Ratsprotokoll vom 20. Dezember 1901

bestandenen Gremial=Krankencasse in Steyr u. zw. für die Monate October und November. Einstimmig nach Antrag. — Z. 25.479. 17. Die ausgeschriebene Brillinger'sche Pfründe von monatlich 14 K 70 k wird über Antrag der Section dem Be¬ werber Anton Hawel, gewesener Schuhmachermeister, verliehen. Z. 21.759. 18. Die erledigte Pacherpfründe von monatlich 12 K wird über Antrag der Section dem Bewerber Ferdinand Rauscher verliehen. Nach Erledigung der Tagesordnung erbittet sich Herr G.=R. Dr. Franz Angermann das Wort und sagt: Es ist bei uns in Steyr leider schon so weit gekommen, dass, wenn sich ein Gemeindevertreter im Gemeinderathe um die Steyrer Ver¬ hältnisse annimmt und es versucht, mit aufrichtigem Willen sich für dieselben einzusetzen, er von der gegnerischen Presse, nämlich vom „Alpenbote“ sofort angegriffen und sein guter Wille ver¬ dächtigt wird. Es wurde in der letzten Gemeinderathssitzung beschlossen, dass eine Deputation sich nach Wien zum Ministerpräsidenten begebe, damit die Stadt Steyr eine Staatshilfe und eine Arbeit für die Waffenfabrik bekomme. Was war der Lohn? Die Be mühungen der Deputation wurden auf eine unqualificierbare und unbegründete Art verdächtigt. Wir haben schon eine dicke Haut bekommen und geben auf derartige Angriffe nicht viel, aber Alles kann man sich denn doch nicht gefallen lassen. Ich glaube daher im Sinne aller zu sprechen, wenn ich sage, dass wir gegen diese Angriffe Protest erheben. (Allseitige Zustimmung.) Ich habe heute wieder einen Antrag vorzubringen, wenn ich auch dafür vom „Alpenbote“ wieder angegriffen werde, der wenn er glücken sollte, für unsere Stadt einen Aufschwung mit sich zu bringen verspricht. Viele Städte sind bereits bestrebt, stabile größere Garnisonen zu erhalten, weil durch einen größeren Körper auch größere Einnahmen für die Geschäftsleute und die Gewerbetreibenden gesichert sind. Enns, St. Pölten, Linz und Wels 2c. bieten alles auf, um ihre Garnisonen zu vergrößern, da durch die Stabilität solcher Garnisonen einer Stadt auch in Zukunft regelmäßige Eintünfte gesichert werden. Dazu kommt noch, dass Kasernbauten durch gesetzliche Bestimmungen günstig sind, da die Zinsen des Capitales, welches für den Kasernbau erforderlich ist, von Seite des Staates und des Landes voll¬ kommen ersetzt werden. Der löblichen Gemeindevertretung soll es daher daran gelegen sein, bei der Kriegsverwaltung Schritte zu thun, dass Steyr eine größere Garnison bekommt. Da jetzt nun Landwehr=Formationen und auch andere militärische Dis¬ locationen vorbereitet werden, so ist jetzt der Zeitpunkt vorhanden, wo es gelingen könnte, eine größere Garnison für Steyr zu erhalten. Ich stelle daher den Antrag: Der löbliche Gemeinde¬ rath möge die Dringlichkeit dieses Gegenstandes beschließen und den Herrn Bürgermeister beauftragen, sofort die nöthigen Schritte einzuleiten, dass die Kriegsverwaltung der Stadt Steyr eine größere Garnison unter der Voraussetzung sichere, dass die hiezu nothwendige Kaserne von der Stadtgemeinde Steyr gebaut werde. (Lebhafte Zustimmung. Die Dringlichkeit dieses Antrages, wie der Antrag selbst wird ohne Debatte einstimmig angenommen. Sodann meldet sich Herr Vicebürgermeister Franz Lang zum Worte und führt aus: Die Arbeitslosigkeit in ganz Ober¬ österreich und insbesondere in Steyr beschäftigt uns wiederholt, Mittel und Wege zu finden, um die Nothlage der Arbeitslosen zu mildern. Auch die hohe k. k. Statthalterei in Linz hat in dieser Angelegenheit an die Stadtgemeinde Steyr einen Erlass gerichtet, worin sie die Anfrage stellt, in welcher Weise die Stadt Steyr in dieser Richtung vorgesorgt habe und zugleich auf¬ fordert, der allgemeinen Arbeitslosigkeit durch Nothstandsarbeiten abzuhelfen. Die Stadtgemeinde hat diesen Erlass dahin be¬ antwortet, dass versucht wurde, durch eine Vorstellung beim Herrn Ministerpräsidenten eine Arbeit für die Waffenfabrik zu erlangen. Was die Nothstandsarbeiten im eigenen Wirkungskreise anbelangt, so habe die Bausection heuer, um möglichst viele Arbeiter zu be¬ schäftigen, in der Weise vorgesorgt, dass heuer das Holzfällen in den städt. Waldungen in größerem Umfange betrieben, dass ein Uferschutzbau an der Enns hergestellt wird und dass die Arbeiter in der Schottergrube auch im Winter beschäftigt werden, u. zw. werde, um möglichst viel Leute beschäftigen zu können, nur bis 4 Uhr nachmittags gearbeitet; für irgend einen größeren Nothstandsbau in Steyr seien dermalen leider keine Mittel vor¬ handen. Redner stelle daher folgenden Antrag: Mit Rücksicht darauf, dass es der Stadtgemeinde Steyr nicht möglich ist, weitere Arbeiten vornehmen zu lassen, um den hierortigen Arbeitslosen Verdienst und Arbeit zu schaffen, stellt der Gemeinde¬ rath der l. f. Stadt Steyr an die hohe k. k. Statthalterei in Linz das Ansuchen, dieselbe möge in Anbetracht der in Steyr herrschenden Arbeitslosigkeit die Flufsregulierungsarbeiten an der Enns oberhalb und unterhalb der Ennsbrücke in Steyr sofort beginnen lassen und hiebei die hiesigen Arbeiter in Verwendung ziehen. Es wird sowohl die Dringlichkeit dieses Antrages wie auch der Antrag selbst einstimmig angenommen. Hierauf Schluss der Sitzung.

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