiesner pens. Kanzlist in Linz, gegen die Entscheidung des städt. Armenrates vom 26. November 1903, Z. 23.709, womit seinem Ansuchen um Gewährung einer freien Wohnung keine Folge gegeben wurde, weil derselbe ein jährliches Einkommen von 600 K bezieht. Der Herr Referent stellt namens der Sektion folgenden Antrag: Da die Gründe der Abweisung der ersten Instanz durch die Rekursausführungen nicht entkräftet wurden, wolle der löbl. Gemeinderat beschließen: Es werde dem Rekurse des Friedrich Wiesner keine Folge gegeben. Einstimmig nach Antrag. — Z. 27.397. c) Liegt vor der Rekurs des Michael Hack, Unterstandler des Herrenhauses, gegen die Entscheidung des städt. Armenrates vom 26. November 1903, Z. 24.860, womit sein Ansuchen um Erhöhung der Unterstützung abgewiesen wurde. Der Herr Referent stellt namens der Sektion folgenden Antrag: Mit Rücksicht darauf, daß Gesuchsteller außer der Unter¬ stützung von monatlich 4 K freien Unterstand und Mittagskost bezieht, erscheint die Abweisung des städt. Armenrates vollkommen begründet. Der löbl. Gemeinderat wolle daher beschließen: Es werde dem Rekurse des Michael Hack gegen die Entscheidung des tädt. Armenrates vom 23. November 1903, Z. 27.860, aus den Gründen der ersten Instanz keine Folge gegeben. Einstimmig nach Antrag. — Z. 27.028. 5. Wahl von Vertrauensmännern in die Per¬ sonaleinkommensteuer= Schätzungskommission. Der Herr Referent verliest die Zuschrift der k. k. Bezirks¬ hauptmannschaft Steyr worin dieselbe um Bekanntgabe von 20 durch den Gemeinderat zu wählenden Vertrauensmännern für die Personaleinkommensteuer=Schätzungskommission ersucht Bisher haben als Vertrauensmänner fungiert die Herren: Leopold Anzengruber, Leopold Köstler, Johann Hettl, Josef Duffek, Leopold Haller, Rudolf Sommerhuber, Josef Peteler, Gottlieb Bruckschweiger, Ferdinand Reitter, Josef Landsiedl, Johann Paarfusser, Anton v. Jäger, Alexander Busek, Josef Hiller Ferdinand Löhnert, Josef Tureck, Franz Mayrhofer, Simon Pramendorfer, Felix Singhuber. Der Herr Referent stellt namens der Sektion folgenden Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle die vorgenannten vom Ge¬ meinderate bisher namhaft gemachten Vertrauensmänner, welche in dem vorgelegten Verzeichnisse aufscheinen, wieder namhaft machen und an Stelle des verstorbenen Herrn Johann Amort Herrn Dr. August Redtenbacher wählen. Einstimmig nach Antrag. — Z. 235. 6. Revision der Geschäftsordnung des Gemeinde¬ rates. Der Herr Referent trägt vor: Löblicher Gemeinderat der landesfürstl. Stadt Steyr: Laut § 98 des Gemeinde=Statutes der Stadt Steyr wird die Art der Geschäftsführung des Gemeinderates durch eine eigene, innerhalb der Grenzen des Gemeinde=Statutes selbständig zu beschließende und nach Umständen beliebig abzuändernde „Geschäftsordnung“ bestimmt. Die bestehende Geschäftsordnung wurde in der Sitzung des Gemeinderates vom 5. Februar 1869 beschlossen. Seither sind nahezu 35 Jahre verflossen und hat seither das parlamentarische Leben, dessen Gewohnheiten und Ein¬ richtungen, nach welchen sich auch die Geschäftsordnungen der Vertretungskörper der Gemeinde bildeten, erweiterten und re¬ julierten, mannigfache Aenderungen erfahren, insbesondere aber dann, wenn durch Aenderungen der Wahlordnungen auch nummerische Verschiebungen in der Anzahl der Mitglieder der Vertretungskörper eingeführt wurden, welche auf so wichtigen und prinzipiellen Fragen der Beschlußfähigkeit der Vertretungskörper auf die Frage über Abstimmung und Voraussetzungen zum Zu¬ standekommen eines giltigen Beschlusses, auf die Bildung von Kommissionen, Sektionen 2c. von bestimmendem Einflusse sind. Infolge des mit Gemeinderatsbeschluß vom 21. Juni 1901 beschlossenen Gesetzes betreffend die Abänderung der Bestimmun¬ gen des Gemeinde=Statutes der Stadt Steyr über die Gemeinde¬ wahlordnung, welches nach den Mitteilungen von heute die kaiserliche Sanktion erhalten hat und somit mit der Kundmachung in Wirkung tritt, ist auch für den Gemeinderat von Steyr die Notwendigkeit eingetreten, die alte, seit 35 Jahren bestehende Geschäftsordnung einer gründlichen Revision zu unterziehen und dabei alle jene Aenderungen und Neueinführungen in Anwendung zu bringen, welche nach den im allgemeinen heute geltenden parlamentarischen Regeln und nach der durch die neue Ge¬ meindewahlordnung geschaffenen Sachlage im Interesse einer anstandslosen, regelmäßigen und erfolgreichen Erledigung der zahlreichen und wichtigen Agenden des Gemeinderates geboten erscheinen. Deshalb wurde seitens des Herrn Bürgermeisters im Sinne des § 10 der G.=O. die Revision der Geschäftsordnung auf die Tagesordnung gesetzt und hat die 1. Sektion den den Herren Gemeinderäten vorgelegten Entwurf der neuen Geschäftsordnung für den Gemeinderat der landesfürstlichen Stadt Steyr beraten und stellt dieselbe den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle die vorgelegte Geschäfts¬ ordnung für den Gemeinderat der landesfürstlichen Stadt Steyr im Sinne des § 98 G.=St. genehmigen und beschließen, daß diese neue Geschäftsordnung mit der Konstituierung des Gemeinde¬ rates nach den Neu= und Ersatzwahlen 1904 in Wirksamkeit zu treten habe. Nachdem sich über Anfrage des Herrn Vorsitzenden der Gemeinderat einstimmig bereit erklärte, auf die Beratung der neuen Geschäftsordnung für den Gemeinderat im Prinzipe ein¬ zugehen, wird noch beschlossen, nicht über jeden einzelnen Para¬ graphen der Geschäftsordnung abzustimmen, es sei denn, daß Abänderungs=Anträge gestellt werden, sondern über den ganzen Inhalt derselben, und daß somit jeder einzelne Paragraph als angenommen gilt, sobald eine Einwendung nicht erhoben oder ein Gegenantrag nicht gestellt wird; wonach Herr Referent dieselbe zur Verlesung bringt und welche lautet: Geschäftsordnung für den Gemeinderat der l. f. Stadt Steyr. § 1. Der Gemeinderat kann sich nur über Einberufung des Bürgermeisters oder bei dessen Verhinderung seines Stellver¬ treters versammeln. Der Bürgermeister oder dessen Stellvertreter führt in den Sitzungen den Vorsitz. Jede Sitzung, bei welcher dies nicht der Fall ist, ist ungesetzlich und es sind die gefaßten Beschlüsse ungiltig. § 2. Die ordentlichen Sitzungen des Gemeinderates finden in der Regel monatlich einmal statt. Jedoch steht es dem Bürger¬ meister oder bei seiner Verhinderung dessen Stellvertreter frei, nach Maßgabe der zu erledigenden Geschäftsstücke im Monate auch zwei oder mehrere außerordentliche Sitzungen einzuberufen. Die Einberufung erfolgt schriftlich unter Angabe der Tagesordnung nach den Bestimmungen des § 22 G.=O. § 3. Der Bürgermeister oder bei seiner Verhinderung dessen Stellvertreter ist verpflichtet, eine außerordentliche Sitzung ein¬ zuberufen, wenn dieses von wenigstens einem Dritteil der Ge¬ meinderäte unter Angabe des Verhandlungs=Gegenstandes schrift¬ lich verlangt wird.

§ 4. Die Sitzungen des Gemeinderates sind in der Regel öffentlich, doch kann ausnahmsweise über Antrag des Bürger¬ meisters oder über Antrag von wenigstens fünf Gemeinderäten die Ausschließung der Oeffentlichkeit der Sitzungen beschlossen werden mit Ausnahme jener, in welchen die Gemeinde=Rechnun¬ gen und der Gemeinde=Voranschlag verhandelt werden. § 5. Die Zuhörer haben sich jeder Aeußerung zu enthalten. Wenn sich dieselben herausnehmen, die Beratungen des Gemeinde¬ rates zu stören oder die Freiheit desselben zu beeinträchtigen, ist der Vorsitzende berechtiget und verpflichtet, nach vorausge¬ gangener fruchtloser Ermahnung die Zuhörer aus dem Sitzungs¬ saale entfernen zu lassen. Der Eintritt in den Sitzungssaal ist nur erwachsenen Per¬ sonen nach Zulänglichkeit des Raumes gestattet. § 6. Die Gemeindebeamten haben über Anordnung des Vor¬ sitzenden in der Sitzung anwesend zu sein und über Aufforderung desselben von Fall zu Fall die erforderlichen Auskünfte zu geben. 8 7. Mit Ausnahme von Verhinderungsfällen haben die Mit¬ glieder des Gemeinderates bei den Sitzungen regelmäßig zu erscheinen und ist ihnen ohne Urlaub oder Entschuldigung nicht gestattet, von der Sitzung wegzubleiben. § 8. Urlaubsgesuche für die Dauer eines Monates kann der Bürgermeister, längere Urlaube jedoch hat der Gemeinderat zu bewilligen. Von jeder Urlaubs=Erteilung hat der Vorsitzende dem Gemeinderate Mitteilung zu machen. § 9. Jeder Gemeinderat ist verpflichtet, unmittelbar nach seinem Eintritte in den Gemeinderat in öffentlicher Sitzung ein Gelöbnis abzulegen des Inhaltes: „Dem angestammten Kaiserhause und dem Vaterlande jederzeit unbedingt die Treue zu bewahren, den österreichischen Staatsgedanken stets hochzuhalten und den Bestimmungen des Gemeinde=Statutes der l. f. Stadt Steyr und der Geschäfts¬ ordnung des Gemeinderates stets nachzukommen.“ Das Gelöbnis ist mit den Worten: „Ich gelobe“ zu leisten. Ein Gelöbnis unter Bedingungen oder mit Zusätzen gilt als verweigert. § 10. Der Bürgermeister oder in seiner Verhinderung dessen Stellvertreter leitet die Verhandlung und hat die Pflicht, dafür zu sorgen, daß nur solche Angelegenheiten der Beratung und Beschlußfassung des Gemeinderates unterzogen werden, welche in den Wirkungskreis der Gemeinde gehören. Derselbe hat weiters für die Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung während der Sitzungen zu sorgen und hat Unge¬ hörigkeiten, die während der Verhandlung vorkommen, durch Mahnungen, Rügen und Verweisung zur Ordnung und Ent¬ ziehung des Wortes zu ahnden. Sollte ein Mitglied des Gemeinderates durch sein Ver¬ halten während der Sitzung das nach § 9 geleistete Gelöbnis gebrochen haben, so hat der Vorsitzende sofort die Einberufung des Disziplinar=Ausschusses zu verfügen. Es kann aber auch die Einberufung des Disziplinar=Ausschusses von jedem Mitgliede des Gemeinderates verlangt werden, über welchen Antrag sogleich ohne Debatte abzustimmen ist. Behufs Einberufung des Disziplinar=Ausschusses ist die Sitzung zu unterbrechen und hat sich sofort der Disziplinar¬ Ausschuß zu versammeln. Derselbe muß ohne Verzug über die Angelegenheit seinen Beschluß fassen und ist dieser Beschluß sogleich in wiedereröffneter Sitzung des Gemeinderates zu ver¬ künden. Der Disziplinar=Ausschuß ist berechtiget, auf Ausschluß des betreffenden Gemeinderats=Mitgliedes von dieser, im äußersten Falle auch von den nächstfolgenden drei Sitzungen zu erkennen. Einem solchen Ausspruche des Disziplinar=Ausschusses hat sich das ausgeschlossene Mitglied des Gemeinderates unbedingt zu fügen, widrigens dasselbe seines Amtes verlustig wird und in dem Zeitraume von zwei Jahren nicht wieder gewählt werden kann. Jeder solche Ausschluß muß in öffentlicher Sitzung bekannt gegeben werden. § 11. In der Regel müssen alle Angelegenheiten und Geschäfts¬ stücke, welche nach dem Gesetze in den Wirkungskreis des Gemeinde¬ rates gehören, ehevor sie zur Gemeinderats=Sitzung gelangen, in der betreffenden Sektions=Sitzung vorberaten und mit einem aus¬ gearbeiteten Antrag zur Gemeinderats=Sitzung gebracht werden. Diese also vorbereiteten Geschäftsstücke bilden die Tagesordnung der nächsten Gemeinderats=Sitzung. § 12. Zum Zwecke dieser Vorberatung und Ausarbeitung der Geschäftsstücke für den Vortrag in der künftigen Gemeinderats¬ Sitzung teilen die sämtlichen Gemeinderäte sich in die Geschäfte nach vier Abteilungen (Sektionen), so daß jeder Gemeinderat sich mindestens in einer Sektion verwenden lassen muß. § 13. Die vier Sektionen sind folgende: I. Sektion. Für die innere Verwaltung. Dahin gehören: 1. Die Uebersicht der Geschäftsführung der Gemeinde=Ver¬ waltungs=Organe (§ 59). 2 Die Ueberwachung der Gemeinde=Unternehmungen (§ 61). 3. Die Ueberwachung der Aufrechthaltung der Lokalpolizei (§ 56). 4. Aufnahme in den Gemeindeverband (§ 4). 5. Verleihung des Bürger= und Ehrenbürgerrechtes (§§ 7 u. 9). 6. Entscheidung über den Verlust des Bürgerrechtes (§ 7) und über das Verhältnis der Auswärtigen (§ 15). 7. Alle auf den Gemeindeverband sich beziehenden Angelegen¬ heiten (§ 47, Abs. 1). 8. Die Erledigung aller Angelegenheiten, welche sich auf die Sicherheit der Person und des Eigentumes, die Lebensmittel¬ Polizei, die Ueberwachung des Marktverkehres, insbesondere die Aufsicht auf Maß und Gewicht, die Gesundheits=Polizei, die Gesinde= und Arbeiter=Polizei und die Handhabung der Dienstboten=Ordnung und die Sittlichkeits=Polizei beziehen. Abs. 2, 4, 5, 6, 7 und 12 des § 47). 9. Die Ausübung des Petitionsrechtes (§ 59 des Statutes) 10. Die Prüfung der Berufungen gegen die Amtshandlungen des Bürgermeisters in Gegenständen des selbständigen Wirkungskreises (§ 64 des Statutes). 11. Prüfung des Wahlergebnisses nach § 38 des G.=St. 12. Die Entscheidung über die Annahme des Mandates und dessen Ablehnung (§ 39). 13. Anträge über die Anstellung, über die Bezüge, über Syste¬ misierung, Pensionierung und Entlassung von Beamten und Dienern der Stadtgemeinde. 14. Die Bewilligung zur Eingehung und Auflösung von Ver¬ trägen. 15. Die Einleitung und Aufhebung von Rechtsstreiten, die Ab¬ schließung von Vergleichen und Bestellung eines Rechts¬ anwaltes. II. Sektion. Für den städtischen Haushalt. Dahin gehören: 1. Die Ordnung und Ueberwachung des städt. Haushaltes, des Stammgutes und Stammvermögens der Gemeinde. 2. Die Vorsorge für die Bedeckung eines im Jahresvoranschlage nicht vorgesehenen Abganges oder einer solchen Auslage. 3. Die Aufnahme von Darlehen, die Verpfändung des Gemeinde¬ Vermögens und die Leistung von Bürgschaften im Interesse der Gemeinde. 4. Die Prüfung und Erledigung der Jahresrechnung (§ 50). 5. Die Antragstellung zur Abschreibung von zweifelhaften und uneinbringlich gewordenen Forderungen und Nachsicht von Ersätzen (§ 51). 6. Die Beaufsichtigung der Kassen und deren Skontrierung (§ 60). 7. Die Antragstellung über den Gehalt des Bürgermeisters und die Gebühren der Gemeinderäte (§ 44). Ueberwachung der städt. Mauten und Gefälle. III. Sektion Städtisches Bauwesen. Dahin gehören: 1. Die Erhaltung der städt. Gebäude und deren Inventarial¬ stücke und die städt. Gründe. 2. Ueberwachung der Gemeindebauten. 3. Einkauf und Verkauf von Materialien jeder Art zum Zwecke baulicher Herstellungen innerhalb der Grenzen des Präli¬ minares oder der vom Gemeinderate hiezu bestimmten Beträge. 4. Die Kontrolle der bauämtlichen Rechnungen 5. Die Vorsorge für die Pflasterung, Erhaltung der Straßen, Gassen und Wege der Gemeinde, für die öffentliche Be¬ leuchtung, ferners die Ueberwachung des Kanalwesens, der städt. Brücken, Brunnen und Wasserleitungen, sowie der sonstigen öffenlichen Anlagen und die Ueberwachung der Badeanstalten. 6. Die Handhabung der Feuerpolizei= und Bauordnung und die Vorerhebungen zur Erteilung der Baubewilligungen § 47, Abs. 10). 7. Die Vorsorge für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehres auf Straßen und Gewässern; die Fluren=Polizei (§ 47, Abs. 3). IV. Sektion. Kultus=, Unterrichts= und Humanitätswesen. Dahin gehören alle Gegenstände: 1. Der Armenpflege (§ 54). 2. Des Lokal= Sanitätswesens. 3. Der Verwaltung der Stiftungen (§ 53 G.=St.) 4. Der Schul=, Kirchen= und Spitals=Angelegenheiten. § 14. Dem Bürgermeister steht das Recht zu, jeden Gemeinderat einer dieser Sektionen zuzuweisen, und er hat sich dabei auf diesfällige Wünsche und Qualisikation eines Gemeinderates für dieses oder jenes der obigen vier Hauptsächer zu richten. Werden gegen die Zusammensetzung der Sektionen Einwendungen gemacht, so entscheidet hierüber der Gemeinderat.

§ 15. Der Bürgermeister bestimmt nach dem Umfange der Geschäfte, wie viele Gemeinderäte in einer jeden der vier Sektion verwendet werden sollen. § 16. Die Mitglieder einer jeden Sektion wählen aus ihrer Mitte einen Obmann (Berichterstatter) und dessen Stellvertreter. Derselbe hat in der Sektionssitzung die Berichterstattung zu führen und die gefaßten Beschlüsse und Anträge samt deren Motivierung in der nächsten Gemeinderats=Sitzung vorzutragen. Die Einbe¬ rufung und Leitung der Sektions=Sitzungen hat durch den Bürgermeister oder bei seiner Verhinderung durch dessen Stell¬ vertreter zu erfolgen. § 17. Findet der Gemeinderat in einzelnen besonders wichtigen Fällen Spezial=Kommissionen für notwendig, so erfolgt deren Zusammensetzung durch Wahl ohne Rücksicht auf die ständigen Abteilungen. Die Anzahl der Mitglieder derselben darf jedoch 10 nicht überschreiten. Zur Beratung des Gemeinde=Voranschlages, zur Erledi¬ gung von Spitals=Angelegenheiten und zur Beschlußfassung in Disziplinarsachen sind derartige ständige Kommissionen jedes Jahr in der konstituierenden Sitzung des Gemeinderates zu wählen. Die Spezial=Kommissionen wählen einen Gemeinderat zum Berichterstatter, welcher die Ergebnisse der Kommissions=Beratung in der Gemeinderats=Sitzung vorzutragen hat. § 18. In Kommissions= und Sektions=Beratungen entscheidet die relative Stimmenmehrheit, und es hat daher bei Verschiedenheit der Meinungen jener Antrag als Sektionsbeschluß zu gelten, welcher die mehreren Stimmen für sich hat. § 19. Der Bürgermeister hat die Tätigkeit der Sektionen zu überwachen und jede Geschäftsverzögerung abzustellen. § 20. Zur Beschlußfähigkeit des Gemeinderates ist, insoweit das Gemeinde=Statut nicht eine andere Bestimmung festsetzt, die An¬ wesenheit von mindestens 15 Mitgliedern erforderlich. Zur giltigen Beschlußfassung betreffend die Verfügung über das Gemeindevermögen, die Auflage von Steuern, Umlagen und Zuschlägen, betreffend die Aufnahme von Darlehen (§ 50 G.=St. wird aber die Anwesenheit von mindestens zwei Drittel der Ge¬ meinderatsmitglieder gefordert. Ebenso auch zur Abänderung dieser Geschäftsordnung nach § 50 G.=O. § 21. Zu einem giltigen Beschlusse des Gemeinderates ist in der Regel die absolute Stimmenmehrheit der anwesenden Mitglieder des Gemeinderates erforderlich In den Fällen des § 20, Abs. 2, wird jedoch zum giltigen Beschlusse die absolute Mehrheit aller Gemeinderatsmitglieder also mindestens von 15 der anwesenden Mitgliedern gefordert (§ 50 G.=St. u. G=O.) § 22. Der Bürgermeister oder bei seiner Verhinderung dessen Stellvertreter hat die Tagesordnung jeder Sitzung zu bestimmen und muß dieselbe bei ordentlichen Sitzungen mindestens drei Tage, bei außerordentlichen Sitzungen mindestens 24 Stunden vor der Sitzung jedem Mitgliede des Gemeinderates zugestellt werden. In dringenden Fällen kann diese Frist bis auf min¬ destens sechs Stunden abgekürzt werden. § 23. Die Sitzung beginnt mit den Mitteilungen des Vorsitzenden. Dann werden die Einläufe entweder im Auszuge bekannt gegeben oder über Beschluß der Versammlung ihrer vollen Aus¬ dehnung nach vorgelesen. Hierauf werden die noch nicht erledigten Interpellationen durch den Vorsitzenden beantwortet. Sohin erfolgt die Verlesung der seit der letzten Sitzung eingebrachten Interpellationen und eventuell deren Beantwortung. Sodann werden die von den Mitgliedern des Gemeinde¬ rates gestellten Anträge nach der Reihenfolge ihrer Uebergabe mitgeteilt. Anträge, deren dringliche Erledigung begehrt wird, sind ausdrücklich als „Dringlichkeits=Anträge“ zu bezeichnen Der Vorsitzende ist berechtigt, zu verfügen, daß die Ver¬ lesung der Begründung von Interpellationen und Anträgen zu entfallen habe. Interpellationen und Anträge, welche nicht in den Wirkungs¬ kreis des Gemeinderates gehörige Angelegenheiten betreffen oder überhaupt Ungehörigkeiten enthalten, sind unzulässiig und hat der Vorsitzende zu verfügen, daß deren Verlesung nicht erfolgt. Die Anträge — soweit dieselben nicht als „dringlich“ be¬ zeichnet sind — werden den bezüglichen Sektionen zur Vorbera¬ tung zugewiesen und seitens des Bürgermeisters oder dessen Stellvertreters auf die Tagesordnung der nächsten oder einer der nächsten Sitzungen gesetzt. § 24. Interpellationen und Anträge müssen stets schriftlich min¬ destens eine Viertelstunde vor dem Beginn der Sitzung dem Vor¬ sitzenden übergeben werden, widrigens dieselben erst in der nächsten Sitzung zur Mitteilung gebracht werden. Auträge müssen außer vom Antragsteller von wenigstens noch 5 Mitgliedern des Gemeinderates unterfertigt sein. Wird die dringliche Behandlung eines Antrages begehrt, so müssen dieselben außer vom Antrag¬ steller noch von mindestens 10 Mitgliedern unterfertigt sein, aus¬ genommen im Falle des § 28 G.=O. § 25. Ueber Interpellationen und deren Beantwortung ist eine Debatte unzulässig. Dieselben können in der Sitzung, in welcher sie eingebracht wurden, müssen aber in der nächstfolgenden Sitzung beantwortet werden. § 26. Nach Bekanntgabe der Mitteilungen, nach Erledigung der Interpellationen und nach Verlesung der Anträge werden die Dringlichkeits=Anträge in Verhandlung gezogen. S 27. Vor allem haben die Antragsteller von Dringlichkeits=An¬ trägen nach der Reihenfolge der Uebergabe ihrer Anträge die dringliche Behandlung des Gegenstandes zu begründen und sich hiebei lediglich auf die Darlegung jener Gründe zu beschränken, aus welchen sich die Dringlichkeit der Erledigung der Anträge ergeben soll. Debatten über den dem Dringlichkeits=Antrage zu Grunde liegenden Verhandlungsgegenstand sind unzulässig und vom Vor¬ sitzenden nicht zuzulassen. Wird nach geschlossener Debatte über die Dringlichkeit des Antrages die Dringlichkeit desselben seitens der Versammlung nicht anerkannt, so ist dieser Antrag gemäß § 23 der bezüglichen Sektion zur Vorberatung zuzuweisen und auf die Tagesordnung der nächsten oder eine der nächsten Sitzungen zu setzen. Wenn der Gemeinderat jedoch der Dringlichkeit durch Be¬ schluß zustimmt, so ist dann sofort die weitere Erledigung des beantragten Gegenstandes im Sinne der nachfolgenden Bestim¬ mungen zu veranlassen. § 28. Wenn in der Zeit zwischen der Feststellung der Tages¬ ordnung und dem Sitzungsbeginne Verhandlungs=Gegenstände zugewachsen sind, welche nach dem Beschlusse der bezüglichen Sektion eine dringliche Erledigung noch in derselben Sitzung er¬ heischen, so kann ohne der gemäß § 24 sonst vorgeschriebenen schriftlichen Ueberreichung auf Antrag des Sektions=Referenten auch während der Erledigung der Tagesordnung über die dring¬ liche Behandlung dieses Gegenstandes verhandelt und Beschluß gefaßt werden Der zu beobachtende Vorgang während dieser Verhandlung richtet sich nach den Bestimmungen des § 27 und den folgenden Vorschriften. § 29. Nach Erledigung der Dringlichkeits=Anträge im Sinne des § 27 wird zur Tagesordnung übergegangen. n der Regel sind die Gegenstände der Tagesordnung in der Reihenfolge in Verhandlung zu ziehen, in welcher dieselben in der Einberufung zur Sitzung angeführt sind. Der Vorsitzende ist jedoch berechtigt, wenn es wegen Dring¬ lichkeit oder Wichtigkeit einzelner Geschäfte geboten erscheint, von dieser Reihenfolge abzugehen und die frühere resp. spätere Be¬ handlung der auf der Tagesordnung stehenden Verhandlungs¬ gegenstände zu verfügen. § 30. Der Vorsitzende leitet die Verhandlung derart, daß er zunächst dem Berichterstatter der betreffenden Sektion oder Kommission oder dem selbständigen Antragsteller und sohin den übrigen Mitgliedern des Gemeinderates und zwar in der Reihen¬ folge das Wort erteilt, in welcher sich dieselben gemeldet haben. Jedem Redner steht es frei, seine Stelle in der Reihenfolge mit der eines später gemeldeten Redners zu vertauschen. § 31. In der Regel darf ein Mitglied des Gemeinderates in der Verhandlung über einen und denselben Gegenstand nur zweimal das Wort erhalten. Hievon sind ausgenommen und kann das Wort auch öfter als zweimal gegeben werden: 1. Dem Berichterstatter oder selbständigen Antragsteller, welchem auch stets das Schlußwort gebührt. 2. Jenen Mitgliedern, welche den Schluß der Debatte oder den Uebergang zur Tagesordnung beantragen, dieselben haben aber sich nur auf diese Anträge zu beschränken und ist deren Begründung unzulässig. 3. Jenen Mitgliedern, welche eine Tatsache oder persönliche Beziehung berichtigen wollen. Diese Berichtigungen sind nach dem Schlußworte des Berichterstatters oder selbständigen Antragstellers vorzu¬ bringen.

5 § 32. Den Sprechern in der Debatte ist die Ablesung von schrift¬ lichen Aufsätzen nicht erlaubt. Dagegen sind den Berichterstattern der Sektionen oder Kommissionen, sowie den selbständigen Antragstellern schriftliche Vorträge gestattet. § 33. Der Vorsitzende hat die Debatte zu leiten, ohne an der¬ selben sich zu beteiligen, wohl aber obliegt es ihm, tatsächliche Richtigstellungen zu geben. Wenn er an der Debatte teilnehmen will, oder wenn An¬ träge den Gegenstand der Verhandlung bilden, welche er selbst gestellt hat, muß er den Vorsitz bis nach erfolgter Abstimmung an seinen Stellvertreter abgeben. § 34. Wenn die dienstliche Wirksamkeit des Vorsitzenden oder eines Mitgliedes des Gemeinderates den Gegenstand der Beratung und Beschlußfassung bildet, haben sich die Beteiligten der Ab¬ timmung zu enthalten, müssen jedoch der Sitzung, wenn es ge¬ fordert wird, zur Erteilung der gewünschten Auskünfte beiwohnen. § 35. So oft ein besonderes Vermögens= oder sonstiges Privat¬ interesse eines Mitgliedes des Gemeinderates, seiner Ehegattin, oder seiner Verwandten oder Verschwägerten bis einschließlich zum zweiten Grade einen Gegegenstand der Verhandlung bildet, hat das betreffende Mitglied abzutreten. § 36. Anträge auf Schluß der Debatte sind sofort, Anträge auf einfache Vertagung oder auf Uebergang zur Tagesordnung sind nach Anhörung des Berichterstatters oder selbständigen Antrag¬ tellers, ohne daß eine Debatte zulässig ist, zur Abstimmung zu bringen. § 37. Wenn ein Antrag auf Schluß der Debatte angenommen worden ist, kann sich niemand mehr zum Worte melden und es erhalten nur die bis dahin angemeldeten Redner das Wort. Es kann aber der Antrag gestellt werden, daß General¬ redner gewählt werden. Wird ein solcher Antrag, über welchen sofort ohne Debatte abzustimmen ist, angenommen, so wählen die für und die gegen den zu erledigenden Antrag angemeldeten Redner, die bis dahin nicht zum Worte gekommen sind, aus ihrer Mitte je einen Generalredner mit absoluter Stimmen¬ mehrheit. Kommt eine solche nicht zustande, so entscheidet das Los. Nachdem die Generalredner gesprochen haben, erhält der Berichterstatter oder selbständige Antragsteller das Wort. § 38. Wenn zu einem in Verhandlung stehenden Gegenstande niemand mehr das Wort begehrt, ohne daß ein Antrag auf Schluß der Debatte gestellt worden wäre, hat der Vorsitzende die Debatte für geschlossen zu erklären und erteilt dem Bericht¬ erstatter oder selbständigen Antragsteller das Schlußwort. § 39. Nach Beendigung der Debatte hat der Vorsitzende die zur Abstimmung zu bringenden Fragen zu formulieren und der Versammlung vorzutragen. Ueber die Art der Fragestellung kann, wenn die Formu¬ lierung von der des Sektions= oder Kommissions=Antrages oder des selbständig gestellten Antrages abweicht, das Wort begehrt werden und es ist hierüber eine Debatte zulässig, welche durch Abstimmung entschieden werden muß. § 40. Gegenanträge gegen den in Verhandlung befindlichen An¬ trag müssen zuerst zur Abstimmung gebracht werden u. zw. in der Ordnung, daß diejenigen, welche sich von dem in Verhand¬ lung befindlichen Antrage am weitesten entfernen, vorzugehen haben. Zusatz=Anträge sind in der Regel nach erfolgter Annahme des Hauptantrages zur Abstimmung zu bringen. Bei Anträgen, welche ziffernmäßige Beträge zum Gegen¬ stande haben, beginnt die Abstimmung über den Antrag mit dem höchsten Betrage. § 41. Anträge auf Wiederaufnahme der Debatte über einen Ver¬ handlungsgegenstand sind zulässig, können jedoch nur vor der Abstimmung gestellt werden. Der Vorsitzende hat über solche Anträge sofort, ohne daß eine Debatte zulässig wäre, den Be¬ schluß der Versammlung einzuholen. § 42. Die Abstimmung erfolgt in der Regel durch Erheben der Hände, über Anordnung des Vorsitzenden auch durch Aufstehen oder Sitzenbleiben. Es steht jedem anwesenden Mitgliede auch das Recht zu, den Antrag auf namentliche Abstimmung zu stellen, worüber ohne Debatte der Beschluß der Versammlung einzuholen ist. Hat über einen Verhandlungs=Gegenstand keine Debatte stattgefunden und verlangt auch kein Mitglied der Versammlung eine andere Art der Abstimmung, so kann der Vorsitzende ohne eine Abstimmung vorzunehmen mit den Worten: „Daß gegen diesen Antrag keine Einwendungen erhoben wurden“ — die ge¬ stellten Anträge als „angenommen“ erklären. Der Vorsitzende hat das Resultat der Abstimmung zu ver¬ künden; erscheint dasselbe zweifelhaft, so muß die Gegenprobe und wenn auch diese keine volle Gewißheit gibt, die Zählung vorgenommen werden. Jedoch steht es jedem Mitgliede frei, die Gegenprobe oder die Zählung zu verlangen. § 43. Wahlen sind mittest Stimmzettel vorzunehmen, welche vom Vorsitzenden eröffnet und von zwei aus dem Gemeinderate ge¬ wählten Stimmenzählern verzeichnet werden. Aber auch über gestellte Anträge ist die Abstimmung mittelst Stimmzettel zulässig und kann ein solcher Antrag von jedem Mitgliede des Gemeinderates gestellt werden. Ueber einen solchen Antrag ist sogleich ohne Debatte der Beschluß der Ver¬ ammlung einzuholen. § 44. Dem Vorsitzenden steht das Stimmrecht wie jedem andern Mitgliede des Gemeinderates zu. Hat sich der Vorsitzende der Abstimmung enthalten und ergeben sich bei Feststellung des Ab¬ stimmungs=Resultates gleich geteilte Stimmen, so hat der Vor¬ sitzende jedenfalls seine Stimme abzugeben, welche sohin entscheidet. Hat der Vorsitzende aber sich an der Abstimmung beteiligt und ergibt sich in diesem Falle Stimmengleichheit, so entscheidet die Meinung, welcher der Vorsitzende bei der Abgabe seiner Stimme beigetreten ist. In diesem Falle hat der Vorsitzende lediglich zu verkünden, für welche Meinung er seine Stimme abgegeben hat und ist diese sonach als Beschluß der Versamm¬ lung anzusehen. § 45. Ueber jede Gemeinderats=Sitzung ist vom Schriftführer ein Protokoll zu führen. Dasselbe hat die Namen und die Zahl der anwesenden Mitglieder des Gemeinderates, die Konstatierung der Beschlußfähigkeit der Versammlung, die Beratungsgegenstände mit den Anträgen, einen Auszug über die geführten Debatten und Beschlüsse samt Angabe der Stimmenzahl, womit dieselben ge¬ faßt wurden, zu enthalten. Die bei Abstimmungen in Minderheit gebliebenen Mit¬ glieder des Gemeinderates haben das Recht zu verlangen, daß ihre abweichende Ansicht über den betreffenden Verhandlungs¬ Gegenstand unter Anführung ihrer Namen in das Protokoll auf¬ genommen wird. Das Protokoll wird unter Aufsicht des Vorsitzenden geführt und steht den Mitgliedern des Gemeinderates die Miteinsicht¬ nahme in das Sitzungsprotokoll offen. Nach Schluß des Protokolles ist dasselbe vom Vorsitzenden, Schriftführer und von zwei vom Gemeinderate zu wählenden Mitgliedern des Gemeinderates zu unterfertigen. Die Sitzungsprotokolle sind in einem der in Steyr erschei¬ nenden vom Gemeinderate zu bestimmenden Lokalblatte zu ver¬ öffentlichen und ist jedem Gemeindemitgliede auf Verlangen Einsicht in dieselben zu gestatten. § 46. Der Bürgermeister, oder in dessen Verhinderung sein Stell¬ vertreter, ist verpflichtet, jeden giltigen Beschluß des Gemeinde¬ rates in der vom letzteren angegebenen Art in Vollzug zu setzen Er bedient sich hiezu der angestellten Gemeindebeamten oder auch einzelner Mitglieder des Gemeinderates. § 47. Glaubt der Bürgermeister, daß ein Beschluß des Gemeinde¬ rates den Interessen der Gemeinde zuwider sei, oder daß er den Wirkungskreis des Gemeinderates überschreite oder gegen die be¬ stehenden Gesetze verstößt, so hat er den Beschluß zu sistieren und im ersten Falle den Gegenstand an den Landesausschuß mit dem Rekursrechte an den Landtag, in den beiden letzteren Fällen aber den Gegenstand an die Landesstelle zur Entscheidung mit dem Rekursrechte an das Ministerium vorzulegen. Dem Statthalter steht ein Sistierungsrecht der Gemeinde¬ ratsbeschlüsse nur dann zu, wenn solche den Wirkungskreis des Gemeinderates überschreiten oder gegen die Landes= oder Reichs¬ jesetze verstoßen würden, in welchem Falle es freisteht, den Re¬ kurs an das Ministerium zu ergreifen. § 48. Im Falle der Bürgermeister einen Beschluß des Ge¬ meinderates sistiert, hat er dies in der Regel unmittelbar nach der Beschlußfassung, längstens aber in der nächsten Sitzung des Gemeinderates bekannt zu geben. § 49. Es ist die Pflicht jedes Mitgliedes des Gemeinderates, seine Tätigkeit dem Gemeindewohle zu widmen und für die In¬ teressen des städtischen Gemeinwesens nach Tun= und Möglichkeit einzutreten.

6 Im Falle dieser Pflichtversäumnis hat der Bürgermeister die säumigen Mitglieder des Gemeinderates zur Erfüllung ihrer Pflichten schriftlich aufzufordern und hievon dem Gemeinderate Mitteilung zu machen. § 50. Abänderungen dieser Geschäftsordnung können nur be¬ schlossen werden, wenn mindestens zwei Drittel des Gemeinde¬ rates bei der Sitzung anwesend sind und die absolute Mehrheit aller Gemeinderatsmitglieder — also mindestens 15 der an¬ wesenden Mitglieder — diesen Abänderungen zustimmen. Nachdem sich über Umfrage des Herrn Vorsitzenden, ob Jemand zu der eben vorgetragenen Geschäftsordnung noch etwas vorzubringen, beziehungsweise einen Antrag zu stellen habe. Niemand zum Worte weldet, bringt derselbe den vollen Inhalt der Geschäftsordnung mit dem Sektionsantrage zur Abstimmung und werden beide einstimmig angenommen. 7. Gemeindejagd = Ausschreibung. Liegt folgender Amtsbericht vor: Die Gemeindejagd in Stadt Steyr ist bis Jahresschluß 1903 an Herrn Johann Berger verpachtet gewesen und es muß be¬ züglich derselben eine Verfügung getroffen werden. Nach § 15 des Jagdgesetzes vom 13. Juli 1895, L.=G.=Bl. Nr. 8, sind Gemeindejagden in der Regel im Wege der öffent¬ lichen Versteigerung zu verpachten. Zu diesem Zwecke hat die Gemeinde=Vertretung die wesentlichsten Verpachtungs=Bedingun¬ gen zu entwerfen, von der politischen Bezirksbehörde genehmigen zu lassen, dieselben sodann mittelst Anschlag auf der Gemeinde¬ tafel durch 14 Tage mit dem Beisatze verlautbaren zu lassen, daß es jedem Grundbesitzer freisteht, innerhalb dieser Frist seine Einwendungen gegen die Bedingungen schriftlich oder mündlich einzubringen. Bezüglich der Bedingungen erlaube ich mir auf den Vorakt zu verweisen und glaube, die dort aufgeführten Bedingungen genügen. Als Vadium schlage ich einen einjährigen Pacht¬ schilling vor. Franz Gall m. p., Stadtrat. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde die Gemeindejagd der Stadt Steyr im Sinne des § 15 des Jagd¬ gesetzes vom 13. Juli 1895 im Wege der öffentlichen Verstei¬ gerung verpachtet. Die vorgelegten Pachtbedingnisse werden ge¬ nehmigt und hat der Herr Bürgermeister wegen der Ausschreibung der Versteigerung und Vornahme derselben das Weitere im Sinne dieses Gesetzes zu veranlassen. Nach den Pachtbedingnissen wird die Gemeindejagd für die Zeit vom 1. Februar 1904 bis 31. Jänner 1910 vergeben und beträgt der Ausrufpreis 10 K. Wird einstimmig genehmigt. — Z. 1106. S. Statthalterei=Entscheidung über den Rekurs des * Michael Stiegler betreffs Aberkennung des Bürgerrechtes der Stadt Steyr. Der Herr Referent teilt mit die Entscheidung der k. k Statthalterei Linz vom 7. Jänner 1904, Z. 18.173/1, wonach erkannt wurde, daß Michael Stiegler durch die Aufnahme in den Heimatsverband der Gemeinde St. Ulrich zwar des Heimats¬ rechtes, nicht aber des Bürgerrechtes in der Stadt Steyr ver¬ lustig wurde und stellt sodann namens der Sektion folgenden Antrag: Obwohl diese Entscheidung infolge des mittlerweile erfolgten Ablebens des Rekurrenten keine Bedeutung mehr hat, so soll doch eine prinzipielle, rechtskräftige Entscheidung in dieser wichtigen Frage erwirkt werden, damit in Hinkunft in diesen Fragen nach derselben entschieden werden kann. Es stellt demnach die erste Sektion den Antrag: Der löbl Gemeinderat wolle beschließen: Es werde gegen die Rekurs=Entscheidung der hohen k. k. Statt¬ halterei vom 7. Jänner 1904, Z. 18.173, aus prinzipiellen Gründen der Rekurs an das hohe k. k. Ministerium des Innern eingebracht. Einstimmig nach Antrag. — Z. 854. 9. Beschlußfassung, ob gegen eine Ministerial¬ Entscheidung in einer Ausweisungs=Angelegenheit die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof eingebracht werden soll. Der Herr Referent gibt bekannt, daß mit Entscheidung des k. k. Ministeriums des Innern vom 15. November 1903, Z 23.761, die vom Gemeinderate am 20. Februar 1903 beschlossene und mit Statthalterei=Entscheidung vom 14. August 1903, Z. 150.302, bestätigte Ausweisung des Roman Hirsch behoben hat, weil die Stadtgemeinde nicht nachzuweisen vermochte, daß Roman Hirsch ur Zeit der Ausweisung einen bescholtenen Lebenswandel geführt ätte und weil die demselben von der Stadtgemeinde=Vorstehung Steyr in Handhabung des o.=ö. Armengesetzes verabfolgten momentanen Unterstützungen nicht unter den Begriff des „der öffentlichen Mildtätigkeit zur Last fallen“ subsummiert werden können. Der Sektionsantrag hierüber lautet: In Anbetracht der vom k. k. Ministerium geltend gemachten Gründe und bei dem Umstande, als die Aufhebung von admi¬ nistrativen Entscheidungen seitens des k. k. Ministeriums auch bei vorhandener Rechtskraft zulässig erscheint, stellt die! Sektion den Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen: Es werde aus diesen Gründen von der Einbringung einer Beschwerde an den hohen k. k. Verwaltungsgerichtshof in Wien abgesehen. Einstimmig nach Antrag. — Z. 25.199. Hierauf erbittet sich Herr G.=R. Dr. Franz Angermann das Wort zu folgendem Vortrage: Löbl. Gemeinderat der l. f. Stadt Steyr! Unter den Mitteilungen der heutigen Sitzung wurde be¬ kannt gegeben, daß das vom Gemeinderate in der Sitzung vom 21. Juni 1901 beschlossene Landesgesetz betreffend die Abänderung der „Wahlordnung“ des Gemeindestatutes der Stadt Steyr die kaiserl. Sanktion erhalten hat. Da laut Art. II dieses Gesetzes dasselbe mit dem Tage der Kundmachung in Wirksamkeit tritt, so werden bereits die heurigen Gemeinderatswahlen nach der neuen Wahlordnung vorzu¬ nehmen sein. Die wichtigste Neuerung in dieser Wahlordnung ist die Einführung des IV. Wahlkörpers, in welchem auch Wählern das aktive und passive Wahlrecht zusteht, die bisher in dem 1, II. und III. Wahlkörper kein Wahlrecht besessen haben. Da nun seit der Verhandlung über diese neue „Wahl¬ ordnung“ im Gemeinderate (21. Juni 1901) nahezu 2¾ Jahre verflossen sind, ist es begreiflich, daß die Wählerschaft unserer Stadt mit der Konstruktion dieser Wahlordnung nicht derart vertraut ist, daß nicht ganz irrige Anschauungen über die Haupt¬ grundsätze dieser Wahlreform Platz greifen können, und derselben auch ein ganz anderer Zweck beigelegt wird, als wie solcher vom Gemeinderate bei Abfassung dieser Wahlreform beabsichtigt war. Tatsächlich wurden auch in verschiedenen Kreisen unserer Wählerschaft seit dem Bekanntwerden der Sanktion dieser Wahl¬ reform ganz irrige und unbegründete Anschauungen und Mei¬ nungen über dieselbe geäußert, die jedoch total unbegründet sind. Diese hochwichtige Angelegenheit wurde in der Rechtssektion zur Sprache gebracht und hat die Sektion im Interesse einer richtigen, dem Geiste und dem Zwecke dieses Gesetzes entsprechenden Klarstellung und Erörterung mich als Sektions=Obmann beauf¬ tragt, in der heutigen Sitzung das Wort zu ergreifen und diese neue Wahlreform einer Besprechung zu unterziehen, damit in den Kreisen der Wählerschaft unserer Stadt sowohl 1. über die recht¬ liche Konstruktion, als auch 2 über die Tendenz dieser neuen Wahlreform volle Klarheit geschaffen, in Hinkunft irrige und unbegründete Anschauungen und Meinungen nach Möglichkeit vermieden werden können. Bereits in der Sitzung vom 23. Dezember 1898 hat der Gemeinderat mit Rücksicht darauf, daß durch die Einführung der Personal=Einkommensteuer eine große Anzahl von Steuerträgern geschaffen wurde, welchen aber nach dem Gemeindestatute von Steyr ein Wahlrecht in die Gemeindevertretung nicht zusteht, beschlossen, dem Gebote der Billigkeit und Gerechtigkeit folgend einen Gesetzentwurf, also eine neue Wahlreform auszuarbeiten: „Auf Grund deren den neuen Steuerträgern, welche Kraft des geltenden Gemeindestatutes bisher vom Wahlrechte in die Gemeindevertretung ausgenommen waren, durch Schaffung eines IV Wahlkörpers das aktive und passive Wahlrecht für die Ge¬ meindevertretung eingeräumt werde.“ Schon in der Gemeinderatssitzung vom 24. Februar 1899 wurde diese Wahlreform vorgelegt, beraten und auch einstimmig zum Beschlusse erhoben. In dieser Wahlreform wurde die bestehende Wahlordnung ür den I., II und III. Wahlkörper vollkommen unberührt ge¬ lassen und nur für jene Steuerträger, welche vom Wahlrechte in den drei Wahlkörpern bisher ausgenommen waren, ein eigener IV Wahlkörper gebildet, in welchem nur diese Steuerträger, die sich hauptsächlich aus den Kreisen der Arbeiterschaft rekrutiert hätten und die bisher vom Wahlrechte in den drei Wahlkörpern als Gewerbsgehilfen ohne selbständigen Erwerb gemäß § 26 Ge¬ meindestatut ausgenonmen waren, das aktive und passive Wahl¬ recht zuerkannt worden wäre. Wenn diese Wahlreform vom Landtage genehmiget und von Sr. Majestät sanktioniert worden wäre, dann hätten in dem IV. Wahlkörper nur diese Steuerträger, also hauptsächlich die Arbeiterschaft 1. aktiv wählen und 2. auch nur Wähler aus diesem IV. Wahlkörper als Gemeinderäte gewählt werden können. Bei der Konstruktion dieser Wahlreform ging der Gemeinde rat von der Erwägung aus, daß bei dem Umstande, als der größte Teil jener, welchen nun das Wahlrecht in die Gemeinde¬ vertretung zuerkannt werden sollte, dem Arbeiterstande angehört, durch die Schaffung eines eigenen IV. Wahlkörpers, wo dieselben allein aktiv und passiv wahlberechtigt sein sollten, die möglichste Sicherheit geboten wird, daß dieselben ihre eigenen Vertreter in den Gemeinderat entsenden können. Diese Wahlreform wurde jedoch vom Landtage nicht ge¬ nehmigt und die hohe Regierung hat den Gemeinderat ange¬ wiesen, eine Wahlreform zu schaffen, in der der zu bildende vierte Wahlkörper analog nach der V. Kurie der Reichsrats Wahlordnung zu konstruieren sei, da die Bildung eines eigenen Wahlkörpers für die Arbeiterschaft den allgemeinen Grundsätzen der Wahlordnung widerspreche und daher unzulässig sei. Dadurch wurde die ehrliche Absicht des Gemeinderates — der bisher wahlrechtslosen Arbeiterschaft im Gemeinderate eine eigene entsprechende Vertretung zu sichern — vereitelt und der Gemeinderat mußte — wenn überhaupt die Wahlreform sanktio¬ niert werden sollte — die Bildung des IV. Wahlkörpers nach den Grundsätzen der V Kurie der Reichsratswahlordnung vor¬ nehmen, so daß im IV. Wahlkörper nicht blos die Arbeiterschaft, ondern auch alle Wähler des I., II und III. Wahlkörpers aktiv und passiv wahlberechtigt sind.

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