Ratsprotokoll vom 29. Dezember 1899

Raths=Protokoll aufgenommen über die außerordentliche Sitzung des Gemeinderathes der k. k. I. f. Stadt Steyr am 29. December 1899. Tages=Ordnung: II. Section: Vergebung der Wirtschaftsfuhren pro 1900. III. Section: Commissions=Protokoll vom 27. December 1899, betreffend die Vereinbarungen hinsichtlich der Kosten des Dammbaues am Cysnfelde, zum Zwecke der Genehmigung. Gegenwärtig: Der Vorsitzende: Herr Bürgermeister Johann Redl. Die Herren Gemeinderäthe: Dr. Franz Angermann, Edmund Aelschker, Leopold Anzengruber, Leopold Haller, Ferdinand Handstänger, Karl Heindl, Josef Hiller, Dr. Johann Hochhauser, Josef Huber, Franz Lang, Matthias Perz, Dr. August Redtenbacher, Ferdinand Reitter, Gottfried Sonnleitner, Josef Tureck. — Ferner sind anwesend: Herr Stadtsecretär Franz Gall und als Schriftführer Herr Franz Schmidbauer. — Entschuldigt sind: Herr Vice¬ bürgermeister Victor Stigler und die Herren Gemeinderäthe Busek, Köstler, Schönauer, Wöll. Der Herr Vorsitzende constatiert die Beschlussfähigkeit des Gemeinderathes, bestimmt zu Verificatoren die Herren Ge¬ meinderäthe Dr. Franz Angermann und Leopold Anzengruber und erklärt um 3 Uhr nachmittags die Sitzung für eröffnet. II. Section. Referent: Sectionsobmann Herr Gemeinde¬ rath Josef Tureck. Vergebung der Wirtschaftsfuhren pro 1900. Der Herr Referent gibt bekannt, dass um die Vergebung der Wirtschaftsfuhren zwei Offerte eingelangt sind, u. zw. von Herrn Karl Viertl und Herrn Johann Flenkenthaller. Ersterer verlangt für ein Paar Pferde per Tag 3 fl. 70 kr., letzterer 4 fl. Die Section beantragt, die Wirtschaftsfuhren dem Herrn Karl Viertl, als dem billigsten Offerenten, für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. December 1900 unter den bisherigen Bedin¬ gungen zu übertragen. — Wird ohne Debatte einstimmig ange¬ nommen. III. Section. Referent: Sectionsobmann= Stellvertreter Herr Gemeinderath Franz Lang. Der Herr Referent verliest folgendes Commissions=Protokoll: „Protokoll, aufgenommen von der k. k. Bezirkshauptmannschaft Steyr am 27. December 1899. — Gegenwärtig: Die Gefertigten. Gegenstand ist die infolge des Erlasses der k. k. Statthalterei vom 29. November 1899, Z. 21.228 I, von der k. k. Bezirks¬ hauptmannschaft Steyr mit dem Erlasse vom 9. December 1899, Z. 15.481, auf den heutigen Tag anberaumte commissionelle Erhebung und Verhandlung über das Ansuchen der Stadtgemeinde¬ Vorstehung Steyr um die Genehmigung des Projectes für die Wiederherstellung des durch das jüngste Hochwasser zerstörten Schutzdammes gegen die Hochwässer des Steyrflusses am Gysnfelde in Steyr. „Das Project lag nach Vorschrift des § 83 des Wasser¬ rechts=Gesetzes durch 14 Tage zu jedermanns Einsicht bei der k. k. Bezirkshauptmannschaft auf und wurde dies mit der auf der Amtstafel der Stadtgemeinde=Vorstehung Steyr und der k. k. Bezirkshauptmannschaft Steyr affigierten Kundmachung allgemein verlautbart, und wurden laut der dem Protokolle beigeschlossenen Nachweise sämmtliche Interessenten besonders verständigt und eingeladen. Es wurden bei der k. k. Bezirks¬ hauptmannschaft keinerlei Einwendungen gegen das Project eingebracht. „Bei der heutigen Verhandlung wurde nach Verlesung des Gesuches der Stadtgemeinde=Vorstehung und des technischen Berichtes das vorliegende Project an der Hand der Pläne einer eingehenden Erörterung unterzogen und wurde namentlich auch die durch das vorliegende Project bedingte Aenderung des früheren Zustandes durch den veränderten Beginn des Dammes beim sogenannten Gsangwerkwehre und die bedeutende Er¬ höhung des Dammes um 30 cm über den Hochwasserstand des heurigen Jahres in diese Erörterung einbezogen. Es wird hienach von keiner Seite gegen dieses Project irgend eine Einwendung erhoben und wird das Project von allen Interessenten zur Genehmigung wärmstens empfohlen. „Von den Besitzern des Gsangwerkwehres sind erschienen der Director der Waffenfabrik Herr Otto Schönauer und Fabriks¬ besitzer Herr Josef Huber. Dieselben erklären, dass sie gegen die Einbindung des Dammes in das Wehr keine Einwendung erheben und weiters dem Vorschlage des Herrn k. k. Oberingenieurs Wiesmeyer zuzustimmen, dass der Niederwasserdamm circa 30 Meter oberhalb der jetzigen Einbindungsstelle an dem Wehr eingewurzelt wird, damit der Wasserlauf unter dem Wehr schon am Beginne des Dammes von seinem nahezu senkrechten Anfalle auf das rechte Ufer abgelenkt wird. „Die Besitzer der am Eysnfeld gelegenen kleineren Häuser, welche sämmtliche eingeladen wurden und von welchen die meisten erschienen sind, haben sich geeinigt die Herren Michael Mayr, Besitzer des Hauses Leopoldgasse Nr. 9, Franz Pacovsky, Leopoldgasse Nr. 4, Ludwig Harthold, Leopoldgasse Nr. 7, und Matthias Hauer, Leopoldgasse Nr. 6, als ihre Vertreter zu nominieren. — Dieselben erklären folgendes: Wir begrüßen das vorliegende Project auf das freudigste, weil wir überzeugt sind, dass durch die Ausführung desselben unseren stets durch das Hochwasser des Steyrflusses bedrohten Häusern ein ausreichender Schutz gegen neuerliche Ueberflutungen gewährt werden wird. Wir sind an dem Baue dieses Dammes zunächst und in erster Linie interessiert und wissen, dass wir nach den Bestimmungen des oberösterreichischen Wasserrechts=Gesetzes nach Maßgabe unseres Interesses verpflichtet wären, einen namhaften Beitraa zu den Kosten dieses Baues zu leisten. Leider sind wir durch das letzte Hochwasser derart geschädigt worden und sind unsere Verhältnisse überhaupt derartige, dass wir absolut nicht im Stande sind, den nach dem Gesetze uns treffenden Beitrag zu leisten. Wir stellen daher die Bitte, dass in Berücksichtigung unserer misslichen Verhältnisse der uns treffende Beitrag aus dem staatlichen Nothstands=Credite bestritten werde. Michael Meyer m. p., Franz Pacovsky m. p, Ludwig Harthold m. p., Matthias Hauer m. p „Namens der Stadtgemeinde=Vorstehung Steyr gibt Herr Bürgermeister Johann Redl zu Protokoll: Durch den zur Aus¬ führung gelangten Schutzbau wird in erster Linie das Eigenthum der dem Damm zunächstgelegenen Hausbesitzer geschützt. Es sind dort 87 Häuser, die 75 verschiedenen Besitzern gehören, worunter sich 13 Frauen befinden. Alle diese Hausbesitzer haben daher an der Ausführung des Dammes das größte Interesse und müssten deshalb auch bei der Theilung der Kosten den größten Theil tragen. Es lässt sich jedoch nicht leugnen, dass alle diese Hausbesitzer, welche fast durchwegs Fabriksarbeiter sind, die ihre geringen Ersparnisse zum Ankauf dieser Häuser verwendet

haben und große Hypothekenlasten auf denselben liegen haben, ganz außer Stande sind, nach Maßgabe ihres Interesses zu den Dammkosten beizutragen, ja dass es ihnen überhaupt ganz unmöglich ist, irgend einen, auch nur kleinen Beitrag zu den Baukosten zu leisten. Die Stadtgemeinde erlaubt sich daher, die oben angeführte Bitte der Interessenten — die k. k. Statthalterei wolle verfügen, dass der auf sie entfallende Beitrag aus den Nothstandsgeldern bestritten werde — auf das wärmste zu befürworten und ist mit Rücksicht auf das oben Angeführte der Anschauung, dass der hiefür auszumessende Beitrag mindestens 50% der gesammten Baukosten betragen müsste. Für den Fall als der den Interessenten zufallende Theil der Baukosten that¬ sächlich aus den Nothstandsgeldern gewährt und mit mindestens 50% der Gesammtkosten bemessen würde, ist die Stadtgemeinde¬ Vorstehung, vorbehaltlich der Genehmigung des Gemeinderathes bereit, von den restlichen Baukosten die Hälfte allein zu tragen, wenn die andere Hälfte derselben seitens der österr. Waffenfabriks¬ gesellschaft in rrien übernommen wird. Sollte der aus dem Nothstandscredit für die Interessenten zu gewährende Beitrag geringer ausgemessen werden, oder sollte die Verwaltung der österr. Waffenfabrik den auf sie entfallenden Beitrag nicht übernehmen oder sollte wider Erwarten der Gemeinderath die Zustimmung hiezu verweigern, müsste die abgegebene Erklärung als nicht verbindlich angesehen werden. Die Stadtgemeinde müsste in diesem Falle darauf bestehen, dass zum Zwecke der Feststellung, wer und in welchem Ausmaße die Kosten des Dammes zu tragen hat, eine neuerliche Verhandlung unter Zuziehung — sämmtlicher Interessenten angeordnet werde. Die Vertreter der österr. Waffenfabriksgesellschaft, die Herren Director Otto Schönauer und Dr. Karl Harant, erklären, dass die österr. Waffen fabriksgesellschaft im Hinblicke auf die obwaltenden Verhältnisse inter der Voraussetzung, dass von den Gesammtkosten 50 % aus dem Nothstandscredite bestritten werden, bereit sei, ebenso wie die Stadtgemeinde=Vorstehung Steyr die Hälfte dieser restlicher Kosten, also 25% der Gesammtkosten zu bestreiten, dies jedoch vorbehaltlich der Genehmigung des Verwaltungsrathes. — Der als technischer Sachverständiger intervenierende Herr k. k. Ober¬ ingenieur Wiesmeyer gibt folgende Aeußerung ab: Die fragliche Flufsstelle wurde nach dem jüngsten Hochwasser von mir wiederholt eingehend besichtigt und wurden die allgemeinen Directiven des vorliegenden Projectes über Ersuchen der Stadtgemeinde Steyr gelegentlich der Erhebung am 22. October l. J. der Projects¬ verfasserin bekanntgegeben. Diesen Directiven wurde durch das vorliegende Project im wesentlichen entsprochen, und bedingt die Erhöhung des Dammes über die Hochwassercote 1899 die Erweiterung des Hochwasserprofiles. Wie das jüngste Hochwasser gezeigt hat, ist der am meisten gefährdete Dammtheil jener beim oberen Anschluss im Kugelfange und ist auch ersichtlich der alte Damm an diesem Punkte zuerst zerstört worden, während der übrige Theil erst dann durch Wasserangriff landseits zerstört wurde. Aus diesem Grunde habe ich auch beantragt, dass die Einwurzelung des Dammes in den Zugelfang besonders kräftig projectiert werde und dass der oberste Abschlufs dieses Schutzdammes auf ungefähr 30 Meter Länge durch einen bis zur Tiefe der Kugelfang¬ fundamente fundierten gemauerten Kern sowie durch eine Pflasterung der Krone und landseitigen Böschung gesichert werde Diese Sicherung erscheint nicht projectsgemäß vorgesorgt, und wäre daher zur Stabilität der Anlage den Gesuchstellern diese Verstärkung aufzutragen. „Da bei der heutigen Verhandlung die Wehrbesitzer gegen die Einbindung des Mittelwasserdammes keine Einwendung erheben, auch in dem Falle, wenn diese circa 30 Meter oberhalb er projectierten erfolgt, so muss ich die Aenderung des oberen Anschlusses dieses Dammes an dem Wehr in der Art beantragen, dass die Einwurzelung, wie erwähnt, 30 Meter oberhalb der rojectierten erfolgt und der Dammgrat in einem Bogen bis Profil VIII des Projectes geführt wird. Es ist unbedingt noth¬ vendig, dass an dieser Stelle der nahezu senkrechte Angriff der Hochflut der Steyr abgelenkt wird, um, wie schon erwahnt, die gefährlichste Stelle des Inundationsdammes beim Anschluss am Kugelfang zu entlasten. Bezüglich der Detailconstruction des Dammes bemerke ich nur, dass selbe technisch begründet und solid construiert ist „Schließlich wird ausdrücklich bemerkt, dass in wasser¬ rechtlicher Hinsicht vom öffentlichen Standpunkte gegen die Ausführung des vorliegenden Projectes keine Einwendung zu erheben ist. Der Vertreter des oberösterreichischen Landesausschusses Herr Oberbaurath Ueberlackner erklärt sich mit dem vorliegenden Projecte über die Herstellung des Inundationsdammes in der Vorstadt Karolinenthal, sowie mit den vom k. k. Oberingenieur Herrn Rud. Wiesmeyer im vorstehenden näher beschriebenen Ver¬ besserung bezüglich der Dammconstruction und mit der Verlegung der Einwurzelung des Mittelwasserdammes beim „alten Wehr“ um 30 Meter nach aufwärts vollkommen einverstanden, und kann derselbe im Hinblicke auf die Nothwendigkeit dieses Schutzbaues die von den Interessenten gestellte Bitte wegen Uebernahme des sie gesetzlich treffenden Kostenbeitrages auf den staatlichen Nothstandscredit nur wärmstens befürworten. — Sohin wird das Protokoll geschlossen und gefertigt — Johann Redl m. p., Franz Lang m. p., Franz Gall m. p., Stadtsecretär, Schönauer m. p., Dr. Harant m. p., Josef Huber m p., Ueberlackner m. p Wiesmeyer m. p., Rippelli m. p., k. k. Bezirkshauptmann, Michael Etz m. p., als Schriftführer.“ Der Sectionsantrag hierüber lautet: Mit Rücksicht darauf, dass es bei der Verhandlung vom 27. d. M. nur durch das Eingehen auf die getroffene Vereinbarung möglich war, die rage der Wiederherstellung des Eysnfelddammes brennen um schnellen Abschluss zu bringen, weil die Ausmittlung der die einzelnen Interessenten treffenden Beiträge zu den Dammkosten m Entscheidungswege außerordentlich schwierige und langwierige Erhebungen erfordert hätte, und in Erwägung, dass das große Opfer, welches seitens der Gemeinde durch die Uebernahme einer erhältnismäßig hohen Beitragsleistung gebracht wird, durch den einer bedeutenden Zahl von Einwohnern der Stadt gewährter usreichenden Schutz gegen Ueberschwemmungsgefahr aufgewogen wird, erlaubt sich die Section, den Antrag zu stellen: Der löbliche emeinderath wolle die bei der Verhandlung vom 27. d. M. namens der Stadt Steyr eingegangenen Verbindlichkeiten im vollen Umfange genehmigen Der Herr Referent lässt die Projectspläne circulieren und bemerkt, dass bei der commissionellen Verhandlung der Wunsch ausgesprochen wurde, dass das Protokoll der Bezirks¬ auptmannschaft schon mit der Genehmigung des Gemeinderathes ezüglich der die Stadtgemeinde betreffenden Bestimmungen an die Statthalterei geleitet werde und dass auch die Genehmigung des Verwaltungsrathes der Waffenfabrik bezüglich seiner Beitrags¬ eistung ehestens eingeholt werde, damit mit dem Dammbau in Zeit vorgegangen werden könne ächster Herr Gemeinderath Heindl frägt, ob bezüglich des Kosten¬ punktes schon bestimmte Daten vorliegen. der Herr Referent erwidert, dass die Durchführung dieses Projectes inclusive Nebenarbeiten und Grundeinlösung auf 50.000 fl. zu stehen kommt. Herr Gemeinderath Hiller stellt die Frage, ob man irgend einen Anhaltspunkt habe, annehmen zu können, dass die Bestreitung der auf die Hausbesitzer von Eysnfeld fallenden 50%igen Beitragsleistung zum Baue des Schutzdammes aus dem staatlichen Nothstands=Credite bewilligt werde Der Herr Vorsitzende erwidert, es sei dies bei der Commission wärmstens befürwortet worden. Sollte die staatliche Beitragsleistung nicht zustande kommen, so müsste eine neuerlicht Commission einberufen werden err Gemeinderath Dr. Angermann befürwortet die Annahme des Sectionsantrages. iernach wird der Sectionsantrag einstimmig angenommen. 25.926 Z. Nach Erledigung der Tagesordnung erbittet sich der Obmann der Rechtssection Herr Dr. Franz Augermann zu einer dringlichen Angelegenheit das Wort und führt aus: „In de Sitzung des Gemeinderathes der Stadt Steyr vom 24. Februar 1899 vurde in Durchführung des Gemeinderathsbeschlusses vom 3. December 1898, betreffend die Schaffung' eines IV. Wahl¬ körpers für die neuen Steuerträger, der Entwurf eines Gesetzes für Abänderungen in der Gemeindewahlordnung des Statutes der l. f. Stadt Steyr einstimmig genehmigt und der Herr Bürger¬ meister beauftragt, die weiteren erforderlichen Schritte behufs Erwirkung des bezüglichen Landesgesetzes beim hohen ober¬ sterreichischen Landtage einzuleiten. Ueber diesen Gesetzentwur hat der hohe Landtag in seiner Sitzung vom 23. März 189 folgenden Beschluss gefasst: „Das hohe Haus wolle beschließen, es sei der Gesetzentwurf, enthaltend die Abänderung der Wahlordnung der Stadt Steyr sammt der belegten bezüglichen Petition dieser Gemeindevertretung dem Landesausschusse mit dem Auftrage zuzumitteln, sich bezüglich der Verbesserung der Lextierung dieses Gesetzentwurfes, insbesondere bezüglich der Präcisierung der Wahlberechtigten der IV. Curie, mit der Stadt¬ jemeindevorstehung Steyr ins Einvernehmen zu setzen und sohin anderweitige, allenfalls nothwendige Erhebungen zu pflegen und 1 dem Landtage in der nächsten Session Bericht zu erstatten Der hohe Landes=Ausschuss in Linz hat mit Schreiben vom 17. October 1899, Z. 5559, diesen Landtagsbeschluss mit dem Bemerken mitgetheilt, dass nach Ansicht des Landesausschusses der ganze Gesetzentwurf in eine andere Form zu bringen ist, u. zw. in jene, welche für Novellen üblich ist „Ueber diese Zuschrift stellt nun die l. Section den An¬ trag: Der löbl. Gemeinderath wolle zunächst die Dringlichkeit der Erledigung dieser Zuschrift mit Rücksicht auf den Umstand als der hohe oberösterreichische Landtag einberufen wurde und dieser Gegenstand noch in diese Session kommen solle, anerkennen und sodann den nach den in dieser Zuschrift enthaltenen Direc tiven geänderten Entwurf des zu erlassenden Gesetzes betreffs der beschlossenen Aenderung des Gemeindestatutes wegen Ein¬ führung eines IV. Wahlkörpers genehmigen Der Herr Vorsitzende bringt diesen Dringlichkeitsantrag zur Abstimmung und wird derselbe einstimmig angenommen. Hierauf verliest der Herr Referent den der Zuschrift des hohen Landesausschusses, Linz vom 17. October 1899, Z. 5559, beigefügten Entwurf einer Gesetzesnovelle, welcher lautet: — „Geset vol * womit die Bestimmungen dei §§ 18, 26, 31 und 65 des Gemeindestatutes der Stadt Steyr vom 18. Jänner 1867, L.=G.=Bl. Nr. 8, abgeändert werden. Ueber Antrag meines Landtages im Erzherzogthume Oesterreich ob der Enns finde ich anzuordnen, wie folgt: 1 Art. „Die §§ 18, 26, 31 und 65 des Gemeindestatutes der k. k. landesfürstlichen Stadt Steyr vom 18. Jänner 1867 L.=G.=Bl. Nr. 8, werden in der gegenwärtigen Fassung aufgehoben und haben in Hinkunft zu lauten, wie folgt: „§ 18. Die Mitglieder des Gemeinderathes werden von der Gemeinde aus ihrer Mitte gewählt. Die Zahl derselben ist auf 27 festgesetzt

„§ 26. Ausgenommen vom activen Wahlrechte sind alle Personen, welche eine Armenversorgung genießen, oder in einem Gesindeverbande stehen. „§ 31. Behufs der Wahl der Mitglieder des Gemeinde¬ rathes werden sämmtliche wahlberechtigte Gemeindemitglieder in vier Wahlkörper eingetheilt, von denen der I., II. und III. Wahlkörper je acht und der IV. Wahlkörper drei Mitglieder in den Gemeinderath zu wählen hat. „Im I. Wahlkörper wählen: 1. Die Wahlberechtigten, die an ihnen in der Gemeinde vorgeschriebenen directen Steuern 40 fl. ö. W. entrichten, 2. die beiden katholischen Pfarrer, 3. die Ehrenbürger, 4. Doctoren, welche ihren akademischen Grad an einer inländischen Universität erlangt haben. „Im II. Wahlkörper wählen: Die Wahlberechtigten, welche an ihnen in der Gemeinde vorgeschriebenen directen Steuern 10 fl. ö. W. bis ausschließlich 40 fl. ö. W. entrichten. „Im III. Wahlkörper wählen: 1. Gemeindebürger, welche weder nach der Steuerzahlung noch nach ihren persönlichen Eigenschaften in den einen oder anderen Wahlkörper gehören; 2. die Wahlberechtigten, welche die in der Gemeinde vorgeschriebene directe Steuer bis ausschließlich 10 fl. ö. W. entrichten. Die nach § 19, Abs. 2, sube, d, e, f, wahlberechtigten Gemeinde¬ mitglieder werden in den I., II. und III. Wahlkörper vertheilt. Es wird über dieselben ein genaues Verzeichnis angelegt, in welchem sie nach der Höhe und unter Beisetzung ihrer Besoldungen und Ruhegenüsse, in absteigender Ordnung gereiht, angesetzt werden. Kommen zwei oder mehrere Wahlberechtigte mit gleichen Bezügen vor, so ist der an Rang höhere oder an Dienstjahren ältere vorzusetzen. Diejenigen Wahlberechtigten, welche nach fortlaufenden Zahlen das erste Drittel der sämmtlichen Besoldungen und Ruhe¬ genüsse beziehen, wählen in dem I., jene, welche das zweite Drittel beziehen, in dem II., und die übrigen in dem III. Wahlkörper. „Im IV. Wahlkörper wählen: Die Wahlberechtigten, welche als Gewerbsgehilfen oder sonstige Lohnarbeiter vom Wochen= oder Taglohne leben, ohne Rücksicht auf die Höhe der von ihnen in der Gemeinde zu entrichtenden directen Steuer. „§ 36. Die Wahlkörper haben an abgesonderten Tagen, und zwar der vierte zuerst, dann der dritte, der zweite und endlich der erste zu wählen. Wer von einem Wahlkörper bereits gewählt ist, kann von dem folgenden nicht mehr gewählt werden, und es sind die auf ihn gefallenen Stimmen ungiltig. „§ 65. Damit der Gemeinderath einen giltigen Beschluss fassen kann, müssen, insoweit dieses Gemeindestatut nicht eine andere Bestimmung entkält, wenigstens 14 Mitglieder ver¬ sammelt sein. Art. II. „Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Kundmachung in Wirksamkeit. Art. III. „Mein Minister des Innern ist mit dem Vollzuge dieses Gesetzes beauftragt.“ Der Herr Vorsitzende bringt diesen Entwurf zur Ab¬ stimmung und wird derselbe einstimmig angenommen. Weiters ersucht der Obmann der Rechtssection Herr Dr. Franz Angermann um die Annahme der dringlichen Erledigung bezüglich einer in der „Bierquelle“ gefassten Resolution, da dieser Gegenstand mit dem vorhergehenden im Zusammen¬ hange ist. Nach einstimmiger Annahme der Dringlichkeit verliest Referent folgende Eingabe: „Löbliche Gemeinde=Vorstehung Steyr! Ueber Auftrag der am Montag den 4. December 1899 in der Bierquelle in Steyr stattgefundenen Volksversammlung erlauben sich die Unterzeichneten folgende esolution einem löblichen Gemeinderathe der Stadt Steyr zu unterbreiten. „Resolution: Die heute den 4. December 1899 in der „Bierquelle von mehr als 2000 Personen besuchte Volks¬ versammlung protestiert in entschiedenster Weise gegen eine etwaige beabsichtigte Verschleppung der Gemeinde=Wahlreform, ie verlangt von dem löblichen Gemeinderathe Steyr, dass er unverzüglich ans Werk gehe, einen neuen Entwurf auszuarbeiten, um endlich auch den Arbeitern ein Mitbestimmungsrecht in der Gemeinde einzuräumen. In Erwägung des Umstandes, dass auch andere Gemeinden den bisher Rechtlosen ein Wahlrecht zugestehen und kein objectiv Denkender sich dieser Anforderung gänzlich verschließen kann, hoffen wir, dass auch ein löblicher Gemeinderath Steyr der Zeitströmung Rechnung tragen wird. Sollte gegen jedes Erwarten der löbliche Gemeinderath auf dem Standpunkt beharren, dass den Arbeitern das Wahlrecht in der Gemeinde nicht eingeräumt werden soll, so erklären die heute hier Ver¬ ammelten, mit allen gesetzlich erlaubten Mitteln den Kampf um dieses Recht in der entschiedensten Weise fortzusetzen, bis sie eine entsprechende Reform der Gemeinde=Wahlordnung durch¬ gesetzt. Steyr, am 6. December 1899. Für das Präsidium: Johann Zuschratter. Johann Schirmböck.“ Der Herr Referent bemerkt hiezu, dass die vorliegende Resolution auf einer falschen Grundlage beruhe, da der Gemeinderath schon in seiner Sitzung vom 24. Februar 1899 daran¬ gegangen sei, den Arbeitern ein Wahlrecht zu geben, und verliest sodann nachstehenden Sectionsantrag: Nachdem der Gemeinderath in seiner Sitzung vom 24. Februar 1899 ohnedies bereits die Aenderung der Gemeinde=Wahlordnung dahin einstimmig beschlossen, dass für die Gewerbsgehilfen und sonstigen Lohnarbeiter, welche bisher laut § 26 des Gemeinde¬ statutes vom Wahlrechte ausgeschlossen waren, ein IV. Wahlkörper gebildet werden soll, welcher drei Gemeinderäthe zu wählen hätte, somit derselbe dem gewiss berechtigten Streben der Arbeiterschaft nach einer Vertretung im Gemeinderathe nach Thunlichkeit und unter Berücksichtigung der Steuerleistung der Gemeinde=Wählerschaft und im Verhältnisse nach derselben entgegengekommen ist, somit für denselben kein Anlass einer Aenderung des am 24. Februar 1899 einstimmig gefassten Be¬ schlusses vorliegt, so wolle der löbliche Gemeinderath beschließen: Es werde auf diese Petition der Volksversammlung vom 4. d. M. nicht eingegangen und dieselbe lediglich auf den einstimmigen Gemeinderathsbeschluss vom 24. Februar 1899 verwiesen. Der Herr Vorsitzende bringt diesen Antrag zur Abstimmung und wird derselbe einstimmig angenommen. Zum Schlusse kommt Referent darauf zu sprechen, dass dem Gemeinderathe seinerzeit in Arbeiterversammlungen öffentlich eine Fälschung des § 26 des Gemeindestatuts vorgeworfen worden ist, indem behauptet wurde, dass es im authentischen Texte nicht „Gewerbsgehilfe“ sondern „Erwerbsgehilfe“ heißt. Es wurde sich diesbezüglich an die k. k. Statthalterei Linz gewendet, welche mit Kundmachung vom 18. Mai 1899, Z. 8250 II im Landesgesetz= und Verordnungsblatte Nr. 12 folgendes publi¬ cierte: Der § 26 des mit dem Landesgesetze vom 18. Jänner 1867. L.=G.=Bl. Nr. 8, erlassenen Gemeindestatuts für die Stadt Steyr hat nach dem Originale richtig zu lauten: Ausgenommen vom activen Wahlrechte sind alle Personen, welche eine Armen¬ versorgung genießen, in einem Gesindeverbande stehen oder als Taglöhner oder als Gewerbsgehilfen einen selbständigen Erwerb nicht haben. Der Herr Referent bemerkt noch, er habe sich als Obmann der Rechtssection veranlasst gefühlt, diese ämtliche Richtigstellung dem löblichen Gemeinderathe zur Kenntnis zu bringen. Hierauf Schlufs der Sitzung.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2