Ratsprotokoll vom 16. Jänner 1903

4 Waren zu beziehen, soweit selbe nach der Gattung des Marktes zum Verkaufe auf demselben zugelassen sind.“ Es bedarf hiezu nicht einmal immer einer Gewerbeberechtigung. Die vorliegende Beschwerde verlangt vom Gemeinderate der Stadt Steyr Abhilfe gegen den allgemeinen freien Verkauf jewerblicher Waren von Seite auswärtiger Händler am Steyrer Wochenmarkte. In dieser allgemeinen Fassung hat dieses Be¬ gehren gar keine Berechtigung; denn es ist Niemandem, gewiß aber dem gefertigten Amte nie eingefallen, auf Steyrer Wochen¬ märkten den freien Verkehr aller gewerblichen Erzeugnisse durch fremde Gewerbetreibende zuzulassen. Wenn aber mit der be¬ zogenen Eingabe auch begehrt wird, fremde Gewerbetreibende, welche mit Gegenständen des Wochenmarktsverkehres Handel treiben vom Steyrer Wochenmarkte auszuschließen, nimmt dieselbe, wie schon oben gesagt, leider gar keine Rücksicht auf die bestehenden gesetzlichen Vorschriften und übersieht es gänzlich, daß fremde Gewerbetreibende, die mit „Lebensmitteln, rohen Naturprodukten Wirtschafts= und Ackergeräten, Erzeugnissen welche zu den landesüblichen Nebenbeschäftigungen der Landleute der Umgebung gehören, und mit gemeinen Artikeln des täglichen Verbrauches“ Handel treiben, vom Steyrer Wochenmarkte nicht ausgeschlossen werden dürfen, weil eben das Gewerbegesetz diesen Ausschluß verbietet. Der Gemeinderat der Stadt Steyr ist aber auch nicht jene Stelle, welche dazu berufen wäre, über die entstandene Frage eine Entscheidung zu fällen. Zu dieser Entscheidung sind lediglich die politischen Behörden berufen, denn der in Frage stehende Gegenstand ist öffentlich rechtlicher Natur und unterliegt deshalb der administrativen Indikatur und zwar in allen Instanzen, da die gesetzlichen Bestimmungen über den Marktverkehr einen Bestandteil der Gewerbegesetze bilden und die Handhabung der Gewerbeordnung nicht den autonomen, sondern den politischen Behörden zukommt. Wenn der § 47, Punkt 4, des Gemeinde¬ Statutes der Stadt Steyr vom 18. Jänner 1867, L.=G.=Bl. Nr. 8 die Ueberwachung des Marktverkehres in den selbständigen Wirkungskreis der Gemeinde verweist, so ist damit nur festgesetzt, daß es der Obsorge der Stadtgemeinde zukommt, für einen dem Gesetze entsprechenden Marktverkehr zu sorgen, nicht den ganzen Marktverkehr im Allgemeinen zu regeln und in allen mit dem Marktverkehr in irgend einer Beziehung stehenden Fragen die Entscheidung zu treffen. Die Richtigkeit dieser Anschauung wird in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise durch den Wortlaut des § 141 der Gewerbeordnung dargetan, der da lautet: „Die politischen Verwaltungsbehörden 1. Instanz sind auch erste Instanz in Gewerbsangelegenheiten. Ihnen obliegt die Handhabung der Gewerbsvorschriften.“ Wenn in der Eingabe auf das Vorgehen anderer Stadtver¬ waltungen in Bezug auf die Handhabung ihrer Marktordnungen verwiesen wird, so entkräftet dies die volle Gesetzmäßigkeit der vorstehenden Ausführungen in keiner Weise und beweist nur, daß manche dieser Stadtverwaltungen in Unkenntnis der be¬ stehenden gesetzlichen Vorschriften sind oder — was noch schlimmer ist — über die gesetzlichen Vorschriften sich souverän hinaus¬ etzen, welcher sehr bedauerliche Umstand das gefertigte Amt gewiß nicht berechtigen kann, in gleicher Weise vorzugehen. Die Auskunft, die die Stadtgemeinde=Vorstehung Wels — die nebenbei bemerkt, nicht politische Behörde für ihr Gebiet ist, wie die Stadt Steyr — der Firma Josef Huber und Cie. in Steyr mit der Zuschrift vom 4. Dezember 1902, Z. 15.413 und 15.619 erteilt hat, ist eine ganz und gar ungesetzliche, doch muß es der ge¬ nannten Firma überlassen bleiben, dagegen Remedur bei der kompetenten k. k. Bezirkshauptmannfchaft Wels zu suchen, die ganz gewiß eine andere Entscheidung in der angeregten Frage fällen wird. Sollte der Gemeinderat der Stadt Steyr wider Erwarten trotz dieser Ausführungen die gleiche Entscheidung wie die Stadt¬ gemeinde=Vorstehung Wels fällen, so wäre der Herr Bürgermeister gemäß § 77 des Gemeinde=Statutes der Stadt Steyr verpflichtet diesen Beschluß zu sistieren und die Entscheidung der k. k. Statt¬ halterei darüber einzuholen, weil durch einen solchen Beschluß sowohl der Wirkungskreis des Gemeinderates überschritten, als auch ein Verstoß gegen bestehende Gesetze gemacht würde. Der Herr Bürgermeister wäre umso mehr zur Sistierung eines solchen Beschlusses verpflichtet und genötigt, weil er nach § 88 des Ge¬ meindestatutes der Stadt Steyr zur Ausübung der Amtstätigkeit in Gewerbs= und Handelsangelegenheiten nach Inhalt der Ge¬ werbegesetze, soweit sie der ersten Instanz zugewiesen sind, be¬ rufen ist, und weil ihm die ihm untersteheuden Organe der Stadt ihrem Diensteide gemäß den Gehorsam versagen müßten, wenn er ihnen die Durchführung eines offenkundig ungesetzlichen Beschlusses auftragen würde. Das Amt muß schließlich auch bitten, ihm in entsprechen¬ der Form eine Genugtuung für die ihm durch Herrn Gemeinde¬ rat Josef Huber zugefügte schwere Beleidigung zu bieten, die darin bestand, daß er dasselbe der ungerechtfertigten Schädigung der hiesigen Gewerbetreibenden bei Handhabung der Markt¬ ordnung zieh, und dies, wie die vorliegende Eingabe dartut, nicht nur dem Gefertigten gegenüber, sondern auch anderen Gewerbetreibenden der Stadt Steyr gegenüber getan hat. Der Stadtsekretär: Franz Gall m p. Die Sektion stellt folgenden Antrag: Aus dieser Beschwerde der unterfertigten Gewerbetreiben¬ den geht hervor, daß dieselbe vom Gemeinderate Abhilfe gegen den allgemeinen freien Verkauf gewerblicher Waren von aus¬ wärtigen Gewerbetreibenden verlangen und in ihrem konkreten Falle betreffend den der Firma Hinterschweiger in Wels be¬ willigten Verkauf ihrer landwirtschaftlichen Maschinen gegen die Handhabung der Marktordnung Protest erheben. Da nun aber sämtliche Agenden des Marktverkehres unter die Sanktion der Gewerbe=Ordnung fallen, und gemäß § 141 der Gewerbe=Ordnung die politischen Behörden I. Instanz für alle Gewerbe=Angelegen¬ heiten sind, außerdem in der für die Stadt giltigen Markt¬ ordnung im § 25 überdies ausdrücklich die Handhabung der Marktordnung der Stadtgemeinde=Vorstehung Steyr als politi¬ sche Behörde 1. Instanz zugewiesen ist, und der Rechtszug gegen Entscheidungen oder Verfügungen dieser Behörde in Gewerbe¬ sachen, also auch Marktfragen, also eine eventuelle Beschwerde dagegen an die Behörde II. Instanz — d. i. die hohe k. k. Statt¬ halterei in Linz — zu richten ist, so kann der Gemeinderat der Stadt Steyr infolge Inkompetenz über die vorliegende Beschwerde keine Entscheidung treffen und stellt deshalb die I. Sektion den Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen: Es werde die vor¬ liegende Beschwerde gemäß § 141 der Gewerbeordnung der Stadt¬ gemeinde=Vorstehung als politischen Behörde Instanz resp. dem Herrn Bürgermeister als Vorsteher dieser Behörde, zur ge¬ setzesmäßigen weiteren Behandlung abgetreten, da der Gemeinde¬ rat wegen Inkompetenz in dieser Frage eine meritorische Ent¬ scheidung nicht zu treffen in der Lage ist. Wohl aber spricht sich der Gemeinderat dahin aus, daß seitens der Stadtgemeinde=Vor¬ stehung als der politischen Behörde 1. Instanz in der Handhabung der Marktordnung, soweit es in Rahmen der gesetzlichen Bestim¬ mungen gescheheu kann, die hiesigen Gewerbetreibenden gegenüber der Konkurrenz fremder Verkäufer nachdrücklichst geschützt werden ollen. Herr G.=R. Huber findet, daß diese Angelegenheit vom Amte aufgebauscht wurde. Er habe durchaus nicht die Absicht gehabt, das Amt zu beleidigen, sondern habe als Vertreter des Industriebezirkes Steyr nur die hiesigen Geschäftsleute in Schutz nehmen wollen. Er sei mit der ihm gewordenen Aufklärung zu¬ frieden; doch möchte er den Herrn Bürgermeister bitten, die Handels= und Gewerbetreibenden in Steyr wenigstens insoferne zu schützen, daß man es der auswärtigen Konkurrenz doch nicht so leicht machen solle. Herr G.=R. Heindl schließt sich der Anschauung des Vor¬ redners an und glaubt, man soll für die Auswärtigen eine höhere Taxe verlangen. Herr G.=R. Hiller will vom Amte festgestellt wissen, ob die Firma Hinterschweiger für den großen Platz, den sie am Wochenmarkte benötigt, tatsächlich nur 35 kr. zahle. Herr G.=R. Gründler fragt, ob es nicht möglich wäre, der Firma Hinterschweiger einen anderen Platz anzuweisen, als gerade den besten am Stadtplatze. Die Verstellung des Stadtplatzes mit landwirtschaftlichen Maschinen, wie es jetzt der Fall ist, sei auch ein Verkehrshindernis. Wenn schon die Zulassung auswärtiger Firmen zum Besuche des hiesigen Wochenmarktes gesetzlich be¬ gründet ist, so solle man doch zum Schutze der einheimischen Geschäftsleute dafür Sorge tragen, daß auswärtigen Firmen doch nur solche Plätze angewiesen werden, wo ihnen nicht so Gelegen¬ heit geboten ist, mit der bäuerlichen Bevölkerung in Verkehr zu treten, was bezwecken würde, daß solche Firmen die Beschickung des Steyrer Wochenmarktes von selbst wieder aufgeben würden. Der Herr Referent bemerkt, daß der Gemeinderat über die Zuweisung von Verkaufsplätzen keinen Beschluß fassen könne, aber er sei dafür, daß der Anregung des Herrn G.=R. Gründler oweit als tunlich, Rechnung getragen werde, und daß das Platz¬ geld bei einen Flächenraum von 25 Quadratmeter auf 40 K erhöht werde. Herr G.=R. Schachinger ist auch dafür, daß man die einheimische Geschäftswelt möglichst schütze und schließt sich auch der Ausführung des Referenten an. Der Herr Vorsitzende bemerkt, die Anschuldigung, daß durch Handhabung der Marktordnung eine Schädigung der Gewerbe¬ treibenden von Steyr beabsichtigt war, sei eine sehr scharfe und gegen das Amt gerichtete, welche die Gewerbegesetze und die mit denselben zusammenhängende Marktordnung zu handhaben hat. Es beruhige ihn jedoch, daß Herr G.=R. Huber hier öffentlich die Erklärung abgegeben habe, daß er mit seiner Aeußerung nicht eine Beleidigung des Amtes bezwecken wollte und er glaube, daß mit dieser öffentlichen Erklärung auch das Amt zufrieden sein werde Damit sei aber diese Angelegenheit nicht aus der Welt geschafft. Die Kommunalbehörden dürfen nicht einen Schritt vom Gesetze abweichen, das sei klar; andererseits aber sei die Behand¬ lung von Gewerbeangelegenheiten eine delikate, namentlich wenn die Zeiten schlechte sind. Er sei der erste, der ausspreche, daß innerhalb der Rahmen des Gesetzes alles Zuläsfige zu geschehen habe, was zum Schutze des heimischen Gewerbes notwendig ist, aber über den Rahmen des Gesetzes hinauszugehen, sei unmöglich. Was die Frage wegen Erhöhung der Taxe für solche Feilbietungen am Wochenmarkt anbelangt, so müsse er sich dahin aussprechen, daß eine Erhöhung einer solchen Platzgebühr nur über Beschluß des Gemeinderates und mit Zustimmung der hohen k. k. Statthalterei in Linz platzgreifen könne. Hierin sei die Gemeinde an das Gewerbegesetz gebunden und könne die Taxe nicht willkürlich erhöht werden Nach seiner Ansicht dürfte übrigens bei der Firma Hinterschweiger die Höhe des Platzgeldes keine Rolle spielen. Der Gemeinderat könne einen neuen Tarif beraten und be¬ chließen, aber damit sei diese Angelegenheit noch immer nicht endgiltig erledigt. Die Hauptsache für die endgiltige Entscheidung über die Frage, ob die von der Firma Hinterschweiger feilge¬ botenen landwirtschaftlichen Maschinen unter Wirtschafts= und

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2