Ratsprotokoll vom 17. Juli 1903

3 12. Bericht über die vom k. u. k. Reichs=Kriegsministerium angeregte Anstellung von Militär Zertifikatisten bei autonomen Gemeindeämtern. Resolution: „Den in diesem Städtetage vertretenen autonomen Ge¬ meinden, welchen eine Aufforderung der k. k. Landesbehörde zur Anwendung des die Anstellung der Militär=Zertifikatisten be¬ treffenden Gesetzes vom 19. April 1872, R.=G.=Bl. Nr. 60, auf die Bediensteten dieser Gemeinden zugekommen ist und insoferne einzelne Gemeinden nicht bereits diese Aufforderung beantwortet haben, wird empfohlen, diese Aufforderung mit Rücksicht auf die obangeführten zwingenden Gründe ablehnend, jedoch mit dem Bemerken zu beantworten, daß die autonomen Gemeinden bereit ind, die ihnen von den betreffenden Militär=Kommanden zuzu¬ endenden Gesuche entgegenzunehmen, zu prüfen und diese Ge¬ suche, soweit die Bewerber den Bestimmungen der Dienstprag¬ matik der betreffenden Gemeinde vollkommen entsprechen, dahin zuständig sind, die erforderlichen Sprachkenntnisse besitzen und nicht bereits in Gemeindediensten, sei es auch nur provisorisch, stehende Personen mit ihrem Ansuchen als Bewerber auftreten, zu berücksichtigen, wobei jedoch in jedem einzelnen Falle die Frage der Pensionsfähigkeit und der Einrechnung der Militär¬ dienstzeit entschieden werden müßte. 13. Ueber die Erhaltung der ein Gemeindegebiet durch¬ ziehenden Reichsstraßen. Resolution: „Der österreichische Städtetag erachtet das Anliegen ein¬ zelner Städtegemeinden um Entschädigung für die Kosten der Herstellung und Erhaltung der ärarischen Durchfahrtsstraßen im Sinne des Hofkanzleidekretes vom 26. September 1835 als ge¬ rechtfertigt und erwartet von der Regierung, daß die diesbe züglichen Ansprüche eine wohlwollende Berücksichtigung finden werden.“ Dieser Bericht wird unter Bravo=Rufen zur Kenntnis ge¬ nommen. Der Herr Vorsitzende bemerkt, aus dem umfassenden Be¬ richte des Herrn G.=R. Dr. Angermann ist die Wichtigkeit der Verhandlungsgegenstände des Städtetages dargetan und es war daher auch für die Stadt Steyr von großem Interesse, bei diesem Städtetage vertreten zu sein. Herr G.=R. Dr. Anger¬ mann hat sich dieser Mühe auf eigene Kosten unterzogen und er glaube daher, daß ihm der löbliche Gemeinderat für diese Mühewaltung den Dank durch Erheben von den Sitzen zum Ausdrucke bringt. Sämtliche Herren Gemeinderäte erheben sich von den Sitzen. Der Herr Berichterstatter gibt noch bekannt, daß ihm eine Eingabe der städtischen Sicherheitswache zugewiesen wurde wegen Erlangung einer Fahrpreisermäßigung auf den k. k. österreichi¬ schen Staatsbahnen bei Fahrten in Zivilkleidung. Diese Ein¬ gabe konnte nicht mehr auf die Tagesordnung des diesjährigen Städtetages gestellt werden, doch könnte dieselbe dem ständigen Ausschusse des Städtetages überwiesen werden, weshalb er den Antrag stelle: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde dem ständigen Ausschusse des österreichischen Städtetages in Wien (zu Handen des Herrn Bürgermeisters von Wien) die Anregung vorgelegt, daß in das Programm des nächsten Städtetages als Verhandlungsgegenstand aufgenommen werde: „Der österreichi¬ sche Städtetag beschließe, eine Petition an die hohe Regierung zu richten, daß der städtischen Sicherheitswache die Begünstigung erteilt werde, die k. k. Staatsbahnen bei außerordentlichen Fahrten und in Zivilkleidung gegen amtliche Legitimation in der dritten Wagenklasse gegen Entrichtung des halben Fahr¬ preises benützen zu können.“ Der Herr Vorsitzende bringt diesen Antrag zur Abstim¬ mung und wird derselbe einstimmig angenommen. Z. 103/Präs I. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Dr. Franz Angermann. Punkt 1 wird vertraulich behandelt. 2. Rekurse gegen Armenrats=Entscheidungen. a) Liegt vor der Rekurs der Anna Löschenkohl in Steyr gegen die Entscheidung des städtischen Armenrates vom 11. Mai 1903, Z. 5920, womit das Ansuchen derselben um Gewährung eines Erziehungsbeitrages für das Enkelkind Anna Löschenkohl abgewiesen wurde, weil der Nachweis fehlt, daß die Groß= be¬ ziehungsweise Kindesmutter nicht in der Lage sind, für dieses Kind zu sorgen und weil vom Kindesvater ohnehin monatlich 4 K gezahlt werden. Der Herr Referent stellt namens der Sektion folgenden Antrag: Nachdem laut gepflogenen Erhebungen bei der Ge¬ meinde Steinbach die Großmutter und die Kindesmutter nicht als erwerbsunfähig angesehen werden können, der Kindesvater ohnedies 4 K zahlt und, falls dies nicht ausreicht, zur Mehr¬ leistung verhalten werden könnte, so erscheint die Abweisung der I. Instanz gerechtfertigt. Der löbliche Gemeinderat wolle daher beschließen: Es werde dem Rekurse der Anna Löschenkohl gegen die Entscheidung des städtischen Armenrates vom 11. Mai 1903, Z. 5920, aus den Gründen der I. Instanz keine Folge gegeben. Einstimmig nach Antrag. — Z. 12.379. b) Liegt vor der Rekurs des Josef Ziegler, Volkssänger in Steyr, gegen die Entscheidung des städtischen Armenrates vom 13. Mai 1903, Z. 8660, womit dessen Ansuchen um Fortbezug des Zinsbeitrages von monatlich 4 K abgewiesen wurde. Der Herr Referent stellt namens der Sektion folgenden Antrag: Nachdem erhoben wurde, daß Gesuchsteller pro Woche 3—4 K verdient, dann ein Armengeld von monatlich 7 K hat, dessen Gattin ebenfalls monatlich 4 K bezieht, erscheint die Ab¬ weisung der l. Instanz gerechtfertigt. Der löbliche Gemeinderat wolle daher beschließen: Es werde dem Rekurse der Eheleute Josef und Marie Ziegler gegen die Entscheidung des städtischen Armenrates vom 13. Mai 1903, Z. 8660, aus den Gründen der I. Instanz keine Folge gegeben. Einstimmig nach Antrag. — Z. 12.549. c) Liegt vor der Rekurs der Frau Cilli Wehrenfennig in Linz gegen die Entscheidung des städtischen Armenrates vom 14. Mai 1903, Z. 7982, womit dem Ansuchen um Vergütung von 45 K 60 h Krankenkosten für Johann Ortmayr abgewiesen wurde, weil hiezu eine gesetzliche Verpflichtung nicht vorliegt. Der Herr Referent stellt namens der Sektion folgenden Antrag: Nachdem dieser Rekurs verspätet eingebracht wurde und die Abweisungsgründe der I. Instanz vollkommen gerecht¬ fertigt sind, wolle der löbl. Gemeinderat beschließen: Es werde dem Rekurse der Cilli Wehrenfennig gegen die Entscheidung des städtischen Armenrates vom 14. Mai 1903, Z. 7982, aus dem Grunde der verspäteten Einbringung und aus den Erwägungen der !. Instanz keine Folge gegeben. Einstimmig nach Antrag. Z. 13.268. 3. Rekurs der Rosina Schwingenschuh gegen das Ausweisungs = Erkenntnis. Der Herr Vorsitzende bemerkt, daß noch ein Rekurs, und war von Anna Ahorner gegen ihre Ausweisung aus Steyr vorliege und ersucht um Annahme der Dringlichkeit dieses Ge¬ genstandes, was geschieht. Der Herr Referent verliest nun den Rekurs der Anna Ahorner, gibt die Gründe der Ausweisung bekannt und stellt namens der Sektion folgenden Antrag: Es werde dem Rekurse der Anna Ahorner gegen das Ausweisungs=Erkenntnis der Stadtgemeinde=Vorstehung Steyr vom 1. Juli 1903, Z. 14.438, aus den Gründen der I. Instanz keine Folge gegeben. Einstimmig nach Antrag. — Z. 15.423. Ueber den Rekurs der Rosa Schwingenschuh gegen das Ausweisungs=Erkenntnis vom 28. März 1903, Z. 7496, stellt der Herr Referent namens der Sektion folgenden Antrag: Nachdem Rekurrentin zufolge Note des k. k. Bezirksgerichtes Steyr vom 24. Juni 1903, Z. 260, wegen der in ihrem Rekurse gegen die Stadtgemeinde=Vorstehung vorgebrachten Amtsehrenbeleidigung und außerdem wegen kleinen Diebstählen resp. Betrügereien mit 12 Tagen Arrest bestraft wurde, somit keinen unbescholtenen Lebenswandel führt und dieselbe nach den erhobenen Daten auch der öffentlichen Mildtätigkeit zur Last gefallen ist, erscheint die mit Dekret vom 28. März 1903, Z. 7496, verfügte Ausweisung der Rekurrentin aus dem Stadtgebiete vollauf gerechtfertigt und stellt die 1. Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde dem Rekurse der Rosina Schwingenschuh gegen das Ausweisungs=Er¬ kenntnis vom 28. März 1903, Z. 7496, aus den Gründen der Instanz und infolge der seither erfolgten strafgerichtlichen Abstrafung keine Folge gegeben. Einstimmig nach Antrag. — Z. 8354. 4. Ansuchen des prov. Lehrers 2. Klasse Ferdinand Brandner in Weyer um Minderung der ihm zur Rück¬ zahlung eines ungebührlich empfangenen Quartiergeldes gewährten Raten. Hierüber stellt der Herr Referent namens der Sektion olgenden Antrag: Nachdem es wohl einleuchtend ist, daß be¬ sagter Lehrer bei seinen minimalen Bezügen und bestehenden Abzügen, dann bei dem Umstande, als derselbe als provisorischer Lehrer 2. Klasse während der Ferien gar keinen Gehalt bezieht, nur äußerst schwer die monatliche Abzahlung von 4 K zu leisten imstande ist, er sich selbst aber zur Zahlung von monatlich 1 K bereit erklärt, wolle der löbliche Gemeinderat beschließen: Es werde ausnahmsweise und in Berücksichtigung der vorliegenden Gründe bewilligt, daß Lehrer Brandner die Schuld von 29 K 17¾ in monatlichen Raten à 1 K berichtige und hat derselbe mit dieser Ratenzahlung am 1. August 1903 zu beginnen. Einstimmig nach Antrag. — Z. 14.678. 5. Eingabe des Mautrevidenten um Auslegung des Standl=Gefälls=Tarifes. In dieser Eingabe macht Herr Karl Jöbstl darauf auf¬ merksam, daß er bei Abmessung verschiedener Verkaufsstände am Stadtplatze konstatiert habe, daß die Standlinhaber die Breite bzw. Tiefe der Standl ungebührlich vergrößern, wodurch das Standlgefälle verkürzt wird, da die Berechnung dieser Gebühren nach der Länge der Standl erfolgt, eine solche aber bei Aus¬ dehnung der Tiefe erspart wird. Herr Jöbstl ersucht um eine Entscheidung darüber, wie das Standlgefälle unter diesen Um¬ ständen zu berechnen ist. Der Herr Referent stellt namens der Sektion folgenden Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde der mit Sitzungsbeschluß des Gemeinderates vom 13. Dezember 1899, Z. 22.563, festgesetzte Tarif über das Marktplatz= und Standl¬ gefälle für den gewöhnlichen Tages= und Wochenmarkt dahin ab¬ geändert, daß bei Verkaufsständen, welche 1·50 Meter Breite überschreiten, diese Breite der Verkaufsstandl der Länge hinzu¬

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