Ratsprotokoll vom 27. Juni 1903

2 Was den Exerzierplatz anbelangt, so muß ich die Mit¬ teilung machen, daß über denselben ein separater Bestandsvertrag zwischen dem Reichskriegsministerium und der Stadtgemeinde Steyr abgeschlossen werden wird. In dieser Richtung ist folgende Entscheidung erflossen: Löblicher Stadtmagistrat Steyr! Auf die geschätzte Zuschrift Z. 701 V. P. vom 29. April l. J. beehrt sich die Militär=Bauabteilung mitzuteilen, daß das k. u. k. Reichskriegsministerium mit dem Erlasse Abt. II, Nr. 2629, vom 8. Juni 1903 den Jahresmietzins für den angebotenen Artillerie¬ Exerzierplatz genehmigt und unter der Voraussetzung, daß das bisher mit 114 ha angenommene Ausmaß desselben nicht wesentlich überschritten werde, die Zahlung des Mietzinses nach der noch ge¬ nauer zu ermittelnden Exerzierplatzfläche zugestanden hat. Gleich zeitig hat auch das Reichskriegsministerium den Abschluß eines Mietvertrages, welchem die im Kommissions=Protokolle vom 2.—4. Oktober 1902 festgestellten Bedingungen im Allgemeinen zugrunde zu legen sind, bewilligt und der Belassung von nur kleinen Beständen von Jungholz oder Dickicht auf der sonst aus¬ zurodenden Exerzierplatzfläche zugestimmt. Hievon wird der löb¬ liche Stadtmagistrat mit dem Ersuchen verständigt, nach Ankauf der in Frage kommenden Parzellen und Einverleibung des Eigen¬ tumsrechtes behufs Verfassung des Vertragsentwurfes die erfor¬ derliche Skizze und einen Auszug aus dem Parzellen=Protokolle der Militär=Bauabteilung zukommen zu lassen. Verwaltungs=Kommission der k. u. k. Militär=Bauabteilung des 14. Korps in Innsbruck am 18. Juni 1903. (Folgen die Unterschristen.) Hieraus wollen Sie entnehmen, daß auch die Exerzierplatz¬ frage in einem für die Gemeinde günstigen Sinne erledigt ist, und so wären denn die Bedingungen erfüllt, welche der Gemeinde¬ rat bei der prinzipiellen Zustimmung zur Erbauung einer Artillerie=Kaserne gestellt hat. Wir können also mit den Leistungen des Aerars und den Zuschuß des Landes auf eine 4½%ige Ver¬ zinsung des Anlagekapitales mit Bestimmtheit rechnen. Von dem, was von den Zinsen für die Objekte, für deren Gestehungs¬ kosten das Aerar 5¾ % zahlt, und was von dem Mietzinse für den Exerzierplatz nach Abzug der Zinsen für das Anlagekapital übrig bleibt, kann ein ziemlicher Teil der Amortisationsquote zugeführt werden, so daß die Gemeindemittel in dieser Richtung wenig in Anspruch genommen werden dürften. Es ist unmöglich heute schon alles auf Gulden und Kreuzer auszurechnen und ein gewisses Risiko muß die Gemeinde schon auf sich nehmen, und bei einem so großen Geschäfte ist es wirklich kein Unglück zu nennen und zu ertragen, wenn die Gemeinde einen ent¬ sprechenden, jedenfalls nicht hohen Beitrag zur Amortisations¬ quote leistet. Ziffermäßig genau kann das aber heute nicht be¬ stimmt werden. Nachdem auch die Erhaltungskosten für die Kaserne zum großen Teile vom Lande gedeckt werden, glaube ich, daß der Gemeinderat heute ohne Bedenken an die endgiltigen Beschlüsse schreiten kann. Ich habe noch zu bemerken, daß bei der ersten Kommission, welche vom 2.—4. Oktober 1902 abgehalten wurde, vom Militär¬ ärar ein approximativer Kostenvoranschlag vorgelegt wurde, den man damals vorläufig auf Treu und Glauben hinnehmen mußte, weil es damals absolut unmöglich war und alle Anhaltspunkte fehlten, die Ausrechnung desselben vorzunehmen. Erst im Laufe der Ausführung im Bauamte wird sich herausstellen, inwieweit der Voranschlag richtig war oder nicht. Damit man mir nicht Hinterhältigkeit vorwerfen kann, muß ich noch bemerken, daß es mehr als wahrscheinlich ist, daß das ursprünglich beantragte Baukapital von zwei Millionen Kronen nicht vollkommen ausreicht und daß in absehbarer Zeit ein Nachtragskredit in Anspruch genommen werden muß. Die Ursache liegt eben darin, daß es im Herbste 1902 unmöglich war, die vorgelegten Kostenvoranschläge überhaupt zu über¬ prüfen und eine alte Erfahrung ist es, daß derlei Kostenvoran¬ schläge beinahe immer überschritten werden. Ferner haben sich seither zwei bedeutende Verschiebungen ereignet. Die eine be¬ trifft die Wasserleitung und die Kanalisierung. Die ursprünglick mit Ihrer Zustimmung in Aussicht genommenen Quellen zu Weinzierl haben sich als zu wenig ergiebig herausgestellt, um eine allgemeine Wasserleitung im Kasernrayon einführen zu können und es wurde damals analog eine nur teilweise Kanalisierung und die Anlage von Senkgruben beschlossen. Erst als die Ab¬ turfung eines ergiebigen Brunnens gelungen ist, hat man das System der Senkgruben wieder aufgegeben und beschlossen, für die ganze Kasernanlage die Wassenspülung und Kanalisierung einzurichten. Es ist natürlich, daß eine derart verzweigte Wasser¬ leitung und eine solche Kanalisierung Mehrkosten verursacht. Freilich wird dadurch die Kaserne auf einen modernen Stand¬ punkt gestellt und die Erhaltungskosten werden verringert, während das Senkgrubensystem zu fortwährenden Störungen aller Art und Erhaltungskosten Anlaß gibt. Ich kann Ihnen heute noch nicht sagen, ob der Mehrbedarf an Kapital durch diese Anlagen ein nennenswerter wird, aber ich fühle mich ver pflichtet, Ihnen heute zu sagen, daß die Wahrscheinlichkeit stark vorhanden ist, daß wir zu einem Nachtragskredit schreiten müssen, dessen Bedeckung aber ebenso zu erwarten steht, in den Bei¬ trägen, welche das Land zur 4½%igen Verzinsung zu leisten versprochen hat. Es hat sich aber noch etwas ereignet. Es wurde nämlich bei der Kommission am 10. Juni 1903 plötzlich die Frage wegen Erbauung eines Marodenhauses aufgeworfen, über welches und dessen Kosten im ersten Voranschlage gar nichts erwähnt war. Die Kosten dieses angesprochenen Baues wurde mit 160.000 A angenommen. Dieser Bau würde aber heute schon eine große Ueberschreitung des aufzunehmenden Kapitales von 2 Millionen Kronen zur Folge haben und deshalb habe ich bei dieser Kom¬ mission Folgendes zu Protokoll gegeben: „Wegen Beistellung eines Marodenhauses gibt der Herr Bürgermeister zu Protokoll, eine bestimmte Zusage erst dann machen zu können, wenn seitens des Gemeinderates die Zu¬ stimmung erteilt wird, weil das gesetzlich bewilligte Darlehen durch den Kasernbau erschöpft wird und für den Bau dieses Objektes, dessen Beistellung erst jetzt verlangt wurde, im Nach¬ tragsdarlehen, welches ebenfalls der gesetzlichen Bewilligung bedarf, ausgenommen werden muß. Die Erklärung des Ge¬ meinderates wird der Herr Bürgermeister in zirka 14 Tagen dem 14. Korpskommando einsenden. Weiters erklärt der Herr Bürgermeister, aber auch im Falle der Zustimmung des Ge¬ meinderates, das Marodenhaus nur dann beistellen zu können, wenn dieses Objekt im Komplexe des Kasernetablissements bei gestellt werden kann, da der beigestellte Bauplatz rund 4 Joch größer ist, als angefordert werden könnte und die Erwerbung eines neuen Baugrundes nicht nur bedeutende Schwierigkeiten als auch große Kosten verursachen würde Da ferner das Marodenhaus auch eine Wasserleitung und nach Punkt 119 der H—35 auch eine Kanalisation er¬ halten müßte, würden sich die Kosten dieses Objektes bei separater Anlage derart hoch stellen, daß die Gemeinde von der Beistellung des Marodenhauses absehen müßte, umsomehr, als nach Ausarbeitung des Detailprojektes und der aufge¬ stellten approximativen Kostenberechnung klar wurde, daß die Verzinsung dieses Objektes perzentuell erheblich geringer ent¬ fällt, als bei den übrigen beizustellenden Objekten. Die Bei¬ stellung jeder wie immer Namen habenden Einrichtung des Marodenhauses würde die Gemeinde natürlich nicht über¬ nehmen können.“ Der löbliche Gemeinderat wird daher zu entscheiden haben, ob er geneigt ist, auf den Bau des Marodenhauses einzugehen oder nicht. Ich bin mir nicht darüber klar, was vom Militär¬ ärar aus geschehen wird, wenn der Gemeinderat diesen Bau ab¬ lehnt, und es ist mir auch nicht bekannt, ob wir zur Erbauung eines solchen Marodenhauses verpflichtet sind; aber ich glaube, daß wir doch die Bitte stellen könnten, uns von diesem Baue zu entbinden oder doch einen einfacheren und billigeren zu ver¬ langen. Ich habe noch zu bemerken, daß die Erwerbung der Bau¬ gründe und der des Exerzierplatzes bereits gesichert ist. Es wird selbstverständlich Sache des löblichen Gemeinderates sein, die be¬ treffenden Verträge seinerzeit zu genehmigen. Eine weitere Frage ist nun die finanzielle. Der löbliche Ge¬ meinderat hat sich in der Sitzung vom 12. Dezember 1902 ent¬ schlossen, ein Darlehen von zwei Millionen Kronen aufzunehmen und hiezu die Zustimmung des hohen oberösterr. Landtages bezüglich Erwirkung eines Landesgesetzes hiefür erbeten. Dieses Landesgesetz ist nun erflossen und erhielt dasselbe laut Erlaß der k. k. Statthalterei in Linz vom 24. April 1903, Z. 6175/1, die Allerhöchste Sanktion. Dieser Erlaß lautet: An die Stadtgemeinde=Vorstehung Steyr! Seine k. u. k. Apostolische Majestät haben mit Allerhöchster Entschließung vom 9. April d. J. dem vom Landtage des Erz¬ herzogtums Oesterreich ob der Enns beschlossenen Entwurf eines Gesetzes, womit der Stadtgemeinde Steyr zum Baue einer Korps¬ Artillerie=Kaserne erster Kategorie in Steyr und zur Erwerbung von 200 Joch Grund zu dem nötigen Exerzierplatze die Auf¬ nahme eines Darlehens im Höchstbetrage von 2,000.000 Kronen bewilligt wird, die Allerhöchste Sanktion allergnädigst zu erteilen geruht. Nachdem sohin die gesetzliche Bestimmung zur Aufnahme eines Darlehens von 2 Millionen Kronen vorhanden ist, wird es sich noch darum handeln, wo und unter welchen Bedingungen dasselbe aufzunehmen sein wird. Als Vorbereitung zur Lösung dieser Frage habe ich mich an die Sparkasse Steyr und an die Kommunal=Kredit= und Hypotheken=Anstalt in Linz gewendet und folgende Zuschriften erhalten: a) Löbliche Stadtgemeinde=Vorstehung Steyr! Mit Bezug auf die geschätzte Eingabe vom 23. Mai 1903, Z. 12.187, betreffend die Aufnahme eines Darlehens von zwei Millionen Kronen seitens der löblichen Stadtgemeinde=Vorstehung Steyr zur Erbauung einer Korps=Artillerie=Kaserne in Steyr, beehrt sich die gefertigte Direktion bekannt zu geben, daß die Sparkasse in Steyr bereit wäre, das erwünschte Darlehen zu dem gedachten Zwecke zu gewähren unter folgenden Bedingungen: 1. Wird seitens der Sparkasse in Steyr ein fixer Zinsfuß von 4½% beansprucht werden, so daß während der ganzen Dauer des Darlehensbestandes weder seitens der löblichen Stadtgemeinde eine Herabsetzung noch seitens der Sparkasse Steyr eine Erhöhung dieses Zinsfußes begehrt werden könnte. 2. Die Amortisation des Darlehens könnte nach Wunsch der löblichen Stadtgemeinde Steyr zwischen 50 und 75 Jahren, und 2% festgesetzt werden. somit jährlich zwischen ½% 3. Müßte zur Sicherstellung dieses Darlehens die zu er¬ bauende Kaserne samt Exerzierfeldgründen verpfändet und das Darlehen darauf intabuliert werden. 4. Die Realisierung der Darlehens=Valuta könnte ent¬ sprechend dem fortschreitenden Bau der Kaserne nach Bedarf in beliebigen Raten erfolgen, nur müßte die Erhebung der einzelnen

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2