Ratsprotokoll vom 12. Februar 1897

4 „Nach dieser Anschauung liegt hier ein Fall vor, auf welchen keiner der im Gesetze vom 29. Juli 1871 für die Steuervorschreibun aufgestellten Grundsätze direct anwendbar ist. — Nicht die Rege des alinea 1 des § 1, weil dieser Absatz das Bestehen nur eines an einem bestimmten Standorte befindlichen Fabriksgebäudes zur Voraussetzung hat, während die Unternehmung der Waffenfabriks¬ Gesellschaft in mehreren in drei verschiedenen Gemeinden gelegenen Gebäuden ausgeübt wird, nicht die Bestimmungen der Absätze 2 und 3 des § 1, weil im vorliegenden Falle nur eine einheitliche Unter nehmung mit mehreren Betriebsstatten vorhanden ist, welche au — In Ermanalung einer in verschiedene Orte vertheilt sind Gesetze vom 29. Juli 1871 vorgesehenen ausdrücklichen Norm für den gegenwärtigen, zweifellos nach diesem Gesetze zu beurtheilenden Fall musste somit der Verwaltungsgerichtshof die dem Gesetze zu Grunde liegende, aus dessen Gesammtinhalte und aus der Ge¬ nesis desselben hervorleuchtende Absicht des Gesetzgebers in Betracht — Diese Absicht war unverkennbar eine zweifache. Zunächst ziehen. sollte den Gemeinden, in deren Gebiete eine Fabrik, ein Bergwerk der eine ähnliche größere, an einen bestimmten Standort gebunden Unternehmung betrieben wird, dodurch, dass die dem Umfange dieses örtlichen Geschäftsbetriebes entsprechende Quote der Erwerb= un Einkommensteuer ebendort vorgeschrieben und eingehoben wird, die Möglichkeit der Einhebung von Gemeindezuschlägen und dadurch die Vergütung jener Mehrauslagen gewährt werden, welche für den Gemeindehaushalt durch die vermehrten Bedürfnisse für Schulwesen, Polizeiaufsicht, Armenversorgung u. s. w. aus Anlass des Zu strömens einer größeren Anzahl von Arbeitern und ihrer Familien erwachsen (§ 1 alinea 1 und § 2 des Gesetzes). Anderseits aber soll die Bemessung der Steuer für die ganze einheitliche Unter nehmung, mag sie auch an verschiedenen Orten betrieben werden eine einheitliche sein, wie dies ja namentlich bezüglich de Einkommensteuer schon nach der Natur dieser Steuer geforder wird. (§ 1 alinea 2 und § 2.) „Der Verwaltungsgerichtshof gelangte daher in dem vor liegenden Falle zu der Rechtsanschauung, dass für die im Gebiet mehrerer Gemeinden betriebene, sich als eine einheitliche dar¬ stellende Unternehmung der österreichischen Waffenfabriks=Gesellschaf die Besteuerungs=Grundlage bezüglich aller Betriebsstätten vereint zu ermitteln ist, dass jedoch die auf dieser Grundlage ermittelt Steuer, nach Abzug der für den Sitz der Gesellschaft entfallenden 20 percentigen Quote, mit der auf jede Betriebsstätte nach Maß ihrer Mitwirkung zum Gesammtertrage der einheitlichen Unternehmung entfallende Quote in den einzelnen in Frage kommenden Gemeinden vorzuschreiben und einzuheben ist. „Da die angefochtene Entscheidung dieser Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes nicht entspricht, musste dieselbe gemäß § 7 des Gesetzes vom 22. October 1875, R.=G.=Bl. Nr. 36 ex 1876 aufgehoben werden. —Wien, am 17. September 1896. C Das Vergleichs=Protokoll, welches lautet: „Protokoll ddo 7. December 1896, aufgenommen bei der k. k. Bezirkshauptmannschaft Steyr zufolge Erlasses der k. k. Finanz=Direction Linz vom 6. No¬ vember 1896, Z. 15.204/II., betreffend die Ermittlung eines Theilungs¬ chlüssels für die Zuweisung der Waffenfabriks=Steuertangenten an die Gemeinden Garsten, Sierning und Steyr, sowie Feststellung des Zeitpunktes, von welchem an nach demselben vorzugehen ist. — Ein¬ geladen erschienen die Herren: Dr. Johann Hochhauser, Advoca und Vicepräsident der österr. Waffenfabriks=Gesellschaft als Ver¬ treter derselben; Johann Redl, Bürgermeister der Stadt Steyr; Franz Gall, Stadtsecretär von Steyr: Josef Schweinschwaller Bürgermeister von Garsten; Josef Reder, Gemeinderath von Garsten Karl Wiesner, Gemeindevorsteher von Sierning; Josef Wittmann, Gemeinderath von Sierning; außerdem Herr Dr. Josef Wolf Hof= und Gerichtsadvocat in Linz, als Rechtsfreund der Gemeinde vorstehung Garsten. — Bezüglich der Auffindung eines Schlüssels, nach welchem die der Waffenfabrik vorgeschriebene Steuer den ein¬ zelnen interessierten Gemeinden für die Zukunft zur Umlagen bemessung zugewiesen werden soll, konnte mit Rücksicht auf das Fehlen der dazu nothwendigen Erhebungen eine Einigung nich erzielt werden. Um denselben festzustellen, wird die österreichische Waffenfabriks=Gesellschaft ersucht, den Interessenten 1. den Inven¬ turswert der Werke in Steyr und Letten; 2. das Verhältnis der Arbeiterzahl in beiden Etablissements im monatlichen Durchschnitte 3. das Verhältnis der Arbeitslöhne und 4. den Wert der in beiden Etablissements erzeugten Waren für das Steuerjahr 1896 bekann zu geben. Nach Vorlage dieser Erhebungen würden die Interessenten zu einer neuerlichen Berathung zusammentreten. „Für die vergangenen Jahre, nämlich vom Jahre 1892 an bis zum Jahre 1895 inclusiver, wurde als Maßstab für die Berechnung der auf das Werk in Letten entfallenden Steuerquote angenommen dass in Letten der zehnte Theil der Gesammt=Arbeiterschaft der Waffenfabrik beschäftigt sei und dies als Grundlage für nach stehenden Vergleich genommen: Die Stadtgemeinde Steyr bezahl an die betheiligten Gemeinden Garsten und Sierning für obige vier Jahre die Pauschal=Abfindungssumme von 22.000 fl. — Davon verpflichtet sich die Gemeinde Garsten an die Gemeinde Sierning als Pauschal=Abfindung für die Jahre 1894 und 1895 den Betrag von 2000 fl. (da diese Gemeinde für das Jahr 1893 unmittelbar von der Waffenfabrik befriedigt worden ist) auszubezahlen. — Dieser Vergleich muss selbstverständlich von dem Gemeinderathe der Stad Steyr und den Gemeindeausschüssen von Garsten und Siernin enehmigt werden und gilt nur vorbehaltlich dieser Genehmigung Herr Dr. Hochhauser macht die Zusage, dass die oben angeführten Erhebungen durch die Waffenfabrik gepflogen und vorgelegt werden. Der Vertreter der Stadtgemeinde Steyr bittet um eine Abschrift des Protokolles, ebenso die Vertreter der Gemeinden Garsten und Sierning Nachdem niemand mehr etwas vorzubringen hatte, wurde das Protokoll nach Verlesung geschlossen und gefertigt. — Schmidt m. p. Auer m. p., Dr. Hochhauser m. p., Johann Redl m. p., Josef Schweinschwaller m. p., Karl Wieser m. p., Josef Reder m. p Josef Wittmann m. p., Dr. Josef Wolf m. p., Franz Gall m. p. Die Section stellt hiezu folgenden Antrag: Der löblich Gemeinderath wolle dem im Protokolle vom 7. December 1896 getroffenen Ausgleich, nach welchem von der Gemeinde Steyr an die Gemeinden Garsten und Sierning der Betrag von 22.000 fl als Ausgleich für die vom Jahre 1892—1895 zu leistende Pauschal¬ Abfindungsquote zu zahlen ist, seine Zustimmung geben und bewilligen den hiezu nöthigen Betrag der außerordentlichen Reserve zu ent¬ nehmen.“ Herr Gemeinderath Erb bemerkt, er stimme selbstverständlich dem Sectionsantrage zu, doch möchte er gerne wissen, nach welchem Schlüssel künftighin die Umlagen vertheilt werden Herr Gemeinderath Dr. Hochhauser erwidert, ein so¬ genannter Umlage=Vertheilungs=Schlüssel bestehe gesetzlich nicht Es werde sich schwerlich ein bestimmter Schlüssel aufstellen lassen. Maßgebend für die Vertheilung der Umlagen könnte nach seinel Ansicht die Anzahl der Arbeiter, die Summe der Arbeitslöhne un der Wert der erzeugten Ware 2c. in den verschiedenen Betriebsorten sein. Die Umlagen=Vertheilung dürfte daher alljährlich durch ein Commission zu bestimmen sein. Was die Summe anbelangt, die heut die Gemeinde Steyr an die Gemeinden Garsten und Sierning aus¬ zuzahlen habe, so zahle sie dieselbe nicht aus ihrem Säckel, sie habe diesen Betrag im vorhinein empfangen, und gebe nur zurück, wal diesen Gemeinden gebür Hierauf wird der Sectionsantrag einstimmig angenommen — 32.106 3 8. Der k. k. Militär=Veteranen=Reichsbund in Wien ersucht — um einen Beitrag zur Kaiser=Franz=Josef=Jubiläums=Stiftung — Die Section beantragt die Gewährung eines Betrages von 25 fl. Einstimmig angenommen. — Z. 310. 9. Der Verein „Südmark“ in Graz ersucht um eine Unter stützun für das Jahr 1897 Die Section beantragt die Bewilligung eines Betrages von 25fl. Herr Gemeinderath Erb frägt, welchen Beitrag der Deutsch Schulverein bekommt, und stellt über die Mittheilung des Herrn Vicebürgermeisters, dass dieser Verein 50 fl. bekomme, den Antrag auch für den Verein „Südmark“ 50 fl. zu bewilligen, da diese beiden Vereine sich gleichwertig gegenüberstehen. Herr Gemeinderath Schachinger bemerkt, auf der eine Seite oll man spareu, auf der andern wieder viel ausgeben. Das stimme nicht. Er bitte, dem Sectionsantrag zuzustimmen Herr Gemeinderath Erb glaubt, nächstes Jahr könnte der Beitrag für den Deutschen Schulverein per 50 fl. getheilt und dann jedem Vereine 25 fl. zugewiesen werden. Er halte seinen früheren Antrag aufrecht Herr Gemeinderath Liutl schließt sich dem Sectionsantrag an und bemerkt, Steyr sei ohnehin mit vielen Vereinen beglückt man solle zuerst den Localpatriotismus fördern, bevor man für auswärtige Vereine so viel ausgib Bei der Abstimmung wird der Antrag desHerrn Gemeinde¬ rathes Erb mit allen gegen 1 Stimme abgelehnt und hierauf der Sectionsantrag einstimmig angenommen.—Z. 31.092 10. Ernst Karl, Theaterdirector, ersucht um Wiederverleihung des Stadttheaters für die Saison 1897/98 Die Section beantragt, von einer Ausschreibung des Stabt theaters abzusehen, und dasselbe dem Petenten Ernst Karl unte den bisherigen Bedingungen für das Jahr 1897/98 zu verleihen Herr Gemeinderath Tomitz bemerkt, der Herr Theaterdirecto! Karl habe voriges Jahr außerordentlich viel versprochen, aber wenig gehalten. Er ersucht, dass dem Theaterdirector nahegelegt An¬ werde, seinen Versprechungen mehr nachzukommen, welcher schauung sich auch Herr Gemeinderath Schachinger anschließt an Hierauf wird der Sectionsantrag einstimmig genommen. —Z. 4066 11. Ueber das Ansuchen des Franz Lang sen. um Ver¬ längerung des Pachtvertrages bezüglich eines Kellers im Exjesuiten gebaude stellt die Section den Antrag: Dieses Pachtverhältnis welches mit 1. December 1896 abgelaufen war, auf weitere 5 Jahre zu erneuern und den bisherigen Pachtschilling von 25 fl. und die Pachtbedingungen aufrecht zu erhalten. — Einstimmig angenommen. —Z. 32.668 12. Das Stadt=Casseamt berichtet: a Ueber die Biererzeugung, Ein= und Ausfuhr im Jahre 1896 ind über die anzuweisenden Entlohnungen an die Mautner b Ueber den Ertrag der Verbrauchsumlage für die in den Stadtbezirk Steyr im Jahre 1896 eingebrachten gebrannten geistigen Flüssigkeiten und über die für die Ueberwachung be der Einfuhr anzuweisenden Entlohnungen. Die Section beantragt die Kenntnisnahme dieser beider Berichte. — Einstimmig angenommen. — Z. 2048 und 2049 13. Das städtische Casseamt erstattet folgenden Bericht Einnahmen im Monate December 1896 fl. 100.914-59 0 0 „ 0 Casserest vom Vormonate „ 48.241-32½ Gesammt=Einnahmen im Monate December 1896 fl. 149.155 91 1 Ausgaben im Monate December 1896 „ 81.731·96 Casse=Ueberschuss am Jahresschlusse 1896 „ 67.423 95½

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