Ratsprotokoll vom 24. Februar 1899

Nach Verlesung der bezüglichen Eingabe stellt der Her¬ Referent namens der Section folgenden motivierten Antrag: Mit Rücksicht auf den Umstand, als dem Vereine bereits die Führung des städtischen Wappens auf dem Vereinszeicher gestattet wurde, und die Erledigung dringlich ist, beantragt die Section, der löbliche Gemeinderath wolle beschließen: Es werd dem katholischen Arbeiter=Vereine in Steyr die Bewilligung ertheilt, in der Vereinsfahne das Wappen der l. f. Stadt Steyr zu dürfen. Zur sogleichen Erledigung wird im Sinne führen der Geschäfts=Ordnung die Dringlichkeit dieses Antrages an¬ erkannt Der Herr Vorsitzende bringt die Dringlichkeit dieses Gegenstandes zur Abstimmung und wird dieselbe einstimmig an worauf der Sectionsantrag, ebenfalls zur Abstimmung erkannt, — Z. 4868 einstimmig angenommen wird gebracht Der Herr Referent trägt vor: Löblicher Gemeinderath der I. f. Stadt Steyr In der Sitzung des löblichen Gemeinderathes der l. f. Stadt Steyr vom 23. December 1898 wurde über Antrag der Rechtssektion ein¬ timmig der Beschluss gefasst: „Es werde die Rechtssection be auftragt, bis zur nächsten voraussichtlich im Frühjahre 1895 stattfindenden Session des oberösterreichischen Landtages einen Gesetzentwurf auszuarbeiten und dem Gemeinderathe zur Be¬ schlussfassung vorzulegen, auf Grund dessen den neuen Steuer¬ trägern, welche kraft des geltenden Gemeindestatutes vom Wahl¬ rechte in die Gemeindevertretung ausgenommen sind, durch Schaffung eines vierten Wahlkörpers das active und passive Wahlrecht für die Gemeindevertretung eingeräumt werde. Auf Grund dieses Beschlusses hat nun die Rechtssektion die Frage der Zutheilung des Wahlrechtes an jene neuen Steuertrager, welche durch die gegenwärtigen Bestimmungen des Gemeindestatutes der Stadt Steyr vom Wahlrechte ausgenom men sind, unter Zugrundelegung der Errichtung eines vierten Wahlkörpers berathen und hat dieselbe nachstehenden Gesetz entwurf als Zusatz zu dem geltenden Gemeindestatute der Stad Steyr ausgearbeitet. Derselbe lautet „Gesetz vom . . . . . betreffend Aenderungen in der Gemeinde=Wahlordnung des Gemeinde Statutes der I. f. Stadt Steyr Ueber Antrag des Landtages Meines Erzherzogthumes Oesterreich ob der Enns finde Ich nachstehendes Gesetz zu erlassen § 1. Die Bestimmung des § 26 des Gemeindestatutes der l. f. Stadt Steyr wird dahin abgeändert, dass in Hinkunf vom activen Wahlrechte nur jene Personen ausgenommen sind welche eine Armenversorgung genießen oder in einem Gesinde¬ verbande stehen. § 2.Allen anderen, bisher nach § 26 des Gemeinde¬ Statutes der l. f. Stadt Steyr vom Wahlrechte ausgenommener Personen steht unter den in den §§ 2 und 19 des Gemeinde Statutes festgesetzten Bedingungen das active und unter der Voraussetzung des § 28 auch das passive Wahlrecht zu, inso erne dieselben eben nicht gemäß § 29 oder § 30 des Gemeinde Statutes von diesen ausgenommen oder ausgeschlossen sind 3. Die nach den vorstehenden Bestimmungen Wahl¬ berechtigten bilden den vierten Wahlkörper und haber drei Mitglieder des Gemeinderathes auf die Dauer vor drei Jahren zu wählen. Auf die Wahl dieser Mitglieder des Gemeinderathes haben die Bestimmungen der §§ 33 bis 40 sinngemäße Anwendung zu finden 4. S Der § 18 des Gemeindestatutes wird dahin ab¬ geändert dass die Zahl der Mitglieder des Gemeinderathes au 27 festgesetzt wird. § 5. Der § 31 des Gemeindestatutes wird dahin ab geändert, dass behufs Wahl der Mitglieder des Gemeinderathes sämmtliche Wahlberechtigte in vier Wahlkörper eingetheilt werden, wovon der erste, zweite und dritte Wahlkörper je 8 vierte Wahlkörper 3 Mitglieder zu wählen hat, und der 6. Der § 65 des Gemeindestatutes wird dahin ab¬ geändert, dass zur Beschlussfähigkeit des Gemeinderathes, in¬ soweit das Gemeindestatut nicht eine andere Bestimmung enthält wenigstens die Anwesenheit von 14 Mitgliedern erforderlich ist 7. Mein Ministerdes Innern ist mit dem Vollzug die beauftragt. zur Motivierung dieses Gesetz=Entwurfes schließt die Rechtssektion an nachstehende Motivenbericht. Durch die Einführung der Personal=Einkommensteuer ist seit dem Jahre 1893 eine große Zahl neuer Steuerträger ge¬ schaffen worden. Obwohl das Gemeinde=Statut der l. f. Stad Steyr jedem Gemeindemitgliede, welches eine directe Steuer bezahlt, unter den in den §§ 2 und 19 des Gemeinde=Statutes festgesetzten Bedingungen das Wahlrecht in die Gemeinde=Ver¬ tretung zuerkennt, so ist doch eine große Anzahl der neuer Steuerträger deshalb vom Wahlrechte ausgenommen, weil die elben im Sinne des § 73 des Gewerbegesetzes vom 8. März 1885 R.=G.=Bl. Nr. 22, als Gewerbsgehilfen anzusehen sind und diese eben nach § 26 des Gemeindestatutes der l. f. Stadt Steyr vom Wahlrechte ausgenommen erscheinen Da es nun aber als ein Postulat der Gerechtigkeit und Billigkeit erscheint, dass man diesen Steuerträgern, welche eber gemäß besonderer Bestimmung des § 26 des Gemeinde=Statutes bisher von der Wahlberechtigung in die Gemeinde=Vertretung ausgenommen waren, in Hinkunft auch das Wahlrecht einräume so hat eben der löbliche Gemeinderath in seiner Sitzung vom 23. December 1898 sich principiell für die Zutheilung des Wahlrechtes an alle jene ausgesprochen, welche bisher gemä § 26 des Gemeinde=Statutes vom Wahlrechte ausgenomme waren. Hiebei muss aber die Grenze gezogen werden, dass jene Personen, welche eine Armenversorgung genießen oder in Gesindeverbande stehen, auch in Hinkunft vom Wahlrechte aus¬ genommen bleiben, da dieselben jeder Selbständigkeit ihrer Existenz entbehren. Bei dem Umstande, als der größte Theil jener neuer Steuerträger, welchen nunmehr das Wahlrecht in die Gemeinde Vertretung eingeräumt werden soll, dem Arbeiterstande ange hört, welcher seine besonderen Interessen zu vertreten hat, er cheint es daher gerade im Interesse dieser Classe der neuen Wähler geboten, dieselben ihr Wahlrecht in einem eigener Wahlkörper ausüben zu lassen, da denselben eben dadurch die möglichste Sicherheit geboten wird, factisch ihre eigenen Vertreter in den Gemeinderath entsenden zu können. Des¬ halb wird im Gesetz=Entwurfe conform mit dem einstimmigen Gemeinderathsbeschlusse vom 23. December 1898 auch die Er richtung eines vierten Wahlkörpers für diese Wähler vorge¬ schlagen. Was die Frage anbelangt, wieviel Mandate diesen Wähler im vierten Wahlkörper einzuräumen wären, so muss für die billige und richtige Lösung dieser Frage wohl hauptsächlich die Gesammt=Steuerleistung dieser Wähler maßgebend sein Nach den gepflogenen Erhebungen repräsentieren die Wähler des ersten, zweiten und dritten Wahlkörpers eine Gesammt Steuerleistung von rund 167.000 fl., und da diese drei Wahl körper zusammen 24 Gemeinderäthe wählen, so entfällt auf eine Steuerleistung von rund 7000 fl. ein Gemeinderaths=Mandal Die Wähler, welche in den vierten Wahlkörper eingetheilt werden repräsentieren nach der Steuerleistung vom Jahre 1898 ein Gesammtsumme von rund 7000 Wenn man nun dasselbe fl. Verhältnis zwischen Steuerleistung und der Anzahl der ent fallenden Gemeinderaths=Mandate von dem ersten, zweiten un¬ dritten Wahlkörper zusammen auch auf den vierten Wahlkörper anwenden würde, so hätte auf den vierten Wahlkörper eigentlich nur ein Mandat zu entfallen. Mit Rücksicht auf die große Zahl der Wähler aber, welche in den vierten Wahlkörper einzutheilen sein werden, wird vor geschlagen, diesem Wahlkörper drei Mandate zuzutheilen, dass dann der Gemeinderath anstatt wie bisher 24 Mitgliede deren 27 zählen würde. Die Rechtssektion ist der Anschauung dass dadurch dem Streben der Arbeiterschaft, eine Vertretung in dem städtischen Gemeinderathe zu erhalten, möglichst entgegen¬ gekommen wird, umsomehr, als alle jene Steuerträger, welche nur die Personal=Einkommensteuer bezahlen, keinen Beitrag 5 den Gemeindelasten entrichten, weil eben die Personal=Ein kommensteuer von der Gemeindeumlage nicht getroffen wird Die übrigen beantragten Aenderungen des Gemeinde¬ statutes sind unmittelbare Folgen der Errichtung des vierten Wahlkörpers, und deren Aenderung durch die Ausführung dieser Beschlusses begründet. Mit Rücksicht auf diesen Bericht stellt die I. Sectio folgenden Antrag: „Der löbliche Gemeinderath wolle beschließen In Durchführung des in der Sitzung vom 23. December 1896 einstimmig gefassten Gemeinderathsbeschlusses wird be¬ vorgetragene Entwurf des Landesgesetzes, betreffend Abänderungen in der Gemeinde=Wahlordnung des Statutes derl. f. Stad Steyr, genehmiget und der Herr Bürgermeister beauftragt, in weiteren erforderlichen Schritte behufs Erwirkung des bezüglich!“ Landesgesetzes bei dem hohen oberösterreichischen Landtag einzuleiten. Nach kurzen, die Aenderung der eitierten Paragraph nochmals erläuternden Schlussworten des Referenten, bringt be¬ Herr Vorsitzende, nachdem sich niemand zum Worte meldet, be¬ Sections=Antrag zur Abstimmung und wird derselbe einstimmt angenommen. Z. 5412 II. Section. Referent: Sections=Obmann Herr Gemeinde rath Josef Tureck. — 5. Ausweis über dieGeldgebarung bei der Stadtcasse im Monate December 1898: Einnahmen im Monate December 48.837•64 fl. Casserest vom Vormonat 45.787·07½ Gesammt=Einnahmen im Monate Decembe 94.52471½ fl. Ausgaben im Monate December 94.524712 Die gesammten Einkünfte im Jahre 1898 betrugen fl. 388.237·5 Die gesammten Jahresausgaben: 388.237•5 * * Von den Jahresausgaben per 388.237.59 fl vermöchte die Stadtcasse mit ihren laufenden Jahreseinkünften zu bestreiten fl. 37811683½ Der bei der currenten Gebarung der Stadtcass¬ im Jahre 1898 resultierende Abgang per „ 10.120·75½ and seine Bedeckung in der bei der hiesigen Sparkasse fruchtbringend angelegten Reserve der Stadtcasse Mit Jahresschluss 1898 verfügt die Stadtcasse über den pro 1899 präliminierten Disposi tionsfond per 50.000 0 und über das Sparkasse=Einlagebuch Nr. 64.567 lautend auf „Reserve der Stadtcasse“, in giltigen Betrage per fl. 65.47648 omit über eine gesammte hinterlegte Casse¬ Barschaft von fl. 115.47648 Steyr, am 26. Jänner 1899. — Paarfußer m. p. Damhofer m. P.

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