Ratsprotokoll vom 2. September 1892

Raths-Protokoll aufgenommen am 2. September 1892 über die VI. diesjährige ordentliche Sitzung des Gemeinderathes der kk. l.f. Stadt Steyr. Gegenwärtige Als Vorsitzender Herr Bürgermeister Johann Berger. Der Herr Vice-Bürgermeister Johann Redl. Die Herren Gemeinderäthe: Georg Lintl Leopold Anzengruber Karl Auböck Mathias Perz Friedrich Höfner Dr. August Schrader Emil Göppl Johann Scholz Leopold Stummer Anton Jäger v. Waldau Josef Turek Franz Lang Tagesordnung Mittheilungen. I. Section. (vertraulich) Gesuche um Aufnahme in den Gemeindeverband der Stadt Steyr und Bürgerrechts Verleihung 2. Recurs gegen eine baupolizeiliche Verfügung der Stadtgemeinde Vorstehung Steyr.

3. Recurs gegen eine abweisliche Erledigung des Armenrathes Steyr. II. Section 4. Amtsberichte über die Stadtkasse Journals Abschlüsse pro Juni und Juli 1892 III. Section. 5. Zuschrift der Bauunternehmung E. Gaertner in Wien in betreff Verlängerung der Haftzeit rücksichtlich des Mittelpfeilers der oberen Ennsbrücke 6. Zusammenstellung über den Brennholz- und Kohlenbedarf pro 1892/93 7. Gesuche zweier Parteien um Grundüberlassung 8. Vorschlag über die zu prämiierenden Projecte der Industriehalle. IV. Section. 9. Eingabe des Herrn Karl Reder in betreff der Kapitals-Rückzahlung zur Nutzinger-Stiftung 10. Eingabe der Leitung der Knaben-Volksschule Steyrdorf betreffs Wiederübernahme des Schuldiener Dienstes Beginn der Sitzung um 3 Uhr nachmittags. Der Herr Vorsitzende constatirt die Beschlussfähigkeit, ersucht zu Verificatoren des heutigen Sitzungs-Protokolles die Herren Gemeinderäthe Franz Lang und Georg Lintl und erklärt die

Sitzung für eröffnet: Derselbe erstattet sonach durch den Amtsleiter Herrn Stadtsecretär Fritz Hähnel folgende Mittheilungen: Die Direction der k.k. Staats Oberrealschule dankt für die der Schülerlade gewidmete Spende pr 100 fl Zur Kenntniß. Das Fest-Comité der Jubiläumsfeier in Weyer ladet die Gemeinde Vertretung zur Theilnahme an der am 17. 18. 19. September d.Js. stattfindenden Feier des 500-jährigen Jubiläums ein. Der Herr Vorsitzende ladet die Mitglieder des Gemeinderathes zur Betheiligung an dieser Feier ein und ersucht ihm den Zeitpunkt der Abreise wegen Verständigung des Festausschusses in Weyer rechtzeitig bekannt zu geben. Wird beschlossen diese Einladung bei den Mitgliedern des Gemeinderathes in Circulation zu setzen. Das Volksfest-Comité in Wels ladet zur Betheiligung ein. Wird beschlossen diese Einladung in Circulation zu setzen. Hierauf wird zur Erledigung der Tagesordnung geschritten. I. Section. Referent Herr Sections-Obmann Gemeinderath Anton von Jäger. 1. Michael Orthar, Waffenfabriks und Hausbesitzer Rombauer Messener und Hausbesitzer

ersuchen um Aufnahme in den Gemeindeverband. Die Section beantragt diesem Ansuchen gegen Erlag der Taxe Folge zu geben. Wird ohne Debatte einstimmig angenommen. Michael Karpf nach Szent-Kinaly in Ungarn zuständig ersucht zum Zwecke der Erwerbung der oesterr. Staatsbürgerschaft um Zusicherung der Aufnahme in den Gemeindeverband. Diesem Ansuchen wird gemäß des Sectionsantrages einstimmig Folge gegeben. Herr Ludwig Reisinger, Hufschmied und Hausbesitzer ersucht um Verleihung des Bürgerrechtes. Die Section beantragt diesem Ansuchen gegen Erlag der Taxe Folge zu geben. Einstimmig angenommen. Den Vorsitz übernimmt Herr Vicebürgermeister Johann Redl. 2. Die Eheleute Alois und Anna Philipp haben gegen die Entscheidung der Stadtgemeinde Vorstehung Steyr vom 28. Juli 1892 Z. 15460 mit welcher sie wegen Verfolgung ihrer Rechtsansprüche gegen Franz und Secunda Auer wegen Anbringung eines Fensters gegen ihren Grund auf den Civilrechtsweg verwiesen wurden, den Recurs eingebracht. Der Herr Referent verließt die Recursausführung und erklärt, daß die Section beantrage, dem Recurse aus den Gründen der recurrierten Entscheidung keine Folge zu geben.

Herr G.R. Georg Lintl betont, daß Franz und Secunda Auer den Bau nicht plangemäss ausgeführt haben und glaubt der Gemeinderath solle auf die genaue Einhaltung des genehmigten Bauplanes dringen. Herr Gemeinderath Leopold Anzengruber bemerkt, daß die Bausection zur Localaugenscheins-Commission nicht zugezogen wurde. Herr G.R. Josef Turek ist für die Aufnahme eines Localaugenscheines Seitens der Bausection. Herr Amtsleiter Fritz Hähnel erläutert den Rechtsstandpunkt in dieser Angelegenheit, die I. Instanz zur Entscheidung in Bausachen sei die StadtgemeindeVorstehung, nur in jenen Fällen wo öffentliches Interesse vorliege, müssen die Mitglieder der Bausection geladen werden, um das Interesse der Gemeinde zu vertreten. Hier handle es sich um einen Privatbaue, bei welchen das Interesse der Gemeinde in keiner Weise berührt wird. In der Bevölkerung sei die irrthümliche Ansicht verbreitet, daß es verbothen sei, ohne Bewilligung des Nachbars im eigenen Hause Fenster mit der Aussicht auf den nachbarlichen Grundzu brechen. Der Nachbar habe nur das Recht die Fenster zu verbauen, sobald nicht andere wohlerworbene Rechte entgegenstehen. Wenn auch der Bauherr im vorliegenden Falle bei dem Localaugenschein erklärt habe, gegen den Grund der Recurrenten keine Fenster zu machen, so müsse berücksichtiget werden, daß die Bauordnung für Stadt Steyr geringe Abwei-

chung vom Bauplane gegen sogleiche Anzeige gestatte, was im vorliegenden Falle geschehen sei. Der Recurrent solle daher seine vermeintlichen Ansprüche im Civilrechtswege geltend machen. Der Sectionsantrag wird hierauf einstimmig angenommen. Z 16550 3. Der Recurs des Johann Angerschmied gegen die Entscheidung des Armenrathes Steyr am 29. Juni d.Js. Zahl 296 AR. wird gemäß des Sectionsantrages einstimmig abgewiesen. II. Section. Referent Herr Sections-Obmann G. R. Mathias Perz. 4. Das städt. Kassaamt erstattet über die Gebahrung der Stadtkasse in den Monaten Juni und Juli 1892 folgende Berichte: Einnahmen im Monate Juni 1892 23.686 63 1/2 Kasserest vom Vormonat 4.020 96 Gesammt Einnahmen im Monate Juni 1892 27.707 59 1/2 Ausgaben im Monate Juni 1892 19.268 55 1/2 Kasserest für den Monat Juli 1892 8.439 4 und betrugen bis inclusive Juni 1892 Die gesammten Einnahmen 234.380 44 1/2 die do. Ausgaben 225.941 40 1/2 Stadtkassaamt Steyr, am 30. Juni 1892. - J. Paarfusser Stadtkassier V. Jandaurek Controlor. Resultat über die Gebahrung bei der Stadtkassa in Steyr im Monate Juli 1892 Einnahmen im Monate Juli 1892 55.089 85 1/2 Kassarest vom Vormonat 8439 4 Gesammt Einnahmen im Monate Juli 1892 63.528 89 1/2 Ausgaben im Monate Juli 1892 50.116 96 1/2 Kassarest für den Monat August 1892 13.411 93 und betrugen bis inclusive Juli 1892 Die gesammten Einnahmen 289.470 30 die do. Ausgaben 276.058 37 Stadtkassaamt Steyr am 31. Juli 1892 J. Paarfusser Stadtkassier. - W. Jandaurek. Kassacontrolor.

Das Kassa-Journal wurde von den Herren Gemeinderäthen Perz und Turek geprüft und richtig befunden. Wird ohne Debatte genehmigend zur Kenntniß genommen. Zahl 18246 Z 17690 III. Section. Referent Herr Sections Obmann Vice-Bürgermeister Johann Redl. d. Die Bau Unternehmung E. Gaertner richtet folgendes Schreiben an die Stadtgemeinde Vorstehung: Am 10. d. Mts. hat die Belastungs Probe der unteren Ennsbrücke stattgefunden und rücksichtlich der Pfeilerbauten das Ergebniss gehabt, daß nicht die geringste Deformation oder Sitzung beobachtet werde. Bei dem Anlasse dieser commissionellen Erhebung wurde auch über Wunsch der löblichen Gemeinde Vorstehung im Einvernehmen mit meiner Firma eine neuerliche Besichtigung der Pfeilerbauten der oberen Enns- und der Steyrbrücke vorgenommen. Diese Besichtigung ergab, daß an keinem der Pfeiler dieser Brücken trotz des mittlerweile stattgehabten aussergewöhnlichen Hochwassers und der stetigen Benützung dieser beiden Brücken irgend eine Deformation zu constatiren war. Weder an den Deck- und Constructionsquadern, noch an der Hackelsteinverkleidung wurden Setzungen oder Risse wahrgenommen, so daß laut commissionellen Befunde angenommen werden muß, daß die seinerzeit bemerkbaren Setzungen ohne jede weitere Folge für die Güte und Standhältigkeit dieser Mittelpfeilers sein werden.

Auf Grund dieses günstigen Befundes ist der Gefertigte in der angenehmen Lage constatieren zu können, daß die demselben übertragenen Arbeiten nach den Vorschriften der Abmachung und den späteren Weisungen nunmehr durchgeführt worden sind und nachdem die Eroeffnung des Verkehres auf dem letztvollendeten Objecte der unteren Ennsbrücke am 11. d. Mts. stattfindet, so beginnt im Sinne des Uebereinkommens die zweijährige Haftung von diesem Tage an. Obwohl somit eine Verpflichtung des Gefertigten nicht vorliegt, für die Güte der hergestellten Arbeiten eine längere als die im Art I der Abmachung vom 15. Juni 1891 festgesetzte zweijährige Haftung einzugehen, erklärt derselbe freiwillig und um hiemit das eigene Vertrauen in die Güte der durchgeführten bezüglichen Herstellungen zu erweisen, die Dauer der Haftung, sowohl für die Güte der gelieferten Baumaterialien als auch für die Solidität und fachmännische Ausführung rücksichtlich des Mittelpfeilers der oberen Ennsbrücke um ein Jahr somit bis 11. August 1895 zu erstrecken, hiebei wird jedoch die gewiß selbstverständliche Bedingung gemacht, daß nach Ablauf der zweijährigen Haftzeit für die übrigen Objecte der entsprechende Cautions-Theilbetrag mit ÖW fl 7500.- ausgefolgt wird und nur ein der bezüglichen Bausumme für diesen Mittelpfeiler conformer aliquoter Theil von ÖW fl 3000.- als restliche Caution für die Dauer dieses dritten Haftungs-

Jahres für denselben zu verbleiben hat. Schlüßlich erlaubt sich der ergebenst Gefertigte um gefällige Anweisung einer weiteren AbschlagsZahlung zu ersuchen, zu welchem Behufe der Vertreter desselben sich beehren wird, den Verdienstausweis zu unterbreiten. Die Section stellt den Antrag, der löbliche Gemeinderath wolle im Sinne des von der Firma Gaertner gemachten Antrages die Verlängerung der Haftpflicht bei dem Mittelpfeiler der oberen Ennsbrücke von zwei Jahre auf drei Jahre, das ist bis 11. August 1895 seine Zustimmung ertheilen. Einstimmig angenommen. - Zahl 17632 6. Die Stadtgemeinde benöthiget laut Voranschlag des städtischen Bauamtes im Jahre 1892/93 folgende Brennmaterialien. 200 Raummeter harte 0.8 m lange Brennscheiter, ferner 37. Tonnen Braunkohle 120 Tonnen Steinkolle und 18 Tonnen Coacks Die Section beantragt, daß die Offertausschreibung sofort zu veranlassen ist und als letzten Termin der 10. September d. Js. zu bestimmen sei. Die Vergebung an die Offerenten wolle der löbliche Gemeinderath der Bausection übertragen. Einstimmig angenommen. Zahl 16468 7. Die Brunnengemeinde in Wieserfeld ersucht um unentgeldliche Ueberlassung einer Fläche von 7.92 m oeffentlichen Grundes zur Errichtung eines WasserReservoirs. Wird über Sectionsantrag einstimmig bewilliget.

Josef Wallergraber, Gasthausbesitzer beabsichtigt in der Gaswerkgasse ein neues Gebäude aufzuführen. Beim Localaugenscheine ergab sich anläßlich Feststellung der Baulinie, daß der Bauherr zur Ausführung des Baues einen kleinen Theil oeffentlichen Grundes in der im Plane ersichtlichen Ausdehrung benöthigt. Die Section beantragt, diesen Grund dem Bauherrn gegen Ueberlassung des im Plane ausgezeigten Privatgrundes abzutreten. Einstimmig angenommen. - Z. 18306 8. Auf Grund des von den Herrn Sachverständigen abgegebenen Gutachtens stellt die Section den Antrag: Den ersten Preis pr. 400 fl dem Herrn Baurath Otto Thienemann den zweiten Preis pr 300 f dem Herrn Architekten M. C. Hinträger und den dritten Preis pr 200 fl dem Architekten Herrn Ludwig Schöne in Wien zuzuerkennen und wolle hiezu der löbliche Gemeinderath seine Zustimmung ertheilen. Einstimmig angenommen. - Z 15790 Ferner wird beschlossen den Herrn Sachverstän digen den Dank schriftlich auszudrücken. IV. Section. Referent Herr Sections-Obmann Stellvertreter Franz Lang. 9. Herr Karl Reder hat die Rückzahlung des auf dem Engelhofe intabulierten StiftungsKapitales pr 4000 fl der Nutzinger'schen Armenstiftung angezeigt. Die Section stellt den Antrag, der löbliche Gemeinderath wolle die angekündigte Kapitals-Rückzahlung pr 4000 fl an

die Johann und Anna Nutzingersche Stiftung zur genehmigenden Kenntniß nehmen und das Amt beauftragen um obigen Betrag eine 5 % steuerfreie Notenrente anzukaufen, dieselbe vinculieren zu lassen um einen entsprechenden Stiftbriefnachtrag seinerzeit dem löblichen Gemeinderathe zur Genehmigung vorzulegen. Behufs gründbücherlicher Löschung dieser Satzpost beziehungsweise Einverleibung derselben für die Sparkasse Steyr ist die erforderliche Cessions-Urkunde auszufertigen und nach Erlag des Betrages dem Schuldner zuzustellen. Herr G.R. Dr. Höfner beantragt mit Rücksicht auf die Convertirung der 5% steuerfreien Notenrente den Ankauf der Staatsrente mit 4 2 % Verzinsung. Der Sectionsantrag wird mit vorstehender Abänderung einstimmig angenommen. - Z. 15031 10. Die Versorgung des Schuldienerdienstes an der KnabenVolkschule in Steyrdorf wird der Schulleitung über deren Ansuchen für das Schuljahr 1892/93 gegen ein Pauschale von 30 fl üb rtragen. Nachdem sich Niemand mehr zum Worte meldet, erklärt der Vorsitzende die Sitzungs um 4 Uhr nachmittag für geschlossen. Der Vorsitzende Die Gemeinderäthe Der Schriftführer

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