Ratsprotokoll vom 15. Februar 1895

Raths-Protokoll über die III. ordentliche Sitzung des Gemeinderathes der k. k. I. f. Stadt Steyr am 15. Februar 1895. Tages=Ordnung: Mitttheilungen: I. Section. 1. (Vertraulich.) Competenzgesuche um die Stadt¬ secretärs=Stelle. 2. Wahl zweier Mitglieder in die Stellungs=Commission. II. Section. 3. Gesuch des oberösterreichischen Hilfsbeamten¬ Unterstützungs=Vereines in Linz um eine Unterstützung. IV. Sectiou. 4. Verleihung der Interessen aus den Landerl'schen Stiftungen. 5. Vorschlag des Armenrathes Steyr auf Errichtung eines neuen Armenbezirkes und Ernennung eines neuen Armenrathes hiefür. Gegenwärtig: Als Vorsitzender Herr Bürgermeister Johann Redl. Der Vice¬ Bürgermeister Herr Victor Stigler. Die Herren Gemeinderäthe: Edmund Aelschker, Johann Heltl, Dr. Johann Hochhauser, Dr. Friedrich Höfner, Josef Huber, Jakob Kautsch, Dr. Alois Kurz, Franz Lang, Georg Linil, Matthias Perz, Ferdinand Reitter, August Schrader, Gottfried Sonnleithner und Josef Tureck. Ferner sind an¬ wesend Herr Stadtsecretär Fritz Hähnel; als Schriftführer: städt. Official Herr Franz Schmidbauer. Beginn der Sitzung 3 Uhr nach¬ mittags. Der Herr Vorsitzende constatiert die Beschlussfähigkeit des Gemeinderathes, bestimmt als Verificatoren dieses Protokolles die Herren Gemeinderäthe Dr. Johann Hochhauser und Josef Huber und erstattet durch den Schriftführer folgende Mittheilungen: a) Herr Dr. Franz Angermann dankt für das ihm seitens des Gemeinderathes ausgedrückte Vertrauen und erklärt, dass er seine Mandats=Niederlegung aus den Gründen, die ihn zu diesem — Zur Schritte bewogen haben, nicht mehr rückgängig mache. Kenntnis. — Z. 2857. b) Herr Johann Scholz theilt mit, dass er seine Demission nicht zurückzieht, und ersucht um Verständigung des löblichen Ge¬ meinderathes. — Zur Kenntnis. — Z. 2847. Herr Gemeinderath Kautsch beantragt, dass den beiden Herren der Dank des Gemeinderathes für ihr ersprießliches Wirken schrift¬ lich ausgedrückt werde, was einstimmig angenommen wird. c) Gelangt nachstehender Erlass zur Verlesung: „Se. k. u. k. Apostolische Majestät haben mit Allerhöchster Entschließung vom 1. Jänner 1895 dem vom Landtage des Erzher¬ zogthums Oesterreich ob der Enns beschlossenen Entwurfe eines Gesetzes, mit welchem der Stadtgemeinde Steyr die Aufnahme eines Darlehens im Betrage von Dreimalhunderttausend Gulden, sowie die Veräußerung einiger dieser Stadtgemeinde gehöriger Zinshäuser bewilligt wird, die Allerhöchste Sanction allergnädigst zu ertheilen geruht. Die k. k. Statthalterei in Linz hat hievon mit Note vom 21. Jänner 1895, Nr. 958/II, den Landesausschuss infolge des Erlasses des hohen k. k. Ministeriums des Innern vom 9. Jänner 1895, Z. 232, mit dem Beifügen in die Kenntnis gesetzt, dass die Publi¬ cierung dieses Gesetzes durch das oberösterr. Landesgesetz= und Verordnungsblatt unter Einem veranlasst wird. „Hiezu hat die k. k. Statthalterei noch Folgendes bemerkt: Mit Rück¬ sicht auf den Umstand, dass, wie aus den Verhandlungsacten entnommen wurde, der Schuldenstand der Stadtgemeinde Steyr ein hoher, die hypothekarische Sicherheit der von der Sparcasse in Steyr zu elo¬ cierenden Darlehenssumme von 300.000 fl. dagegen eine geringe ist, hat das genannte Ministerium der k. k. Statthalterei als Aufsichts¬ behörde gleichzeitig aufgetragen, im Wege des löblichen Landesaus¬ schusses thunlichst darauf hinzuwirken, dass im Falle des Verkaufes der städtischen Häuser die im Gesetze (§3) zunächst vorgesehene, in erster Reihe den Interessen der Sparcasse Rechnung tragende, jedoch auch den Gemeinde=Finanzen zum Vortheile gereichende Alternative, nämlich die Verwendung des Erlöses zur anticipativen Abstoßung der Sparcasseschuld per 300.000 fl. zur Ausführung gebracht werde. Zugleich wird bemerkt, dass gegenüber etwaigen künftigen Projecten einer weiteren Darlehensaufnahme seitens der Stadtgemeinde bei der Sparcasse vor vollständiger Sanierung des bestehenden Schulden¬ verhältnisses seitens der k k. Statthalterei infolge ausdrücklicher Weisung des genannten h. Ministeriums von vorneherein eine ab¬ lehnende Stellung eingenommen werden wird, und dass es sich auch empfehlen wird, derartigen Finanzoperationen der Stadt Steyr im allgemeinen eine eindringlichere Aufmerksamkeit zuzuwenden. — Indem die k. k. Statthalterei unter Einem auch der Sparcassever¬ verwaltung in Steyr bemerkt, dass es ihr im Interesse der Sicher¬ heit der Einlagen obliegen wird, als besondere Sicherstellung für das im Gesetze vorgesehenene Darlehen die Bestellung einer ausrei¬ chenden Hypothek auf den Realitäten der Stadtgemeinde außer dem hiefür in Aussicht genommenen Rathhause zu erwirken, beehre ich mich, den löblichen Landesausschuss zu ersuchen, auf die Stadtgemeinde Steyr im angegebenen Sinne einzuwirken und ihr die genaue Einhaltung der Vertragsbestimmungen betreffs der Verzinsung und Rückzahlung dieses Darlehens einzuschärfen. In Entsprechung dieses Ansuchens wird die Stadtgemeindevertretung Steyr angewiesen, im Interesse der Sicherheit der Sparcasse=Einleger als besondere Sicher¬ stellung für das im Gesetze vorgesehene Darlehen die Bestellung einer ausreichenden Hypothek auf den Realitäten der Stadtgemeinde außer dem hiefür in Aussicht genommenen Rathhause 2c. zu veran¬ lassen und die Vertragsbestimmungen betreffs der Verzinsung und Rückzahlung dieses Darlehens genau einzuhalten. Die Stadtge¬ meinde=Vorstehung habe ferner dem Landesausschusse über die zu¬ nächst beabsichtigte Verwendung des Erlöses aus den zur Ver¬ äußerung bestimmten Häusern Mittheilung zu machen. Die Beilagen der Petition vom 21. December 1893, Z. 21.131/1893, folgen sub ¼ zurück. — Linz, am 30. Jänner 1895. — Der Landeshaupt¬ mann: L. Achleuthner, Abt.“

Das bezügliche Landesgesetz lautet: „Gesetz vom 1. Jänner 1895, womit der Stadtgemeinde Steyr die Aufnahme eines Darlehens von dreihunderttausend Gulden österr Währ. zum Behufe der Deckung der restlichen Brückenbaukosten be¬ willigt, sowie die weitere Bewilligung ertheilt wird, die der Stadt¬ gemeinde Steyr gehörigen, mit rund 160.000 fl. bewerteten sechs lastenfreien Zinshäuser zu Steyr, Conscriptions=Nr. 383 und 384 in Voglsang (Franz=Josef=Platz Nr. 8 und 10) und Ennsdorf, Conscrip¬ tions=Nr. 508, 509, 539 und 540 (Bahnhofstraße Nr. 10, 12, 24 und 16) auf Grund eines 4%igen Zinserträgnisses entweder einzeln oder zusammen zu verkaufen, um von dem Erträgnisse derselben ander¬ weitige Gemeindeauslagen bestreiten zu können. Ueber Antrag des Landtages Meines Erzherzogthumes Oesterreich ob der Enns finde Ich anzuordnen, wie folgt: „§ 1. Zur Bezahlung der restlichen Brückenbaukosten wird der Stadtgemeinde Steyr die Aufnahme eines Darlehens bei der Sparcasse in Steyr im Betrage von Dreihunderttausend Gulden österr. Währ., und zwar mit dem fixen Zinsfuße von 4½ Procent, gegen ½%ige Amortisation des Schuldcapitales innerhalb 51 Jahren und gegen Vorbehalt des Rechtes der Stadtgemeinde Steyr, dass sie das Darlehen jederzeit ganz oder theilweise künden kann, bewilligt. § 2. Die Bedeckung der Zinsen und die Capitalsrückzahlung hat aus den laufenden Einnahmen der Stadtgemeinde zu erfolgen. § 3. Damit die Stadtgemeinde Steyr in die Lage komme, entweder auf obiges Darlehen per Dreihunderttausend Gulden größere Ab¬ zahlungen leisten zu können, oder aber den schon seit Jahren in Aussicht genommenen Bau der Kaiser=Franz=Josef=Industriehalle und eventuell den Bau eines neuen öffentlichen Krankenhauses in Angrif zu nehmen, wird der Stadtgemeinde Steyr die weitere Bewilligung ertheilt, die ihr gehörigen sechs mit rund 160.000 fl. bewerteten lastenfreien Zinshäuser, nämlich Conscriptions=Nr. 383 und 384 Vogl¬ sang (Franz=Josef=Patz Nr. 8 und 10) und Conscriptions=Nr. 508, 509, 539 und 540 Ennsdorf (Bahnhofstraße 10, 12, 14 und 16) um einen auf Grund eines 4%igen Zinserträgnisses zu bestimmenden Preis nach jeweiliger Möglichkeit entweder einzeln oder zusammen zu verkaufen. § 4. Mein Minister des Innern wird mit dem Voll¬ zuge dieses Gesetzes beauftragt. — Wien, den 1. Jänner 1895. Franz Josef m. p. Bacquehem m. p. Wird zur Kenntnis genommen. Hierauf wird zur Erledigung der Tages=Ordnung geschritten. 1. Section. Referent Herr Sectionsobmann=Stellvertreter, Gemeinderath Dr. Kurz. 1. (Vertraulich.) Competenzgesuche um die Stadtsecretär=Stelle. Referent theilt mit, dass um die erledigte Stadtsecretärs=Stelle 8 Gesuche vorliegen und stellt namens der Section folgenden Antrag: „Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes und bei dem Umstande, als die Rechtssection dermalen nur aus 2 Mitgliedern besteht, hat sich dieselbe nicht veranlasst gefunden, dem Gemeinderath einen Antrag vorzulegen, dagegen beantragt die Section, der löbliche Gemeinderath wolle beschließen, die Rechts¬ Section sei durch die Obmänner der übrigen Sectionen zu verstärken, welche dann die vorliegenden Gesuche zu prüfen und in kürzester Zeit dem Gemeinderathe einen Bericht vorzulegen habe.“ Dieser Antrag wird ohne Debatte einstimmig angenommen. — (Das Pro¬ tokoll über die vertrauliche Sitzung ist dem öffentlichen Protokolle angeheftet. 2. Das Amt erstattet folgenden Bericht: Nach § 41, Punkt 2 d und Punkt 3 der Wehrvorschrift, I. Theil, hat eine ambulante Stellungs=Commission unter andern auch aus zwei Mitgliedern der Gemeinde=Vertretung des Stellungs=Ortes zu bestehen und sind die¬ selben und die etwa nöthigen Ersatzmänner seitens des betreffenden Vertretungs=Körpers zu wählen. Da nun die Hauptstellung pro 1895 am 23. und 24. April stattfindet, so ist die Wahl von zwei Mit¬ gliedern der Gemeinde=Vertretung in die Stellungs=Commission zu veranlassen. — Steyr, 8. Februar 1895. — Der Stadtsecretär: Fritz Hähnel m. p. Die Section beantragt, in die diesjährige Stellungs=Com¬ mission gleich wie in den Vorjahren die Herren Gemeinderäthe Georg Lintl und Josef Tureck zu entsenden. — Einstimmig ange¬ nommen. — Z. 3079. II. Section. Referent: Herr Sections=Obmann, Gemeinde¬ rath Matthias Perz. 3. Die Vorstehung des I. oberösterr. Hilfs¬ beamten=Unterstützungs=Vereines in Linz bittet um eine Subvention zu Gunsten der Kranken=Unterstützungscasse. Die Section beantragt, demselben für das Jahr 1895 eine Subvention von 10 fl. zu bewilligen. — Einstimmig angenommen. Z. 3284. IV. Section. Referent Herr Sections=Obmann, Gemeinde¬ rath Ferdinand Reitter. 4. Die Vertheilung der Jahres=Interessen aus den beiden Landerl'schen Stiftungen wird vom städt. Armenrathe in nachstehender Weise vorgeschlagen: Anton Kronsteiner 125 fl., Anna Scharrer 125 fl., Josef Hilger 125 fl., Paul Nömayr 125 fl., Karl Bergmayr 90 fl., Karl Haidlmayr 60 fl., Johann Haidlmayr 40 fl., Ferdinand Mann 40 fl., Francisca Rahm 40 fl., Therese Hohner 40 fl., Constantia Neßmer 40 fl., Rosina Damhofer 20 fl., Johann Schirfl 10 fl. Die Section beantragt, der löbliche Gemeinderath wolle den im Sinne des Stiftbriefes vom löblichen Armenrathe vorge¬ schlagenen Vertheilungs=Modus genehmigen. Einstimmig nach Antrag. — Z. 461. 5. Vom städt. Armenrathe liegt Folgendes vor: „Infolge Ab¬ lebens des Armenhausvaters des Armenverpflegshauses Herrn Franz Hofman hat der löbliche Armenrath Steyr in seiner Sitzung vom 28. December 1894 beschlossen, mit der provisorischen Weiterführung dieser Stelle Herrn Armenrath Josef Molterer zu betrauen. In Er¬ wägung aber, dass Herr Josef Molterer bereits als Armenrath für den 8. Bezirk und als Armenhausvater für das Herrenhaus fungiert und in dieser Richtung ohnehin vielfach in Anspruch genommen wird, daher derselbe die Leitung des Armenverpflegshauses auf die Dauer nicht behalten könnte, hal der löbliche Armenrath weiters be¬ schlossen, den Schwiegersohn des Verstorbenen, Herrn Leopold Köstler, zu ersuchen, die Stelle eines Armenhausvaters und die damit verbundene Stelle eines Armenrathes, seinerzeit zu übernehmen. Nach¬ dem Herr Leopold Köstler sich bereit erklärt hat, sowohl die Leitung des Armenverpflegshauses, sowie auch eine etwa zu besetzende Stelle eines Armenrathes zu übernehmen, wird dem löblichen Armen¬ rathe der Vorschlag unterbreitet, den Armenbezirk II, welcher der¬ malen die Vorstadte Voglsang und Reichenschwall umfasst und eine solche Ausdehnung hat, dass es dem betreffenden Herrn Armenratt schwer ist, die in seinem Bezirke wohnhaften Armen kennen zu lernen, in zwei Armenbezirke zu theilen. Der Armenbezirk II hätte künftig¬ hin folgenden Umfang: Schiffweg, Bindergasse, Zieglergasse, Garsten¬ straße, Redtenbachergasse, Franz=Josef=Platz, Prevenhubergasse, Schweizergasse, Blumauergasse, Marie=Valeriestraße, Christkindlweg. Der Armenbezirk X, welcher Herrn Köstler zugewiesen wurde, würde die Ortschaft Voglsang mit folgenden Gassen enthalten: Werndlgasse, Schwimmschulstraße, Schießstattgasse, Josefgasse, Karolinengasse, Leopoldgasse, Neueweltgasse, Annagasse. Hierüber wolle der löbliche Armenrath Beschluss fassen. — Steyr, 4. Februar 1895. — Der Bürger¬ meister: Redl m. p.“ — Der bezügliche Armenrathsbeschluss lautet: „Wird dem löblichen Gemeinderathe mit dem Antrage auf Genehmi¬ gung instehenden Vorschlages übermittelt.“ Die Section beantragt, der löbliche Gemeinderath wolle die Theilung des II. Armenbezirkes genehmigen, für den zweiten Theil Herrn Leopold Köstler zum Armenrathe ernennen und denselben auch mit der Stelle des Hausvaters im Armenverpflegshause betrauen. — Einstimmig angenommen. — Z. 45 A. R. Nach Erschöpfung der Tagesordnung theilt Herr Vicebürger¬ meister Victor Stigler als Obmann der Bausection mit, dass der Gründel des Wasserrades in der städt. Wasserleitung geborsten sei, und dass die Bausection nach vorgenommenem Augenschein die so¬ fortige Herstellung dieses Gründels, welche eine Auslage von ca. 150 fl. verursache, für nothwendig fand und auch verfügte, und er¬ sucht dieselbe, der löbliche Gemeinderath wolle diese Herstellung nach¬ träglich genehmigen. — Wird einstimmig genehmigt. Hierauf Schluss der Sitzung.

Anhang zum Protokolle über die 3. ordentliche Sitzung des Gemeinderates der Stadt Steyr am 15. Februar 1895 Vertraulicher Teil I. Sektion. Referent: Herr SektionsObmann-Stellvertreter, Gemeinrat Dr. A. Kurz. 1. Referent teilt mit, dass um die erledigten Stadtsekretärs-Stelle 8 Gesuche vorliegen und stellt namens der Sektion folgenden Antrag: Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes und bei dem Umstand, als die Rechts-Sektion dermalen nur aus 5 Mitgliedern besteht, hat sich dieselbe nicht veranlasst gefunden, dem Gemeinderat

einem Antrag vorzulegen, dagegen beantragt die Sektion, der löbliche Gemeinderat wolle beschließen Die Rechts-Sektion sei durch die Obmänner der übrigen Sektionen zu verstärken, welche dann die vorliegenden Gesuche zu prüfen und in kürzester Zeit dem Gemeinderath einen Bericht vorzulegen habe. Dieser Antrag wird ohne Debatte einstimmig angenommenen. Der Vorsitzende Die Verifikatoren Schriftführer

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