Ratsprotokoll vom 14. Februar 1899

Raths-Protokoll aufgenommen über die diesjährige II. ordentliche Sitzung des Gemeinderathes der k. k. l. f. Stadt Steyr am 14. Februar 1899. Tagesordnung: Entscheidung über die eingelangten Reclamationen gegen die diesjährigen Gemeinderaths=Wähler=Listen. Gegenwärtig: Der Vorsitzende: Herr Bürgermeister Johann Redl. Der Herr Vicebürgermeister Victor Stigler. Die Herren Gemeinde¬ räthe: Dr. Franz Angermann, Edmund Aelschker, Alexander Busek, Heinrich Gupf, Karl Heindl, Josef Hiller, Anton v. Jäger, Leopold Köstler, Franz Lang, Matthias Perz, Ferdinand Reitter, Dr. August Redtenbacher, Gottfried Sonnleitner, Franz Tomitz, Josef Tureck, Karl Wöll. — Ferner sind anwesend: Herr Stadt¬ Secretär Franz Gall und als Schriftführer Herr Franz Schmid¬ bauer. Der Herr Vorsitzende constatiert die Beschlussfähigkeit des Gemeinderathes, bestimmt zu Verificatoren dieses Protokolles die Herren Gemeinderäthe Franz Lang und Josef Hiller und erklärt um 3 Uhr nachmittags die Sitzung für eröffnet. Sodann gibt der Herr Vorsitzende bekannt, dass der Herr k. u. k. Oberstleutnant Otto v. Bonelli namens des Bataillons den Dank ausgesprochen hat für die außerordentlich zahlreiche Betheiligung des Gemeinderathes an dem Leichenbegängnisse des k. u. k. Hauptmannes Johann Kerer, was zur Kenntnis genom¬ men wird. Vor Uebergang zur Tagesordnung verliest der Obmann der Rechtssection Herr Gemeinderath Dr. Franz Angermann folgende Eingabe: „Löblicher Gemeinderath der Stadt Steyr! Die Unterfertigten erlauben sich hiemit einem löblichen Gemeinde¬ rathe folgende, am Montag den 23. Jänner in einer Volksver¬ sammlung in der Bierquelle einstimmig angenommene Resolution zu unterbreiten. Gleichzeitig ersuchen wir, diese Resolution einer wohlwollenden Erwägung zu unterziehen, um dass die Wahl¬ rechtsfrage zur Zufriedenheit des größeren Theiles der Bevölke¬ rung aufgehoben wird. Resolution. In Erwägung, dass ein Theil der Arbeiter infolge der neuen Personal=Einkommensteuer eine directe Steuer entrichtel, wonach denselben nach dem Wort¬ laute des Gemeindestatutes, § 19, welcher besagt, dass alle jene österreichischen Staatsbürger, welche von ihrem Realbesitze, Gewerbe oder Einkommen seit wenigstens einem Jahre in der Gemeinde eine directe Steuer entrichten, wahlberechtigt sind, statutarisch das Wahlrecht zugesichert ist, protestieren die Arbeiter ganz entschieden gegen die Angliederung eines IV. Wahlkörpers, welches Vorgehen des Gemeinderathes als ein willkürlicher Act erklärt wird, um damit eine Verschleppung der Wahlausübung der Arbeiter zu bezwecken. Die Arbeiter verlangen für jeder¬ mann, der in der Gemeinde wohnt, daselbst einen Erwerb findet, sowie das 24. Lebensjahr erreicht hat, das Wahlrecht in der Gemeinde. — Steyr, am 4. Februar 1899. — Franz Fürthaler. I. Oberhuber. Franz Truhlar. Johann Zuschratter.“ Der Sectionsantrag hierüber lautet: Der löbliche Gemeinderath wolle beschließen: Nachdem der Gemeinderath der Stadt Steyr in der Sitzung vom 23. December 1898 über die Frage des Wahlrechtes für die Gemeindevertretung der Stadt Steyr auf Grund der bezüglichen gesetzlichen Vorschriften und unter Anwendung der bezüglichen Bestimmungen des Gemeinde¬ statutes der Stadt Steyr bereits mit einstimmigem Beschluss entschieden hat, so wird unter ausdrücklicher Verwahrung gegen den unbegründeten Vorwurf einer beabsichtigten Verschleppung der Wahlausübung der Arbeiter über diese Resolution zur Tagesordnung übergegangen. Der Herr Vorsitzende bringt, nachdem sich niemand zum Worte meldet, den Sections=Antrag zur Abstimmung, und wird derselbe einstimmig angenommen. — Z. 24 Präs. Hierauf Erledigung der Tagesordnung I. Section. Referent: Sections=Obmann Herr Gemeinde¬ rath Dr. Franz Angermann. Der Herr Referent trägt vor: Mit Kundmachung der Stadtgemeinde=Vorstehung vom 14.Februar, Z. 914, wurden die Wählerlisten für die Gemeinderathswahlen pro 1899 gemäß § 33 des Gemeindestatuts zu jedermanns Ein¬ sicht aufgelegt. Allfällige Einwendungen wegen Aufnahme von Nichtwahlberechtigten oder wegen Weglassung von Wahl¬ berechtigten waren von 4. bis inclusive 11. Februar 1899 einzu¬ bringen. Gegen diese aufgelegten Wählerlisten sind in der obigen offenen Frist 569 Reclamationen überreicht worden. Ueber diese Einwendungen hat gemäß § 33 des Gemeindestatuts der löbliche Gemeinderath endgiltig zu entscheiden und hat dann die für zulässig erkannten Berichtigungen sogleich vorzunehmen. Von den eingelangten Reclamationen sind 561, welche eine ziemlich gleichmäßige Behandlung bedingen, da sie alle die gleichen Vor¬ aussetzungen haben. Diese von den Fabriksarbeitern einge¬ brachten Reclamationen wurden vom Amte in einer Liste zusammengestellt und von der Section geprüft. Da jedoch die Entscheidung über jede einzelne Reclemation zu weit führen würde, so war die Section der Ansicht, bezüglich der 561 Re¬ clamationen pauschaliter vorzugehen. Bezüglich der Reclamanten von 1—.553 hat nun das Amt folgenden Vortrag erstattet: Alle die Vorgenannten sind Waffenfabriksarbeiter und als solche gemäß § 73 der Gewerbe=Ordnung, bezw. des Gesetzes vom 8. März 1885, R.=G.=Bl Nr. 22, unter den Begriff der gewerblichen Hilfsarbeiter zu subsumieren. Da die Gewerbsgehilfen nach § 26 des Gemeindestatuts der Stadt Steyr vom activen Wahl¬ recht in die Gemeindevertretung ausgenommen sind, konnte die Aufnahme derselben in die Wählerlisten nicht veranlasst werden. Die zuletzt angeführten acht Reclamanten sind überdies auch noch aus andern ersichtlich gemachten Gründen nicht wahl¬ berechtigt. Der Herr Referent bemerkt: Die Reclamanten, Post Nr. 554— 558, nämlich: Karl Koudela, Konrad Kitzberger, Adolf Marko, Josef Schmalzenberger und Michael Reithar, stehen in keiner Steuervorschreibung, Post 559 Felix Rasser ist in Steyr nicht wohnhaft, Post 560 Adolf Ondreska ist nach Ungarn zuständig und daher Ausländer, Post 561 Johann Zehentner ist überhaupt nicht gemeldet.

Die Rechtssection erlaubt sich daher bezüglich der Reclamanten, Post Nr. 1—.553, den Antrag zu stellen: „Nack den gepflogenen Erhebungen sind die sub Z. 1—553 in de Namensliste verzeichneten Personen Fabriksarbeiter der österr. Waffenfabrik in Steyr. Als solche gehören dieselber nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 73 lit. b der Novell zur Gewerbe=Ordnung vom 8. März 1885, R.=G.=Bl. Nr. 22, zu den gewerblichen Hilfsarbeitern. Da aber die „Gewerbsgehilfen nach § 26 des Gemeindestatuts der Stadt Steyr vom activen Wahlrechte in die Gemeinde=Vertretung der Stadt Steyr aus genommen sind, so kommt den genannten Fabriksarbeitern aus diesem besonderen Grunde, selbst wenn ihnen nach der übrigen Bestimmungen des Gemeinde=Statutes ein actives Wahlrecht zustehen würde, ein solches nicht zu. Mit Rücksicht darauf stellt die I. Section folgenden Antrag: Der löbliche Gemeinderath wolle beschließen: Es werde den von den in vorliegenden Verzeichnisse namhaft gemachten 553 Fabriks arbeitern gegen die Wählerlisten für die Gemeinderaths=Wahler pro 1899 erhobenen Einwendungen wegen Nichtaufnahme in dieselben mit Rücksicht auf die Bestimmungen des § 73 lit. des Gesetzes vom 8. März 1885, R.=G.=Bl. Nr. 22, und in An wendung des § 26 des Gemeindestatutes der Stadt Steyr keine egeben Folge Zur Erläuterung des Sectionsantrages verliest der Hern Referent den § 73 der Novelle zur Gewerbe=Ordnung, welcher lautet: „Unter Hilfsarbeitern werden in diesem Gesetze alle Arbeits¬ Personen verstanden, welche bei Gewerbs=Unternehmungen in regelmäßiger Beschäftigung stehen, ohne Unterschied des Alters und Geschlechtes, u. zw.: a) Gehilfen (Handlungsgehilfen), Ge¬ sellen Kellner, Kutscher u. dgl.; b) Fabriksarbeiter Hier, bemerkt der Herr Referent, ist ausdrücklich nor¬ miert, dass Fabriksarbeiter Gewerbsgehilfen im Sinne des Gesetzes sind, und mit Bezug auf diese Gesetzes=Bestimmung und § 26 des Gemeindestatuts ersuche ich, den Sections=Antrag anzunehmen. Herr Gemeinderath Anton v. Jäger bemerkt, er könn für den Sectionsantrag nicht stimmen und zwar aus Gründen die er schon in früheren Sitzungen geltend gemacht habe, als es ich um das Wahlrecht der Kapläne gehandelt habe. Damals wurde auch so interpretiert, dass die Kapläne das Wahlrecht nicht besitzen, obwohl sie ein solches Recht gehabt hätten. E sei für die Ausdehnung des Wahlrechtes und bleibe auf diesen Standpunkte steher Der Herr Referent erwidert, er finde das Vorgehen des Herrr Gemeinderathes v. Jäger unbegründet, inconsequent und unlog isch. In der letzten Sitzung habe der Gemeinderath über diese Frage im Principe einstimmigen Beschluss gefasst und Herr v. Jäger habe auch mitgestimmt, heute, wo ein concreter Fall vorliege, sei er dagegen. Es könne jeder Gemeinderatl eine eigene Anschauung haben, aber Herr Gemeinderath v. Jäger hätte schon in der letzten Sitzung sagen sollen, er sei für die Ausdehnung des Wahlrechtes. Herr Gemeinderath Anton v. Jäger entgegnet, er se ausdrücklich ersucht worden, in der betreffenden Sitzung eine Debatte nicht zu eröffnen, und habe er dem Herrn Bürgermeister dies versprochen. Wenn Herr Gemeinderath Dr. Angermanr sich noch an diese Sitzung erinnere, so hat Herr Gemeinderatl Schönauer in dieser Frage eine Debatte hervorgerufen, indem er anfragte, ob die Partieführer wahlberechtigt sind. Er glaube wenn die Arbeiter nicht wahlberechtigt sind, so sind es auch die Partieführer nicht. Da übrigens damals Reclamationen nicht vorlagen, so habe er geschwiegen Der Herr Vorsitzende bringt nun den Antrag der Section zur Abstimmung und wird derselbe mit allen gegen eine Stimm (Anton v. Jäger) angenommen Der Herr Referent verliest nun den zweiten Antrag de¬ Section, welcher lautet: „Nach den gepflogenen Erhebunger stehen die sub 554 bis 558 namhaft gemachten Reclamanten in gar keiner Steuervorschreibung und haben auch bisher gar keine Steuer entrichtet, weshalb denselben, abgesehen davon, dass diese Personen laut obiger Gesetzesstelle und nach dem Gemeinde¬ statute vom Wahlrechte gleichfalls ausgeschlossen wären, ein Wahlrecht überhaupt nicht zukommt. Der unter Post Nr. 559 er¬ wähnte Reclamant ist in Steyr nicht wohnhaft und hätte dahe aus diesem Grunde kein Wahlrecht in die Gemeinde=Vertretung. Der unter 560 verzeichnete Reclamant ist Ausländer, hätte dahen auch aus diesem Grunde kein Wahlrecht, und der unter Nr. 561 angeführte Reclamant ist in Steyr überhaupt gar nicht gemelde und kann daher nicht als hier wohnhaft angesehen werden. Mi¬ Rücksicht auf diese besonderen Gründe stellt die I. Sectior folgenden Antrag: Der löbliche Gemeinderath wolle be¬ schließen: Es werde den Einwendungen der im vorliegenden Verzeichnisse von Postzahl 554—561 namhaft gemachten Personer gegen die Wählerlisten für die Gemeinderathswahlen pro 1899 wegen Nichtaufnahme in dieselben gemäß § 1 u. § 2 des Gemeinde¬ Statutes der Stadt Steyr keine Folge gegeben Der Herr Vorsitzende bringt den Antrag der Section zum Abstimmung und wird derselbe einstimmig angenommen. Der Herr Referent bemerkt, bevor er auf die weiterer Reclamationen übergehe, sehe er sich zur Aufklärung über die Bemerkung des Herrn Gemeinderathes Anton v. Jäger ver¬ anlasst, den Anhang zu § 73 der Novelle zur Gewerbeordnung zu verlesen, welcher lautet: „Die für höhere Dienstleistungen ir der Regel mit Jahres= oder Monatsgehalt angestellten Indi viduen, wie Werkführer, Mechaniker, Factoren, Buchhalter Cassierer, Expedienten, Zeichner, Chemiker u. dgl., werden unter Hilfsarbeiter nicht begriffen Herr Gemeinderath Anton v. Jäger bemerkt, wenn diese Erklärung ihm gelte, so erlaube er sich die Anfrage, wie es dann mit den Partieführern gehalten wird, wenn in einem Objecte eine Partie aufgelassen wird und der betreffende Partieführer als nicht mehr nothwendig einem anderen Objecte zugetheilt wird Der Herr Referent erwidert, der Partieführer bleib immen Partieführer, wenn er auch anderswohin versetzt wird. Hierauf gelangen folgende Reclamationen in Verhandlung 1. Josef Matzek, Buchhalter bei Herrn Osbild, Glasermeisten in Steyr, ersucht um Aufnahme in die Wählerlist Der Amtsbericht hierüber lautet: „Die Nichtaufnahm des Josef Matzek, welcher als Buchhalter gemäs § 73, letzter Absatz, der Gewerbeordnung nicht als Gehilfe betrachtet werden darf, ist aus Versehen erfolgt. Er wäre in die Wählerclasse des III. Wahlkörpers aufzunehmen gewesen, weil bei ihm die Ausnahme des § 26 des Gemeindestatutes nicht zutrifft Die Section beantragt, der löbliche Gemeinderath wolle beschließen: „Es werde der Einwendung des Josef Matzek, Buch halters bei Herrn Osbild, wegen Nichtaufnahme in die Wähler listen für die Gemeinderathswahlen pro 1899 Folge gegeben, und sei derselbe gemäß seiner Steuerleistung in die Wählerliste des bezüglichen Wahlkörpers einzutragen. Der Herr Vorsitzende bringt diesen Antrag zur Abstimmung und wird derselbe einstimmig angenommen — Z. 3737 2. Rudolf Danninger, Maschinist der Elektricitäts=Werke in Steyr, bittet um Aufnahme in die Wählerliste Der Amtsbericht hierüber lautet: Danninger Rudol wurde als Gewerbsgehilfe angesehen, auf welchen der Schlufs satz des § 73 der Gewerbeordnung keine Anwendung finde Der Sectionsbericht und Antrag lautet: „Nach¬ dem Rudolf Danninger nach den gepflogenen Erhebungen als Maschinenmeister eine fixe Anstellung mit fixem Jahresgehalte von 720 fl. hat, so ist derselbe im Sinne des § 73 der Gewerbe Ordnung, Schlufssatz, als für höhere Dienstleistungen angestellt anzusehen, gehört daher nicht zu den gewöhnlichen Hilfsarbeiter und steht demselben somit das Wahlrecht zu, da der § 26 au ihn keine Anwendung finden kann. Die I. Section stellt dem nach den Antrag: Es werde der Einwendung des Rudol Danninger, Maschinisten der Elektricitäts=Werke in Steyr, statt¬ gegeben und derselbe in die Wählerliste des III. Wahlkörpers für die Gemeinderathswahlen pro 1899 eingetragen. Der Herr Vorsitzende bringt diesen Antrag zur Abstimmung und wird derselbe einstimmig angenommen— Z. 3739 3. Rudolf Riedel, Werkführer der Drahtstiftenfabrik in Steyr bittet um Aufnahme in die Wählerliste Der Amtsbericht hierüber lautet: Da Rudolf Riedel als Werkführer bei Frühmann & Brunner angestellt ist und Werkführer gemäß § 73, letzter Absatz, der Gewerbe=Ordnung nicht unter die Gewerbsgehilfen gerechnet werden dürfen, de endlich auch sonst kein gesetzlicher Grund vorliegt, den Recla manten vom Wahlrechte auszuschließen, möge seine Nichtaufnahm in die Wählerliste des III. Wahlkörpers durch ein Versehen des Amtes entschuldigt werden Der Sectionsantrag lautet: „Der löbliche Gemeinde¬ rath wolle beschließen, es werde der Einwendung des Rudolf Riedel, Werkführers in der Drahtstiftenfabrik Frühmann & Brunner in Steyr, wegen Nichtaufnahme in die Wählerlisten für die Gemeinderathswahlen pro 1899 stattgegeben und derselbe nach einer Steuerleistung in die Wählerliste des bezüglichen Wahl¬ körpers eingetragen. Der Herr Vorsitzende bringt diesen Antrag zur Abstimmung und wird derselbe einstimmig angenommen. Z. 3736 4. Josef Mayr, Comptoirist bei der Firma Winternit Neffen, reclamiert sein Wahlrecht und ersucht um Aufnahme in die Wählerliste Der Herr Referent bemerkt, dass Reclamant preußischer Staatsangehöriger ist, und obwohl ihm die Aufnahme in den Gemeindeverband Steyr zugesichert wurde, sei die Aufnahme in den österreichischen Staatsverband noch nicht erfolgt Der Sectionsantrag lautet: „Der löbliche Gemeinde¬ rath wolle beschließen: Da der Reclamant bis heute die öster¬ reichische Staatsbürgerschaft noch nicht erlangt hat, wird der Einwendung wegen Nichtaufnahme in die Wählerliste pro 189: keine Folge gegeben. Herr Gemeinderath Köstler bemerkt, dass der Comptoirist Mayr österreichischer Staatsbürger ist und dass der Werk meister der Firma Winternitz' Neffen die österreichische Staats bürgerschaft anstrebt Der Herr Referent bemerkt, nachdem über die vorliegende Reclamation heute entschieden werden müsse, so beantrage er, dass für den Fall, als durch das Amt constatiert werde, dass Reclamant Josef Mayr Comptoirist und österreichischer Staats bürger ist, derselbe in die Wählerliste pro 1899 aufgenommen werde, sonst aber nach dem Sectionsantrage vorzugehen sei. Dieser Antrag wird einstimmig angenommen 5. Johann Orthner, Commis bei der Firma Gschaider reclamiert sein Wahlrecht und ersucht um Aufnahme in die Wählerliste pro 1899. Der Amtsbericht hierüber lautet: „Johann Orthner Commis, wurde als gewöhnlicher Handlungsgehilfe im Sinne des § 73a der Gewerbeordnung angesehen und dessen Aufnahme in die Liste nicht veranlasst, weil Gewerbsgehilfen ohne selb¬ ständigen Erwerb nach § 26 des Gemeindestatutes vom activen

Wahlrechte ausgenommen sind. Da aber seitens seines Principales bestätigt ist, dass er für höhere Dienstleistungen mit Monats¬ gehalt angestellt ist, kann er mit Rücksicht auf den letzten Absatz des § 73 der Gewerbeordnung nicht unter gewerbliche Hilfs¬ arbeiter begriffen werden und sollte also eigentlich in der Wähler¬ liste des II. Wahlkörpers Aufnahme gefunden haben. Die Section beantragt: „Der löbliche Gemeinderath wolle beschließen, es werde der Einwendung des Herrn Johani Orthner, Handlungscommis in Steyr, gegen die Wählerliste pro 1899 wegen Nichtaufnahme stattgegeben und derselbe nach seiner Steuerleistung in die Wählerliste eingetragen.“ Der Herr Vorsitzende bringt diesen Antrag zur Abstimmung und wird derselbe einstimmig angenommen. — Z. 3733. 6. Julius Petretto und Julius Hüller, Buchhandlungs gehilfen bei Herrn Fleischanderl, reclamieren ihr Wahlrecht und ersuchen um Aufnahme in die Wählerliste pro 1899. Der Amtsbericht hierüber lautet: „Da Julius Petretto und Julius Hüller in der Sandbök'schen Buchhandlung in Steyr laut Bestätigung ihres Principales für höhere Dienstleistungen gegen Monatsgehalt angestellt sind, dürfen sie mit Rücksicht auf die ausdrückliche Vorschrift des § 73, letzter Absatz, der Gewerbe¬ Ordnung nicht unter die gewerblichen Hilfsarbeiter gezählt werden, weshalb der § 26 des Gemeindestatutes auf sie kein Anwendung findet. Da der erwähnte Umstand bei Zusammen¬ stellung der Listen hieramts nicht bekannt war, unterblieb die Aufnahme derselben in die Liste des III. Wahlkörpers. Die Section beantragt, den beiden Reclamationen Folge zu geben und die Herren Julius Petretto und Julius Hüller in die Wählerliste pro 1899 aufzunehmen.“ Der Herr Vorsitzende bringt diesen Antrag zur Abstimmung und wird derselbe einstimmig angenommen. 7. Liegt folgende Eingabe vor: „Nachdem wir Endes¬ gefertigten in die Wählerlisten für die Gemeinderathswahlen pro 1899 nicht aufgenommen worden sind, uns aber nach dem Gemeindestatute und insbesonders mit Bezug auf den Gemeinde¬ rathsbeschluss vom 23. December 1898 das Wahlrecht für die Gemeindevertretung zusteht, weil wir alle Unterfertigten mittelst eigenen Anstellungs=Decretes von Seite der österreichischen Waffenfabriks=Gesellschaft als Meister mit fixem Jahresgehalte angestellt sind, daher nicht zu den Gewerbsgehilfen gehören, welche nur einen Tag= oder Wochenlohn haben, sondern einer fixen Jahresgehalt mit monatlicher Auszahlung beziehen, so reclamieren wir Endesgefertigten unser Wahlrecht und ersuchen um Aufnahme in die Wählerliste für die Gemeinderathswahlen pro 1899. — Steyr, 4. Februar 1899. — Heinrich Haslinger K. Kletzenbauer, Johann Baumberger, Josef Krempl, Josef Ettmayr, Wenzel Schinko, Thomas Schinko.“ Der Amtsbericht hierüber lautet: „Von den vor¬ stehenden Reclamanten ist Josef Ettmayr nach Pirkfeld in Ungarn zuständig, daher kein österreichischer Staatsbürger. Johann Baum¬ berger erscheint als Schleifer, Josef Krempl als Maler, Thomas Schinko, Wenzel Schinko, Karl Kletzenbauer und Heinrich Haslinger als Schlosser und nicht als Meister sowohl in den Grundbögen im städtischen Meldungsamt als auch in den Steuerlisten auf, wes¬ halb sie als gewerbliche Hilfsarbeiter im Sinne des § 73 der Gewerbeordnung angesehen werden mussten und in die Listen nicht aufgenommen werden konnten.“ Der Sectionsbericht und Antrag lautet: „Nach¬ dem zufolge der gepflogenen Erhebungen und der Bestätigun der Direction der österr. Waffenfabriks=Gesellschaft in Steyr die Reclamanten: 1. Heinrich Haslinger, 2. Johann Baumberger, 3. Josef Krempl, 4. Karl Kletzenbauer, 5. Thomas Schinko, 6. Wenzel Schinko seit 1. October 1897 als Meister der Fahrrad¬ Abtheilung der österreichischen Waffenfabrik mit Decret und einem fixen Jahresgehalt angestellt sind, so sind dieselben gemäß 73, Schlufsabsatz, der Novelle zur Gewerbeordnung vom 8. März 1885 als für höhere Dienstleistungen angestellt anzu¬ sehen und gehören daher nicht zu den Gewerbsgehilfen. Des¬ halb stellt die Section den Antrag: Es werde den Einwendungen der obengenannten sechs Meister der Fahrrad=Abtheilung der österreichischen Waffenfabrik gegen die Wählerlisten pro 1899 wegen ihrer Nichtaufnahme stattgegeben und dieselben nach ihrer bezuglichen Steuerleistung in die Wählerliste für die Gemeinde¬ rathswahlen pro 1899 eingetragen. Dagegen wird der Ein¬ wendung des Meisters Josef Ettmayr keine Folge gegeben, da dieser Reclamant ungarischer Staatsangehöriger, somit Aus¬ länder ist.“ Der Herr Vorsitzende bringt diesen Antrag zur Abstimmung und wird derselbe einstimmig angenommen. — Z. 3741. Nachdem sohin alle Reclamationen erledigt worden sind, unterbricht der Herr Vorsitzende über Antrag des Herrn Referenten die Sitzung auf fünf Minuten behufs Constatierung der Staatsangehörigkeit des Reclamanten Josef Mayr durch den Herrn Stadtsecretär. Nach Wiederaufnahme der Sitzung bringt der Herr Referent zur Kenntnis, dass Reclamant Herr Josef Mayr con¬ statiertermaßen österreichischer Staatsangehöriger ist und stellt sohin namens der Section den definitiven Antrag auf Aufnahme des Hern Josef Mayr in die Wählerliste pro 1899. Der Herr Vorsitzende bringt diesen Antrag zur Abstimmung und wird derselbe einstimmig angenommen. Herr Gemeinderath Dr. Franz Angermann bringt sodann vor: „Es ist mir zu Ohren gekommen, dass bei Volksversamm¬ lungen der Arbeiterschaft über das Gemeinde=Statut der Stadt Steyr gesprochen wurde und dass man in diesen Versammlungen dem Gemeinderathe eine Fälschung des Gemeinde=Statutes vor¬ geworfen habe, und zwar aus dem Grunde, weil es im § 26 des Gemeinde=Statutes heißen soll: Ausgenommen vom activen Wahlrechte sind alle Personen, welche eine Armenversorgung genießen, in einem Gesindeverbande stehen oder als Taglöhner oder als Erwerbsgehilfen einen selbständigen Erwerb nicht haben. Es wurde in dieser Versammlungen gesagt, dass nach diesem Wortlaute nicht nur die Arbeiter, sondern viele andere vom Wahlrechte ausgeschlossen werden müssten. Da der Gemeinde¬ raty als öffentliche Corporation sich diesen Vorwurf nicht ge¬ fallen lassen darf, so ersuche ich den Herrn Bürgermeister um Aufklärung, ob Schritte eingeleitet wurden zur Constatierung des Textes des § 26 des vom Landtage im Jahre 1867 ge¬ nehmigten Gemeinde=Statutes.“ Der Herr Bürgermeister gibt bekannt, dass das Original¬ Exemplar des Gemeinde=Statutes vom Jahre 1867 vom hohen Landesausschusse eingeholt wurde und dass der Wortlaut des § 26 dieses Original=Statutes mit jenem des im Jahre 1897 aufgelegten Statutes übereinstimme, nämlich, dass es dort aus¬ drücklich „Gewerbsgehilfe“ und nicht „Erwerbsgehilfe“ heißt. Ueber Ersuchen des Herrn Bürgermeisters gibt der Herr Stadtsecretär Franz Gall bekannt, dass das Original=Statut mit dem hieramts in Verwendung stehenden Statute nach Collationierung vollkommen übereinstimmend befunden wurde, demnach der § 26 des Gemeinde=Statutes der Stadt Steyr wörtlich lautet: „Ausgenommen vom activen Wahlrechte sind alle Personen, welche eine Armenversorgung genießen, in einem Gesindeverbande stehen, oder als Taglöhner oder als Gewerbs¬ Gehilfen einen selbständigen Erwerb nicht haben.“ Weiters gibt Herr Stadtsecretär bekannt, dass diese Fassung des § 26 des Gemeindestatutes auch in der 43. Sitzung des oberösterreichischen Landtages vom 14. Februar 1866 beschlossen wurde, und verliest diesen Paragraph aus den Mittheilungen des oberösterreichischen Landtages vom Jahre 1865/66. Herr Gemeinderath Dr. Angermann erklärt sodann, dass der Gemeinderath seinen Beschluss in der Wahlrechtsfrage au Grund authentischer Bestimmungen gefasst habe und bedauert, dass man eine öffentliche Corporation in einer öffentlichen Ver¬ sammlung einen Vorwurf macht, ohne sich von der Wahrheit zu überzeugen. Hierauf Schluss der Sitzung.

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