Ratsprotokoll vom 21. Juni 1901

2 Eder als Hausdiener in Verwendung steht. Auch sein Alter mit 26 Jahren ist entsprechend, ebenso ist seine militärische Conduit gut. — Antrag: Der löbliche Gemeinderath wolle beschließen Es werde die durch den Verzicht des mit Gemeinderathsbeschlusses vom 1. März d. J. angestellten Sicherheitswachmannes Leopolk Reitter erledigte Stelle eines Sicherheitswachmannes II. Class dem Stefan Pfaffeneder verliehen. Die Anstellung erfolgt gemäß z 5 der Dienstes=Instruction nur provisorisch und wird erst nach Erfüllung der im § 5 festgesetzten Bedingungen definitiv. 3. Der Herr Referent gibt bekannt, dass der nach Steyr zuständige Inwohner Leopold Hofer an den städt. Armenrat mit der Bitte herangetreten ist, es möge ihm zur Erwerbung seines Lebensunterhaltes eine Spieldose aus Armenmitteln ange kauft werden. Der städt. Armenrath hat in seiner Sitzung vom 26. Mai d. J. dieses Ansuchen mit der Motivierung abgewiesen, dass ohnehin schon zu viele Steyrer Arme mit Spieldosen be theilt sind, gegen welche Entscheidung Leopold Hofer den Recur an den Gemeinderath ergriffen hat. Die Section hat die Gründe des städt. Armenrathes ge¬ theilt und stellt nun folgenden Antrag: Der löbliche Gemeinde rath wolle beschließen: Es werde dem Recurse des Leop. Hofer gegen die Entscheidung des städt. Armenrathes vom 20. Mai 1901, Zahl 11.203, womit derselbe mit seinem Ansuchen um Anschaffung einer Spieldose abgewiesen wurde, keine Folge ge geben — Einstimmig nach Antrag. Z. 13.426. — 4. Der Herr Referent trägt vor: Löblicher Gemeinderath der l. f. Stadt Steyr! Mit Erlass vom 18. November 1900, Z. 18.617, hat der hohe oberösterr. Landesausschuss die vom löblichen Gemeinde rathe in seiner Sitzung vom 29. December 1899 beschlossen Abänderung der Gemeindewahlordnung der Stadt Steyr unten der Weisung zurückgestellt, dass der hohe oberösterr. Landtag in seiner Sitzung vom 4. Mai 1900 die beschlossene Abänderun der Gemeindewahlordnung für die Stadt Steyr nicht genehmig habe, und dass diese projectierte Abänderung der Gemeindewahl ordnung auf Grund der von der hohen k. k. Regierung gelegent lich der bezüglichen Verhandlungen im Gemeinde= und Ver assungsausschusse und im hohen oberösterr. Landtage abgegebene principiellen Erklärungen einer neuerlichen Berathung und Be chlussfassung des Gemeinderathes unterzogen werden solle. leber diesen Auftrag des hohen oberösterr. Landesaus schusses hat der löbl. Gemeinderath der Stadt Steyr in seiner Sitzung vom 28. December 1900 beschlossen, die Vorberathung ind Antragstellung über diese Angelegenheit gemäß § 27 der Geschäftsordnung einer Specialcommission zu übertragen, welche hierüber an den löblichen Gemeinderath zu berichten und den bezüglichen Antrag über die Abänderung der Gemeindewahl ordnung zu stellen hat In Ausführung dieses Auftrages hat die vom löblicher Gemeinderathe gewählte Special=Commission diese Angelegenhei einer eingehenden Berathung unterzogen und habe ich als von dieser Commission gewählter Berichterstatter hiemit die Ehre, nachstehenden Bericht zu erstatten und sodann nachstehenden Antrag zu stellen. Bericht der Special=Commission betreffend die Abände¬ rung der Gemeindewahlordnung der Stadt Steyr Der Gemeinderath der Stadt Steyr hat in seiner Sitzung vom 24. Februar 1899 die bestehende Gemeindewahlordnung ür die Stadt Steyr, wie selbe auf Grund des Gemeindestatutes der Stadt Steyr vom 18. Jänner 1867 eingeführt ist, dahin abgeändert, dass nun auch jene Steuerträger, welche auf Grund dieser statutarischen Bestimmungen bisher kein Wahlrecht in der Gemeinde fanden, in einem eigenen Wahlkörper (IV Wahlköper) ein solches Wahlrecht bei den Gemeinderathswahlen eingeräumt werde und diese neuen Wähler berechtigt wären, drei Gemeind räthe zu wählen, so dass also dann die Zahl der Gemeinderäthe auf 27 erhöht worden wäre. Der Gemeinderath gieng dabei von der Anschauung aus dass man, wenn den bisherigen nicht Wahlberechtigten, welch fast ausschließlich dem Arbeiterstande angehören, das Wahlrech eingeräumt werden soll, für dieselben auch solche Wahlrechts¬ bestimmungen schaffen solle, dass diese Classe von Wählern auch factisch ihre Vertrauensmänner in den Gemeinderath hinein bringen können, da ja sonst diese Erweiterung des Wahlrechte für die Arbeiterschaft eigentlich illusorisch wäre Deshalb hat der Gemeinderath in dem Gesetzentwurfe womit die Gemeindewahlordnung abgeändert werden sollte, für die Arbeiterschaft einen eigenen###) Wahlkörper construiert und denselben drei Gemeinderäthe im Verhältnisse ihrer Steuer¬ leistung zu den anderen Steuerträgern bestimmt. Nun hat, wie schon bemerkt, der hohe oberösterr. Landtag diesen Gesetzentwur nicht genehmigt, weil der Gemeinde= und Verfassungsausschuss die von der hohen Regierung gegen diesen Entwurf geltend ge¬ machten Bedenken getheilt und dieselben zum Anlass der Rück¬ verweisung genommen hat. Diese Bedenken, welche die hohe Regierung in dieser Frag im Gemeinde= und Verfassungsausschusse gegen die vom Ge neinderathe der Stadt Steyr beschlossene Gemeindereform gelten gemacht hat, sind in dem Berichte dieses Ausschusses vom 2. Mai 1900 niedergelegt Die hohe Regierung hat diesbezüglich erklärt, dass der Gesetzentwurf betreffend die Wahlreform für Steyr gänzlich aus dem Rahmen der Reichsrathswahlordnung herausfalle, un zwar deshalb, weil die in diesem Entwurfe projectierte Bildun eines ausschließlich für Gewerbsgehilfen und sonstige Lohnarbeite bestimmten Wahlkörpers der Einführung des allgemeinen Wahl¬ rechtes entgegenstehe und weil in dieser Wahlkörperbildung eine directe unberechtigte Begünstigung dieser speciellen Berufsclasse bedeuten würde, was bei dem Umstande, als das System der übrigen drei Wahlkörper nicht auf dem Berufe, sondern auf der Steuerleistung aufgebaut ist, unzulässig erscheint. Die Majorität des Gemeinde= und Verfassungsausschusses hat diesen Bedenken der hohen k. k. Regierung zugestimmt un gleichfalls principiell erklärt, dass diese Wahlreform mit der Grundsätzen der Reichsrathswahlordnung und der Landtags wahlordnung nicht im Widerspruche stehen soller Aus diesen Erklärungen ergibt sich dann die Grundlage, auf welcher nach den Intentionen der hohen k. k. Regierung und der Anschauung der Majorität des Gemeinde= und Ver¬ fassungsausschusses des hohen oberösterr. Landtages eine Wahl reform für die Stadt Steyr entworfen werden soll, welche mit Rücksicht auf die sonst unberührt bleibenden Bestimmungen de¬ Bemeindestatutes der Stadt Steyr den bisher vom Wahlrecht für die Gemeindevertretung Ausgeschlossenen ein solches Wahl recht zusichert und auch Aussicht hat, vom hohen oberösterr. Landtage genehmigt und von Sr. Majestät sanctioniert zu werden. Diese Grundlage scheint nun darin gegeben zu sein, dass bei der Wahlreform für die Stadt Steyr ein IV. Wahlkörpe analog der allgemeinen Wählerelasse der Reichsraths wahlordnung gebildet werden soll, und für denselben in Bezug au das active Wahlrecht die grundsätzlichen Bestimmungen der Reichs¬ rathswahlordnung, wie solche im Gesetze vom 14. Juni 1896 R.=G.=Bl. Nr. 168, fixiert wurden, angewendet werden sollen. Bei der auf dieser Grundlage aufzubauenden Wahl¬ reform ist aber zu berücksichtigen, dass der Gemeinderath der Stadt Steyr die heute bezüglich der bereits bestehenden drei Wahlkörper geltenden im Gemeindestatute der Stadt Steyr ent¬ haltenen Bestimmungen über die Gemeindewahlen keiner principiellen Aenderung zu unterziehen Veranlassung ha und eine solche auch nicht beabsichtiget, weshalb diese Bestim¬ mungen, insoweit dieselben nicht lediglich formeller Natur sind und etwa infolge der beabsichtigten Vermehrung der Gemeinde rathsmandate oder bezüglich der Ausschreibung und Vornahme der Wahlhandlung einer Aenderung bedürfen, unberühr bleiben sollen Nach dem Gesagten wird es sich also darum handeln, den nach dem Gemeindestatute der Stadt Steyr bestehenden drei Wahlkörpern der Gemeindewahlberechtigten unter Wahrung des für diese Wahlkörper geltenden Systems noch einen vierten Wahlkörper anzufügen, in welchem analog der allgemeinen Wählerelasse der Reichsrathswahlordnung vom 14. Juni 1896. R.=G.=Bl. Nr. 168, jeder eigenberechtigte Staatsbürger männ¬ lichen Geschlechtes, welcher das 24. Lebensjahr vollstreckt hat vom Wahlrechte gemäß der Bestimmungen des § 20 und 20 a) dieses Gesetzes nicht ausgeschlossen ist, und der in der Stadt¬ iemeinde Steyr am Tage der Ausschreibung der Wahl seit einer bestimmten Zeit seinen Wohnsitz hat. In der Reichsrathswahlordnung ist für die allgemeine Wählerclasse zur activen Wahlberechtigung gefordert, dass der Wähler wenigstens sechs Monate in dieser Gemeinde wohnt. Es ist nun nicht zu verkennen, dass der activen Wahl berechtigung für die Reichsrathswahl in einer Gemeinde diest urze Zeit des Aufenthaltes als entsprechend angesehen werden kann, weil ja das Interesse an den Fragen, welche vor den Reichsrath gehören vom Wohnorte des Wahlberechtigten, ab derselbe in dieser oder jener Stadt oder in diesem oder jenen Dorfe des Reiches gelegen ist, und derselbe sich da und dort kürzer oder länger aufgehalten hat, so ziemlich unabhängig ist weil diese Fragen nicht einen speciellen Ort und seine speciellen Verhältnisse, sondern eben das ganze Reick betreffen, und diese Fragen daher überall dasselbe Interesse ir der Wählerschaft haben werden — anders ist es aber bei dem Ge neindewahlrechte, durch welches eben Vertreter ganz specieller Interessen gewählt werden sollen. In diesem Falle must man eben annehmen, dass nur jener Wähler das richtige Ver tänduis, den richtigen Sinn und das richtige Interesse für dies speciellen Fragen und Angelegenheiten der Gemeinde hat und darnach auch nur sein actives Wahlrecht auszuüben bereit und in der Lage sein wird, der eben durch einen längerenAuf¬ enthalt, resp. Wohnfitz in der betreffenden Gemeinde sich mit den speciellen Verhältnissen und Bedürfnissen dieser Gemeinde vertraut gemacht hat, und dadurch das erforderliche Interesse für diese Fragen gewonnen haben wird, weil es Leuten, welche sich nur vorübergehend oder nur kurze Zeit in einer Gemeinde aufhalten, begreiflicher Weise ziemlich gleichgiltig sein wird, wer in der Gemeindevertretung Sitz und Stimme hat und wie die Verwaltung der Gemeinde geführt wird. Ist daher schon als Erfordernis der activen Wahlberechti¬ bei der Gemeindewahl der drei anderen Wahlkörper für gung die Gemeindemitglieder gemäß § 19 des Gemeindestatutes der Stadt Steyr davon abhängig gemacht, dass sie durch ein volles Jahr in der Gemeinde von ihrem Realbesitze, Gewerbe oder Finkommen Steuer zahlen — d. h. dass sie durch ein volle¬ Jahr an den Interessen der Gemeinde betheiligt sind, welche in der Regel mit sich bedingen, dass sie auch in der Gemeind ihren Wohnsitz haben — so muss man bei der Construierung des IV. Wahlkörpers, wo hauptsächlich jene Wähler ihr Wahl recht ausüben werden, welche ohne eigentlichen langjährigen esten Wohnsitz sind und je nach der geschäftlichen Fluctuation bald in der einen, bald in der anderen Gemeinde Arbeit suchen

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