2 Hierauf erbittet sich Herr G.=R. Dr. Franz Angermann das Wort zu einem Dringlichkeits=Antrage und führt aus: Wie Ihnen bekannt ist, haben eine Anzahl Gemeinde¬ wähler und Steuerträger für den 7. Februar d. J. eine Ver¬ sammlung im Hotel „Schiff“ unter der harmlosen Devise ein¬ berufen, daß es sich um eine offene Aussprache in der Kasernbau¬ Angelegenheit handle. Die Steuerträger sind auch zahlreich erschienen, den Einberufern wohl zu zahlreich, und waren von dem Verlauf der Versammlung sehr überrascht, denn sie haben gesehen, daß es sich nicht um eine offene Aussprache in der Kasernbau=Angelegenheit, sondern um eine unbegründete Anklage gegen den Herrn Bürgermeister und gegen den Gemeinderat jehandelt hat. Das von Herrn Achatz Fischer verlesene Schriftstück enthält eine Reihe von Angriffen gegen den Gemeinderat wie: es handelt sich dem Gemeinderate nicht um die Kaserne, sondern um zwei Millionen Kronen Schulden zu machen, daß oberflächlich jewirtschaftet wird, daß Experimente gemacht werden, die einige Streber in die Höhe bringen sollen, und endlich ist gesagt worden, daß der Gemeinderat in dieser Frage sich einem höheren Kommando gefügt hat. Unser Herr Bürgermeister hat diese Vorwürfe in glänzender Weise zurückgewiesen und die weitaus überwiegende Mehrzahl der Versammlungsteilnehmer haben ihm zugestimmt. Es wurde dem Herrn Bürgermeister mit zirka 500 gegen 8 Stimmen das vollste Vertrauen ausgedrückt. Er beantrage daher die Annahme folgender Resolution: „Der Gemeinderat der l. f. Stadt Steyr spricht dem Herrn Bürgermeister Viktor Stigler für die bei der in der Kasernbau¬ Angelegenheit einberufenen Versammlung am 7. d. M. geleistete glänzende Vertretung dieser Angelegenheit den gebührenden Dank aus und legt zugleich Verwahrung ein gegen die seitens der Einberufer dieser Versammlung und ihrer Hintermänner wider den Gemeinderat in dieser Versammlung vorgebrachten Anwürfe, weil dieselben vollkommen unbegründet sind und außerdem geeignet erscheinen, das Projekt des für die Stadt Steyr so wichtigen Kasernbaues in der Bevölkerung zu diskredi¬ tieren und dessen Zustandekommen zu gefährden.“ Der Herr Vorsitzende bringt zuerst die Dringlichkeit dieses Gegenstandes zur Abstimmung und wird dieselbe einstimmig anerkannt. Hierauf wird die Nesolution selbst einstimmig angenommen. Hierauf Erledigung der Tagesordnung. I. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Dr. Franz Angermann. Die Punkte 1 bis 3 werden vertraulich behandelt. Das Protokoll hierüber ist dem öffentlichen Protokoll angeschlossen. 4. Amtsbericht betreffs Beschlußfassung hinsichtlich der Behandlung jener Gemeindebürger, welche sich anderswo das Heimatsrecht ersessen haben, bezw. ersitzen. Der Herr Referent bemerkt, daß ein Amtsbericht vorliege, worin die Weisung des Gemeinderates erbeten wird, in welcher Weise künftig bezüglich solcher Bürger vorzugehen ist, die anders wohin zuständig werden und wie sich das Amt Gesuchen um Beibehaltung der Zuständigkeit und des Bürgerrechtes von Per¬ sonen gegenüber zu verhalten hat, die gemäß § 2 der Heimats¬ gesetz=Novelle das Heimatsrecht in einer anderen Gemeinde er¬ sessen haben. Anlaß zu diesem Amtsberichte hat folgender Fall gegeben. Herr Michael Stiegler, gewesener Gastwirt in Steyr, heimats¬ zuständig in Steyr und im Genusse des Bürgerrechtes stehend, ist schon 10 Jahre in Neuschönau, Gemeinde St. Ulrich, ansäßig und hat demnach im Sinne des § 2 der Heimatsgesetz=Novelle die Zuständigkeit in der Gemeinde St. Ulrich ersessen, weshalb auch um dessen Aufnahme in den Gemeindeverband nach St. Ulrich an¬ gesucht wurde. Herr Stiegler ersucht nun, es möge diese ange¬ trebte Zuständigkeitsänderung zurückgenommen werden, und beabsichtige, wieder nach Steyr zu übersiedeln, da er die in Steyr erworbenen Rechte, nämlich Heimatsberechtigung und Bürgerrecht, nicht verlieren wolle. Ueber die vom Amte gestellten Anfragen hat sich die Rechtssektion zu folgendem Antrage geeinigt. Nach § 2 des Heimatsgesetzes vom 3. Dezember 1863, R.=G.=Bl. Nr. 105, kann ein österreichischer Staatsbürger das Heimatsrecht nur in einer Gemeinde besitzen. Wenn daher ein österreichischer Staatsbürger in einer anderen Gemeinde das Heimatsrecht ersitzt (nach der Heimats¬ gesetz=Novelle vom Jahre 1896), so tritt der Verlust des Heimats¬ rechtes in der früheren Gemeinde ipso jure ein. Da nun laut § 5 des Gemeinde=Statutes der Stadt Steyr die Heimatsberechtigung in Steyr eine Voraussetzung zur Er¬ langung des Bürgerrechtes der Stadt Steyr ist, so folgt daraus unzweifelhaft, daß in dem Falle als eine Person, die nach § 5 des Gemeinde=Statutes das Bürgerrecht der Stadt Steyr besitzt, das Heimatsrecht in Steyr verliert, auch das Bürgerrecht in Steyr ipso jure verlieren muß, weil nach § 5 des Gemeinde¬ Statutes das Heimatsrecht in Steyr eine Voraussetzung zur Erlangung des Bürgerrechtes in Steyr ist, denn nur von Ge¬ meindeangehörigen kann das Bürgerrecht in Steyr erworben werden, und Gemeindeangehörige sind nach § 2 des Gemeinde¬ Statutes nur jene Personen, die in Steyr heimatberechtigt sind. — Daß dieser Grund zum Verluste des Bürgerrechtes im § 7 des Gemeinde=Statutes nicht angeführt ist, ergibt sich aus der Bestimmung des § 5 (G.=St.), in welcher dieser Verlustgrund mplielte enthalten ist und daher eine abermalige Anführung im § 7 (G.=St.) nicht erforderlich war. Mit Rücksicht auf diese Rechtslage stellt die 1. Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle folgenden prinzipiellen Beschluß fassen: Nachdem gemäß § 2 des Heimatsgesetzes am 3. Dez. 1863, R.=G.=Bl. Nr. 5, ein österreichischer Staatsbürger nur in einer Gemeinde das Heimatsrecht (Zuständigkeit) besitzen kann, so tritt n dem Falle als derselbe im Wege der Ersitzung nach der Heimatsgesetz=Novelle vom Jahre 1896 das Heimatsrecht in einer anderen Gemeinde erwirkt, der Verlust des Heimatsrechtes in der früheren Gemeinde ein. In Anwendung dieses aus dem Gesetze abgeleiteten Grund¬ satzes und mit Rücksicht auf die ausdrückliche Bestimmung des § 5 des Gemeinde=Statutes von Steyr vom 18. Jänner 1867 tritt bei jenen Personen, welche auf diese Art und Weise das Heimatsrecht in Steyr verloren haben und die das Bürgerrecht von Steyr besitzen, auch der Verlust des Bürgerrechtes von Steyr ein, weil die Heimatszuständigkeit in Steyr eine Voraussetzung zur Erwerbung des Bürgerrechtes von Steyr ist. Das Amt wird daher angewiesen, in künftigen solchen Fällen nach diesen Grundsätzen vorzugehen und jene Personen, welche auf diese Weise des Bürgerrechtes verlustig geworden sind, davon ämtliche Kenntnisnahme zukommen zu lassen. Herr G.=R. Köstler ist der Anschauung, daß derjenige, welcher für die Verleihung des Bürgerrechtes die Taxe bezahlt habe, dieses Recht gekauft habe und könne ihm dieses Recht auch dann nicht genommen werden, wenn er in einer anderen Ge¬ meinde zuständig wird. Herr G.=R. Hiller erblickt in dem Bürgerrechte eine Auszeichnung des Betreffenden, ein Geschenk von der Gemeinde, das man nicht gut nehmen kann. Daß der Verlust des Heimats¬ rechtes gleichzeitig auch den Verlust des Bürgerrechtes mit sich bringe, halte er nur für eine juristische Anschauung, der er nicht beipflichten könne. Der Herr Referent bemerkt, das Bürgerrecht könne nicht als ein gekauftes Recht angesehen werden. Die Taxe, die dafür bezahlt wird, sei nur als eine gewisse Entschädigung zur leichteren Tragung der Gemeindelasten zu betrachten. In dieser Frage sei er juristische Standpunkt allein maßgebend, denn es könne nach dem Gemeindestatute Niemand Bürger von Steyr sein, der nicht nach Steyr zuständig ist. Nachdem Herr Stiegler schon über 10 Jahre in der Neuschönau wohnt und die Umlagen an die Gemeinde St. Ulrich entrichtet, so ist es auch vom wirtschaft¬ lichen Standpunkte aus gerechtfertigt, daß seine Aufnahme in den Verband der Gemeinde St. Ulrich erwirkt werde. Der Herr Vorsitzende bringt nun den Sektionsantrag zur Abstimmung und wird derselbe mit 16 gegen 5 Stimmen (Huber, Köstler, Hiller, Schachinger, Sommerhuber) angenommen. Z. 3950. Ueber das vorliegende Ansuchen des Herrn Michael Stiegler, der Gemeinderat möge das Ansuchen um seine Aufnahme in den Gemeindeverband von St. Ulrich im Sinne des § 2 der Heimats gesetznovelle rückgängig machen, stellt die Sektion folgenden Antrag Mit Rücksicht auf den heute am 20. Februar 1903 ge¬ faßten prinzipiellen Beschluß des Gemeinderates, daß in dem Falle, als ein Bürger der Stadt Steyr in einer anderen Ge¬ einde das Heimatsrecht ersitzt und damit das Heimatsrecht in Steyr verliert, derselbe auch des Bürgerrechtes in Steyr ver¬ lustig wird, stellt die Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde dem Ansuchen des Herrn Michael Stiegler vom 18. Februar 1902, Z. 28.224, wegen Rückgängigmachens des Ansuchens der Stadt¬ gemeinde Steyr um Aufnahme desselben in den Gemeindever¬ band von St. Ulrich infolge Ersitzung seines Heimatsrechtes in ieser Gemeinde keine Folge gegeben und ist derselbe zu ver¬ tändigen, daß er durch die Erwerbung des Heimatsrechtes in der Gemeinde St. Ulrich auch das Bürgerrecht der Stadt Steyr verloren habe. Dieser Antrag wird mit 16 gegen 5 Stimmen ange¬ nommen. — Z. 28.224. 5. Wahl zweier Mitglieder und eines Ersatz¬ mannes in die Stellungs=Kommission, sowie in die Militärtaxbemessungs =Kommission. a) Liegt vor ein Amtsbericht wegen Wahl zweier Mit¬ lieder des Gemeinderates in die ambulante Stellungs=Kommission für das Jahr 1903. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Der löbliche Gemeinde¬ rat wolle beschließen: Es werden seitens der Stadtgemeinde Steyr als Delegierte in die Stellungs=Kommission pro 1903 ge¬ wählt die Herren Gemeinderäte Leopold Köstler und Josef Tureck als Mitglieder und Herr G.=R. Josef Hiller als Ersatzmann. Einstimmig nach Antrag. — Z. 3587 Liegt vor ein Amtsbericht wegen Wahl zweier Mit¬ glieder in die Militärtaxbemessungs=Kommission. Die Sektion beantragt: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werden seitens der Stadtgemeinde Steyr als Delegierte in die Militärtaxbemessungs=Kommission gewählt: Herr Josef Hiller und Herr Bankdirektor Jakob Kautsch als Mit¬ glieder und Herr G.=R. Gottfried Sonnleitner als Ersatzmann. Einstimmig nach Antrag. — Z. 3922. 6. Amtsbericht betreffs der diesjährigen Gemeinde¬ ratswahlen. Der Herr Referent verliest folgenden Vortrag: Im Jahre 1903 erlöschen nach § 40 des Gemeindestatutes der Stadt Steyr vom 18. Jänner 1867 die Mandate folgender Herren Gemeinderäte: Aus dem I. Wahlkörper: Die Mandate der Herren Gott lieb Bruckschweiger, Karl Heindl, Josef Huber und Dr. August
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2