Ratsprotokoll vom 5. Juni 1903

2 Allein nicht nur ob seiner Berufstätigkeit gebührt dem Jubilar Anerkennung und Verehrung, Herr Direktor Wenhart war auch im öffentlichen Leben erfolgreich und pflichteifrig tätig. Er gehörte vom März 1871 bis August 1880, also fast durch 9 Jahre dem Gemeinderate unserer Stadt an und war als solcher durch 6 Jahre Obmann der Schul= und Armen=Sektion. Herr Direktor Wenhart war weiters vom Jahre 1870 bis 1897, also durch 27 Jahre, Mitglied des k. k. Stadtschulrates und hat sich derselbe durch diese Tätigkeit gleichfalls große Ver¬ dienste erworben. Da nun dieser verdienstvolle Lehrer das seltene Fest seiner ünfzigjährigen erfolgreichen Berufstätigkeit begeht, ziemt es sich, daß seine Mitbürger, für deren Kinder er sein ganzes Leben in der Schule mit seltenem Pflichteifer und Berufstreue gewirkt hat, diesen Mann bei diesem seltenen Anlasse besonders ehren und ihm ihre volle und ganze Anerkennung zum Ausdrucke bringen. Deshalb stellt die I. Sektion den Antrag: Der löblich Gemeinderat wolle beschließen: Es werde dem Schuldirektor Herrn Wenzel Wenhart anläßlich seines 50jährigen Lehrer=Jubiläums in Anerkennung seiner großen Verdienste um die Schule und das städtische Gemeinwesen überhaupt, das Ehrenbürgerrecht der Stadt Steyr verliehen. Dieser Antrag wird einstimmig angenommen. Hierauf Erledigung der Tagesordnung. I. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Dr. Franz Angermann. Punkt 1 wird vertraulich behandelt. 2. Rekurse gegen Armenrats=Entscheidungen. a) Liegt vor der Rekurs des Georg Wieser, Unterstandler im Herrenhause, gegen die Entscheidung des städt. Armenrates vom 25. März 1903, Z. 3804, womit sein Ansuchen um Er¬ höhung der Unterstützung von 8 auf 12 K abgewiesen wurde. Der Herr Referent stellt nach Klarstellung des Sachver¬ haltes namens der Sektion folgenden Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde dem Rekurse des Georg Wieser gegen den abweislichen Bescheid des städt. Armenrates vom 25. März 1903 aus den Gründen der 1. Instanz keine Folge gegeben. Einstimmig nach Antrag. — Z. 8585. b) Liegt vor der Rekurs des Leopold Mayrhofer, In¬ wohner in Steyr, gegen die Entscheidung des städt. Armenrates vom 13. Mai 1903, Z. 5963, wegen verweigerter Erhöhung der Unterstützung. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Mit Rücksicht auf die gepflogenen Erhebungen, die ergeben haben, daß Gesuchssteller und seine Frau fast erwerbsunfähig sind, beantragt die 1. Sektion: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es wird dem Re¬ kurse des Leopold Mayrhofer gegen die Entscheidung des städt. Armenrates vom 13. Mai 1903 Folge gegeben und demselben die angesuchte Erhöhung seines Armengeldes auf 10 K monat¬ lich bewilligt. Einstimmig nach Antrag. — Z. 11.936. c) Liegt vor der Rekurs des Heinrich Mann, Buchbinder und Hausbesitzer in Steyr, gegen die Entscheidung des städtischen Armenrates vom 11. Mai 1903, Z. 6061, punkto Abweisung eines Ansuchens wegen Uebernahme von 1 Verpflegskosten für seine in der Irrenanstalt untergebrachte Schwester Theresia Mann auf den Armenfond Steyr. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Nachdem Herr Hein¬ rich Mann sich der Stadtgemeinde Steyr gegenüber im Proto¬ kolle vom 30. November 1900 und der Kuratelsbehörde gegen¬ über im Kaufvertrage vom 10. September 1901 ausdrücklich verpflichtet hat, die ½ Verpflegskosten für seine irrsinnige Schwester im Landes=Irrenhause zu tragen, so kann die 1. Sektion nur den Antrag stellen: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde dem Rekurse des Heinrich Mann gegen die Entscheidung des städt. Armenrates vom 11. Mai 1903, womit dessen Ausuchen um Uebernahme der ½ Verpflegskosten für seine Schwester Theresia Mann seitens der Stadtgemeinde Steyr nicht bewilligt wurde, aus den Gründen der l. Instanz keine Folge gegeben. Der Herr Referent bemerkt hiezu, daß die Sektion mit Rücksicht auf die vom Heinrich Mann eingegangenen Verpflich¬ tungen schon aus prinzipiellen Gründen für die Abweisung des Rekurses sich entschieden hat, doch glaubt die Sektion, daß dem Heinrich Mann mit Rücksicht auf seine ungünstigen finanziellen Verhältnisse dadurch entgegenkommen werden könnte, daß ihm zur Einzahlung der Verpflegsgebühren kleine Raten bewilligt werden. Herr G.=R. Busek befürwortet die Anregung des Herrn Referenten, daß dem Heinrich Mann günstige Zahlungsbedin¬ gungen zugestanden werden. Herr G.=R. Schachinger stellt den Antrag, daß die Ge¬ meinde die Zahlung von 1 Verpflegskosten für Theresia Mann von heute ab auf die Dauer eines Jahres übernehme, zieht jedoch diesen Antrag, über Aufklärung des Herrn Referenten, daß ein solcher Beschluß Konsequenzen nach sich ziehen würde, wieder zurück. Herr G.=R. Sommerhuber beantragt, den vorliegenden Rekurs an den städt. Armenrat behufs neuerlicher Beschlu߬ fassung zu leiten. Bei der Abstimmung wird der Antrag des Herrn G.=R. Sommerhuber mit allen gegen 3 Stimmen abgelehnt und der Sektionsantrag mit Majorität angenommen. — Z. 11.938. 3. Beschlußfassung wegen Annahme zweier Haratz¬ müller'schen Stiftungen. Der Herr Referent verliest folgenden Sektionsbericht und Antrag: Der am 28. Dezember 1902 hierorts verstorbene Reali¬ tätenbesitzer Herr Johann Haratzmüller hat in seinem Testamente ddo. 12. April 1902 unter Punkt 7 und 8 Folgendes bestimmt: An abzugsfreien, binnen dreier Monate nach meinem Ab¬ leben zahlbaren und bis dahin unverzinslichen Legaten haben zu erhalten: 7. Die Stadtgemeinde Steyr zur Errichtung von zwei Stiftplätzen für arme Kinder im Waisenhause zu St. Anna in Steyr, sechs Stück Silberrenten à 2000 K, zusammen 12.000 K, das ist zwölftausend Kronen. 8. Die Stadtgemeinde Steyr zur Errichtung von zwei Stiftplätzen für verarmte Bürger oder Bürgersfrauen der Stadt Steyr im Armenhause zu St. Anna in Steyr, sechs Stück Silber¬ renten à 2000 K, zusammen 12.000 K, das ist zwölftausend Kronen. Bei Verleihung dieser Stiftplätze soll vor allen Anderen auf allfällige Verwandte von mir Rücksicht genommen werden. Laut Mitteilung der Depositenbank=Filiale Steyr dd 8. Mai 1903 wurden diese vorerwähnten beiden Stiftungs¬ kapitalien per je 12.000 K, somit 24.000 K, in April=Renten mit Coupons vom 1. Oktober 1903 ab, bei der allgemeinen Depositenbank in Wien zum Erlage gebracht, weshalb mit der Aktivierung der beiden Stiftungen nunmehr vorgegangen werden kann. Die Sektion stellt nun den Antrag: Der löbliche Gemeinderat erklärt sich zur dankbaren An¬ nahme der vorerwähnten zwei Stiftungen bereit und verpflichtet sich, dieselben nach dem stifterischen Willen und Bestimmungen getreulich zu verwenden und für die stets sorgfältige Verrech¬ nung, Erhaltung und Verwaltung der Stiftungs=Kapitalien, hinsichtlich welcher die Vinkulierung bereits veranlaßt wurde, Sorge zu tragen. Die bezüglichen Stiftbriefe sind zu entwerfen und dem Gemeinderate zur Genehmigung vorzulegen. Der Herr Referent bemerkt noch, daß die Stiftbriefe dem Gemeinderate noch nicht vorgelegt werden konnten, weil die Wertpapiere nicht eingelangt sind. Es handle sich daher heute nur um den prinzipiellen Beschluß, daß der Gemeinderat sich zur Uebernahme dieser Stiftungen bereit erkläre. Hierauf wird der Sektionsantrag einstimmig angenommen. Z. 10.980. 4. Returs gegen die Verweigerung einer Bau¬ bewilligung zur Errichtung eines Schweinestalles beim Anwesen Nr. 6, Aichetgaffe. Der Herr Referent verliest den Rekurs des Herrn Leopold Sulzner, Hausbesitzer, Aichetgasse Nr. 6, gegen die Entscheidung der Stadtgemeinde Steyr vom 1. Mai 1903, Z. 7301, womit demselben die Errichtung eines Schweinestalles bei seinem Hause aus sanitätspolizeilichen Rücksichten untersagt wurde, sowie das Gutachten des Herrn Stadtarztes Dr. Hauk und stellt namens der Sektion folgenden Antrag: Mit Rücksicht auf das sanitätspolizeiliche Gutachten, nach welchem die Erbauung eines Schweinestalles im Stadtgebiete aus gesundheitswidrigen Gründen unzulässig erscheint und weil ich insbesondere in nächster Nähe die Aichetschule befindet, wolle der löbliche Gemeinderat beschließen: Es werde dem Rekurse des Leopold Sulzner gegen das bauämtliche Verbot punkto Errich¬ tung eines Schweinestalles in seinem Hause aus den Gründen der 1. Instanz keine Folge gegeben. Einstimmig nach Antrag. — Z. 11.324. 5. Wahl von 4 Mitgliedern in den k. k. Stadt¬ schulrat Steyr. Der Herr Referent verliest folgenden Sektionsantrag: Nachdem die Funktionsdauer der Mitglieder des k. k. Stadt¬ schulrates abgelaufen und die Neuwahl vorzunehmen ist, stellt die 1. Sektion den Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle die bisherigen Mitglieder Edmund Aelschker, Dr. Albert Clessin, Franz Lang, Adolf R. v. Weismayr wieder als Mitglieder des k. k. Stadtschulrates wählen. Einstimmig nach Antrag. — Z. 18.031. II. Sektion. Referent: Sektionsobmann=Stellvertreter Herr G.=R. Mathias Perz. 6. Amtsbericht über den Stadtkasse=Journals=Ab¬ schluß pro Dezember 1902. Die städt. Rechnungs=Kanzlei berichtet über die Einnahmen und Ausgaben der Stadtkasse für den Monat Dezember 1902 wie folgt: 96.095 K 50 h Einnahmen im Dezember 1902 .. 76.127 „ 47 Kassarest vom Vormonate Gesamt=Einnahmen .. 172.222 K 97 h 172.22 „ 97 „ Ausgaben im Dezember — K—h Kassarest pro Jänner 1903 Der Herr Referent bemerkt hiezu, daß das Kassa=Journal durch die Herren Gemeinderäte Heindl und Schachinger geprüft und richtig befunden wurde. Zur Kenntnis. — Z. 10.246. 7. Bericht über das Gefälls=Erträgnis des Früh¬ jahrsmarktes 1903. Der Herr Referent gibt bekannt, daß laut Bericht des städt. Kasseamtes der diesjährige Frühjahrsmarkt eine Einnahme

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