Ratsprotokoll vom 31. August 1900

Da früher unfiltriertes Steyrwasser in die Nutzwasserleitung eingeleitet war, in welchem sehr viel Sand und sonstige Un¬ reinigkeit enthalten war, nützten sich die Maschinenbestandtheil eim Pumpwerke außerordentlich schnell ab, so dass sehr häufig kostspielige Reparaturen an dem Pumpwerk nothwendig wurden. Aus demselben Grunde waren öfter Reinigungen der Reservoir¬ und der Rohre nöthig, die jetzt ganz entfallen. Bei kalter Witterung im Winter musste beim Einrinnen im Steyrfluss stets eine Person damit beschäftigt werden, das Einfrieren zu verhindern. Kam dies dennoch vor, so musste für die schnellste Entleerung der Leitung vorgesorgt werden, um da Frieren des Wassers in der Leitung zu hindern. In solcher Fällen führte die Leitung tagelang kein Wasser. Jetzt ist die Leitung von den Wasserständen in der Steyr ganz unabhängig und es werden selbst Hochwässer, die das Pumpwerk über schwemmen, auf das Wasser im Brunnen keinen verunreinigenden Einfluss üben Da diese großen Vortheile durch einen Kostenaufwand von 7555 fl. erzielt worden sind, ist diese Capitalsanlage gewiss eine fruchtbringende zu nennen Herr G.=R. Stigler bemerkt hiezu: Aus dem ihm vom Herrn Bürgermeister zur Verfügung gestellten Gutachten habe r den Eindruck gewonnen, dass man es in dieser Wasserfrag nicht mit hoffnungslosen Zuständen zu thun habe, bezw. dass eine Trinkbarmachung dieses Nutzwassers nicht ausgeschlossen sei. Das Wasser aus dem Versuchsbrunnen sei in chemischer Beziehung tadellos bezeichnet worden und das sei das wichtigste. Die Analyse habe ergeben, dass das Wasser farblos= und geruchlos sei, und dass dasselbe keinerlei Spuren von Ammoniak, salpetriger Säurer der Schwefelwasserstoff enthalte, somit in dem Wasser keine ejecte enthalten sind, die von menschlichen Fäcalien herrühren Das Einzige, was bedauerlich erscheint, sei die Auffindung der fäulniserregenden Bacterien, doch habe die Analyse constatiert dass die auf der Gelatinplatte zur Entwicklung gelangten Mikroben zu den gewöhnlich im Wasser vorkommenden gehören, und das Typhusbacillen nicht vorgefunden wurden. Das Vorkommen von fäulniserregenden Bacterien sei dadurch erklärlich, dass das Hoch wasser im Vorjahre in die noch nicht wasserdicht geschlossener Schächte und Stollen eingedrungen ist, dort tagelang stehen blieb und Rückstände hinterließ, unter denen sich auch fäulniserregend Stoffe befanden, deren Entfernung sich in der kurzen Zeit bie Mai, wo das Wasser zur Probe nach Wien gesendet wurde, nicht vollziehen konnte. Bei der Wasserleitung in Linz seien ähnliche Erscheinungen zutage getreten. Das Wasser musste dort einer zweimaligen Analyse unterzogen werden und konnte dasselbe ers nach längerer Zeit von derlei Bacterien befreit werden. Nachdem die Schächte und Stollen des Versuchsbrunnens mit hydraulischen Mörtel ausgemauert sind und ein weiteres Eindringen des Fluss¬ wassers ganz ausgeschlossen ist, was bei dem heurigen hohen Wasserstande constatiert wurde, so glaube er, dass durch fortge¬ setztes Pumpen die noch vorhandenen Bacterien nach und nach verschwinden. Er stelle daher den Antrag, das Wasser in der städt. Wasseranlage fortwährend auspumpen zu lassen und in einem halben Jahre neuerdings eine bacteriologische Untersuchung vornehmen zu lassen. Herr G.=R. Busek dankt dem Herrn Bürgermeister für die ausführliche Mittheilung in Betreff der Wasserleitung und erklärt, sich dem Antrage des Herrn G.=R. Stigler anzuschließen. Der Herr Vorsitzende bringt den Antrag des Herrn G.=R. Stigler zur Abstimmung und wird derselbe einstimmig ange¬ iommen Hierauf Erledigung der Tagesordnung Section. Referent: Sections=Obmann Herr G.=R Dr. Franz Angermann. Wird vertraulich behandelt. Das Protokoll hierüber ist dem öffentlichen Protokolle angeheftet 2. Liegt vor ein Recurs der österreichischen Waffenfabriks Gesellschaft in Steyr gegen den Zahlungsauftrag der Stadtge meinde Vorstehung Steyr womit der ersteren für ein an 11. Mai d. J. bezogenes Fass denaturierten Spiritus eine Ver brauchsumlage von 7 K 44 h vorgeschrieben wurde Der Sectionsbericht und Antrag hierüber lautet: Nachdem mit einhelligem Beschlusse des Gemeinderathes der Stadt Steyr vom 14. December 1899 im Sinne des Gesetzes vom 5. August 1880, L.=G.=Bl. Nr. 9, die Einhebung einer Verbrauchsumtag von 4 K per Hektoliter gebrannter geistiger Flüssigkeiten be chlossen und dieser Beschlufs mit Erlass des v. ö. Landes=Aus chusses vom 15. Februar 1900, Z. 1759, genehmigt wurde, so ist die Stadtgemeinde Steyr berechtigt, von jedem in das Stadt gebiet eingeführten Hektoliter geistiger Flüssigkeiten und zwar ohne Unterschied, ob von demselben eine Verzehrungssteuer zu entrichten ist oder nicht, eine selbständige Verbrauchsumlage von 4 K einzuheben. Da nun auch denaturierter Spiritus eine jebrannte geistige Flüssigkeit ist, so erscheint auch von demselben die Einhebung der genehmigten Verbrauchsumlage gerechtfertigt. Die I. Section stellt daher den Antrag: Der löbliche Gemeinderath wolle beschließen: Es werde dem Recurse der österr. Waffenfabriks=Gesellschaft gegen den Zahlungsauftrag der Stadtgemeinde Vorstehung vom 22. Juni 1900, womit derselben die Entrichtung einer Verbrauchsumlage von 7 K 44 h für in das Stadtgebiet eingeführten denaturierten Spiritus von 1 hl 86 vorgeschrieben wurde, mit Bezug auf den Gemeinderathsbeschluse vom 14. December 1899 keine Folge gegeben. Einstimmig — Z. 12.932. nach Antrag. 3. Die Stadtgemeinde=Vorstehung Wels ersucht im Recurs wege um Vergütung der restlichen Leichenkosten (Ansagen zur Leiche und Aufbahrung) per 1 K 50 h für die in Wels ver torbene, nach Steyr zuständige Magdalena Berger Die Section beantragt: Es werde dem Recurse der Stadt gemeinde Wels gegen die Entscheidung des Herrn Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 6. Juli 1900, Z. 12.836, stattgegeben und ist die Differenz der Beerdigungskosten der nach Steyr zuständi¬ gen Armenpfründnerin Magdalena Berger von 1 K 50 1 leichfalls an die Stadtgemeinde Wels zu vergüten. — Einstimmig nach Antrag — Z. 15.158 II. Section. Referent: Sectionsobmann Herr G.=R. Tureck. Jose 4. Der Herr Referent berichtet über die Einnahmen und Ausgaben bei der Stadtcasse in den Monaten Mai und Juni wie folgt: Es betrugen bei der Stadtcasse: die Einnahmen im Monate Mai 1900 74.304 K 33 h hiezu Casserest vom Vormonate 11.833 K 19 h Gesammt=Einnahmen im Monate Mai 1900 6.137 K 52 h Ausgaben im Monate Mai 1900 77.188 K 16 h Casserest für den Monat Juni 1900 8.949 K 36 h Es betrugen die Einnahmen im Monate Juni 1900 80.101 K 74 h hiezu Casserest vom Vormonatt 8.949 K 36 h Gesammt=Einnahmen im Monate Juni 1900 89.051 K 10 Ausgaben im Monate Juni 1900 40.340 K 55 Casserest für den Monat Juli 1900 48.710 K 55 h Der Herr Referent bemerkt hiezu, dass die Cassejournale durch die Herren Gemeinderäthe Heindl und Tureck geprüft und richtig befunden wurden. Zur Kenntnis. Z. 17.461 und 15.879 5. Herr Franz Landerl, Productenhändler in Steyr, erklärt, dass er auf den Fruchtgenuss der Kastanienbäume in der Garstenerstraße um den jährlichen Pachtzins von 2 fl. Verzicht — leistet Wird zur Kenntnis genommen 6. Liegt folgender Sectionsbericht und Antrag vor: In der Sitzung vom 5. December 1898 hat der Herr Gemeinderath Victor Stigler die Auregung gegeben, die Versiche rung der städtischen Gebäude und deren Einrichtung auf eine neue Grundlage zu stellen, da die o.=ö. Landes=Brandschaden¬ Versicherungsanstalt sich weigerte, der Gemeinde Steyr bei Verzicht auf 10jährige Kündigung einen 20% igen Nachlass der jährlichen Versicherungsprämie zu gewähren. Die Bausection hat sich mit Rücksicht auf diese Anregung orerst eingehend mit der Frage der Feststellung der zur Ver¬ sicherung zu bringenden Werte der städt. Gebäude und Mobilien beschäftigt und hat diese Werte mit 2,096.740 K festgesetzt während der derzeit versicherte Wert derselben nur 1,542.760 K beträgt Unter Zugrundelegung der neufestgesetzten Werte mit eine Gesammtsumme von 2,096.740 K wurden nun mehrere her vorragende inländische Versicherungs=Gesellschaften eingeladen zu offerieren, um welche Jahres=Prämie sie die Versicherung der tädt. Gebäude und Mobilien bei Verzicht auf Kündigung inner halb von zehn Jahren übernehmen. Dieser Einladung leisteten acht Versicherungs=Anstalten Es offerierten: Folge Assieurazione Generali in Triest 1052 K 44 h Rinnione Adriatica di sicurta in Triest 1199 K 25 h. (das Theater jedoch nur mit dem Versicherungsbetrage per 60.000 K anstatt 100.000 K. 3. Wechselseitige Brandschaden=Versicherungs=Anstalt in Wien 1461 K 78 h (vom 2. Jahre ab dürfte voraussichtlich die Jahresprämie um 20 % weniger, d. i. 1169 K 43 h betragen. 1. Ungarisch=französische Versicherungs=Gesellschaft 58 K h. 1564 5. Wiener Versicherungs=Gesellschaft 1735 K 45 h (das 10. Jahr als Freijahr, daher Jahres=Prämie durchschnittlick 1561 K 91 h. 6. Oberösterreichische Landes= Brandschaden=Versicherungs¬ Anstalt circa 1750 K (Die Jahresprämie kann seiten des hiesigen Vertreters nicht ganz genau ermittelt werden. 7. Versicherungs=Gesellschaft „Donau“ 1947 K 96 „Phönix“ 2329 K 52 Das billigste Offert hat, wie ersichtlich, die Assienraziont Generali in Triest mit einer jährlichen Netto=Prämie vor K 44 h überreicht 1052 Wenn man bedenkt, dass bisher bei einem versicherter Wert von nur 1,542.760 K an die o.=ö. Landes=Brandschaden¬ Versicherungs=Anstalt eine Jahresprämie von 1427 K 32 gezahlt werden mufste, und dass diese Anstalt bei Erhöhung der Versicherungssumme auf 2,096.740 K eine Jahresprämie von nindestens 1750 K verlangt, so dass die Differenz zwischen den illigsten Anbot und dem der o. ö. Landes=BrandschadenVer icherungs Anstalt jährlich mindestens 697 K 56 h beträgt, si bedarf es keines weiteren Beweises dafür, dass es nicht im Interesse der Stadt Steyr liegt, die bisherige Versicherung der tädt. Gebände und deren Einrichtung aufrecht zu erhalten Die Section stellt daher den Antrag: Der löbliche Ge meinderath möge beschließen, es sei der mit der oberösterr Landes Brandschaden Versicherungs Anstalt eingegangene Ver¬ sicherungs Vertrag zu kündigen, und sämmtliche städt. Gebänd und deren Einrichtung, das Theater inbegriffen, mit einem Ver¬ sicherungswerte von 2,096.740 K gegen eine jährliche Netto Prämie von 1052 K 44 h bei der Assienrazione Generali in Triest gegen Feuersgefahr neu zu versichern. Einstimmig nach Antrag

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