Ratsprotokoll vom 6. März 1896

3. Kail Rauscher, Zweckschmied und Nägelerzeuger in Steyr und Josef Ropelato, Buchhalter und Handelsagent in Steyr, bitten um Verleihung des Bürgerrechtes der Stadt Steyr mit Nachsicht der Taxen. Der Sectionsantrag lautet: Mit Majorität, von 3 gegen 1 Stimme, hat die Rechtssection den Beschluss gefasst, der löbliche Gemeinderath wolle den Gesuchstellern das Bürgerrecht der Stadt Steyn verleihen und denselben die hiefür zu entrichtende Gebür erlassen. Herr Gemeinderath Kautsch bemerkt hiezu, er habe zwar nichts gegen die beantragte Verleihung des Bürgerrechtes, wohl aber gege die Verschenkung der Taxen etwas einzuwenden, bei solchen Leuten die in der Lage sind, dieselben zu bezahlen. Wenn jemand ein In¬ teresse habe, das Bürgerrecht von Steyr zu erlangen, so könne er j an den Gemeinderath herantreten; aber zugleich die Erlassung der Taxe begehren, halte er für ein unbilliges Verlangen, umsomehr nachdem dieselbe nicht hoch ist und allenfalls auch in Raten erlegt werden könne. Er sei für die Erlassung der Bürgerrechttaxe nur in besonders berücksichtigungswerten Fällen, oder wenn sich der Bitt steller Verdienste um die Stadt erworben habe, in welch letzterem Falle eine gewisse Ehrenbürgerrechts=Verleihung platzareife. Herr Gemeinderath Lintl ist mit diesen Ausführungen in Principe einverstanden, doch möchte er, da in dieser Richtung bereits Präcedenzfälle da seien und beide Bittsteller ja unbemittelt sind, fü diesmal noch für die Nachsicht der Taxe eintreten, halte es aben ebenfalls an der Zeit, dass mit der Einhebung di ser Taxe ein gemacht werde Ansang Heir Vicebürgermeister Stigler glaubt, es könnte schon heute mit der Einhebung der Toxe der Anfang gemacht werden, weil sonst wieder ein Präcedenzfall geschaffen werde. Das Bürgerrecht, welches dem Einzelnen viele Vortheile und Rechte in die Hand gebe, so auch das politische Wahlrecht, solle nicht gar so leicht verliehen werden, weil sonst der Andrang rm dasselbe immer größer werde und zu befürchten ist, dass auf diesem Gebiete eine politische Concurren ich geltend machen wird Herr Gemeinderath Anton v. Jäger bemerkt, so viel ihn noch erinnerlich, sei in der Sitzung vom 20. December 1895 die Anregung gemacht worden, das Bürgerrecht nur in besonders berück¬ sichtigungswürdigen Fällen zu verleihen, trotzdem haben aber vo¬ kurzer Zeit zwei Personen das Bürgerrecht toxfrei bekommen, von wel¬ chen er nicht wisse, welche Verdienste sie aufzuweisen hatten. Er sehe nicht ein, warum heute ein anderer Weg eingeschlagen werden soll Herr Vicebürgermeister Stigler bemerkt, die jüngsten Bürger rechtsverleihungen betrafen den Turnlehrer Pichler und den Schuh¬ macher Steinwendtner. Was den ersten anbelange, so müsse er zu Richtigstellung der Bemerkung des Herrn Vorredners bekannt geben dass Herr Pichler sowohl bei der Feuerwehr als auch im Turn¬ verein durch 25 Jahre hervorragend gewirkt habe und somit sich auc Verdienste um das öffentliche Wohl der Stadt erworben habe, was auch Herr Gemeinderath Lang bestätigen könne. Steinwendtner kenn er nicht Herr Gemeinderath Schachinger ist für den Sections antrag, doch solle man in der Folge die Bürgerrechtsverleihung mehr als Ehrensache behandeln. Herr Gemeinderath Löhnert macht auf den Gemeinderaths¬ beschluss aufmerksam, wonach die Rechtssection angewiesen wurde bei den Bürgerrechtsverleihungen rigoroser vorzugehen, da dasselb gleichsam als eine Auszeichnung zu betrachten sei. Nach seinem Dafür halten seien besondere Verdienste, wie solche die Section im Auge behalten sollte, im vorliegenden Falle nicht vorhanden. Was die Erlassung der Taxe anbelange, so müsse genau erwogen werden, ol der Betreffende wirklich arm ist und nicht zahlen kann. Für die Ge währung der vorliegenden Ansuchen könne er daher nicht stimmen. Herr Gemeinderath Kautsch stellt nun den bestimmten An¬ dass in der Folge das Bürgerrecht nur in besonders berück¬ trag, sichtigungswerten Fällen mit Nachsicht der Taxen zu verleihen ist. Dieser Antrag wird vom Herrn Vorsitzenden zur Abstim gebracht und einstimmig angenommen mung Sodann wird der Antrag der Section mit großer Majo¬ angenommet rität 4. Liegt folgender Amtsbericht vor: „Um im Falle einer Ab¬ lehnung oder Verhinderung eines Commissions=Mitgliedes nicht aber¬ mals den Gemeinderath berufen zu müssen, schlage ich vor, für jed Wahlcommission einen Ersatzmann zu bestimmen und zwar: I. Wahl¬ körper: Gottlieb Bruckschweiger. Buchdrucker; II. Wahlkörper: Kar Engl. Geschäftsführer; III. Wahlkörper: August Erb, Bürger. Ar die Stelle des Brandstetter schlage ich den gräfl. Lamberg'schen — Oberförster Cajetan Jonasch vor Steyr, den 2. März 1890. Der Bürgermeister Redl m. p Die Section stellt den Antrag, der löbliche Gemeinderat wolle an Stelle des Herrn Brandstetter den Herrn Cajetan Jonasch als Commissionsmitglied im II. Wahlkörper ernennen, und die im vorliegenden Amtsberichte vorgeschlagenen Herren als Ersatzmänner — für die drei Wahlcommissionen genehmigen. Einstimmig ange¬ nommen. — Z. 4568. II. Section. Referent: Herr Sectionsobmann und Ge¬ meinderath Josef Tureck — 5. Das städt. Cassenamt berichtet über die Geldgebarung bei der Stadtcasse im Monate Jänner 1896 wie folgt Einnahmen im Monate Jänner fl. 54 33505½ Ausgaben im Monate Jänner „ 45.452·99 Cassarest für den Monat Februa# fl. 8882·06½ Jönner 1896 Stadtcassa=Amt Steyr, 31. Paarfußer m. p., Hauptcassier. Jandaurek m. p., Controlor. Das Cass=Journal wurde durch die Herren Gemeinderäth Zur — Schachinger und Tureck geprüft und richtig befunden. — Z. 4750 Kenntnis. 6. Um die Verleihung des Stadttheaters pro 1896,97 sind 3 Bewerber eingeschritten, nämlich der gegenwärtige Theaterdirecto Adolf Rosée, Ernst Karl, Kapellmeister und Schauspieler, derzeit in Dresden, und Ottokar Payer, Theaterdirector, derzeit in Wien. Der Sectionsantrag lautet: „Ueber die Ausschreibung des Stadttheaters in Steyr für das Jahr 1896/97 sind 3 Offerte eingelaufen wovon jenes des Theaterdirectors Rosée nicht berücksichtigt werden kann, weil dasselbe nach dem Ausschreibungs=Termine eingelangt ist Somit beantragt die Section, dem Offeraten Ernst Karl au¬ Dresden das Staditheater für die Saison 1896/97 unter den bis herigen Pachtbedingungen und gegen eine Suboention von monatlich 150 fl. zu verleihen. Herr Gemeinderath Löhnert ist der Ansicht, dass, wenn in der Ausschreibung nicht ausdrücklich betont worden sei, dass ver¬ spätet eingelangte Offerte nicht mehr berücksichtigt werden, es nicht ausgeschlossen ist, dass auf das Offert des Herrn Rosée Bedacht genommen werden könnte Herr Gemeinderath Dr. Kurz glaubt, dass es dem Gemeinde¬ rathe in jedem Falle freisteht, das Offert des Herrn Rosée zu berück¬ sichtigen oder eine neue Ausschreibung zu veranlassen. Nachdem Herr Rosée für das Theater thatsächlich viel geleistet habe, was man bei einem Fremden erst abwarten müsse, so wäre er dafür, dieses Offert zu berücksichtigen und demselben das Theater zu verleihen. Herr Gemeinderath Lintl bemerkt, wenn verspätet eingelangte Offerte berücksichtigt werden, werde hiedurch ein Präcedenzfall ge¬ schaffen; der Ausschreibungstermin müsse eingehalten werden. El könne zwar gegen die Leistungn des Herin Rosée nichts einwenden doch sei er nicht dafür, diesem Herrn das Thiater wieder zu ver leihen, der sich so abfällig über das Steyrer Publicum ausgesprochen habe. Auch müsse er betonen, dass viele Leute der hohen Preise wegen das Theater gemieden haben, und der Gemeinderath habe doch auch dafür zu sorgen, dass den Bewohnern die Möglichkeit geboten wird, das Theater besuchen zu können. Herr Director Rosée habe sehr wenig mitgebracht und sich daher vieles anschaffen müssen, un möchte er diese Auslagen in einem Jahre hereinbringen, weshalb er sogar schon Einsorache gegen Abhaltung von Concerten erhoben habe Diese Gründe dürften auch die Section bestimmt haben, auf dessen Offert nicht einzugehen. Er unterstütze den Sectionsantrag Herr Gemeinderath Kautsch ist entschieden gegen die An nahme des Offertes des Herrn Rosée. Im verflossenen Jahre seier Offerte nur um einen halben Tag später eingelangt und deshalt zurückgewiesen worden. Man solle Gerechtigkeit walten lassen. Herr Rosée hätte Zeit genug gehabt, dem Herrn Bürgermeister wenigstens mündlich zu erklären, dass er das Theater behalten wolle. Herr Gemeinderath Anton v. Jäger bemerkt, er sei über¬ zeugt, dass Herr Rosée sich alle Mühe geben wird, seinen Verpflich tungen nachzukommen, während Petent Karl ihm den Eindruck mache, dass er nur viel versprecht Herr Gemeinderath Dr. Kurz bemerkt, der Gemeinderal sitze doch nicht beisammen, um über Herrn Rosée ein Disciplinar verfahren einzuleiten, sondern um eine zweckmäßige Entscheidung zu treffen. Was Herr Rosée leistet, sei bekannt, von den anderen wisse man nicht, was sie leisten werden. Er könne nicht in Abrede stellen, dass die Theaterpreise hoch sind, doch sei zu erwarten, dass Herr Rosée dieselben reducieren werde Herr Gemeinderath Löhnert glaubt, dass man eher Gerech tigkei walten lässt, wenn man nicht gar so schroff vorgeht. Inso¬ lange die Offerte nicht eröffnet sind und dem Gemeinderathe vor¬ liegen könnten dieselben noch immer angenommen werden. Herr Gemeinderath Kautsch stellt den Antrag auf Vertagung dami die Section sich über das Offert des Herrn Rosé: infor könne mieren Herr Vicebürgermeister Stigler bemerkt zu dem Vertagungs antrag, die Section müsse sich doch früher klar sein, ob das ver spätet eingelangte Offert überhaupt angenommen wird, daher hier über vorerst Beschluss zu fassen wäre Herr Gemeinderath Dr. Kurz stellt den Antrag auf An nahm des Offertes des Herrn Rosée. Dieser Antrag wird bei der Abstimmung mit allen gegen drei Stimmen abgelehnt. Hierauf wird der Antrag der Section mit allen gegen brei Stimmen angenommen 7. Ueber das Ansuchen des Kapellmeisters Ludwig Großauer um Bewilligung eines Quartiergeldes an Stelle der ihm bewilligter Naturalwohnung stellt die Section den Antrag, auf dessen Gesuch nicht einzugehen, sondern den in der Sitzung vom 20. November 1895 einstimmig gefassten Beschluss, dem jeweiligen Kapellmeiste des Corps eine freie Wohnung, bestehend aus 2 Zimmern, Küche und Zugehör zu sichern, aufrecht zu erhalten. — Einstimmig ange¬ nommen. — Z. 4872 8. Die bürgerliche Actienbrauerei in Steyr ersucht im Abfin dungswege um Rückvergütung der Verbrauchsumlage für das in Jahre 1896 im Märzenkeller zum Ausschank gelangende Bierquantum mit monatlich 31 fl. 70 kr Die Section stellt den Antrag, der bürgerlichen Actienbrauere n Steyr für das im Jahre 1896 im Märzenkeller zum Ausschank gelangende Bier eine Verbrauchsumlage im Betrage von monatlich 31 fl. 70 kr. rückzuvergüten. — Einstimmig angenommen. —Z. 4431.

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