Ratsprotokoll vom 4. Dezember 1903

2 Teiles der öffentlichen Parzelle 861, auf welchem sich die zu den Häusern K.=Nr. 461 und K.=Nr. 462 in Aichet gehörige Wasserleitung samt Brunnstube befindet. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Mit Rücksicht auf die nachgewiesene, tatsächlich langjährige, reie, unbehinderte Benützung der in Anspruch genommenen Objekte und in Anbetracht dessen, daß dadurch einerseits der grundbücherliche Besitzstand der Stadtgemeinde mit dem faktischen Zustand in Einklang gebracht wird, andererseits dadurch aber, daß es sich nur um geringe Grundflächen handelt, ein Verlust ür die Stadtgemeinde nicht eintritt, stellt die 1. Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es wird auf Grund dieses Ansuchens unter Bezug auf das Erhebungs¬ protokoll vom 30. Oktober 1903, Z. 22.974, bewilligt: a) Ad Punkt 7 dieses Protokolles, daß das in der Skizze A rot bezeichnete Grundstückchen a der öffentlichen Wegparzelle 1360 in der Aichetgasse samt darauf befindlichem Ziehbrunnen von dieser Wegparzelle lastenfrei abgeschrieben und zu dem Hause des Herrn Leopold Anzengruber, Nr. 38 in der Aichetgasse, hinzu¬ geschrieben werden könne; dagegen hat Herr Anzengruber den in der Skizze gleichfalls rot bezeichneten kleinen Grundstreifen beim Hause an die Stadtgemeinde Steyr zu Straßenzwecken un¬ entgeltlich abzutreten. b. Ad Punkt 11 dieses Protokolles, daß von der der Stadt¬ gemeinde Steyr gehörigen Liegenschaft E.=Z. 1145 in Aichet und Parzelle 861 jener Grundteil lastenfrei abgetrennt werden könne, auf welchem sich die zu den Häusern der Eheleute Anzengruber, K.=Nr. 461, und der Therese Schimpke, K.=Nr. 462, gehörige Brunnstube befindet und daß die neu zu eröffnende Grundbuchs¬ einlage für diese Brunnstube das Eigentumsrecht für die der¬ zeitigen Besitzer der Häuser K.=Nr. 461 und 462 einverleibt werden könne. Die Gesuchsteller sind anzuweisen, diese Grundbuchsände¬ rungen durchzuführen und haben dieselben die Kosten allein zu tragen. Einstimmig nach Antrag. — Z. 23.358. 4. Gesuch um unentgeltliche Ueberlassung der städtischen Grundparzelle Nr. 881/1 in der Sierninger¬ straße. Herr Johann Bichlesberger, Hausbesitzer Nr. 116 in der Sierningerstraße, bittet um unentgeltliche Ueberlassung des öffent¬ lichen Grundes, auf welchen seit undenklichen Zeiten seine Holz¬ lage steht. Die Aeußerung des Amtes hierüber lautet: Es handelt sich um die Parzelle 881/1, die der Stadtgemeinde Steyr eub E.=Z. 1145 zugeschrieben ist. Die Gemeinde hat an diesem Be¬ sitze gar kein Interesse und wurden von den Besitzern des Hauses Sierningerstraße Nr. 116 von jeher hierauf Eigentumsrechte be¬ ziehungsweise Besitzrechte ausgeübt. Jedenfalls ist der auf dieser Parzelle erbaute Schuppen vor vielen, vielen Jahren im Ein¬ verständnisse mit der Gemeinde von einem Besitzer des Hauses Nr. 116 erbaut worden. Nach § 418 a. b. G.=B. könnte in diesem Falle der Grundeigentümer nur den gemeinen Wert für den Grund fordern. Da aber der Grund eigentlich keinen nennenswerten Wert repräsentiert, wird auf die unentgeltliche Ueberlassung desselben eingeraten, damit bei der Neuvermessung des Stadtgebietes diese Parzelle im Richtigstellungsverfahren dem Besitzer des Hauses Nr. 116 zugeschrieben werden kann. Franz Gall, Stadtrat. Sektions=Antrag: Nachdem die fragliche Holzlage jedenfalls schon vor sehr langer Zeit auf der zum Gemeindebesitze E.=Z. 1145 in Aichet gehörigen Parzelle 8811 erbaut und von den Besitzern des Hauses Nr. 116 in der Sierningerstraße seither anstandslos be¬ nützt wurde, die Stadtgemeinde an diesem kleinen Grundteil kein Interesse hat, wolle der löbliche Gemeinderat beschließen: Es wird mit Bezug auf das Erhebungsprotokoll vom 30. Oktober 1903, Z. 22.994, bewilligt, daß jener Grundteil der Parzelle 881/1 der Grundbuchseinlage 1145, auf welchem die zum Hause Nr. 116 gehörige Holzlage steht, von der Einlage¬ ahl 1145 lastenfrei abgeschrieben und zu diesem Hause hinzu¬ geschrieben werde. Die Durchführung dieser bücherlichen Ab¬ trennung hat der Gesuchsteller auf seine Kosten zu veranlassen. Einstimmig nach Antrag. — Z. 23.254. 5. Amtsbericht betreff Entwurf einer Fahrordnung für Automobilwägen, Motorräder und Fahrräder. Der Herr Referent trägt vor: Nachdem in letzter Zeit es in Steyr wiederholt vorge¬ kommen ist, daß Fahrer von Automobilwägen und von Motor¬ rädern im Stadtgebiete die mit Verordnung der k. k. Statthalterei für Oberösterreich vom 20. Juli 1901, Z. 13.899, kundgemacht im L.=G. u. V.=Bl. für Oberösterreich vom 31. Juli 1901, Nr. 19, über das Fahren auf allen öffentlichen Straßen und Wegen erlassenen Vorschriften nicht eingehalten haben und die für das Radfahren durch das Landesgesetz vom 9. Mai 1896, L.=G. u. V.=Bl. Nr. 20, für Oberösterreich erlassenen gesetzlichen Bestimmungen seitens der Radfahrer sehr häufig außer acht gelassen worden sind und zu einer Reihe von Beanständungen und begründeten Klagen der Stadtbewohner geführt haben, daß dadurch die persönliche Sicherheit auf den öffentlichen Straßen und Plätzen der Stadt gefährdet werde, hat der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 11. September 1903 einstimmig beschlossen, eine Revision der Fahrbestimmungen für Automobilwägen, Motorräder und Fahr¬ räder vorzunehmen, und hat die 1. Sektion angewiesen, hierüber die genannten Anträge zu stellen. In Beratung dieses Gegenstandes hat die I. Sektion ein¬ stimmig beschlossen, von einer eigentlichen Revision der bestehen¬ den Fahrbestimmungen abzusehen, da im allgemeinen bezüglich der Regelung des Verkehres mit Automobilwägen und Motor¬ rädern die Verordnung der hohen k. k. Statthalterei in Linz vom 20. Juli 1901, Z. 13.899, L.=G. u. V.=Bl. Nr. 19, voll¬ kommen ausreichend erscheint und bezüglich des Verkehres mit Fahrrädern ohnedies das Landesgesetz vom 9. Mai 1890, L.=G. und V.=Bl. Nr. 20, die bezüglichen gesetzlichen Bestimmungen normiert, diese Fahrbestimmungen daher heute noch aufrecht be¬ stehen und von den Fahrern bei sonstiger Bestrafung im Sinne dieser Bestimmungen genau eingehalten werden müssen. Allein mit Rücksicht auf die bestehenden Verkehrsverhält¬ nisse in Steyr und insbesondere infolge dessen, daß einige Straßen und Plätze unserer Stadt für das rasche Fahren mit Automobilwägen, Motorrädern und Fahrrädern ganz ungeeignet sind und damit stets eine Gefährdung der persönlichen Sicher¬ heit für die Bewohner Steyr's verbunden ist, worüber insbe¬ ondere der ausführliche Bericht des städtischen Polizei=Inspektorats vom 25. Oktober 1903 begründeten Aufschluß gibt und das vom tädtischen Polizei-Inspektorate vorgelegte Verzeichnis über die eit dem Jahre 1901 vorgekommenen Beanständungen von Rad¬ ahrern lehrreiche Auskunft erteilt, hat sich die 1. Sektion dahin jeeinigt, dem löblichen Gemeinderate im Sinne des § 25 der Verordnung vom 20. Juli 1901, L.=G. u. V.=Bl. Nr. 19 und des § 9 des Landesgesetzes vom 5. Mai 1896, L.=G. u. V.=Bl. Nr. 20, auch einige besondere Bestimmungen für das Fahren von Automobilwägen, Motorrädern und Fahrrädern vorzuschlagen, welche lediglich zu dem Zwecke erfolgen, in Hinkunft weiteren Un¬ zukömmlichkeiten, die aus unzulässigem Fahren für die persön¬ liche Sicherheit der Bewohner unserer Stadt und der Fahrer selbst entstehen können, möglichst wirksam zu begegnen. Infolge dessen stellt nun die 1. Sektion folgenden Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde eine Kundmachung betreffend die Regelung des Fahrens mit Auto¬ mobilwägen, Motorrädern und Fahrrädern im Stadtgebiete Steyr erlassen, und sei darin zunächst im Allgemeinen auf die Fahr¬ bestimmungen der Statthalterei=Verordnung vom 20. Juli 1901, L.=G. u. V.=Bl. Nr. 19, und das Gesetz vom 9. Mai 1896, L.=G. u. V.=Bl. Nr. 20, mit dem Bemerken hinzuweisen, daß dieselben bei sonstiger in diesen Vorschriften bestimmten Bestrafung genau einzuhalten sind. Für das Stadtgebiet Steyr wurden im Sinne der §§ 25 und 9 dieser Vorschriften folgende besondere Fahrbestim¬ mungen erlassen: 1. Das schnelle Fahren, sowie das Befahren sämtlicher Trottoirs und Gehwege im Stadtgebiete mit Automobilwägen, Motorrädern und Fahrrädern ist verboten. 2. Das Fahren mit Automobilwägen, Motorrädern und Fahrrädern in der Pfarrgasse, in der Enge, in Zwischenbrücken, in der Gleinker= und Kirchengasse ist nur im Tempo der Fu߬ geher gestattet. Fahrer von Motorrädern und Radfahrer haben an diesen Stellen abzusitzen und das Rad zu schieben. 3. Bei Uebertretungen dieser besonderen Bestimmungen haben die im § 30 der Statthalterei=Verordnung vom 20. Juli 1901, L.=G. u. V.=Bl. Nr. 19, und die im § 11 des Gesetzes vom 9. Mai 1896, L.=G. u. V.=Bl. Nr 20, bestimmten Be¬ strafungen sinngemäße Anwendung zu finden. Behufs Instruktion der Fahrer sind an leicht sichtbaren Stellen an den in die Stadt einmündenden Straßen „Tafeln“ anzubringen des Inhaltes: „Im Stadtgebiete ist das schnelle Fahren mit Automobilwägen, Motorrädern und Fahrrädern bei onstiger Strafe verboten.“ Außerdem sind in der Pfarrgasse, in der Enge, in Zwischen¬ brücken und in der Gleinker= und Kirchengasse an leicht sicht¬ baren Stellen „Tafeln“ anzubringen des Inhaltes: „Das Fahren mit Automobilwägen, Motorrädern und Fahrrädern ist nur im „Schritt“ gestattet. Fahrer von Motorrädern und Radfahrer haben abzusitzen.“ Nachdem sich niemand zum Worte meldet, bringt der Herr Vorsitzende den ersten Teil des Sektionsantrages betreffend Er¬ lassung einer Kundmachung über die allgemeinen Bestimmungen bezüglich des Fahrens mit Automobilwägen, Motorrädern und Fahrrädern zur Abstimmung und wird derselbe einstimmig an¬ genommen. Sodann bringt der Herr Vorsitzende die Anträge 1 bis 3 des zweiten Teiles des Sektionsantrages über die desonderen Fahrbestimmungen zur Abstimmung und wird der Antrag 1 ein¬ stimmig, der Antrag 2 mit allen gegen eine Stimme und der Antrag 3 mit Majorität angenommen. — Z. 21.263. 6. Antrag auf Aenderung der Dienst=Instruktion der städtischen Sicherheitswache. Der Herr Referent verliest das neu ausgearbeitete, mit den bezüglichen Gesetzesnormen in Uebereinstimmung gebrachte Organisationsstatut für die städtische Sicherheitswache und wird jeder Paragraph durch den Herrn Vorsitzenden zur Abstimmung gebracht und sohin angenommen. Das neue Organisationsstatut lautet: § 1. Zweck der Wache. Der Zweck der städtischen Sicherheitswache ist die Aufrecht¬ haltung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit und die Handhabung der Lokalpolizei im Sinne des § 47 des Gemeinde¬ statutes der Stadt Steyr.

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