Ratsprotokoll vom 12. September 1898

Raths-Protokoll aufgenommen über die am 12. September 1898 um 10 Uhr vormittags abgehaltene außerordentliche Sitzung des Gemeinderathes der l. f. Stadt Steyr zum Zwecke der Beschließung einer Trauerkundgebung anlässlich des Hinscheidens Ihrer k. u. k. apost. Majestät unserer Kaiserin. Gegenwärtig: Der Herr Bürgermeister Johann Redl als Vor¬ sitzender. Der Herr Vicebürgermeister Victor Stigler. Die Herren Gemeinderäthe: Edmund Aelschker, Doctor Franz Angermann, Leopold Anzengruber, Alexander Busek, Heinrich Gupf, Leopold Haller, Karl Heindl, Josef Hiller, Dr. Johann Hochhauser, Josef Huber, Anton Jäger von Waldau, Leopold Köstler, Franz Lang, Matthias Perz, Dr. August Redtenbacher, Ferdinand Reitter, Otto Schönauer, Gotthard Sonn¬ leitner, Franz Tomitz, Karl Wöll. Der Herr Bürgermeister constatiert die Beschluss¬ fähigkeit des Gemeinderathes und bestimmt die Herren Gemeinderäthe Anton Jäger von Waldau und Franz Lang zu Verificatoren dieses Protokolles. Hierauf hält der Herr Vorsitzende folgende An¬ sprache: „Meine Herren! Die Kunde von dem gräss¬ lichen und empörenden Verbrechen, welchem Ihre Majestät unsere Kaiserin zum Opfer gefallen ist, hat die Bewohner unserer Stadt zugleich mit allen Völkern des Kaiserstaates in die tiefste Trauer ver¬ setzt. Unglaublich musste uns die Unheilsbotschaft dünken, weil Ihre Majestät nur durch Werke der Güte und Barmherzigkeit mit der Welt in Be¬ rührung getreten ist, und weil sie niemals den zugleich bescheidensten und edelsten Wirkungskreis der Frau überschritten hat. „Und doch hat gerade die, um derenwillen keine Menschenseele je Kummer oder Leid erlitten, der Dolch verruchter Mörderhand getroffen. „Fassungslos und verständnislos stehen wir solcher Unthat gegenüber und können kaum Worte finden, unserer tiefen und aufrichtigen Trauer beredten Ausdruck zu geben. „Möge Se. Majestät aus der Hingebung und Treue seiner Völker die Kraft schöpfen, auch diesen Schicksalsschlag zu ertragen, möge er Trost in dem Umstande finden, dass Millionen Herzen seinen tiefen Schmerz theilen und dass das Band, welches Thron und Volk verbindet, durch die Gemeinsamkeit der Trauer nur fester geknüpft werden kann. „Ich bin Ihrer Zustimmung sicher, wenn ich diesen Ausdruck ehrfurchtsvollen Beileides und tiefster Trauer, von welchen die Vertretung der Stadt Steyr und deren gesammte Bewohnerschaft erfüllt ist, Sr. Excellenz dem Herrn Statthalter mit der Bitte zur Kenntnis bringe, ihn an die Stufen des Allerhöchsten Thrones gelangen zu lassen.“ Tief ergriffen stimmt der gesammte Gemeinderath, der die Ansprache stehend angehört hatte, dieser Trauer¬ kundgebung zu, worauf der Herr Bürgermeister die Sitzung für geschlossen erklärte.

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