Ratsprotokoll vom 26. Juni 1890

Raths-Protokoll aufgenommen am 27. Juni 1890 über die diesjährige VI. ordentliche Sitzung des Gemeinderathes der k.k. l.f. Stadt Steyr. Gegenwärtig. Der Vorsitzende Herr Bürgermeister Johann Berger Die Herren Gemeinderäthe: Anzengruber Leopold Olbrich Hugo Auböck Karl Perz Mathias Göppl Emil Redl Johann Hack Josef Ritzinger Gustav Haller Josef Scholz Johann Schrader August Höfner Friedrich Dr. Tomitz Franz Jäger Anton v. Waldau Turek Josef Kurz Alois Dr. Entschuldigt haben ihr Fernbleiben die Herren G.R. Dr. Hochhauser Johann, Landsiedl Anton, Mayr Anton, Jakob Kautsch u Leopold Huber.

Tagesordnung I. Section. 1. (In vertraulicher Sitzung) Gesuche um Aufnahme in den Gemeindeverband der Stadt Steyr und um Verleihung des Bürgerrechtes. II. Section. 2. Eingabe der Städtischen Amtsdiener und der städtischen Sicherheitswachleute um Erhöhung ihrer Bezüge. 3. Amtsbericht über den Stadtkassa JournalsAbschluss pro Mai 1890. 4 Amtsbericht über die Rechnungsabschlüsse pro 1889. 5. Amtsbericht puto Wiederversteuerung der Hunde pro 1890/91 6. Eingabe des Herrn Hanns Strachowsky wonach er von dem Grundankaufe am Seidlfelde wieder Abstand nehme. 7. Eingabe der Buchdruckerei Firma EmilHaas und Comp. um Abonnirung von amtlichen Ankündigungen in der Meteorologischen und Annoncen Uhr Säule. 8. Gesuch des Vereines der Kinder- und JugendFreunde in Wien um eine Subvention.

II. Section. 9. Ansuchen des Bycicle-Clubs in Steyr um Genehmigung des vorgelegten Fahrordnungs-Entwurfes und um Bewilligung zur Benützung und Erhaltung der Fahrbahn am Karl Ludwig Platze 10. Anschaffung einer Strassenwalze 11. Bericht des Schul-Comités. Beginn der Sitzung 5 Uhr Abends Der Herr Vorsitzende constatirt die Beschlussfähigkeit erklärt die Sitzung für eröffnet und ersucht zu Verificatoren des heutigen Sitzungs-Protokolles die Herren Gemeinderäthe. Anton Jäger von Waldau und Dr. Alois Kurz. Sohin wird zur Erledigung der Tagesordnung geschritten. I. Section Referent Herr Sections Obmann G.R. Anton Jäger von Waldau. 1. Die Herren Franz Hausreiter, Besitzer des Hauses Consc. N°. 378 in Aichet,

Martin Kazda, Gasthauspächter Wehr grabengasse K. N°. 13 und Franz Weidinger, Zimmermeister und Besitzer des Hauses N°. 55 Ramingsteg, werden gemäß des Sectionsantrages einstimmig in den Gemeindeverband aufgenommen und wird denselben das Bürgerrecht verliehen beides gegen Erlag der festgesetzten Taxen. - Z 7957, 10095,10096 II. Section. Referent: Herr Sectionsobmann Gemeinderath Mathias Perz. 2. Die städtischen Sicherheitswachleute bitten in Anbetracht der theuren Lebensverhältnisse und des anstrengenden Dienstes um Erhöhung ihres monatlichen Relutums pr 5 fl mit welchem die Auslagen für Wäsche, Halsbinden, Hand schuhe, Putzzeug und Beschuhung bestritten werden müssen, auf 12 fl. Die hieraus entstehende Mehrbelastung beträgt jährlich pro Mann 84 fl also für 13 Mann zusammen 1092 fl Die Section beantragt vorliegendes

Gesuch in Anbetracht der jetzigen Zeitverhältnisse zu berücksichtigen und den Sicherheitswachleuten ihr monatliches Relutum von 5 fl auf 12 fl zu erhöhen jedoch nur in so lange, bis sich die Verhältnisse ändern und der Dienst wieder ein leichterer sein wird. Dieser Antrag wird einstimmig angenommen. - Z 117 Praes Die städtischen Amtsdiener bitten um Erhöhung ihrer Bezüge auf 400 fl Gehalt und Einhundert Gulden Aktivitätszulage; die bei Gewährung dieses Ansuchens resultirende Mehrauslage beträgt zusammen pro Jahr 275 fl. Die Section beantragt diesem Ansuchen Folge zu geben. Einstimmig angenommen. - Z. 118 Praes Das städtische Kassaamt erstattet über die Geldgebahrung der Stadtkassa im Mai 1890 folgenden Bericht:

Gegenstand Betrag fl xr Einnahmen im Monate Mai 1890 11.650 90 1/2 Kasserest vom Vormonat 6.953 21 1/2 Gesammt Einnahmen im Mai 1890 18.604 12 Ausgaben im Monate Mai 1890 13.817 53 Kasserest für den Monat Juni 1890 4.786 59 Ausser nebigem baren Kassareste pr 4.786 fl 59 xr verfügt die Stadtkasse über eine Reserve Sparkasse Einlage im noch giltigen Betrage pr 58.000 fl daher Ende Mai 1890 zur Disposition verbleiben 62.786 fl 59 xr und betragen bis inclusive Mai 1890 die gesammten Einnahmen 191.363 82 die do. Ausgaben 186.577 23 Städtisches Kassaamt Steyr, am 31. Mai 1890 J. Paarfusser Stadtcassier. V. Jandaurek Rechnungsführer. Das Kassa Journal wurde von den Herren G.R. Mathias Perz und Josef Turek geprüft und richtig befunden. Wirds ohne Debatte genehmigend zur Kenntnis genommen. - Z 9551 4. Die Jahresrechnungen für das Solar Jahr 1889 über die Einnahmen und Ausgaben der Stadtkasse und sämmtlicher unter-

abgesonderter Verwaltung stehenden Fonde sind gemäß § 50 Gemeinde Statutes durch 14 Tage zur öffentlichen Einsicht aufgelegen und sind laut Amtsberichtes vom 6 Juni 1890 gegen dieselben keine Einwendungen erhoben worden. Der Herr Referent verliest aus der Jahresrechnung über die Gebahrung der Stadtkasse die Hauptsumen. Die Section beantragt die vorliegen den Rechnungsabschlüsse zur Kenntniß zu nehmen, die übliche Verlautbarung durch Drucklegung in 300 Exemplaren zu beschliessen und dem Herrn Stadtkassier Johann Paarfusser das Absolutorium zu ertheilen. Dieser Antrag wird einstimmig zum Beschlusse erhoben. - Z. 8719 5. Laut Amtsberichtes vom 3. Juni 1890 geht mit Ende Juli d. Js. der Termin für die Versteuerung der Hunde zu Ende. Die Section beantragt die Einhe-

bung der Hundesteuer pro 1890/91 in gleicher Höhe wie bisher nämlich pro Jahr mit 3 fl für einen Hund zu beschliessen und das Amt mit der Durchführung dieses Beschlusses zu beauftragen. Einstimmig angenommen. - Z 9693 6. Herr Hans Strachovsky zeigt an daß er vom beabsichtigten Grundankaufe am Seidlfelde zurücktrete. Zur Kenntniß. - Z 10476 7. für die Kundmachung der behördlich fixirten Tarife an der meterologischen und Annoncen-Uhr der Firma Haas et. Comp. für ein Jahr werden gemäß des Sectionsantrages welcher vom Herrn G.R. Franz Tomitz unterstützt wurde, 20 fl bewilliget. 8. dem Ansuchen des Vereines der Kinderund Jugendfreunde in Wien um eine Subvention wird gemäß des Sectionsantrages keine Folge gegeben. - Z. 10155. III. Referent: Herr Sectionsobmann Gemeinde rath Mathias Perz. Johann Redl

9. Der Bycicle-Club in Steyr legt eine von ihm entworfene Fahrordnung für Velocipedisten im Polizei Rayon Steyr zur Genehmigung vor und ersucht ihm auch weiterhin die bisher zur Benützung gestattete Fahrbahn auf dem Karl Ludwig Platze gegen Erhaltung derselben von Seite des Clubes, zu überlassen. Die Section beantragt dem BycicleClub zu gestatten, einen Raum am Karl Ludwig-Platze als Fahrbahn gegen jederzeit möglichen Widerruf unter der Bedingung zu benützen, daß die Herhaltung der Fahrbahn auf Kosten des Bycicle-Clubes erfolgt. Einstimmig angenommen. Die Genehmigung der Fahrordnung fällt in die Competenz der Gemeinde-Vorstehung. - Z. 10906 10. Das Städtische Bauamt empfiehlt die

Anschaffung einer Strassenwalze. Nachdem die Anschaffung einer den hiesigen Verhältnissen entsprechenden Strassenwalze sich nicht allein im Interesse einer guten Instandhaltung der Strassen, sondern auch mit Rücksicht auf die voraussichtliche Ersparung von Strassenschotter aus oekonomischen Gründen empfiehlt, beauftragt die Section, der löbliche Gemeinderath wolle zum Zwecke der Anschaffung einer Strassenwalze den Betrag von 900 fl bewilligen und der Bausection die Ermächtigung zur Beschaffung einer geeigneten Strassenwalze ertheilen. Der Antrag wird von den Herren G.R. Anton v. Jäger, Joh. Scholz, Josef Turek unterstützt und einstimmig angenommen. Z. 11341 11. Der Herr Stadtstecretär verliest den Bericht des Comités welches in der letzten Gemeinderaths-Sitzung zur Berathung über die Art der Beschaf-

fung neuer Schullocalitäten eingesetzt würde. Derselbe lautet: In Vollzug des Gemeinderathsbeschlusses vom 30. Mai 1890 Zahl 7638 haben die Gefertigten die Frage der Schaffung weiterer Schullocalitäten im Einvernehmen mit dem Herrn Realschul-Director, dem Herrn Schulinspector und den dermaligen Schulleitern eingehend erörtert. Für das nächste Jahr sind neu erforderlich: 1. ein Lehrzimmer für die Realschule weil voraussichtlich die I. Realschulclasse auch im Schuljahr 1890/91 derart besucht sein dürfte, daß eine Zweitheilung dieser Klasse erforderlich sein wird: die bereits bestehende Parallelclasse bleibt bestehen. 2. zwei Lehrzimmer für die KnabenVolksschule, 3. ein Lehrzimmer für die MädchenSchule und wahrscheinlich auch 4. ein Lehrzimmer für die 3te Abtheilung der ersten Bürgerschulclasse für Knaben.

diese erforderlichen Lehrzimmer sollen in folgender Weise beigestellt wurden: 1. die zwei kleinen Lehrzimmer im rückwärtigen Trakte des ExjesuitenGebäudes wo früher VI. u. VII. Oberrealschulclassen untergebracht waren, sollen durch Entfernung der Mittelwand in ein Lehrzimmer für die Realschule ungestaltet werden. 2. Das Zimmer wo heute der Handfertigkeits-Unterricht des Knabenhortes statt hat und ein Zimmer der Wohnung des Herrn Schulleiters Schmidt (gegen entsprechende Vergütung) sollen für die Knabenvolksschule eingerichtet werden. 3. Die Wohnung der Frau Willner neben der Mädchenschule in der Berggasse soll in ein Lehrzimmer für Mädchen umgestaltet und der Frau Willner eine entsprechende Wohnung in einem Gemeindehause eingeräumt werden.

4. Falls die Dreitheilung der ersten Bürgerschulclasse für Knaben erforderlich, soll der Kindergarten in einem der Gemeindehäusern am Franz Josefplatze untergetracht und das hiedurch im Bürgerschulgebäude freiwerdende Zimmer der Bürgerschule zur Verfügung gestellt werden. Für die Einrichtung dieser 5 neuen Lehrzimmer ist rechtzeitig Sorge zu tragen. Hiermit wäre die Frage der Beistellung der für das nächste Schuljahr weiters erforderlichen Lehrzimmer allerdings nur in einer sehr provisorischen Weise gelöst, denn von den neu beigestellten Lehrzimmern werden nämlich das des Handfertigkeits-Unterrichtes, das heute zur Wohnung des Herrn Schulleiters Schmid gehörige Zimmer und das aus der Wohnung der Frau Willner herzustellende Zimmer theils in Folge zu geringen Raumes und

zu geringer Licht und Luftzuführung, theils wegen ungünstiger Lage, zu Schulzwecken auf die Dauer nicht geeignet erscheinen und kann die Verwendung dieser Localitäten als Lehrzimmer nur in sicherer Aussicht auf baldige Abhilfe geduldet wurden; aus gleichen Gründen erscheinen aber auch von den bestehenden Schulzimmern sechs zu Schulzwecken für die Dauer absolut nicht geeignet und zwar zwei Zimmer im Exjesuiten Gebäude nämlich das ebenerdige neben den Turnsaal wegen viel zu geringer Licht und Luftzuführung und das im I. Stock gelegene Schulzimmer der Classe des Herrn Lehrers Türich wegen zu geringer Luftzuführung und zu geringen Fassungsraumes, ferner die zwei ebenerdigen Schulzimmer im Mädchenschulgebäude wegen zu geringer Luftzuführung

und Raummangels und die zwei Classen im Polizeigefangenhause wo die Mädchen mit den zur Naturalverpflegsstation Zugereisten ein und denselben dunklen Gang und Stiege benützen müssen und aus den übrigens auch räumlich beschränkten Lehrzimmern die Aussicht auf die in der Frohnfestgarten spazierenden Sträflinge haben; in oben erwähnten Zimmern war übrigens eine solche Ausdünstung fühlbar, daß selbst mit dem Schulfach weniger Vertraute derlei Locale als für Schulzwecke nicht greignet erklären müssen. Wenn man nun weiters bedenkt, daß vom Schuljahre 1891/92 an voraussichtlich wieder die Oberrealschulclassen nach und nach eröffnet und sonach für diese die früheren Lehrzimmer, vermehrt durch Parallelclassen erforderlich sein werden, so kann man wohl

nicht mehr das dringende Erfordernis nach Herstellung einer neuen Doppelschule (5 Classen für Mädchen und 5 Classen für Knaben) in Abrede stellen. Nachdem auch die zur Adaptirung zu Schul-Lehr- oder Wohnungszwecken in Aussicht genommenen Privathäuser (Erb, Braunenthal, Buberl, Spitalsky, Ploberger) in Folge verhältnißmässig zu hohen Ankaufs und Adaptirungskosten als ungeeignet erklärt werden mußten und auch durch die eventuelle Umwandlung der Directorswohnung und des Festsaales der Bürgerschule vollkommen entsprechende Schulzimmer nicht geschaffen werden können, abgesehen davon daß es in administrativer Hinsicht höchst wünschenswerth erscheint, wenn in einem grösseren Schulgebäude der Schuldirector wohnhaft ist und aus sanitären

Gründen eine allzugrosse Anzahl Kinder in ein und dasselbe Gebäude nicht untergebracht, werden sollen, so müßte auch das gefertigte Comite zur Uiberzeugung kommen, daß den schon seit längerer Zeit obwaltenden Uibelständen bezüglich der Schullocalitäten nur durch den Bau einer neuen Schule abgeholfen werden kann und hat sich sonach zu nachstehenden Antrag geeinigt. 1tens Der löbliche Gemeinderath möge für nächstes Jahr Eingangs vorgeschlagenes Provisorium genehmigen. 2tens Der löbliche Gemeinderath möge ohne Verzug sich im Principe für den Neubau eines entsprechenden Schulhauses womöglich in den Vorstädten Aichet oder Wieserfeld aussprechen und nach Ausmittlung eines geeigneten Bauplatzes eine Conkurrez für die Vorlage der Baupläne sammt Kostenvoranschlag aus-

schreiben. Das neue Schulgebäude soll eine V classige Knaben und eine V classige Mädchenschule aufnehmen und ist von vornherein, darauf Bedacht zu nehmen, daß wenigstens eine Schulleiters- und eine Schuldieners-Wohnung und ein kleiner Schulgarten vorhanden sind und etwa weiters erforderlich werdende Schulzimmer zweckentsprechend angebaut werden können, damit die leidliche Schullocalitätenfrage hoffentlich für längere Zeit erlediget werde. Was die finanzielle Seite anbelängt, so ist es nach einer aproximativen Schätzung der Praeliminarien pro 1891 und 1892 wahrscheinlich, daß unter Voraussetzung eines entsprechenden unverzinslichen Landesvorschusses die Kosten aus der laufen-

den Gemeindemitteln bestritten werden können. Steyr am 23. Juni 1890. Fritz Hähnel, M. A. Perz, Joh. Redl, Anton v. Jäger, Anton Mayr. Herr Gemeinderath Gustav Ritzinger frägt, wie hoch die Adaptirungskosten der neu zu schaffenden Lehrzimmer sich belaufen, er sei im Principe gegen jede Adaptirung und stimme für die möglichst rasche Durchführung des Baues eines neuen Schulhauses. Herr G.R. Johann Redl erwiedert daß die Adaptirungskosten nicht bedeutend sind. Herr Stadtsecretär betont, daß nur die Adaptirung der Wohnung der Frau Willner von Belang sei. das Comité habe trotz reiflicher Erwägung nur den eben kundgemachten Ausweg gefunden; diese Schulzimmer sind erforderlich und müssen schon für das nächste Schuljahr geschaffen werden. Ein neues Schulhaus

kann vor 1 - 2 Jahren nicht bezogen werden. Darum hat auch das Comité beantragt sich heute im Principe für den Bau eines neuen Schulhauses auszusprechen, damit bald möglichst der Bauplatz ausgemittelt und eine Ausschreibung bezüglich der Pläne sammt Kostenvoranschlag veranlaßt werden könne. Hierauf ersucht Herr G.R. Gustav Ritzinger um das Wort und verliest folgenden Antrag: Die Waffenfabrik in Steyr hat gerade in der letzten Zeit in munificenter Weise für die leiblichen Bedürfnisse ihrer Arbeiterschaft durch Errichtung von Cansumhallen und eines Schlachthauses gesorgt obwohl durch diese Einrichtungen naturgemaß ein grosser Theilunserer hier ansässigen Geschäftsleute bedeutende Schädigung findet. Neben diesen auf die Lebensbedürfnisse der Arbeiterschaft

gerichteten Bestrebungen hätte die Waffenfabrik jedoch schon seit Langem ihre Aufmerksamkeit auch dem geistigen Wohle ihrer Arbeiter zuwenden sollen und dies um so eher, als die geistigen mit den leiblichen Bedürfnissen Hand in Hand gehen. - Zu den letzteren gehört unstreitig das Vorhandensein luftiger, lichter den hygienischen und pädagogischen Anforderungen entsprechendem Locale in welchen die Kinder der Waffenfabriks-Arbeiterschaft ihre geistige Nahrung finden und in welchen sie einen grossen Theil des Tages verbringen müssen. Die bestehenden Schulen genügen heute nicht mehr, sie sind überfüllt durch die grosse Menge der Kinderder Waffenfabriksarbeiter, es muß aber auf diese sowie auf jene Kinder Rücksicht genommen werden, die der heimischen

Bürgerschaft angehören und welche gerade durch die Uiberfüllung der Schulen mit Kindern der Arbeiterschaft in arge Mitleidenschaft gezogen werden. Wenn ich die seitens anderer gewerblicher Unternehmungen in dieser Beziehung zum Wohle ihrer Arbeiterschaft und zur Entlastung der betreffenden Gemeinden geschaffenen Einrichtungen in Betracht ziehe wie die MetallwarenFabrik in Berndorf, welche die dortige Volksschule aus Farbriksmitteln erbaute und der Gemeinde als Geschenk überlassen hat, wenn ich weiters die Aufmerksamkeit der Firma Krupp in Essen gerade dem Schulwesen gegenüber berücksichtige welche 4 Volksschulen, darunter eine 8 classige Doppelschule, Ferner 4 Industrieschulen errichtete und die Kosten der Einrichtung und Unterhaltung

insbesondere die Baukosten und Lehrergehalte aus Fabriksmitteln bestreitet, wenn ich ferner berücksichtige, daß das Erforderniss der Stadtgemeinde Steyr für die hiesige Waffenfabrik durch den erhöhten Sicherheitsdienst durch die vermehrte Brücken- und Strassenerhaltung durch das Armenwesen und die besondere hohen Schulauslagen die von der Waffenfabrik geleisteten Gemeindeumlagen bei Weitem überwiegt, was ich eventuell ziffermässig nachweisen kann, so finde ich, wenn auch keinen gesetzlichen Grund so doch die moralische Verpflichtung vorhanden, daß auch die Waffenfabrik in Steyr zu einer eventuellen, Vergrösserung einer bestehenden Schule oder zu einem Neubau mindestens einen entsprechenden Beitrag aus ihren Mit-

teln bewillige. Ich stelle daher den Antrag der Gemeinderath wolle beschliessen, daß die Stadtgemeinde Vorstehung sich mit der oesterreichischen Waffenfabriks-Gesellschaft betreffs einer entsprechenden Beitragsleistung zum Baue einer Volksschule in Steyr in Verbindung setze respective um eine solche bittlich werde; er bringe diesen Antrag ein in der Hoffnung, daß die Waffenfabrik, die seit jeher alle Unternehmungen in ausgiebiger Weise unterstützt hat, auch in diesem Falle die Unterstützung nicht versagen werde, er sei der Ansicht, daß die Waffenfabriks-Gesellschaft der Gemeinde entgegenkommen werde, da ja diese Auslage dem enormen Aufschwung der Waffenfabrik zuzuschreiben sei. Herr Gemeinderath Johann Scholz bezweifelt, daß wie in der Moti-

virung des eben gebrachten Antrages vorkommt, die durch Waffenfabrik bedingten Mehrauslagen für den Sicherheitsdienst etc. die von derselben gezahlten Umlagen übersteigen. Herr Gemeinderath Ritzinger erklärt, daß sich die von der oesterreichischen Waffenfabriks-Gesellschaft seit ihrem Bestehen, das ist seit dem Jahre 1869, gezahlten Umlagen sich folgendermassen beziffern. Während der ersten drei Jahre wur de in Steyr keine Umlage gezahlt (sondere in Wien), im Jahre 1872 betrug dieselbe 10.000 fl und steigt bis zum Jahre 1883 bis 22.396 fl von da vermindert sich dieselbe bis sie in den Jahren 1886, 1887 rund 4.800 fl beträgt, im Jahre 1889 stieg sie auf 44.907 fl; im Ganzen wurden von dieser Gesellschaftwährend der 18 Jahre circa 372.725 fl an Gemeindeumlage gezahlt, wo-

nach auf ein Jahr durchschnittlichder Betrag von 23.295 fl kommt. Mit dieser Ziffer müsse gerechnet werden. Die ordentlichen Auslagen der Gemeinde sind seit dieser Zeit bedeutend gestiegen; sie betrugen im Jahre 1870, 49.370 fl und im Jahre 1889 176.721 fl. An diesen grossen Auslagen ist die Waffenfabrik mit zwei Drittheilen betheiligt. Die Verwaltungsauslagen sind vom Jahre 1870 bis 1889 von 12.565 fl bis 32.628 fl gestiegen, an welchen Mehrerfordernisse auch die Waffenfabrik grossen Antheil hat; dabei werden die ausserordentlichen Auslagen nicht erwähnt. Herr Gemeinderath Scholz betont, daß dieses Steigen der Ausgaben nicht die Waffenfabrik verursacht habe; übrigens sei dieselbe immer bereit gewesen etwas zu thun, wenn es nothwendig war. Herr Gemeinderath Ritzinger erklärt, daß sich der Gemeinderath nichts vergebe, wenn er an die Waf-

fenfabriks Gesellschaft herantrete, wenn er sie um einen Beitrag bitte. Herr Gemeinderath Scholz stellt sonach den Antrag an die Waffenfabriks-Gesellschaft die Bitte zu richten, daß sie seinerzeit zum Schulhausbaue einen Beitrag leiste. Herr Gemeinderath Hack befürwortet den Antrag des Herrn Ritzinger. Herr Gemeinderath v. Jäger findet die sen Antrag etwas verfrüht, er meine, daß die Waffenfabriks-Gesellschaft wenn sie von dem Antrage hört aus eigenen Antriebe einen Beitrag zum Schulhausbaue geben werde, da doch seinerzeit der verstorbene General Director Herr Josef Werndl einen Grund zum Schulhausbaue der Gemeinde geschenkt habe; er sei dafür in dieser Angelegenheit eine wartende Stellung einzunehmen, er sei daher gegen den Antrag des Herrn Ritzinger. Herr GR. Ritzinger, erklärt, daß

er gegen die Ansicht des Herrn v. Jäger nicht sei, ihm sei nur darum, einen Beitrag zu erhalten; auf welche Weise, sei gleichgiltig. Herr G.R. Tomitz spricht dem Comité im Namen der Schule für dessen Mühewaltung den Dank aus und betont, daß die Waffenfabriks-Gesellschaft die Gemeinde bei allen im öffentlichen Interesse gemachten Auslagen unterstützt habe und auch in diesem Falle einen Beitrag widmen werde. Herr Gemeinderath Dr. Kurz unterstützt den Antrag Ritzinger. Nach dieser Debatte leitet der Herr Vorsitzende die Abstimmung ein. Bei dieser Abstimmung werden beide Anträge des Comités einstimmig angenommen. Vor der Abstimmung über den Antrag des Herrn Gemeinderathes Ritzinger bringt Herr Gemeinderath Perz die Ansicht zum Aus-

drucke, daß er diesen Antrag auch für verfrüht, man soll warten bis die Kosten des Schulhausbaues festgestellt seien. Z 11442 & 11443 Herr Gemeinderath Ritzinger, erklärt seinen Antrag gemäß des Antrages des Herrn G.R. Scholz durch die Einfügung des Wörtchens "seinerzeit" zu ergänzen. Sodann wird dieser Antrag per majora zum Beschlusse erhoben. (3 Stimmen dagegen) Da sich niemand mehr zum Worte meldet, erklärt der Herr Vorsitzende die Sitzung um 6 Uhr Abends für geschlossen. Der Vorsitzende: Die Gemeinderäthe: Der Schriftführer:

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2