Ratsprotokoll vom 7. November 1903

2 c) Liegt vor der Rekurs des Alois Herndl in Steyr gegen die Entscheidung des städt. Armenrates vom 24. August 1903 wegen verweigerter Unterstützung. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Da auch durch die nachträglich vorgelegten ärztlichen Zeugnisse die totale Erwerbs¬ unfähigkeit des Rekurrenten nicht nachgewiesen erscheint, wolle der löbliche Gemeinderat beschließen: Es werde dem Rekurse des Alois Herndl gegen die Entscheidung des städt. Armenrates vom 24. August 1903, Z. 16.001, aus den Gründen der I. Instanz keine Folge gegeben. Einstimmig nach Antrag. — Z. 18.956. 4. Wahl von drei Reichsratswahl=Kommissions¬ Mitgliedern. Amtsbericht. Zu der am 9. Dezember 1903 angeordneten Ergänzungs¬ wahl eines Reichsrats=Abgeordneten aus der Allgemeinen Wähler¬ klasse an Stelle des mit Tod abgegangenen Dr. Leopold Kern ind, nachdem diese Wahl im Stadtbezirke Steyr in drei Sektionen, u. zw.: 1. Sektion „Hotel Schiff“, II. Sektion Kasino, III. Sektion Gasthof „Zum goldenen Pflug“ in der Sierningerstraße, vorge¬ nommen wird, die Einsetzung von drei Wahlkommissionen not¬ wendig, weshalb der löbliche Gemeinderat neun Mitglieder aus seiner Mitte, für jede Kommission drei, wählen möge. Steyr, 22. Oktober 1903. Der Stadtrat: Gall. Die Sektion beantragt die Wahl nachstehender Herren Ge¬ meinderäte: I. Für die Wahlkommission im „Hotel Schiff“: Lang Franz, Heindl Karl, Reitter Ferdinand; Gründler Ferdinand, Ersatzmann. II. In die Wahlkommission im Kasino: Hiller Josef, Huber Josef, Kollmann Franz; Busek Alex., Ersatzmann. III. In die Wahlkommission im Gasthof „Zum gold. Pflug“: Köstler Leopold, Sonnleitner Gottfried, Tureck Josef, Anzengruber Leopold, Ersatzmann. Wird einstimmig angenommen. — Z. 22.358. 5. Kommissions=Antrag auf Ankauf des Fladergutes für das seinerzeit neu zu erbauende Krankenhaus. Der Herr Referent bemerkt, daß diese Angelegenheit dem Gemeinderate schon in der Sitzung vom 17. Juli d. J. vorge¬ legen sei. Damals habe der Gemeinderat über Antrag der Rechts¬ sektion im Prinzipe die Geneigtheit ausgesprochen, das Flader¬ gut in Gründberg zur Erbauung eines neuen öffentlichen Krankenhauses anzukaufen, jedoch sollen vorerst durch die Bau¬ ektion unter Beiziehung der technischen und sanitären Sachver¬ ständigen im Kommissionswege die nötigen Erhebungen über die Qualifikation des Gutes samt Gründen gepflogen werden. Ueber das Resultat dieser Erhebungen liegt nun folgendes Protokoll vor: Protokoll aufgenommen von Seite der Stadtgemeinde=Vorstehung Steyr am 25. September 1903. Gegenwärtig: Die Gefertigten. Gegenstand ist die über Anregung der Rechtssektion des löblichen Gemeinde¬ rates heute vorgenommene kommissionelle Erhebung bezüglich der Eignung des „Fladergutes“ zur eventuellen Erbauung eines neuen Spitales. Nach vorgenommener eingehender Besichtigung an Ort und Stelle gibt der Herr Stadt=Oberingenieur zu Protokoll folgendes Gutachten: Bauplatz. Der zur Erbauung eines Krankenhauses für 200 Kranke in Aussicht genommene Bauplatz liegt westlich der Stadt am linken Ufer des Steyrflußes, unmittelbar an der Straße nach Sierning und umfaßt die Grundparzelle 709 „Acker“ im Flächenausmaße von 4 Har, 58 ar, 36 m2 = 7 Joch, 1543 □K und die Grundparzelle 737 Acker im Ausmaße von 1 Har, 61 ar, 56 m2 = 2 Joch, 1291 □K, somit zusammen 6 Har 19 ar 92 m2 = 10 Joch, 1234 □K. Als Zufahrten zu demselben dient einerseits die Sierninger¬ straße, anderseits der vom Fladergut zur Stadtgrenze führende Fahrweg, welche Kommunikationen als Verkehrswege zum Kranken¬ hause vollkommen ausreichen. Für die Anlage der Hauptgebäude des Krankenhauses wäre Grundparzelle 709 in Aussicht zu nehmen, welche ganz eben ist und deren Größe auch für die Anlage eines Krankenhauskom¬ plexes ausreicht, was aus nachstehender Begründung hervorgeht Unter Zugrundelegung eines Belagraumes von 200 Kranken und mit Rücksicht auf die Notwendigkeit von größeren Hof= und Gartenplätzen, ferner in Rücksichtnahme auf die Möglichkeit, den Belagraum der Heilanstalt durch Anlage von Zubauten ver¬ rößern zu können, ist bei der Annahme von 200 m2 Grund¬ läche per Kranken eine Gesamtfläche von 200X200 = 40.000 m2 = 4 Har erforderlich, wozu die Grundparzelle bei einem Flächen¬ maße von 4 Har, 58 ar, 36 m2 allein schon vollkommen ausreicht. Die Grundparzelle 727 „Acker“ ist, wie aus dem beige¬ schlossenen Situationsplane hervorgeht, nur durch einen Fahrweg vom Hauptbauplatz getrennt und wäre daher zur Anlage von „Isolierpavillons“ für ansteckende Krankheiten sehr geeignet, die in der Mitte des Grundes situiert und mit Gartenanlagen um¬ geben werden können. Alle diese Baugründe sind ohne Schwierigkeiten gegen Westen zu, längs der Sierningerstraße, erweiterungsfähig und ist auch auf diesen Gründen, da dieselben von der Stadt schon ziemlich entlegen sind, eine Verbauung selbst auf Jahrzehnte hinaus kaum anzunehmen. Was die Situierung der Gebäude des Krankenhauskom¬ plexes selbst anbelangt, so sollen dieselben parallel zur Sierninger¬ straße angelegt werden, wodurch einerseits die Hauptfront gegen Südosten zu liegen kommt, anderseits das gegen Nordwesten ge¬ legene erhöhte Plateau der Anlage des Krankenhauses gegen die Nordwest= und Nordstürme ausgiebigen Schutz bietet. Ferner muß noch konstatiert werden, daß der Untergrund des Bauplatzes aus mächtigen Schotterschichten besteht, welche von einzelnen Konglomeratfelsen durchsetzt erscheinen, wie dies auch die Einschnitte der Sierningerstraße selbst nachweisen, daher ich auch die Bodenverhältnisse für diesen Bau vollkommen eignen. Wasserversorgung. Bezüglich der Beschaffung von jesundem Wasser für den Krankenhauskomplex wurde mit Rück¬ sicht darauf, daß nicht nur Trinkwasser, sondern auch das zum Waschen der Wäsche, für Bäder 2c. erforderliche Wasser zu be¬ chaffen sein wird, per Kranken eine Wassermenge von 230 Liter täglich angenommen, was für 200 Kranke à 230 Liter ein Wasserquantum von 460 Hektoliter, also rund 500 Hektoliter per Tag als Erfordernis ergibt. Nachdem der im Hofe des Hauses K.=Nr. 440 in Aichet der Frau Theresia Schüttenberger befindliche Auslaufbrunnen nur ein Quantum von zirka 1 Liter in 10 Sekunden, also ein Gesammtwasserquantum von rund 90 Hektoliter täglich liefert, welches durch Verbesserung der Rohrleitungen, Zusammenziehung mehrerer in Wiesengründen zutage tretenden Quellen, Aus¬ mauerung der Brunnenstuben 2c. höchstens auf das doppelte Quantum gebracht werden könnte, muß das dort gewonnene Wasserquantum für den Krankenhauskomplex als unzureichend bezeichnet werden. Da ohnehin im Krankenhauskomplex eine Dampfkessel=An¬ lage für die Besorgung der Bäder und Waschküchen, eventuell auch für eine zentrale Heizungsanlage geschaffen werden dürfte, so empfiehlt es sich, das erforderliche Wasserquantum aus dem Baugrunde selbst durch einen Brunnen von etwa 3·0 m Durch messer zu gewinnen und mit maschineller Kraft in ein nächst dem Krankenhauskomplexe auf dem höher liegenden Plateau befindliches Reservoir zu heben, von wo aus die Zuleitung in alle Stockwerke des Krankenhauses ohne weiters erfolgen könnte. Daß Wasser aus dem Baugrunde gewonnen werden kann, läßt die Formation des Bodens zweifellos vermuten und ist dies auch dadurch erwiesen, daß die zwei in der Nähe befindlichen Wohnhäuser Nr. 166 und 168 Sierningerstraße je 17 Meter tiefe Hausbrunnen besitzen, welche Trinkwasser von bester Qualität liefern; das zu erschließende Wasserquantum müßte allerdings erst durch Probepumpen ermittelt werden, doch ist, falls ein Brunnen hiezu nicht ausreichen sollte, die Möglichkeit vorhanden, einen zweiten ebensolchen Brunnen anzulegen und von derselben Betriebsstelle aus Wasser zu entnehmen. Kanalisierung. Für die Wahl des Systems zur An¬ sammlung und Ableitung aller Abort=, Schmutz= und Nieder¬ schlagswässer war in diesem Falle die gesicherte Spülung der Aborte durch die reichlich vorhandene Wassermenge und die Mög¬ lichkeit, alle Abortstoffe, Spül= und Schmutzwässer in eigenen Sammelkanälen in den in der Nähe befindlichen Steyrfluß mit hinreichender Wassermenge und Geschwindigkeit abzuleiten, ma߬ gebend und wird daher die Ableitung aller vorgenannten Abfall¬ stoffe durch Kanäle für den neuen Krankenhauskomplex empfohlen. Die Gefällsverhältnisse sind bei der Ableitung in den Steyr¬ fluß sehr günstige, da das Plateau des Bauplatzes zirka 15·0 m über dem Mittelwasserstande des Steyrflusses gelegen ist und die Kanalherstellung ohne Schwierigkeiten erfolgen kann. Die Abfuhr der Fäkalien des Isolierpavillons von Grund¬ parzelle 727 kann entweder in Senkgruben erfolgen oder werden dieselben in desinfiziertem Zustande ebenfalls den Kanälen zu geführt, ebenso kann die Ableitung der Schmutz= und Nieder¬ schlagwässer anstandslos in das Kanalnetz bewirkt werden. Aeußerung des Stadtphysikus. Vom sanitären Standpunkte aus äußert sich der Stadtphysikus Herr Dr. Richard Hauk wie folgt: Die Lage des für die Erbauung eines neuen Kranken¬ hauses in Aussicht genommenen Grundstückes ist als eine recht günstige zu bezeichnen. Es liegt so weit außerhalb der Stadt, daß es von Luft¬ verunreinigung gänzlich geschützt ist und diese mehr ländliche Lage, welche dem Spitale die nötige reine und frische Luft garantiert, wird ihm auch auf absehbare Zeit gesichert bleiben, da es im Süden durch die Steyr, im Norden und Westen durch große bäuerliche Güter gegen Verbauung geschützt ist. Nur im Osten befindet sich, allerdings auch ziemlich weit vom eigentlichen Spitalsbauplatz entfernt, eine größere Häuser¬ gruppe, die Neustraße. Die Nachbarschaft derselben kann aber nicht bedenklich er¬ scheinen, da einerseits schon die Größe des für das Spital be¬ stimmten Grundstückes und die vorwiegende westliche Windrichtung jede wesentliche Luftverunreinigung von dieser Seite her aus¬ schließen, anderseits der Gesundheitszustand in dieser Straße ein ganz befriedigender ist, abgesehen natürlich von den Kinderkrank¬ heiten, deren Häufigkeit bei dem engen Zusammenwohnen so vieler kinderreichen Familien selbstverständlich ist; hingegen ist diese Straße frei von Typhus oder sonstigen Krankheiten, die auf eine stärkere Verunreinigung des Untergrundes oder au

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