2 mittelst Post zugestellt wurde, sammt den Entscheidungsgründen zur gefälligen Information hiemit vor. Zufolge dieses Urtheiles ha das bestandene Schiedsgericht gegen die löbliche Stadtgemeinde Steyr entschieden. Das Schiedsgericht stand auf dem Standpunkte der Gasgesellschaft, indem es annahm, dass die Stadtgemeinde Steyr mit dem Gasvertrage vom 28. August 1864 und seinen Nachträgen insbesondere mit dem Nachtrage vom 3. Februar 1866, dem L. A Riedinger, resp. seiner Rechtsnachfolgerin, der Gasgesellschaft, ein ausschließliches Beleuchtungs=Monopol für jede Art von Be¬ leuchtung und nicht bloß für Gasbeleuchtung und zwar sowohl für den öffentlichen als auch Privat=Consum einräumte und daher nicht berechtigt war, zur Legung von elektrischen Leitungen über die öffentlichen Straßen und Plätze der Stadt ihre Zustimmung zu geben. Die Stadtgemeinde Steyr habe sich in diesen Verträgen ver¬ pflichtet, die Gasgesellschaft gegen jede Concurrenz auf dem Beleuchtungswesen zu schützen, und darf daher auch die elektrisch Beleuchtung nicht zulassen. Diese Annahme begründel das Schieds¬ gericht im Wesentlichen damit, dass es sagt: „Die Absicht, welche die Compaciscenten bei Eingehung des Vertrages vom 28. August 1864 erfolgten, ist nun zweifellos dahin gegangen, einerseits der Stadt Steyr und ihren Bewohnern für eine bestimmte Reihe von Jahren die Gasbeleuchtung zu gewissen Preisen zu sichern, ander¬ seits aber auch den Unternehmer, um ihm die Tragung des Risicos er in den ersten Zeiten verhältniemäßig höheren, durch die zu er¬ wartenden Erträgnisse erst successive sich vergütenden Auslagen und die Erzielung eines bürgerlichen Gewinnes aus dem Unternehmen zu ermöglichen, während des bestimmten Zeitraumes thunlichst vor einer schädigenden Concurrenz zu bewahren. Auch beruft sich dasselbe darauf, dass sich die Stadtgemeinde im Nachtrage von 3. Februar 1866 verpflichtet habe, auf eine größtmöglichste Be¬ theiligung von den Privaten an Gasabnahme hinzuwirken und der Kreis dieser Consumenten zu vermehren. — Der Standpunkt der Stadtgemeinde Steyr war von Anfang an aber der, dass dem L. A. Riedinger, resp. der Gasgesellschaft aus dem Gasvertrage und dessen Nachträgen nur ein Beleuchtungs=Monopol für Gasbe¬ leuchtung zustehe, weil in den Verträgen immer nur von Gas¬ beleuchtung und nie auch von einer anderen Beleuchtungsart ie Rede ist. Die Stadtgemeinde hat sich demnach nur verpflichtet, L. A. Riedinger, resp. dessen Rechtenachfolgerin, die Gusgesellschaft, dahin zu schützen, dass von Seite der Stadtgemeinde Steyr nie¬ mand das Recht eingeräumt werden darf. in der Stadt Steyr während der Dauer der Gasverträge die öffentlichen Straßen und Plätze zur Einrichtung einer Gasbeleuchtung zu benützen. Von einer anderen Beleuchtung ist nirgends die Rede. Die Stadtgemeinde Steyr hatte daher die Gesellschaft wohl gegen jede Concurrenz in der Gasbeleuchtung, aber nicht gegen jede Concurrenz bezüglich eder beliebigen Beleuchtungsart zu schützen. Das ist die Haupt¬ ache in dieser Frage und es würde zu weit führen, in die Einz=In¬ heiten des Processes wieder einzugehen. — Viel wichtiger erscheint mir die Frage, ob sich die Stadtgemeinde Steyr mit diesem Urtheile des Schiedsgerichtes zufriedenstellen muss, oder ob derselben das Gesetz nicht ein Mittel an die Hand gibt, gegen diesen Urtheils¬ spruch aufzutreten und dssen Cassierung zu verlangen. Nach 33 Punkt d haben allerdings sowohl die Stadtgemeinde Steyr, als auch L. A. Riedinger erklärt, dass sie es unveränderlich bei dem Ausspruche des Schiedsgerichtes belassen und auf das Recht, irgend eine Beschwerde zu führen, verzichten. Allein unser Gesetz gestattet auch in einem solchen Falle unter der Voraussetzung, dass der Urtheilsspruch wegen Ueberschreitung der dem Schiedsgerichte er¬ theilten Machtvollkommenheit und aus anderen Ungiltigkeitsgründen zu annullieren wäre, den Schiedsspruch mittelst einer eigenen Klage (Anfechtungsklage) bei dem ordentlichen Richter anzu¬ fechten und dessen Ungiltigkeits=Erklärung zu fordern. Die bezügliche gesetzliche Bestimmung ist in der kaiserlichen Resolution vom 14. Juni 1784, J. G. S. 306, enthalten, und wurde in zahl¬ reichen oberstgerichtlichen Entscheidungen die Zulässigkeit dieser Klage auch im Falle eines Verzichtes auf jede weitere Beschwerdeführung usgesprochen. Es frägt sich nun, liegen gegen dieses Urtheil des Schiedsgerichtes Gründe vor, welche die Einbringung diese Nullitätsklage rechtfertigen würden und haben dieselben für die Stadtgemeinde auch einen praktischen Wert? Meiner Anschauung nach liegen solche Nullitätsgründe mehrere vor, und zwar sowoh was die formelle Seite des Urtheiles, als auch was die materiell esselben betrifft. In dem Processe hatte die Gasgesellschaft folgendes Klagebegehreu gestellt: „Die Stadtgemeinde Steyr sei durch den Gemeinderaths=Beschluss am 15. September 1893 womit der österreichischen Waffenfabriks=Gesellschaft die Legung elektrischer Leitungen über die Plätze und Straßen der Stadt und Vorstädte Steyrs bewilligt und auf Grund dessen diese Legung auch vollzogen wurde, vertragsbrüchig geworden, sie sei deshalb bei Exe¬ cutionsvermeidung schuldig, binnen einer vom löbl. Schiedsgerichte zu bestimmenden Frist diese elektrischen Leitungen von den öffent lichen Plätzen und Straßen der Stadt Steyr und Vorstädte Steyrs zu entfernen, dieselbe sei unter derselben Rechtswirkung weiter schuldig, uns allen infolge der erwähnten gemeinderäthlichen Bewilligung be¬ eits verursachten und noch erwachsenden Schaden zu ersetzen und sie ei endlich schuldig, binnen 14 Tagen die sämmtlichen infolge dieser Streitführung erlaufenen Kosten zu bezahlen. „Dieses Klagebegehren bildet also den Gegenstand, worüber das Schiedsgericht zu entscheiden hatte. Dem Schiedsgerichte wurde also die Ermächtigung eingeräumt, über dieses Begehren zu entscheiden, ob es begründet ist oder nicht. Wird es begründet gefunden, dann hätte das Schiedsgericht im Urtheile genau nach dem Begehren die Entscheidung treffen müssen, wird es nicht egründet gefunden, dann hätte das ganze Begehren — oder wenn iur ein Theil nicht begründet gefunden worden wäre, jener Theil bgewiesen werden sollen, weil eben dem Schiedsgerichte nur zur Entscheidung über dieses Begehren die Macht eingeräumt wurde. kun hat aber das Schiedsgericht nicht nach diesem Begehren der klagenden Gesellschaft entschieden. Nach dem Urtheile heißt es: „Die Stadtgemeinde Steyr sei schuldig, bei Ex cutionsvermeidung binnen 2 Monaten die von ihr ertheilte Bewilligung vom 15. Septem ber 1893 zur Führung der Stromleitungen der Elektricitätswerk über öffentliche Plätze und Straßen dahin zu widerrufen, beziehungs¬ weise einzuschränken, dass diese Stromleitungen nicht zur Abgabe von Beleuchtung an Private verwendet werden. — Das Schieds¬ ericht hat also etwas ganz anderes verfügt, worauf das Begehren der klagenden Gesellschaft gar nicht gerichtet war und wogegen sich die Stadtgemeinde Steyr im Processe auch gar nicht wehren konnte, da im abgeführten Processe von dieser Art seiner Erledigung gar licht die Rede war. Das Schiedsgericht besaß nicht die Macht, iesen Process so zu entscheiden. Dasselbe hat dadurch, dass es der Stadtgemeinde vorschrieb, inwieferne dieselbe ihre Bewilligung vom 5. September 1893 zu modificieren habe — über etwas ent¬ chieden, was ihm zur Entscheidung gar nicht übertragen wurde, und har somit die ihm ertheilte Ermächtigung überschritten „Es liegt somit hier der Fall der Nullität des Schieds¬ pruches aus diesem Grunde vor und erscheint die Nullitäts¬ klage schon aus diesem Umstande begründet. Weiters erscheint das Urtheil deshalb anzufechten, weil es nvollständig ist. Abgesehen davon, dass das Schiedsgericht über die Höhe des Schadenersatzes im Urtheile keine Bestimmung getroffen, hat dasselbe auch die Frist zur Vergütung des Schadens nicht angesetzt. Auch bei dem Ausspruche über die Kosten des Schiedsgerichtes hat dasselbe weder die Höhe dieser Kosten urtheils¬ mäßig festgestellt, noch die Zeit zur Bezahlung derselben fixiert. Da aber bei Entscheidungen, welche die Verpflichtung zur Zahlung von Beträgen enthalten, für die Parteien der Ausspruch über die Höhe dieser Beträge und über den Zeitpunkt, bis zu velchem diese geleistet werden müssen, die Hauptsache ist, erscheint der Schiedsspruch auch unvollständig und ist auch aus diesen Grün¬ en anfechtbar. „Für die Stadtgemeinde Steyr als jenen Process ist es gewiss sehr wichtig zu wissen, welchen Betrag dieselbe der Gas¬ es llschaft als Schadenersatz zu bezahlen hätte und wie hoch die Kosten des Schiedsgerichtes sich belaufen, zu deren Tragung dieselbe erurtheilt wurde. Das muss im Urtbeile ziffermäßig ausge¬ prochen werden, denn sonst ist nur Anlass vorhanden, dass ein teuer Process entsteht, weil die Stadtgemeinde Steyr gewiss nicht inverstanden sein wird, der Gasgesellschaft jene Schadenssumme u bezahlen, welche die Gasgesellschaft beliebig feststellen und ver¬ angen wird. Auch wird die Stadtgemeinde gewiss nur jene Kosten und in jener Zeit bezahlen, welche ziffermäßig im Urtheile usgesprochen sind Meinen Anschauungen nach liegen also Gründe vor, dass egen diesen Schiedsspruch mit der Nullitätsklage vorgegangen werden könnte, welche eine eventuelle Aufhebung dieses Schieds¬ pruches herbeizuführen geeignet wäre. Damit würde aber dann der Fall geschaffen werden, dass diese Rechtssache vor ein anderes Schiedsgericht gebracht werden müsste und bei der abermaligen Entscheidung eventuell auch eine andere Beurtheilung erfahren könnte da der Standpunkt der Stadtgemeinde Steyr in dieser Frage aus en Verträgen sich auch voll und ganz begründen lässt: „Die löbliche Stadtgemeindevertretung wird also zu beschließen aben, dass sich dieselbe entweder mit dem Urtheile des Schieds¬ erichtes einverstanden erklärt, dasselbe rechtskräftig werden lässt nd sodann gemäß dieses Urtheiles den Beschluss des löblichen Gemeinderathes vom 15. September 1893 in den urtheilmäßig festgestellten Sinne modificiert, oder aber dass dieselbe gegen das Irtheil des Schiedsgerichtes aus den dargelegten Gründen die An¬ echtungsklage erhebt, welche aber innerhalb 14 Tagen nach Zustellung des Urtheiles eingebracht werden muss. Da das Urtheil m 8. December d. J. dem gefertigten Vertreter zugestellt wurde, so müsste dieselbe dis längstens 22. December 1894 eingebracht verden. Schließlich bemerke ich, dass die rechtzeitige Einbringung er Anfechtungsklage die Execution hemmt, indem nach zahl osen Entscheidungen des k. k. Obersten Gerichtshofes in Wien bei rechtzeitiger Einstellung der Nullitätsklage die Execution nicht be¬ willigt wird. Dieser Grundsatz ist sogar als Norm im Spruchreper¬ ür derartige Entscheidungen orium des k. k. Obersten Gerichthofes einge¬ ragen „Indem ich um gefällige umgehende Verständigung des bei der nächsten Gemeinderaths=Sitzung hierüber zu fassender Be¬ chlusses ersuche, zeichnet achtungsvollst „Dr. Angermann als Vertreter der löbl. Stadtgemeinde Steyr. Steyr, am 12. December 1894. Der Antrag der Rechtssection im Vereine mit der Bau¬ ection lautet: Der Gemeinderath wolle beschließen: I. Gegen das Urtheil es Schiedsgerichtes vom 27. November 1894, Z.71, wegen Ueber¬ chreitung des Mandats, mangelhafter Erledigung der Klage und Ver¬
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