Ratsprotokoll vom 11. Mai 1888

Protokoll aufgenommen über die V. diesjährige ordentliche Gemeinderathssitzung vom 11. Mai 1888. Gegenwärtige: Als Vorsitzender: Herr Bürgermeister Johann Berger. Der Vice-Bürgermeister: Herr Leopold Putz. Die Herren Gemeinderäthe: Anzengruber Leopold Kautsch Jakob Kurz Alois Dr. Auböck, Karl Haller Josef Ploberger Franz Hochhauser Johann Dr. Scholz Anton Huber Leopold Schrader August Jäger Anton von Waldau, Stierhofer Alois Lang Karl Tomit Franz Mayr Anton Turek Josef Schriftführer: Herr Concepts-Practicant Franz Rosenberg. Entschuldigt haben ihre Abwesenheit die Herren Gemeinderäthe Emil Göppl, Karl Holub, Anton Landsiedl, Hugo Olrich, Mathias Perz und Johann Redl. Beginn der Sitzung 5 Uhr N. M. Der Herr Vorsitzende constatirt die Beschlußfähigkeit erklärt die Sitzung für eröffnet und erstattet folgende Mittheilungen. a. Über Anregung des Herrn Gemeinderathes Perz in der letzten Gemeinderatssitzung wurde das Bauamt beauftragt, bei den öffentlichen Mistwägen am Quai eine Warnungstafel anzubringen, wornach das Ableeren von warmer oder glimmender Asche nach §. 459 St.G. verboten ist. Zur Kenntniß, Z. 6016 b. Über Anregung des Herrn Gemeinderathes Franz Ploberger in der letzten Gemeinderathssitzung wurde das Bauamt beauftragt die Trassirung und Kostenberechnung der Anlage einer Zufahrtsstrasse von Steyrdorf zum Steyrthalbahnhof vorzunehmen und sind diese Vorarbeiten bereits im Zuge. Z. 5966.

c. Ist folgendes Schreiben eingelangt: An die löbliche Gemeinde-Vorstehung Steyr. Der Deutsche und österr. Alpenverein hält seine General-Versammlung resp. Jahresfest, zu welchem sich stets eine große Anzahl Mitglieder aus allen Theilen Österreichs und Deutschlands einfinden alljährlich in einer anderen Stadt ab. In den letztverflossenen Jahren fanden derartige Feste in Salzburg, Rosenheim. Villach und im Vorjahre in Linz statt. Das diesjährige Fest wird im September in Lindau abgehalten. Die jeweilige Versammlung bestimmt den Festort für das nächste Jahr. Es ist nun dermalen gegründete Aussicht vorhanden, daß über Bewerbung der Section Steyr des deutschen und österr. Alpenvereines unserer Stadt die Auszeichnung zu Theil würde, als Festort für das Jahr 1889 bestimmt zu werden. Die Sektion Steyr ist der Ansicht, daß die Abhaltung dieses Festes hierorts sehr im Interesse der Stadt gelegen wäre, dieselbe ist auch gerne bereit die mit der Inscenirung desselben verbundenen Mühen zu übernehmen. Um aber dieses Fest derartig zu gestalten, daß es sich den Vorangegangenen würdig anzureihen vermag ist es nöthig, daß sich alle Kreise der Bevölkerung für dasselbe interessiren und vor allem, daß die Section auf eine kräftige Förderung und Unterstützung von Seite der löblichen Gemeinde-Vertretung rechnen kann. Die gefertigte Section erlaubt sich daher dieses Project dem Wohlwollen der löblichen GemeindeVertretung zu empfehlen und zu bitten, die löbliche Gemeinde-Vertretung wolle, wie dies bisher an jedem Festorte der Fall war, gleichzeitig mit der hiesigen Alpenvereins-Section eine bezügliche Einladung an den Central-

Ausschuss des deutschen und österreichischen Alpenvereines richten. Steyr am 2. Mai 1888 für die Section Steyr des deutschen u. österr. Alpenvereins Dr Krakowizer mp Josef Reich mp. Vorstand Schriftführer Herr Gemeinderath Tomitz spricht sich dahin aus, der Einladung der Section des deutschen und österreichischen Alpenvereines in Steyr nachzukommen. Herr Gemeinderath Kautsch stellt hierauf den Antrag, es möge der Gemeinderath beschließen, daß der Herr Bürgermeister an den Ausschuß des deutschen und österreichischen Alpenvereines ein Schreiben sende, mit welchem dieser Verein eingeladen werde, die Generalversammlung resp. das Jahresfest pro 1889 in Steyr abzuhalten. Dieser Antrag wird einstimmig zum Beschluße erhoben. Z. 6513 Hierauf schreitet der Herr Vorsitzende zur Erledigung der Tagesordnung. I. Section. Referent: Sectionsobmann Herr Gemeinderath Anton Jäger von Waldau 1. (vertraulicher Sitzung) a. Frau Josefa Mikusch, geborne Moser, Schuhmachermeisterswitwe, hat um Aufnahme in den Gemeindeverband angesucht. Die Section beantragt diesem Ansuchen gegen Erlag der festgesetzten Taxe folge zu geben. Dieser Antrag wird vom Herrn Gemeinderath Tomitz unterstützt und sohin einstimmig zum Beschluße erhoben. Z. 5814 b. Dem Ansuchen des Josef David Neumayer, Feilhauer und Hausbesitzer C. Nr. 341 in Aichet, um Verleihung des Bürgerrechtes wird gemäß des Sectionsantrages einstimmig folge gegeben. Z. 6842. 2. An den Gemeinderath der Stadt Steyr ist ein

Gesuch, welches von 9 Schuhmachermeistern gefertigt ist einlangt, welches dahin gerichtet ist, daß der Punkt 9 der Marktordnung vom 20. Februar 1866, nach welchem der auf dem täglich stattfindenden sogenannten kleinen Markte der Verkauf von Schuhwaaren beim Dominikanerbrunnen gestattet ist, dahin abgeändert werden möge, daß nur an Wochenmarkttagen vor der Dominikanerkirche Schuhwaaren öffentlich verkauft werden dürfen. Das Amt hat dieses Ansuchen, als den jetzigen geschäftlichen Verhältnissen entsprechend befürwortet und dabei empfohlen, die Marktordnung überhaupt einer zeitgemäßen Revision zu unterziehen und mit dieser Aufgabe ein aus etwa 4 Herren des Gemeinderathes bestehendes Comté zu betrauen. Die Section beantragt auf eine Revision der bestehenden Marktordnung nicht einzugehen und dem vorliegenden Ansuchen in der Weise entgegenzukommen, daß die dermalen hart am Trottoir aufgestellten Markthütten für Schuhwaaren-Verschleiß an die Stelle, wo früher der Dominikanerbrunnen gestanden ist verlegt werden. Dieser Antrag wird nach kurzer Debatte einstimmig zum Beschluße erhoben Z. 6059 II. Section. Referent: Sections-Obmann Stellvertreter Herr Gemeinderath Turek. 3. Resultat über die Gebarung bei der Stadtkassa in Steyr im Monat April 1888. Einnahmen im Monat April 1888 140.395 fl 77 xr Cassarest vom Vormonat 7.666 fl 31 xr Gesammt Einnahmen im April 1888 148.062 fl 8 xr Ausgaben im Monat April 1888 93.054 fl 36 1/2 xr Kassarest für den Monat Mai 1888 55.007 fl 71 1/2 xr und betragen vom Jahresbeginne bis inclusive

April 1888 die gesammten Einnahmen 183.990 fl 13 1/2 xr Die gesammten Ausgaben 128.982 fl 42 xr Städtisches Cassamt Steyr am 30. April 1888. J. Paarfusser mp. Stadt Cassier Jandaure mp. Rech- nungsführer. Das Cassa-Journal wurde durch die Herren Gemeinderäthe Alois Stierhofer und Josef Turek geprüft und richtig befunden und wird dieser Bericht gemäß des Sectionsantrages zur Kenntniß genommen. Z. 6523 Herr Karl von Koller hat um Zahlung eines Betrages von 347 fl 02 xr sammt 6 % Verzugszinsen seit 3 Jahren und Einbringungskosten für den von ihm im Jahre 1858 bestrittenen Kaufpreis für ein von der Gemeinde übernommenes Eisengitter angesucht. Dieses Gesuch wurde vom Herrn Bürgermeister dem Herrn Dr Johann Hochhauser mit dem Ersuchen um Abgabe eines Rechtsgutachtens übermittelt, welches derselbe dahin erstattete, daß dem Ansuchen Folge gegeben werde aus folgen- den Gründen: Aus den Vorakten ergibt sich, daß vom damaligen Bürgermeister Gaffl das fragliche Eisengitter bestellt wurde und zwar für Zwecke der Gemeinde und daß sich Gaffl zu einer Beitragsleistung von 100 fl und Dr. Kompaß zu einer Beitragsleistung von 50 fl für dieses Gitter herbeigelassen haben. Wenn auch die Einzahlung des Dr. Kompaß nicht nachgewiesen ist, so liegt aus den Kassaakten erwiesen vor, daß Herr Bürgermeister Gaffl 168 fl zu diesem Zwecke einzahlte und es liegt ein Gemeinderathsbeschluß vor, wornach die Gemeinde für dieses Gitter 147 fl bewilligte. Die Gemeinde hat hierauf dieses Gitter übernommen und ist heute noch im Besitze desselben. Im Protokolle über die Gemeinderatssitzung vom 14. Juni 1862 bestätigt die Gemeinde die

Anschaffung dieses Gitters. Es kann also kein Zweifel bestehen, daß die Gemeinde zur Auszahlung der Kosten für dieses Gitter verpflichtet ist, weil der Bürgermeister mit Wissen und Zustimmung der Vertreter der Gemeinde dieses Gitter bestellte. Herr Gemeinderath Dr. Hochhauser stellt in längerer Rede den ganzen Sachverhalt dar, gemäß welchem er sein Rechtsgutachten abgegeben hat Hierauf wird der Antrag der Section, dem Ansuchen des Herrn Karl von Koller um Zahlung des vom bestrittenen Kaufschilling per 342 fl 02 xr sammt 6 % Verzugszinsen seit 3 Jahren und Einbringungskosten Folge zu geben, nach kurzer Debatte mit allen gegen 2 Stimmen zum Beschlusse erhoben. Z. 5787 5. Herr Baumeister Anton Plochberger hat um Ausfolgung seines restlichen Guthabens aus der Bauführung im St. Anna Spitale pr 3494 fl, welchen Betrag er seinerzeit bis 26. November 1889 unverzinslich liegen zu lassen sich verpflichtet hatte gegen Vergütung der 4 1/2 % Zinsen bis 26. November 1889, angesucht. Die Section beantragt dem Gesuchsteller Anton Plochberger den restlichen Betrag per 3494 fl unter Abzug der 4 1/2 % Zinsen vom 1. Juli 1888 bis 26. November 1889 im Betrage von 218 fl 35 xr auszubezahlen. Dieser Antrag wird einstimmig zum Beschlusse erhoben. Z. 5966 6. Dem Ansuchen des Philosophen-Unterstützungsvereines an der k. k. Universität in Wien um einen Unterstützungsbeitrag für das Jahr 1887/8 wird gemäß des Sectionsantrages einstimmig keine Folge gegeben. Z. 6538 7. Das städtische Polizei-Inspektorat hat um Anschaffung von 12 Stück Regenmäntel aus

wasserdichten Stoff angesucht. Die Section beantragt diesem Ansuchen Folge zu geben und die Anschaffung im Offertwege zu veranlassen. Dieser Antrag wird einstimmig zum Beschlusse erhoben. Z. 5963. IV. Sektion. Referent: Sectionsobmann Herr Gemeinderath Anton Mayr. 8. Die hohe k.k. Statthalterei hat mit Erlaß vom 2. April 1888 Z. 395 der Stadtgemeinde die Anschaffung eines Desinfectionsapparates neuerer Construktion dringend nahe gelegt. Der Stadtarzt Herr Dr. Krakowitzer hat die Anschaffung eines beweglichen Desinfctions-Apparates der Firma Thursfield in Wien als den Verhältnissen am besten entsprechend empfohlen. Auf Grund dieses beantragt die Section die Anschaffung eines beweglichen DesinfectionsApparates von der Fabrik Thursfield in Wien zum Preise von 285 fl zu beschließen. Der Sectionsantrag wird nach kurzer Debatte einstimmig zum Beschluße erhoben. Z. 5488. 9. Hierauf bringt der Herr Referent die von dem mit Gemeinderathsbeschluße vom 20. April 1888 zur Vornahme der zur Reactivirung der hierstädtischen k. k. Realschule zweckdienlichen Vorarbeiten eingesetzten Comité redigirte Eingabe an das hohe k.k. Ministerium für Cultus und Unterricht zur Verlesung. Die Section beantragt diese Eingabe im Deputationswege dem hohen k.k. Ministerium für Cultus, und Unterricht zu überreichen und in die Deputation den Herrn Bürgermeister und zwei Herrn Gemeinderäthe zu entsenden. Herr Gemeindrath Kautsch betont in längerer Rede, welche schwere Folgen die Auflösung

der k.k. Oberrealschule in Steyr für die Bevölkerung Steyr mit sich geführt. Das Opfer, welches die Stadt Steyr durch Erhaltung der Oberrealschule aus communalen Mitteln bringe, sei kein so unerschwinglich großes und stehe in einem ungleich kleinem Verhältnisse zu dem was der Stadt durch Erhaltung der Oberrealschule genützt wird. Er empfehle einstimmige Annahme des Setionsantrages. Herr Gemeinderath Dr. Johann Hochhauser schließt sich den Ausführungen des Herrn Vorredners an, und betont, daß ein Ansuchen um Reactivirung der k.k. Oberrealschule auf Staatskosten jedenfalls nicht aufrecht erlediget wurde. Es drehe sich nur um die Frage, ob sich die Kosten, welche die Gemeinde für die Erhaltung der Oberrealschule aus communalen Mitteln auf sich zu nehmen ausspricht, lohnen; das bejaht er, denn mit der Oberrealschule falle auch die Unterrealschule, da auswärtig wohnende Familien ihre Kinder nicht mehr nach Steyr geben werden. Es handle sich daher nicht nur um die Erhaltung der Oberrealschule, sondern überhaupt einer Mittelschule für Steyr. Die Strömung sei, derzeit den Realschulen nicht besonders günstig; auch in den 70er Jahren sei eine solche Strömung gewesen. Diese Strömung habe sich damals nicht lange halten können und sei er überzeugt, daß sich auch die jetzige feindliche Stellungsnahme gegen die Realschulen, nicht lange halten werde. Es handle sich hier demgemäß nur um die Herstellung eines provisorischen Zustandes, der wieder in anderer Form sein Lösung finden

könne; er empfehle die einstimmige Annahme des Sektionsantrages. Sodann stellt Herr Gemeinderath Kautsch den Antrag in die im Sectionsantrage erwähnte Deputation die Herrn Bürgermeister Johann Berger, Dr. Johann Hochhauser und Franz Tomitz zu entsenden. Der Sectionsantrag mit dem Zusatzantrage des Herrn Gemeinderathes Kautsch wird hierauf einstimmig zum Beschluße erhoben. Der Antrag des Herrn Gemeinderathes Scholz dem Herrn Wilhelm Freiherrn von Tunkl für die werkthätige und erfolgreiche Unterstützung der Gemeinde in Angelegenheit ihres Kasernbaues den Dank auszusprechen wird einstimmig zum Beschluße erhoben. Nachdem sich Niemand mehr zum Worte meldet, erklärt der Herr Vorsitzende die Sitzung um 6 1/4 Uhr für geschlossen. Der Vorsitzende Die Gemeinderäthe Der Schriftführer

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