Ratsprotokoll vom 11. Mai 1900

2 so dass der Verkehr zwischen Ernsthofen und Steyr außerordent¬ lich erschwert ist. Der schon 1828 gebaute Schutzdamm bei Gaissing war nach und nach verfallen, hat bei den Hochwässern im Jahre 1892 und 1897 bedeutende nicht verbesserte Schäder gelitten und konnte deshalb dem Hochwasser im Jahre 1899 nicht standhalten, wodurch das ganze Terrain bis Rubring unter Wasser gesetzt und außerordentlich großer Schaden angerichte worden ist. Die Ortschaft Rubring selbst ist ohne Schutzdamm bei neuerlichem Hochwasser geradezu dem Untergange geweiht wenn der dort gewesene, bei den Hochwässern in den Jahren 1997 und 1899 zerstörte Inundationsdamm nicht standhaft wieder hergestellt wird. In Kötting, Gemeinde St. Valentin, ist der Schutzdamm abgerissen, wodurch 1899 die Häuser in Ennsdorf überschwemmt und stark beschädigt worden sind. Wenn der zwischen Rubring und Thurnsdorf befindliche Damm nicht orden lich wiederhergestellt wird, sind bei kommenden Hochwässern auch dort große Schäden unausbleiblich. Die Ortschaft Ennsdorf ist wie schon oben bemerkt, außerordentlich gefährdet und muss durch Schutzdämme unbedingt gesichert werden. Außer dem Köttinge Damm muss noch ein Schutzdamm von der Reichsstraße zur Eisenbahnbrücke hergestellt werden. In der Gemeinde Lorch, und zwar in der Ortschaft Hiesendorf, sind drei Häuser in Gefahr, in die Enns abzurutschen und beim Weinmayrgut in dieser Ort schaft verlangt die Steyrer Reichsstraße unbedingt einen Schutzbau widrigens sie in die Enns abfällt. Der Uferschutzbau in der Ort schaft Plaik, Gemeinde Kronstorf, ist durch das letzte Hochwasse fast ganz zerstört worden und bedarf der dringenden Wiederher¬ stellung. Auch die Stadtgemeinden Steyr und Enns beklagen schwere Schäden, die ihnen durch den Ennsfluss zugegangen sind Aus dieser keineswegs erschöpfenden Schilderung wolle entnommen werden, dass die durch die letzten Hochwässer in Ennsflussgebiete verursachten Schäden wirkliche enorme Summen ausmachen. Sollen neuerliche Hochwässer nicht verheerende Deva¬ stationen verursachen, so muss seitens der hohen Regierung eine gründliche Regulierung des Ennsflusses veranlasst und es müssen Mittel zur Verfügung gestellt werden, die die Ausführung und Erhaltung ausreichender Schutzbauten am Ennsflusse ermöglichen. Die in schuldiger Ehrfurcht unterzeichnete Gemeindevertre tung erlaubt sich daher die Bitte zu stellen, das hohe Abgeord netenhaus des Reichsrathes möge bewirken, dass die Regulierung es Ennsflusses sofort in Angriff genommen werde, und dass ausreichende Mittel zur Herstellung der am Ennsflusse nöthigen Schutzbauten, sowie zur künftigen Erhaltung derselben in di Staatsvoranschläge ausgenommen werden Hierüber stellt die Section den Antrag: Der löbliche Ge meinderath wolle beschließen: Es werde die entworfene Petitio¬ wegen Inangriffnahme der Ennsflufsregulierung dem hohen Ab geordnetenhause in Wien überreicht Herr G. R. Stigler verweist auf die letzten Hochwasser schäden und namentlich auf die Devastierungen in der Nähe de Kaserne und der Gründe der Actienbrauerei und gibt der Be ürchtung Ausdruck, dass eine Wiederholung solcher Verwüstungen nicht ausgeschlossen ist, wenn die Regulierung des Ennsflusses nicht in Angriff genommen wird. Er habe auch im Landtag¬ auf die Ennsflussregulierung hingewiesen und ist sein Antrac dahin angenommen worden, dass die Regierung gebeten wird hre ganze Aufmerksamkeit auf diese Sache zu lenken. Eine weitere Ingerenz könnte der Landtag nicht nehmen, da die Enns ein Reichsfluss ist. Er ersucht, die Petition in ihrem Wortlaute au zunehmen, damit auch jene Mittel im Staatsvoranschlage recht zeitig eingestellt werden können, welche für die Ennsflussregu. lierung nothwendig sind. — Hierauf wird der Antrag der Sectio, einstimmig angenommen. — Z. 3192 3. Der Herr Referent verliest folgenden Sectionsbericht und Antrag: Unter den Staatssteuern ist eine der drückendsten Lasten die Hauszinssteuer, welche 20 Percent des Reineinkommene vom Hause beträgt. Ein solcher Steuersatz, welcher 1/ Theil des Einkommens wegnimmt, muss für jeden Hausbesitzer als enorn hoch bezeichnet werden. Dazu kommt noch, dass der Hausbesitzer von diesem an und für sich schon so hohen Steuersatze bei uns in Steyr noch eine 60percentige Gemeinde= und eine 44percentig Landesumlage zu entrichten hat. Bedenkt man, dass die Erwerk steuer höchstens 30 Percent, die Rentensteuer höchstens 20 Per cent, und die Personaleinkommensteuer höchstens 5 Percent de reinen Einkommens beträgt, so muss man ersehen, dass der Hausbesitzer der höchst besteuerte Staatsbürger ist. Dazu komm noch, dass durch die neueingeführten hohen Uebertragungsgebüren der Realitätenverkehr sehr gehemmt ist und dadurch der Realwer herabgedrückt wird. Um diese Ungerechtigkeit in der Steuerlast auf das möglichst billige Maß zurückzuführen, haben in verschie denen Städten theils die Stadtvertretungen, theils die Hausbesitzer elbst Actionen eingeleitet, um eine Herabsetzung der unverhältnis mäßig hohen Gebäudesteuer zu erwirken. Zahlreiche Petitioner welche dies bezwecken, wurden bereits im hohen Abgeordnetenhause eingebracht. Da die Stadtgemeindevertretung berufen erscheint die Interessen der Bewohnerschaft überhaupt und somit auch die Hausbesitzer der Stadt insbesondere zu vertreten, stellt die Section den Antrag: Der löbliche Gemeinderath wolle sich für die Hausbesitzer der Stadt Steyr der zur Erwirkung einer angemessenen Herabsetzung der Gebäudesteuern eingeleiteten Action inschließen und die vorzutragende Petition um Herabsetzung der Gebäudesteuer im hohen Abgeordnetenhause überreichen lassen Die bezügliche Petition lautet Petition. Die seit dem Jahre 1820 bestehende, im Jahre 188: theilweise abgeänderte Gebäudesteuer=Gesetzgebung entspricht den heutigen Verhältnissen in keiner Weise. Diese Steuer ist überaus hoch und geeignet, den wirtschaftlichen Unter jang der Hausbesitzer herbeizuführen. Die Unbilligkeit dieser Steuergeletzgebung wurde bereits früher anerkannt und war man estrebt, durch theilweise Ermäßigung derselben die drückend Schwere zu mildern. Allein diese Versuche entsprechen den jegebenen Verhältnissen in keiner Weise. 20 Percent des Rein¬ einkommens müssen an staatlicher Abgabe vom Hausbesißer ent¬ richtet werden. Abgesehen von dieser Staatssteuer hat der hausbesitzer die Umlagen, welche mindestens 100 Percent betragen, ind auch noch überdies die Personaleinkommensteuer zu bezahlen. Hiedurch ist der Hausbesitzer thatsächlich der am höchsten besteuert Steuerträger, weil er selbst bei Anrechnung der Ermäßigung mindestens 38 Percent seines Einkommens als Steuern entrichten nuss, u. zw. von einem Betrage, den er oft thatsächlich nich einmal bezieht. Beispielsweise entrichtet von einem reinen Ein kommen von 600 fl. bei Annahme von 100 Percent Umlage der Beamte, Arbeiter u. s. w. 3 fl 60 kr., der Gewerbsmann höchstens 20 fl., der Rentner 24 fl., die Sparcasse 36 fl., die öffentlichen Rechnungsleger (Actiengesellschaften) 120 fl. und der Hausbsitzer 228 fl. Die öffentlichen Rechnungsleger, welche hall so viel zahlen, als der Hausbesitzer, haben wiederholt gegen die zu hohe Steuer Stellung genommen. Wo bleibt da die Gerech igkeit, wo die Billigkeit, wenn der Hausbesitzer allein von so hohen, unverhältnismäßig drückenden Steuern bedrückt wird. Kann man es rechtfertigen, dass der Hausbesitzer z. B. zehnma soviel wie der Rentner von seinem Einkommen entrichten muss Gewiss nicht Daraus ergibt sich klar und deutlich die Ueberlastung des Hausbesitzers mit Steuern. Diese krassen, unhaltbaren Zuständ vurden früher dadurch gemildert, dass bekanntlich die Hausbesitzer, jezwunger durch die Unerschwinglichkeit der Steuern, gewöhnlich die Hälfte des wirklichen Mietzinses angaben, um dadurch eine Ermäßigung der Steuer auf 10 Percent herbeizuführen. Durch die neue Steuergesetzgebung ist auch dieses Zwangscorrectiv un¬ möglich geworden. Jetzt muss der Hausbesitzer, wenn er sic nicht der Gefahr aussetzen will, durch hohe Strafen ganz ruiniert zu werden, sein Einkommen wahr einbekennen. Jene Haus¬ esitzer, auf deren Häusern ein Schuldenstand haftet, sind infolg Ueberlastung von Steuern und Schuldzinsen dem Untergange unfehlbar preisgegeben. Daher wird auch die Bauthätigkeit ein¬ leschränkt, das Baugewerbe und mit demselben zusammenhängende Gewerbe werden überaus geschädigt. Durch die bedeutend Erschwerung von Neubauten werden aber auch in sanitärer Beziehung geradezu himmelschreiende Missstände gezeitigt, die sic insbesondere bei Arbeiterwohnungen stark fühlbar machen. Ueber dies wird die Höhe der geltenden Hauszinssteuer gegenüber den lbrigen Steuern noch dadurch bedeutend verschärft, dass die Umlagen nicht nur von der thatsächlich entrichteten Staatssteuer sondern von einem höheren Betrage vorgeschrieben werden. Durch diese unverhältnismäßige Belastung wird der Hausbesitzer, wird das nationale Vermögen des Volkes geschädigt und entwertet, und wird gerade derjenige Stand, der die Stütze des Staates ist, hiedurch bedeutend geschwächt Anstatt diese drückenden Verhältnisse zu beheben, hat die neue Gesetzgebung dem Hausbesitz noch größere empfindliche Lasten dadurch aufgebürdet, dass die Vermögensübertragungsgebürer nfolge der kaiserlichen Verordnung vom 16. September 1899, R.=G.=Bl. Nr. 153, wesentlich erhöht worden sind Die Stadtgemeindevertretung der l. f Stadt Steyr stell daher an das Hohe Haus die geziemende Bitte, dahin zu wirken, dass diese schreienden Uebelstände rasch beseitigt und die jerechten und billigen Forderungen der Hausbesitzer befriedig werden Diese wohl begründeten Forderungen sind: eine gerechte und billige Herabsetzung des Steuersatzes der Hauszinssteuer; die geringste Herabsetzung wäre eine solche auf höchstens 10 Percent; denn dann wäre der Hausbesitzer noc immer nur den übrigen Höchstbesteuerten gleichgestellt, was doch ein unbescheidenes und unbilliges Verlangen genannt werden kann; II. die Abschaffung der Umlagenmisswirtschaft; die Umlagen zürfen nur von der thatsächlich entrichteten Staatssteuer einge¬ hoben werden III. die eigene Wohnung des Hausbesitzers ist in Städten der absoluten Hauszinssteuer höchstens mit der Hälfte des Zins wertes der Besteuerung zu unterwerfen; in Orten der Haus assensteuer unterliegt die eigene Wohnung, auch dann, wenn Wohnbestandtheile vermietet sind, nur der Hausclassensteuer IV die Abzüge für Nebengebüren, Einrichtung und Garten wären gesetzlich genau und den vollständig geänderten, heutigen zeit und Wohnverhältnissen entsprechend festzustellen; V die Erhaltungs= und Amortisationskosten wären in einem den Verhältnissen entsprechenden, bedeutend höheren Per¬ entsatze als jetzt festzustellen VI. eine entsprechende Besteuerung der Staatsgebäude und Kasernen, soweit dieselben als Wohnungen benützt werden, wärt einzuführen und schließlick VII. soll die Aufhebung der neuen hohen, den Realitäten verkehr hemmenden und damit den Realitätenwert ungünstig beeinflußenden Uebertragungsgebüren nach der kais. Verordnung vom 16. September 1899, R.=G. Bl. Nr. 153, raschestens ange¬ strebt und erwirkt werden Einstimmig nach Antrag der Section Z. 6493 4. Liegt folgender Amtsbericht vor: Nach § 6e der Mini¬ sterial Verordnung vom 18 März 1891, Nr. 35, haben bei der Pferdeelassisication zwei womöglich zu den Pferdebesitzern ge zörige Mitglieder der Vertretung jener Gemeinde, deren Pferd classificiert werden, bei der Vornahme der Pferdeclassification als Tommissions=Mitglieder zu intervenieren. Nachdem laut Erlass

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