Ratsprotokoll vom 31. März 1896

Bausection hat sich die Ueberzeugung verschafft, dass das jetzige Project nach den vorliegenden Plänen des Herrn Gürlich nicht nur allen Bedürfnissen und Zwecken, die man im Auge hatte, vollkommen und im ausgiebigsten Maße entspricht, sondern auch der Kosten¬ voranschlag sich innerhalb der Grenzen jener Mittel bewegt, die dem Comité zur Verfügung stehen. Unter Hinweis auf die vorliegenden Pläne erlaube er sich folgendes Referat vorzutragen: „Referat in Angelegenheit der Erbauung einer Kaiser=Franz¬ Josef=Industriehalle in Steyr. Nach langen Unterhandlungen auf Grund theils prämiierter, theils anderer Bauentwürfe und Pläne welche alle daran leiden, dass ihre Ausführung die für diesen Zweck gewidmeten und vorhandenen Geldmittel überschreiten, wurden über Einladung von mehreren Unternehmern neuerdings Projecte vorge¬ legt, und unter diesen dem des Herrn Architekten Anton Gürlich in Wien der Vorzug gegeben. Dieser dem ad hoc berufenen Comité vorliegende Plan entspricht der Bestimmung des Baues sowohl in Bezug auf Größe, Vertheilung und Flächenmaß der Localitäten vollkommen und der approximative Kostenvoranschlag, welchem hierorts übliche Einheitspreise zu Grunde liegen, bleibt vollständig im Rahmen der vorhandenen Geldmittel. Es wurde von dem durch die Bau sectionsmitglieder verstärkten Comité einstimmig beschlossen, dem löbl. Gemeinderathe diesen Bauplan zur Annahme vorzuschlagen. Die vorhandene, beziehungsweise durch Zinsenzuwachs bis Ende des Jahres 1897 erstarkte Summe zur Bestreitung der Kosten der Durch¬ führung des Baues der gedachten Industriehalle, der zur Verlegung eines Theiles des Marktes nöthigen Vorkehrungen, zur Planierung und theilweisen Einfriedung des Karl=Ludwigs=Platzes 2c. beträgt rund 91.000 fl. Die Pauschalsumme auf Grund des approximativen Kostenvor¬ anschlages beträgt 81 000 fl. Das Honorar für den Herrn Architekten nach den Normen des öst. Ingenieur=und Architekten=Vereines Classe III Absatz 3, bei einer Baukostensumma von über 50.000 fl. macht für Leistung der Skizze 0·5%, für Leistung des Entwurfes 1·0%, für Leistung der Arbeitsrisse und Details 1·5%, der Detail=Kosten¬ Voranschläge 0·4%, zusammen 3•4% von der Bausumme, das ist von 81.000 fl. 2754 fl. Als Honorar für die berathende Bau¬ aufsicht und Informationsleistungen in allen nothwendigen oder wünschenswerten Fällen eine Pauschale dem Herrn Architekten 500 fl., pauschalierte Reise=Entschädigung an denselben 500 fl., Planierung des Karl=Ludwig=Platzes, Vorkehrung für die theilweise Verlegung des Marktes und sonstige Nebenarbeiten 5000 fl., Summe der Kosten 89.754 fl. Das Bau=Comité stellt demnach folgende Anträge: Der löbl. Gemeinderath wolle die ehebaldigste Inangriffnahme des Baues der Industriehalle auf dem Karl=Ludwig=Platze auf Grund des vorliegenden Planes des Herrn Architekten Gürlich genehmigen, zu diesem Zwecke die Verwendung der vorhandenen Summe von 91.000 fl. mit dem Vorbehalte bewilligen, dass für jede eventuelle Ueberschreitung dieser Summe die vorherige Genehmigung des Gemeinderathes eingeholt werden muss. Derselbe wolle ferner die Bausection er¬ mächtigen, die bezüglichen Bau= und Lieferungsverträge abzuschließen, die Detailausschreibungen und Vergebungen der Arbeiten zu ver¬ anlassen, sowie dem städtischen Bauamte im Einvernehmen mit der Bausection und unter Zuratheziehung des Herrn Architekten Gürlich die Bauoberleitung übertragen, und endlich den hiesigen Herrn Bau¬ meistern, welche in uneigennütziger Weise Pläne ausgearbeitet haben, den schriftlichen Dank votieren. — Steyr, am 31. März 1896. Der vom Comité bestellte Referent: Victor Stigler. Herr Gemeinderath Erb saat: Er möchte noch auf eines aufmerksam machen, nämlich ob nicht der Gemeinde durch die Indu¬ striehalle später noch bedeutende Kosten erwachsen; die Differenz zwischen der veranschlagten Bausumme und den vorhandenen Mitteln sei klein und für eventuell weitere Bedürfnisse nicht zureichend. Es werde eine innere Einrichtung nothwendig sein, die Industriehalle bedürfe eines Hausmeisters und es werden sich auch verschiedene Reparaturen ergeben, was alles noch bedeutende Auslagen verur¬ sachen dürfte. Er möchte wissen, ob das Comité sich klar geworden ist, wie hoch sich die Herhaltungskosten der Industriehalle belaufen werden. Er hätte sehr gewünscht, dass das Comité sich auch hierüber ausgesprochen hätte. — Herr Vicebürgermeister Stigler erwidert, die Industriehalle müsse gebaut werden, denn die Gemeinde habe die Verpflichtung, die zu diesem Zwecke gewidmete Summe zu ver¬ wenden. Auf die Befürchtungen des Herrn Gemeinderathes Erb mache er die Mittheilung, dass nach der Zusicherung des Architekten Gürlich mit der Bausumme das Auslangen gefunden werde, und sei in dem Kostenanschlage auch die innere Einrichtung der Industrie¬ halle zum größten Theile schon inbegriffen. Die für die Permanente Gewerbeausstellung und historische Ausstellung nothwendigen Möbel¬ stücke seien bereits vorhanden, so dass auch in dieser Richtung keine bedeutende Auslage zu befürchten steht. Was den Hausmeister an¬ belange, so glaube er, dass für eine unentgeltliche Wohnung leicht jemand zu bekommen sein wird, eine separate Hononierung werde wohl nicht platzgreifen. In Bezug auf die Kosten der Herhaltung des Gebäudes seien auch Einnahmen in Aussicht genommen worden. Das Comité habe sich die Sache so vorgestellt, dass der große Saal mit den zwei Nebensälen von Zeit zu Zeit zu verschiedenen Zwecken und namentlich zur Marktzeit vermietet werden, wodurc die Reparaturskosten, die ja erfahrungsgemäß in den nächsten 12 bis 15 Jahren nicht so groß sein können, gedeckt werden können. Nur über einen Punkt sei er sich nicht klar, nämlich ob die Indu¬ striehalle in das Eigenthum der Gemeinde übergehe, oder ob dieselbe seitens der Gemeinde als eine Stiftung zu verwalten sei, was jedenfalls der Rechtssection zur späteren Erwägung vorbehalten sei. Unter allen Umständen habe jedoch die Gemeinde für die Repara¬ turskosten aufzukommen. Herr Gemeinderath Erb bemerkt, das farbenprächtige Bild, welches Herr Vicebürgermeister Stigler soeben entrollte, habe ihn gewissermaßen zufriedengestellt, doch könne er bezüglich des Gemeinde¬ säckels noch nicht ganz beruhigt sein. Man wisse nicht, welche Kosten im Laufe der Zeit für die Industriehalle erwachsen würden, und die Gemeinde habe kein Geld, um sich derartige Auslagen noch erlauben zu können. Dem auszuweichen, gäbe es nur ein Mittel, nämlich einen Fond zu schaffen, welcher die Reparaturskosten decken würde, und würde sich das Comité große Verdienste erwerben, in dieser Richtung Vorsorge zu treffen. — Herr Gemeinderath Kautsch bemerkt, es wäre ein Scandal, diese Sache noch weiter hinauszudehnen, nachdem ja auch darauf hingewiesen wurde, dass die Reparaturkosten durch Vermietung von Localitäten wenigstens annäherungsweise gedeckt werden, und habe die Gemeinde doch auch die Verpflichtung, für die Industriehalle etwas beizutragen. — Herr Vicebürgermeister Stigler bemerkt, der Gedanke, noch einen Fond für die Reparaturskosten zu ermitteln, sei ja erwägenswert, und könnte man ja einen Versuch machen und eventuell nach einigen Jahren wieder an die hiesige Sparcasse heran¬ treten, aber binausgedrängt könne die Sache nicht mehr werden. — Herr Gemeinderath Erb erwidert, von einer Verzögerung der Sache ist ihm keine Idee gekommen, er stehe der ganzen Sache wohlwollend zur Seite. Er wollte nur vor Augen führen, dass die Industriehalle der Gemeinde möglicherweise weitere Kosten verursachen könne; wenn dem nicht so ist, so sei er ja einverstanden. — Herr Gemeinderatt Tomitz begrüßt das Zustandekommen des Baues der Industriehalle und spricht die Ueberzeugung aus, dass die Gewerbetreibenden Steyrs gewiss dem löblichen Gemeinderathe hiefür dankbar sein werden. Er dankt dem Comité und dem Herrn Bürgermeister für die gehabte Mühe. Nach weiterer kurzer Besprechung über die Situierung der Industriehalle, bei welcher Herr Vicebürgermeister Stigler Aufklärung gibt, dass dieselbe auf dem Karl=Ludwigs=Platze vis-à-vis den Park¬ anlagen erbaut wird, bringt der Herr Vorsitzende die Anträge des Ban=Comités zur Abstimmung, und werden dieselben einstimmig angenommen. IV. Section. Referent: Sectionsobmann Herr Gemeinde¬ ratb Ferdinand Reitter. — 10 Die Jahresinteressen aus der Amtmann'schen Dienstboten=Stiftung im Betrage von 37 fl. 60 kr. werden der Bewerberin Marie Watzek verliehen. 11. Die Jahres=Interessen aus der Kaiser=Franz=Josef= und Elisabeth=Stiftung für krüppelhafte Krieger im Betrage von 60 fl. 90 kr werden zu gleichen Theilen an die Bewerber August Bauer und Gotthard Ogris verliehen. 12. Die Jahres=Interessen aus der Ludwig=Werndl'schen Bürgerstiftung im Betrage von 500 fl. werden zu gleichen Theilen den Bewerbern: Therese Angerbauer, Antonia Zeininger, Martin Kutzenberger, Katharina Mitter, Anna Preitler, Anna Dlauhy, Barbara Forsthuber und Susanne Schober verliehen. Nachdem sohin die Tagesordnung erschöpft ist, beantragt der Herr Vorsitzende, dass dem ausscheidenden Herrn Gemeinderathe Dr. Friedrich Höfner der Dank für sein Wirken ausgesprochen wird, welchem Antrage allseits zugestimmt wird. Hierauf Schlufs der Sitzung um 5 Uhr abends.

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