2 Der Herr Antragsteller verliest folgende Resolution: „Die Abgeordneten Ebenhoch und Genossen haben in der 9. Sitzung des Abgeordnetenhauses am 4. Mai l. I. einen Antrag auf Abänderung des Volkschulgesetzes eingebracht, welcher die wichtig sten Verfügungen über die Volksschule der Staatsgewalt abzu¬ nehmen und den Landtagen zu übertragen beabsichtigt. Die letzte Session des oberösterreichischen Landtages hat gezeigt, dass die clericale Majorität desselben die Volksschule vollständig unter die Botmäßigkeit der kirchlichen Behörden zu bringen und der Lehrplan nach den rückschrittlichen Principien der clericalen Partei umzugestalten bestrebt ist. Der Gemeinderath der landes ürstlichen Stadt Steyr, welcher für die Volksschule von jehen die größten Opfer gebracht hat, ist der festen Ueberzeugung, dass der Antrag Ebenhoch die freiheitliche Volksschule aufheben und den österreichischen Volke, und insbesondere dem oberösterreichischen chwere und nationale Schäden zufügen muss undspricht jenen Abgeordneten, welche denselben eingebracht haben, seine Miss¬ billigung aus. Der Gemeinderath der landesfürstl. Stadt Steyn erwartet daher von allen fortschrittlichen Parteien, dass sie mit den schärfsten parlamentarischen Mitteln gegen diesen Antrag Stellung nehmen, und dessen Annahme verhindern werden. Herr Gemeinderath Lintl ist der Ansicht,dass die Ge meindestube nicht zu politischen Zwecken da ist. Mit den vom Herrn Gemeinderath Dr. Redtenbacher gestellten zweiten Dring lichkeitsantrag greife der Gemeinderath in das politische Leber ein, wodurch aber die Bedürfnisse der Bürgerschaft nicht befriedigt und der Gemeindehaushalt nicht gefördert werden. Der zweite Antrag sei einschneidend, gehe seine Gesinnungsgenossen an und könne er selbstverständlich nicht dafür stimmen, dass diesen Ab¬ geordneten die Missbilligung ausgesprochen werde. Er müsse constatieren, dass es unwahr ist, dass seine Partei dem Rück schritte huldigt. Was die gegnerische Partei Rückschritt nennt sei nur der Glaube, den seine Partei noch habe, und dass sic diesen Glauben auch für die Jugend erhalten will. Er erinner an die Worte des Dr. Edlbacher in Linz, welcher sagte: Ein Staat kann ohne Religion nicht bestehen, und wenn er besteht so muss er zugrunde gehen. Diese Worte werde er unterschreiben. Herr Vicebürgermeister Stigler erwidert: So gut de Herr Gemeinderath Lintl auf seinem Standpunkt steht, so gut tehen wir auf unserem Standpunkt. Es ist mir nicht bekannt, dass in der vorgeschlagenen Resolution auch nur mit einem Worte von der Religion die Rede wäre. Es ist eine alte Ge schichte, dass, wenn die fortschrittliche Partei ihre Schule in Schutz nimmt, von der gegnerischen Seite gesagt wird, es bedeut einen Angriff auf die Religion, die Religion werde untergraber der Glaube werde erschüttert. Wer sich mit Schulangelegenheiten befasst, muss zugeben, dass das Reichsvolksschulgesetz in aus¬ giebiger Weise für den Religionsunterricht in den Schulen sorgt Es kann nicht gesagt werden, dass der Religionsunterricht ver nachlässigt wird, im Gegentheil wird mehr gesorgt dafür als emals, aber Angriffe auf das Reichsvolksschulgesetz müssen von der fortschrittlichen Partei abzuwehren versucht werden, schor darum, um nicht ihre Grundsätze zu verleugnen und aufzugeben. Der große politische Kampf in Oesterreich dreht sich hauptsächlic um die Schule. Jeder Angriff auf das Reichsvolksschulgesetz erweckt einen lauten Ruf in allen Kreisen, welche fortschrittlich gesinnt sind, welche einer freisinnigen Richtung angehören; sogar aus den gemäßigten Vertretungskörpern im Herrenhause haben sich Leute gefunden, welche gegen die Angriffe auf das Reichs volksschulgesetz Stellung genommen haben, und ich hoffe, dass es auch diesmal geschehen wird. Ich für meine Person glaube dass der Gemeinderath berechtigt ist, seine Meinung in einer Sache abzugeben, die tief einschneidet in die Interessen des Landes Oberösterreich. Man beabsichtigt eine Aenderung der Schule, doch scheint man zu wissen, dass eine Abänderung des Reichsvolksschulgesetzes nicht durchführbar ist, und so will man um doch einen Angriff auf die Schule mit Erfolg machen zu können, die Schule in die Autonomie der einzelnen Kronländer übergeben, wodurch bezweckt wird, dass zum mindesten in den Alpenländern die Schule im Sinne der clericalen Abgeordneten und der clericalen Landtage eingerichtet wird. Das ist meine Ansicht und deshalb werde ich für die Annahme der Resolution stimmen, obwohl ich im redactionellen Sinne mit derselben nicht einverstanden bin Bei der Abstimmung wird die Resolution mit allen gegen drei Stimmen angenommen Der Herr Stadtsecretär erstattet nun folgende Mit theilungen a) Seine k. u. k. apost. Majestät haben mit Allerhöchster Entschließung vom 8. April 1897 dem vom hohen oberösterreichischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurfe, betreffend die Einhebung einer Umlage von 80 kr. von jedem Hektoliter in der Stadt gemeinde Steyr verbrauchten Bieres während der nächster fünf Jahre die Allerhöchste Sanction allergnädigst zu ertheiler — geruht Zur Kenntnis. — Z. 10.044 b) Das städtische Casseamt erstattet die Anzeige, dass die Rechnungs=Abschlüsse der Stadtcasse, sowie sämmtlicher unter abgesonderter städtischer Verwaltung stehenden Fonde und Anstalten für das Solarjahr 1896 vom 8. Mai 1897 ab durc 14 Tage im Stadtcasseamte zur öffentlichen Einsicht aufliegen. Zur Kenntnis Z. 10.871 Der erste oberösterreichische Hilfsbeamten=Unterstützungs¬ Verein in Linz dankt für den Beitrag von 10 fl Zur Kenntnis Z. 9194 d) Der k. k. Stadtschulrath Steyr theilt mit, dass der hohe k. k. Landesschulrath in Erledigung des Jahreshauptberichtes über das Volksschulwesen pro Schuljahr 1895 96 mit dem Erlasse vom 24. Februar l. J., Z. 369, über die von der Gemeinde vertretung ausgegangenen Wohlthätigkeitsacte, zugunsten der ärmeren Schuljugend, die Anerkennung ausgesprochen hat —Z. 8864 Zur Kenntnis Die hohe k. k. Statthalterei Linz hat mit Entscheidung e) vom 21. April d. J., Z. 6112 Il, den Recurs des Bürgervereines in Steyr gegen die Entscheidung des Gemeinderathes Steyr über den vom Bürgervereine gegen die Gemeinderathswahlen in I. Wahlkörper eingebrachten Protest als unstatthaft zurückgewiesen da über die Giltigkeit der Wahlen der Gemeinderath endgiltig — entscheide Z. 10.078 zur Kenntnis f) Herr Dr. Franz Angermann theilt mit, dass der Procese der Stadtgemeinde Steyr gegen die gesetzlichen Erben nach Cäcilie Schiefermayr von Seite des Obersten Gerichtshofes in Wien vollkommen zugunsten der Stadtgemeinde Steyr entschie 10.900. — den worden ist. Zur Kenntnis. 3 Hierauf Erledigung der Tagesordnung I. Section. Referent: Sectionsobmann Herr Gemeinde rath Anton v. Jäger. Die Punkte 1 und 2 werden vertraulick behandelt. — 3. Liegt vor der Recurs der Eheleute Franz und Marie Nagenkögl, Inwohner in Steyr, gegen den Beschluse des städtischen Armenrathes wegen verweigertem Unterstand. Die Section beantragt, diesem Recurse dahin Folg zu geben, dass diesen Eheleuten eine Wohnung im Schnallenthor¬ — Z. 9923. gebäude bewilligt werde. — Einstimmig angenommen. 4. Liegt folgender Amtsbericht vor: „Nach § 6 de Ministerial=Verordnung vom 18. März 1891, R.=G.=Bl. Nr. 35, haben bei der Pferdeclassification zwei womöglich zu der Pferdebesitzern gehörige, durch die Gemeinde=Vertretung aus ihrer Mitte zu wählende Mitglieder in die Pferdeclassifications Commission einzutreten. Da laut des Erlasses der hohen k. k. Statthalterei Linz, ddo. 12. April 1897, Z. 5876 IV, die Pferdeclassisication im Stadtgebiete Steyr am 1. Juni 1897 stattzufinden hat, so sind für die besagte Commission zwei Mitglieder des löblichen Gemeinderathes zu bestimmen, wesweger dieser Bericht ergebenst vorgelegt wird. Steyr, 26. April 1897. Der Stadtsecretär: Gall.“ Commissionsmitgliedern die Die Section beantragt, zu Herren Josef Tureck und Anton v. Jäger zu bestimmen Einstimmig angenommen. — Z. 10.190 5. In die Militärtaxbemessungs=Commission werden übe Antrag der Section die Herren Jakob Kautsch und Leopold Hube — gewählt Z. 10.619 6. Die Hausbesitzer Otto Payrleithner und Franz Grobstein in der Fabriksstraße ersuchen um Aufhebung nachstehender, au den Häusern Nr. 7 und 9 haftenden Reallast: „Die Besitzer dieses Objectes sind vermöge Baugesuchserledigung vom 25. Septem ber 1842, Z. 7732, verpflichtet, bei jedesmalig vorkommenden Bau=Reparaturen in dem unter der Wagen=Remise und dem Gartengrund bis zum Mühlbache hinziehenden öffentlichen Cana die Aushebung und Aufbrechung der denselben bedeckenden Erd¬ und Schuttmauer in der ganzen Länge des den Besitzern gegen¬ wärtig eigenthümlich gehörigen Grundes, sowie auch in der zu Reparatur=Vornahme erforderlichen Breite unweigerlich und au deren Kosten vorzunehmen und nach geschehener Herstellung die Ueberdeckung des Canales mit Erde und Schutt wieder zu bewerkstelligen, vermöge gerichtlicher Bewilligung vom 8. Octo ber 1842 als Reallast einverleibt. Ansuchen der Die Section beantragt: Vorliegendes Herren Payrleithner und Grobstein kann die Section dem löblichen Gemeinderathe zur Willfahrung nicht empfehlen Einstimmig angenommen—Z. 5891 Entwurf folgender 7. Der Herr Referent verliestden Kundmachung: „Die sich in neuerer Zeit mehrenden Klagen dass die für Fußgänger bestimmten Trottoirs und Gehwege auch mit Hand= und Schiebkarren, mit Milchwägen, mit Zwei rädern und sogar mit Lastwägen befahren werden, haben der Gemeinderath der Stadt Steyr zu dem in der Sitzung von 7. Mai 1897 gefassten Beschlusse bestimmt, das Befahren sämmtlicher Trottoirs und Gehwege im Stadtgebiete mit oben angeführten Wägen zu verbieten und gegen die Nichtbefolgung dieser Vorschrift eine Geldstrafe bis 100 fl., beziehungsweise ein Arreststrafe bis zu 20 Tagen anzudrohen. Dieses Verbot wirk unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 56 des Gemeinde Statutes der Stadt Steyr zur allgemeinen Kenntnis gebracht Stadtgemeinde = Vorstehung Steyr am 7. Mai 1897. Der Bürgermeister. der löbliche Gemeinderatl Die Section beantragt, wolle die Publicierung dieser Verbotskundmachung bezüglich Befahrens der Gehwege beschließen Nach kurzer Debatte, in welcher Herr Vicebürgermeiste Stigler dafür eintritt, dass die Kinderwägen von diesem Verbote ausgeschlossen werden, wird der Sectionsantrag einstimmig angenommen Herr Gemeinderath Kautsch bemerkt, dass die von der Bahn zurückkehrenden Omnibusse und namentlich der Postwagen oft in einem so schnellen Tempo in die Stadt einfahren, dass Unglücksfälle zu befürchten sind, und war er kürzlich Augenzeuge dass durch dieses Schnellfahren ein Pferd scheute. Er möchte den Herrn Bürgermeister ersuchen, zu veranlassen, dass an Donnerstagen, wo der Verkehr ein reger ist, der Postwagen nicht durch die Enge, sondern über die Ennsleithe seinen Weg nehme.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2