Raths-Protokoll aufgenommen am 10. August 1888 über die diesjährige II. ausserordentliche Sitzung des Gemeinderathes der kk. l.f. Stadt Steyr Gegenwärtige: Der Bürgermeister Herr Johann Berger als Vorsitzender. Der Vicebürgermeister Herr Leopold Putz. Die Herren Gemeinderäthe: Anzengruber Leopold Olbrich Hugo Auböck Karl Perz Mathias Holub Karl Ploberger Franz Redl Johann Huber Leopold Jäger Anton v. Waldau Schrader August Scholz Johann Kautsch Jakob Kurz Alois Dr. Stierhofer Alois jun. Landsiedl Anton Tomitz Franz Mayr Anton Turek Josef Der Schriftführer Stadtsecretär Fritz Hähnel. Entschuldigt sind die Herren G.R. Dr. Johann Hochhauser und Franz Lang.
Tagesordnung 1. Mittheilungen 2. Erlass des hohen k.k. Cultus und Unterrichts-Ministeriums ddto. 20 Juli d.Js. in Angelegenheit der nachgesuchten Reaktivirung der Oberrealschule in Steyr, intimirt mit Erlaß der k.k. Statthalterei ddto. Linz am 27 Juli d.Js. Zahl 2018 Beginn der Sitzung 5 Uhr Nachmittags. Der Herr Vorsitzende constatirt die Beschlusfähigkeit, erklärt die Sitzung für eröffnet, ersucht zu Verifikatoren des heutigen Sitzungs-Protokolles die Herren G.R. Anton Landsiedl und Anton Mayr und erstattet hierauf folgende Mittheilungen 1. a. Die zwei freiwilligen Feuerwehren in Steyr veranstalten Sonntag den 19. August d.Js. um 5 Uhr Nachmittags eine gemeinschaftliche Uibung bei welcher
die beiden Dampfspritzen in Verwendung kommen; nach der Uibung wird im Casino eine Festkneipe abgehalten, wozu der löbliche Gemeinderath freundlichst eingeladen ist. Zur Kenntniß. - Z. 11197 b. Vom Comité der diesjährigen Obstausstellung in Steyr ist folgende Zuschrift eingelangt: Löbliche Gemeinde Vorstehung. - In Erledigung meines Einschreitens vom 16. Juli l.Js. Z. 10321 hat die löbliche Gemeinde-Vorstehung laut Intimation vom 31. Juli in der Sitzung vom 27. Juli l.Js. für die Obstausstellung in Steyr 1888 den Förderungsbeitrag pr 500 fl gewidmet und ausserdem gestattet, daß vorhandene Decorations- und Einrichtungs-Gegenstände benützt werden können. Ich spreche der löblichen GemeindeVorstehung für diese bedeutende Widmung, welche den patriotischen Geist und das volle Verständniß für Zweck und Bedeutung der Ausstellung documentirt,
den verbindlichsten Dank aus und bin überzeugt, daß dieser Akt in den weitesten Kreisen die volle Billigung und Anerkennung finden wird. Für das Comité der Obstausstellung 1888 in Steyr der Obmann Dr. Julius Seidl. Steyr am 2. August 1888. Zur Kenntniß. - Z. 11082. c. Das städtische Kassaamt berichtet daß seitens der Steyrthalbahn die aus Gemeindemitteln vorschußweise bestrittenen Vorauslagen pr 13362 fl 55 xr sammt 5 % Zinsen pr 878 fl 34 xr am 30. Juli d.Js. der Stadtcassa rückvergütet worden sind. Zur erfrenlichen Kenntniß. - Z. 10939 d. Vom k.k. Kreisgerichts-Praesidium in Steyr ist folgende Zuschrift eingelangt: Z. 1125 Praes Note. - Mit Bezug auf die geschätzte Note vom 21. Juli 1888 ad Z. 9566 wird in Gemäßheit der von dem hohen k.k. Praesidium des Oberlandesgerichtes in Wien mit Dekret vom 4. August l.Js.
Z. 6673 Prs, ertheilten Ermächtigung 1. die Zustimmung zur projectirten Wassereinleitung in das im hierortigen k.k. Kreisgerichts Gebäude untergebrachte Feuerwehr Depot I versagt und dagegen 2. die Ausführung der von der löblichen Gemeinde Steyr auf deren Kosten bereits bewilligten Pflasterung des vorgedachten Locales im Interesse der Sicherung des Kellergewölbes zur Bedingung der ferneren Belassung der Dampf-Feuerspritze an Depot N°. I gesetzt. Hievon wird die löbliche Stadtgemeinde-Vorstehung in Erledigung der obigen Note unter Rückschluß der hieramtlichen Note vom 3. Juli 1888. Z 941 Prs dann der Eingabe der freiwilligen Feuerwehr Steyr Z. 7166, des Protokolles vom 25. Mai 1888 und des Situationsplanes zur gefälligen Kenntniß
nahme und Entsprechung der unter 2 gesetzten Bedingung verständigt.- Steyr den 7. August 1888. Für den k.k. Praesidenten Der k.k. Landesgerichtsrath: Löhnert. Einstimmig zur Kenntniß. - Z 1127 e. Bezüglich des Durchbruches des Teufelsbaches beim letzten Hochwasser und der hiedurch entstandenen Schäden liegt ein ausführlicher Amtsbericht vor und erlaubt sich das Amt zu beantragen, daß die löbliche k.k. Bezirkshauptmannschaft ersucht werde nunmehr gemäß der bereits im Jahre 1879 gepflogenen Erhebungen und gemäß der nun von hieramts gestellten Anträge über die nothwendigen Regulierungsarbeiten amtszuhandeln und zu entscheiden. Wird einstimmig der Amtsantrag
zum Beschlusse erhoben. - Z. 11206 2. Referent: Sectionsobmann Herr G.R. Anton Mayr Ist nachstehender Erlaß herabgelangt. An den Gemeinderath der l.f Stadt Steyr. - Laut des Erlasses des hohen k.k. Ministeriums für Cultus & Unterricht vom 20. Juli d.Js. Z. 9935 wird dem Gemeinderathe über die hier beiliegende und unmittelbar dem hohen Ministeriumvorgelegte Eingabe, in welcher der selbe bittet, daß die drei Oberrealschul-Classen daselbst als Communal-Oberrealschule reactiviert werden und daß die V. Realschulclasse schon mit Beginn des Schuljahres 1888/89 wieder eröffnet werden dürfe, eröffnet, daß der Herr Minister für Cultus und Unterricht das Bestreben der Stadtgemeinde Steyr eine vollständige Mittelschule
zu besitzen, voll würdige und daß der Herr Minister die Opfer anerkenne, welche diese Gemeinde für die Erhaltung der oberen Realschulclassen daselbst bereits gebracht hat und auch fernerhin zu bringen sich bereit erklärt, daß er aber trotzdem zu seinem Bedauern auf das vorliegende Ansuchen nicht einzugehen vermag, da einerheits nach §. 6 des oberoesterreichischen Realschulgesetzes vom 30. April 1869 eine Oberrealschule nicht für sich sondern nur in Verbindung mit einer Unterrealschule bestehen kann, andererseits aber die Verbindung von Communal-Oberrealschulclassen mit der verbleibenden StaatsUnterrealschule zu einer einheitlichen Realschule nicht zugestanden werden kann. Ferner wird der Gemeinderath
auf den mit dem Erlasse der k.k. o.oe. Statthalterei vom 6. Juli 1888 Zahl 8254 intimirten und an die Stadtgemeinde Vorstehung in Steyr gerichteten hohen Unterrichts-Minist. Erlasse vom 24. Mai 1888 Zahl 20349 ex 1887 betreffend die Errichtung einer aus Staatsmitteln zu subventionierenden Handwerkerschule in Steyr aufmerksam gemacht. Es dürfte sich daher nach dem Eingangs citirten hohen Unterrichts-Ministerial-Erlasse für den Gemeinderath von Steyr empfehlen in Erwägung zu ziehen, ob nicht die Gemeindemittel durch die Kosten welche mit der etwaigen Errichtung und Erhaltung der letzterwähnten Anstalt verbunden sind in einem Umfange in Anspruch genommen werden, wodurch weitere Communalbeiträge für Mittelschulzwecke ausgeschlossen würden.
Es wird daher zunächst abgewartet werden müssen, ob die Handwerker Schule in Steyr errichtet wird oder nicht. Erst wenn diese Frage endgiltig entschieden sein wird, kann die weitere Frage in Erwägung gezogen werden, ob und in welcher Weise dem Wunsche der Stadtgemeinde Steyr nach dem Bestande einer vollständigen Mittelschule daselbst, etwa durch Umwandlung der Staats-Realschule in ein Gymnasium entsprochen werden könnte. - Linz den 27. Juli 1888. Für den k.k. Statthalter L. Metternich. Die Section hat sich an der Hand eines vom Herrn Gemeinderathe Dr. Johann Hochhauser vorliegenden Gutachtens über folgenden Antrag geeinigt: Die Stadt Steyr zählt heute mehr als 20.000 Einwohner, baut
eben aus Gemeindemitteln eine Jäger Kaserne und hat es unternommen aus ihren und der Bevölkerung-Beiträgen das bevölkerte industriereiche Hinterland Steyr aufwärts durch eine LokomotivEisenbahn mit der Stadt zu verbinden, wovon die Strecke SteyrGrünburg pr 20 Kilometer mit dem nächsten Frühjahr eröffnet wird. Steyr wird demnach schon im nächsten Frühjahre durch zwei Eisenbahnen mit den Gebirgsthälern der Enns und Steyr verbunden sein, bis zu deren Ursprung keine Mittelschule besteht; die Bevölkerung dieser Stadt ist sonach im Zunehmen und die Stadt selbst in weiterer Entwicklung begriffen. In keinem civilisirten und wohlorganisirten Staate Europas wird es eine Stadt von dieser Bedeutung geben, wo die einzige Mittelschule
ohne Ersatz beseitigt wird und gar keine höhere Lehr-Anstalt existirt, im Gegentheile haben Städte von dieser Einwohnerzahl und industrieller Bedeutung durchwegs mehrere Mittelschulen und erscheint unsere Stadt in dieser Richtung ganz ungerechtfertigt vernachlässigt und bildet in dieser Art geradezu ein Unicum unter allen Städten Oesterreich und Deutschlands. Da die wenigsten Eltern in der Lage sind ihre Söhne auswärts studiren zu lassen, hat der Gemeinderath schon am 11. Mai d.Js. einstimmig beschlossen, die aufgelassene Oberrealschule auf Kosten der Gemeinde zu übernehmen und um die Reaktivirung dieser Schule noch in diesem Studienjahre bittlich zu werden, damit die Schüler der Unterrealschule übertreten können und nicht auch die Unterrealschule gänzlich eingehe. Der Gemeinderath hat sich der
Hoffnung hingegeben, daß ein solches Opfer im Interesse der Bildung von Seite eines hohen k.k. Cultus- und Unterrichts-Ministeriums mit Freuden begrüßt werde und kann nur sein tiefstes Bedauern aussprechen, daß selbst diesem Opfer für höhere Ausbildung Schwierigkeiten formeller Natur entgegengebracht werden, nachdem von Seite der Gemeinde der hohen UnterrichtsVerwaltung über die zweckentsprechende Verbindung der k.k. Unterrealschule mit der Oberrealschule in keiner Weise vorgegriffen wird. Es handelt sich ja eben nur um die Erhaltung der Oberrealschule, die Form hiefür, ob staatlich, ob communal, kann ja von der hohen Unterrichts-Verwaltung gegebenen Falles nach Belieben gewählt werden. Mit Freuden würde es die Stadt Steyr auch begrüssen, wenn gleich-
zeitig die Frage wegen Errichtung eines Gymnasiums in Erwägung gezogen würde, allein sie besorgt, daß von der Erwägung bis zur Thatsache vielleicht Jahre vergehen während welcher Zeit aber die Bevölkerung jeder Mittelschule entbehren müßte und sonach gezwungen wäre alle Studirenden nach auswärts zu geben, oder auf die Ausbildung talentirter Söhne zu verzichten. Aus diesem Grunde legt der Gemeinderath der k.k. l.f. Stadt Steyr auf die vorläufige Reaktivirung der Oberrealschule noch in diesem Studienjahre das Größte Gewicht und ersucht und beauftragt den Herrn Bürgermeister im Sinne vorstehender Ausführungen die weiteren Schritte beim hohen k.k. Cultus und Unterrichts-Ministerium unverzüglich einzuleiten. Der Herr Vorsitzende erklärt die Debatte für eröffnet.
Herr Gemeinderath Anton Jäger von Waldau stellt den Antrag es möge der Sectionsantrag en bloc angenommen werden. Dieser Antrag wird einstimmig zum Beschlusse erhoben. - Z. 11164 Hierauf Schluß der Sitzung 6 Uhr Abends. Der Vorsitzende Die Gemeinderäthe Der Schriftführer
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