Ratsprotokoll vom 12. November 1897

4 Gemeinde 2450 fl., Summe ö. W. 35.150 fl 3. Offert der österreichischen Alpinen Montangesellschaf in Wien vom 1. September a. c., eiserne Gitterbrück mit beschotterter Fahrbahn (92.700 Kilogramm, sammt Fracht und Zufuhr) 22.500 fl., wozu noch diverse Herstellungen und Bauten laut beiliegender Kostenübersicht 14.800 fl., rund 37.300 fl. ö. W — 4. Alternativ=Project und Offert derselben Gesellschaft von 9. October a. c., eiserne Gitterbrücke, Fahrbahn mi¬ doxpeltem hölzernen Bohlenbelag, 58.500 Kilogramm, inclusive Fracht und Zufuhr, 14.040 fl., hiezu Bauten und Herstellungen lau beiliegenden Kosterübersicht 15.200 fl., rund ö. W. 29.240 fl. — Die Gesellschaft der vereinigten Wittkowitzer=Prager Eisen¬ Industrie=Werke in Wien haben laut Zuschrift vom 30. Oc tober a. c. über ergangener Einladung wegen Ueberbürdung mit Aufträgen auf eine Offertlegung nicht reflectirt. —Nack eingehenden Informationen und Berathungen und im Ver folge des erstatteten Berichtes in der Gemeinderathssitzung von 13. August a. c. hat sich die Section einstimmig entschlossen, dem löbl. Gemeinderathe die Annahme des Offertes 2 (Systen Melan) vorzuschlagen, u. zw. aus nachfolgenden Gründen Diese Bogenbrücke ist die Combination eines eisernen Bogen¬ trägers mit Gelenken und Beton, welche bei einer Spannweite von 40 Metern eine Pfeilhöhe von 2·85 Metern, eine Breite vor 6 Metern hat, und deren Rampenerhöhung in der Widerlager flucht nur einen Meter über die Hochwassermarke vom 31. Juli c. beansprucht, was gegenüber dem Offerte System Monier, welches bei einer Lichtweite von 39 Metern eine Pfeilhöhe von 4·10 Metern hat und eine Rampenerhöhung von zwei Metern über die letzte Hochwassermarke verlangt, in Ansehung der Ortsverhältnisse sehr in die Wagschale fällt. Die Widerlager der Melanbrücke liegen weit zurück von dem Fluss¬ ufer, kommen unter keinen Umständen in Berührung mit dem Flussgerinne und sind daher umsoweniger der Gefahr einer Be schädigung ausgesetzt, als der bisherige steinerne Uferschutzbau verbleiben wird. Der pauschalierte Kostenvoranschlag dieser Brücke ist mit Ausnahme des Alternativ=Offertes für eine eisern Gitterbrücke, welche aber ihrer leichteren Construction und ihre kostspieligen und stets erneuerungsbedürftigen Bohlenbelages halbe sich nicht empfiehlt, geringer, als die Kostensummen der anderen Offerte, und hat außerdem den Vorzug, dass er laut der schrift lichen Zusicherung der offerierenden Firma nicht über¬ chritten, sondern eher geringer werden wird. Das System Melan hat den Vorzug einer großen Stabilität und Dauer haftigkeit, die Brücke bedarf keiner nennenswerten Reparaturen deren Fahrbahn kann mit Steinwürfeln gepflastert oder maca¬ damisiert werden, die Dauer ihrer Eisenconstruction ist durch den vollständigen Abschluss der Atmosphärilien eine außerordent liche, während bei den Eisengitterbrücken die Erhaltungsspeser nicht unbedeutend sind, — Gründe, welche zusammen genomme nahelegen, in diesem Falle einer massiven Bogenbrücke des bezeichneten Systems den Vorzug zu geben. In Erwägung aller dieser Umstände, in wohlbedachter Erwägung ferner, dass di Kosten dieses Brückenbaues in Ansehung der sonstigen am Ge meinde=Eigenthume geschehenen Hochwasserschäden und der der maligen finanziellen Lage der Gemeinde, wenn auch mit großen Opfern, aber doch ohne Aufnahme eines Darlehens für diesen Zweck aufbringbar sein werden, stellt die Section folgende Anträge Bevor er jedoch die Anträge der Section verlese müsse er noch folgendes bemerken: Die Section habe bezüglick des Systems Melan bei verschiedenen Factoren Erkundigungen eingezogen und überall ein günstiges Urtheil über dasselb gehört. Es wurde bezüglich der Tragfähigheit, Dauerhaftigkeil und bezüglich sonstiger Vortheile gegenüber anderen Brücker mit Staatstechnikern gesprochen und auch von diesen wie auch von Professor Musil wurde das System Melan auf das wärmste empfohlen. Es ist auch bekannt, dass die württemberg'sche Regierung eine solche Brücke über die Donau baute und dase dieses System in Amerika bereits in vielen Fällen zur An. wendung gekommen ist, und dass die Erfahrungen, die damit ge macht worden sind, stets günstige waren. Das System Mela ist einer Eisenconstructionsbrücke auch deshalb vorzuziehen, wei diese Brücken keiner Reparatur bedürfen und mit der Zeit ein Di Festigkeit erlangen, als ob sie ganz aus Stein wären Widerlager der Melanbrücke kommen mit dem Flusse nicht in Berührung und können infolgedessen auch nicht unterwascher werden. Weiters komme noch in Erwägung, dass die eiserner Brücken nicht ewig dauern und durch nothwendige Anstricht fortwährend Auslagen verursachen, welche Erfahrung die Ge¬ meinde Steyr bereits gemacht habe, da sie doch für den An¬ strich der eisernen Brücken 3000 fl. ausgegeben und für diese Brücken vielleicht noch mehr ausgeben muss, denn wenn auch das Stöckelpflaster bei den eisernen Brücken gut und dauerhaft ist, wird doch eine Zeit kommen, wo dasselbe mit großen Koster ersetzt werden muss. Die Südbahngesellschaft geht schon daran, nach und nach ihre schadhaften Eisengitterbrücken durch Beton brücken zu ersetzen. Besonders vortheilhaft in finanzieller Be ziehung erweise sich der Bau dieser Brücken auch deshalb wei bei einer Eisenconstruction die Preisansätze nur approximativ sein können, stets eine Ueberschreitung des Voranschlages mit sick bringen, weil eine 36ige Gewichtsüberschreitung angenommen werden muss, wobei diese Toleranz in den meisten Fällen soga überschritten wird. Bei dem in Frage kommenden Offerte de Firma Pittel & Brausewetter ist eine Ueberschreitung des Kostenvoranschlages ausgeschlossen, da für die erforderlichen Nebenarbeiten bereits ein Höchstpauschale angenommen wurde. Aus diesen Gründen erlaubt sich die Section folgende Anträge zu stellen „I. Der löbliche Gemeinderath wolle die Herstellung de sogenaumten Schwimmschulbrücke über die reiche Steyr auf Grund des Offertes der Firma Pittel und Brausewetter in Wien vom 24. und 30. October 1897 nach dem Systeme Melan beschließen und den Pauschalbetrag von 35.150 fl. zu diesem Zwecke bewilligen; derselbe wolle ferner: 2. zustimmen dass der Bau dieser Brücke, deren Vollendung circa in Monate Mai des nächsten Jahres von den Offerenten in Aus¬ sicht gestellt ist, im Monate März 1898 begonnen wird 3. die Bausection unter Zuziehung des Herrn städtischen Ober¬ ingenieurs mit der Vereinbarung des Vertrages zwischen der Gemeinde und der offerierenden Firma und der Obsorge über die Einhaltung desselben betrauen und zu den nothwendigen Unterhandlungen mit der anrainenden Oesterreichischen Waffen fabriks=Gesellschaft ermächtigen, und endlich 4. gegenüber den übrigen Offerenten für ihre Mühewaltung den verbindlichen Dank zum Ausdrucke bringen. Hiezu bemerkt der Herr Referent noch: Man stehe aller dings vor etwas neuem, doch dürfe man deshalb nicht zurück chrecken. Die Bausection habe in dieser Brückenfrage bis ins kleinste Detail Erkundigungen eingeholt und das Urtheil der Sachverständigen ist, wie er bereits ausgeführt habe, ein gün¬ stiges. Da der Erfinder dieses Systems ein angesehener Ge¬ lehrter, Professor an der technischen Hochschule in Brünn ist und der Ausspruch vieler Techniker über Betonbrücken überein stimmend ein vertrauenerweckender ist, so glaubt die Section das Offert der Firma Pittel & Brausewetter zur Annahme empfehlen zu könner Herr Gemeinderath Dr. Hochhauser frägt, ob bereits eine Betonbrücke nach System Melan in Oesterreich erbaut wor den ist, welche Anfrage der Herr Referent dahin beantwortet, dass in dieser Richtung Erkundigungen nicht eingezogen wurden. Herr Gemeinderath Schönauer ist der Ansicht, dass da¬ durch, dass die Bogen dieser Brücke bei Hochwasser unter das Inundations=Niveau falle eine Erhöhung des Dammes in Eysnfeld nothwendig wird, wodurch eine Stauung des Wassers eintreten und die Ueberschwemmungsgefahr für diesen Stadt¬ theil vergrößert werde Herr Vicebürgermeister Stigler erwidert, dasselbe würd auch bei einer eisernen Brücke der Fall sein. Eine Ueberflutung des Dammes sei keineswegs gefährlich, weil ja das Wasser in den Straßen ruhig stehen bleibe; gefährlich wäre nur ein Durch bruch des Dammes. Dass an eine Erhöhung des Dammes ge dacht werden müsse, sei klar. Herr Gemeinderath Dr. Hochhauser bemerkt, die Bau¬ section habe mit anerkennenswerter Gründlichkeit und Fleiß die Brückenangelegenheit studiert und der Vortrag des Herrr Vicebürgermeisters war sehr interessant. Er stehe Neuerungen nicht im Wege und freue sich, wenn der Gemeinderath sich zu einem neuen Brückensystem entschließe. Er habe nur das Be¬ denken, dass keiner der Herren Gemeinderäthe eine solche Brück gesehen und dass man in Oesterreich noch keine solche Brücken gebaut habe, wenigstens hievon nichts bekannt sei. Er beantrage da her, dass zwei Herren von der Bausection nach Württember reisen, die dort bereits bestehende Brücke besichtigen und Er¬ kundigungen einholen, welche Erfahrungen mit diesem Brücken ystem dort gemacht wurden. Stigler erwidert, dieser Antrag Herr Vicebürgermeister habe seine Berechtigung, aber die Entsendung zweier Mitgliede der Bausection nach Württemberg halte er für zwecklos, wei sich unter ihr kein Fachmann befinde. Die Mitglieder der Bau ection haben die in Württemberg erbaute Brücke in Photo¬ graphie gesehen und eine Besichtigung in natura würde auch nicht von demErfolge sein, um ein maßgebendes Urtheil ab geben zu können Wenn der Antrag des Herrn Dr. Hochhauser angenommer würde so müssten nach seiner Meinung zwei Brückenbautech¬ niker die Reise unternehmen. Man könnte sich aber auch an die württemberg'sche Regierung wenden und von derselben Aus kunft in dieser Sache erbitten. Für die Bausection ist es ja eine Beruhigung, wenn ihr von anderer Seite die Verantwortung erleichtert wird, doch müsse er zu erwägen geben, dass die Firme Pittel & Brausewetter noch bis Mitte November die Ertheilung des Auftrages zum Brückenbau erwarte, weil dieselbe die eisernen Bogen schon jetzt bestellen muss, um im Monate März mit dem Baue beginnen zu können Herr Gemeinderath Dr. Hochhauser bemerkt, er habe nur Bedenken, weil dieses Brückensystem in Oesterreich nirgends vertreten sei. Diese Brücke könne möglicherweise alle Vortheile haben, die der Herr Referent beleuchtet hat, aber eine Gewiss¬ heit habe man darüber nicht. Dass zur Besichtigung gerad Brückenbautechniker nothwendig sind, glaube er nicht, übrigens könnten sich ja die Mitglieder der Bausection den städtischen Oberingenieur als Beirath mitnehmen Herr Gemeinderath Perz schließt sich den Ausführungen des K errn Gemeinderaths Dr. Hochhauser an Herr Vicebürgermeister Stigler bekont, dass die Firma Pittel & Brausewetter erklärt hat, das Maß der Belastungs probe der Gemeinde Steyr anheimzustellen, und es sei ihr auck gleich, ob die Brücke einseitig oder vertheilt belastet werde, wenn hiefür gezahlt werde. Auch übernehme die Firma eine fünf¬ jährige Garantie und hafte hiefür mit einer 10%/6igen Caution des Gesammtkostenbetrages. Hiedurch glaube er die vorgebrachter

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