Ratsprotokoll vom 4. November 1887

Raths-Protokoll. aufgenommen am 4. November 1887 über die diesjährige XVIte ordentliche Sitzung des Gemeinderathes der k.k. l.f. Stadt Steyr Gegenwärtige. Der Vorsitzende Herr Bürgermeister kaiserl. Rath Georg Pointner. Der Herr Vicebürgermeister Leopold Putz Die Herren Gemeinderäthe Landsiedl Anton Anzengruber Leopold Brandl Friedrich Mayr Anton Breselmayr Franz Olbrich Hugo Haller Josef Perz Mathias Holub Karl Redl Johann Huber Leopold Schrader August Jäger Anton v Waldau Turek Josef Schrittführer Herr Stadt Secretär Fritz Hähnel Entschuldigt haben sich die Herren G.R. Kautsch Jakob und Tomitz Franz

Tages-Ordnung Mittheilungen I. Section. 1. Recurs des Anton und der Marie Zarbl gegen die Entscheidung des Armenrathes Steyr wegen Verweigerung eines Unterstandes. II. Section. 2. Amtsbericht über das Erträgnis des diesjährigen Herbstjahrmarktes: III. Section. 3. Protokoll über die Collaudirung der zwei neuen städt. Zinshäuser am Seidlfelde. IV. Section. 4. Verleihung einer Leopold Pacherschen Pfründe pr täglich 17 1/2 xr und Antrag des Armenrathes Steyr auf Entziehung einer solchen Pfründe. Beginn der Sitzung 5. Uhr Nachmittags. Der Herr Vorsitzende constatirt die Beschlußfähigkeit, erklärt die Sit-

zung für eröffnet, ersucht zu Verifikatoren des heutigen Sitzungs-Protokolles die Herren G.R. Josef Haller und Karl Holub und erstattet sodann folgende Mittheilungen: a. Herr Gseneraldirections-Rath Adolf Seyschab hat in Folge seiner Uibersiedlung nach Wien sein Mandat eines Mitgliedes des Gemeinderathes der Stadt Steyr mit heutigen zurückgelegt und hat sich soeben von den Herren Mitgliedern des Gemeinderathes freundlichst verabschiedet. Wird mit lebhaften Bedauern zur Kenntniß genommen und über Antrag des Herrn Vorsitzenden einstimmig beschlossen dem Herrn Generaldirectionsrath für sein sehr ersprießliches Wirken als Mitglied des Gemeinderathes den Dank und die vollste Anerkennung, seitens des Gemeinderathes schriftlich zu übermitteln. b. Anläßlich der Verlegung der Einnahmen-Controle von Steyr nach Wien scheidet demnächst der größte Theil der bisher in Steyr domicilirenden Herren Beamten der

oesterr. Staatsbahnen. Dem löblichen Gemeinderathe der Stadt, welcher mit den Herren Beamten zahlreiche Freunde unserer Stadt scheiden sieht, geziemt es wohl zu Ehren der scheidenden eine gesellige Abschiedsfeier zu veranstalten. Beschluß einstimmig nach Antrag und wird besagte Feier am d. 5. l.Mts. Abend in den Casino-Localitäten abgehalten werden. c. Wie bekannt, wurden mir (dem Bürgermeister) in der letzten Gemeinderaths-Sitzung von den auf die Stadt Steyr entfallenden Sparkassa-Reservefondzinsen ein Betrag von 1359 fl 32 1/2 xr für besondere Wohlthätigkeitszwecke zur Verfügung gestellt. Bei dem Umstande als mir zur ausserordentlichen Handbetheilung für bedürftige ohnehin noch ein hinreichender Fond aus der vorjährigen Widmung zur Verfü-

gung steht, so sehe ich mich in die angenehme Lage versetzt von der wohlmeinenden Verwendung des mir zugewiesenen Betrages in nachstehender Richtung Gebrauch machen zu können und zwar a. für die städtische freiwillige Feuerwehr zur Anschaffung einer DampfSpritze den Betrag pr 1000 fl b. für ein zweijähriges SchülerStipendium speziell für den Messerer Curs an der hiesigen Fachschule 300 fl c. und zur Instandhaltung des Schulgartens an der Volks- und Bürgerschule den Rest pr 59 fl 32 1/2 Wird mit Beifall zur Kenntniß genommen. - Z 13002 d. Anläßlich der Vertheilung eines Theiles der Sparkassa-Reservefonds Zinsen sind Dankschreiben eingelangt: Von der Direction der k.k. Fachschule, von der Direction der k.k. Oberrealschule, vom Vereine der Schulfreunde, vom Gewerbevereine, vom StenographenVereine und von der Gesellschaft der Musikfreunde. Zur Kenntniß. - Z. 12690, 12961, 13050, 13193, 13242 und 13284.

e. Sind folgende Zuschriften eingelangt. Löbliche Stadtgemeinde Vorstehung Steyr. Die Gemeinde Steyr schuldet der Sparkasse folgende nicht intabulirte Kapitalien: 1. Auf Schuldschein N°. 2096 fl 46.250.- 2. Auf Schuldschein N°. 2300 fl 140.625.- 3. Auf Schuldschein N°. 2644 fl 121.875.- 4. Auf Schuldschein N°. 3032 fl 15.000.- zusammen fl 325.750.- Da seit 1. Jänner 1887 der Zinsfuß für Sparkassa Darlehen auf 4 1/2 % herabgesetzt wurde, so beträgt die Zinseneinnahme aus diesen Darlehen für die gefertigte Sparkasse per Annum fl 14.568 75 xr Bei dem Umstande, als diese Darlehen nicht intabulirt sind wird von diesem Interessenbetrage die 10 % tige Einkommensteuer pr fl.1456 87 xr und die 40 % tige Landesumlage mit fl 582 75 xr vorgeschrieben, so daß die Steuerleistung hievon zusammen fl 2039 62 xr beträgt. Bringt man nun von dem Jahres Erträgnisse der 4 1/2 % Zinsen pr fl 14.568 75 xr die Steuerleistung pr fl 2039 62 xr in Abschlag so ergibt sich, daß die Sparkasse nur eine ZinsenEinnahme von fl 12.529 13 aus den vorstehenden Darlehen zieht.

Da nun die Sparcasse selbst 4 % Zinsen an die Einleger zu entrichten hat, somit von den Schuldkapitalien der Gemeinde pr fl 323.750.- an die Einleger eine Zinsensumme Von fl. 12.950.- zu vergüten hat, faktisch aber nur fl 12.529 13 xr einnimmt, so ergibt sich ein jährlicher Verlußt von fl 420 87 xr für die Anstalt, welcher durch die 40 % tige Gemeinde-Umlage pr fl 582 75 xr auf fl 1.003 62 xr erhöht wird. Die Sparkasse ist der Gemeinde in der coulantesten Weise entgegen gekommen, indem bei diesen grossen Darlehenssummen von je der Intabulation abgesehen wurde, allein die Direction könnte es nicht verantworten, Darlehen in solcher Höhe mit positivem Verluste ausstehen zu haben und sieht sich daher verpflichtet an die Gemeinde Steyr mit dem Ersuchen heran zu treten, zum mindesten diesen Verlust pr fl 1003 62 xr auszugleichen, und ihr diese Steuerleistung rückzuvergüten und diese von der Spar-

kasse einzuhebenden Steuern vom 1. Jänner 1887 an bei der halbjährigen Zinsenzahlung rückzuvergüten. Achtungsvoll Steyr am 17. Oktober 1887. Die Direction der Sparcassa in Steyr Johann Amort mp Wird einstimmig beschlossen das Cassaamt anzuweisen die verlangte Zahlung zu leisten. - Z 12657. f. An die löbliche Stadtgemeinde Vorstehung Steyr. In Beantwortung der geschätzten Note vom 30. August l.Js. Z 10564 beehrt sich die Direction bekannt zu geben, daß nach einer Mittheilung der Direction der Kremsthalbahn der derzeitighe Sommerfahrplan der Züge dieser Bahn auch vom 1. Oktober ab den Winter über unverändert in Wirksamkeit bleibt. Diesemnach und nachdem auch auf der Strecke Sct. Valentin-Kleinreifling eine wesentliche Aenderungt im Verkehre der zum Posttransporte ausgenützten Züge nicht eintritt kann auch eine Aenderung in den dermal günsti-

gen Postverkehrs-Verhältnissen von Grünburg und Umgebung selbstverständlich nicht vorgenommen werden. Der k.k. Oberpostidirector Klimesch mp. Einstimmig zur. Kenntniß. - Z. 11901 g. Dem mündlichen Ansuchen des hiesigen k.k. Gensdarmerie Posten-Commandos um Bewilligung der unentgeldlichen Benützung des neben der für dieses Commando vermietheten Wohnung befindlichen, kleinen Zimmers welches dermalen außer Benutzung steht, wird über Antrag des Herrn G.R. Karl Holub einstimmig dahin Folge gegeben, daß einen etwaigen Widerruf jederzeit und sofort Folge geleistet werden müsse. - Z. 12767 h. Von Seite der Direction der Sparcassa in Steyr ist ein Schreiben eingelangt (wird verlesen) worin dieselbe Verwahrung einlegt über die Äusserungen des Herrn Bürgermeisters anläßlich der in der letzten Gemeinderaths-Sitzung bei Vertheilung der Sparcasse-Re-

servefonds-Zinsen stattgehabten Debatte; ferner wird die Ansicht ausgesprochen, daß die Direction sehr wohl wisse, daß ihr nicht das Recht zustehe bezüglich der Art und Weise der Vertheilung der ReservefondsZinsen seitens des Gemeinderathes Anträge zu stellen, daß sie aber ihren Wirkungskreis nicht überschreitet, wenn sie sich erlaubt diesbezüglich wohlgemeinte Vorschläge zu machen. Der Herr Bürgermeister führt aus, daß er die Angelegenheit rein sachlich behandelt und in keiner Weise persönlich geworden sei. Er als Bürgermeister der Stadt sei in erster Linie verpflichtet für dieRechte der Gemeinde einzutreten und habe er nur von diesem Standpunkt aus gehandelt, daher er die ihm in obiger Eingabe gemachten Vorwürfe auf das entschiedenste zurückweise. Als mit der Auszahlung der Re-

servefondszinsen an die bezugsberechtigten Gemeinden begonnen worden, theilte die Direction der Sparcasse mit Schreiben vom 12. Jänner 1877 der Gemeinde Steyr einfach mit, daß der auf die Gemeinde Steyr entfallende und auf gemeinnützige und wohlthätige Zwecke zu verwendende Betrag gegen gehörig gestempelte Quittung behoben werden könne, worauf dann der Gemeinderath die Vertheilung im Sinne der Widmung theilweise zu Armen- und theilweise zu Schulzwecken vornahm. Dieser Vorgang ist der richtige und wird derselbe auch heute noch bei den Landgemeinden eingehalten. In den späteren Jahren hat die Sparcassadirection geschrieben: "auf die löbliche Gemeinde Steyr entfällt der Betrag von - und ist derselbe auf folgender Weise zu verwenden."

Nachdem die Sparcassa-Direction zu einen solchen Zusatz nicht berechtigt war, habe er in vertraulicher Weise ersucht diesen Zusatz wegzulassen, seit dieser Zeit ist der Zusatz "und ist zu verwenden" weggeblieben, jedoch heißt es z b. in der diesjährigen Zuschrift für die Vertheilung eines Theilbetrages von 5150 fl "erlauben wir uns folgenden Vorschlag zu machen." Es sei richtig und anerkenne er gewiß sehr gerne, daß die Directionsmitglieder der Sparcasse ihr oft mühevolles Amt unentgeldlich ausüben und daß nur Vorschläge, welche für den Gemeinderath direkt nicht bindend sind, erstattet werden; dagegen müsse man aber einerseits bedenken, daß auch die Mitglieder des Gemeinderathes ihr gewiß auch oft mühevolles Amt unentgeldlich ausüben und daß die Vorschläge der Sparcassa-Direction doch indirekt bindend erscheinen,

da es für den Gemeinderath sehr schwer ist einen Verein etc. welcher weis, daß die Sparcasse-Direction für ihn diesen oder jenen Vorschlag gemacht hat, bei der schließlichen Vertheilung zu umgehen, das würde mancherlei Verdruß verursachen; anderseits müsse man aber auch bedenken, daß diese zur Vertheilung gelangenden 5 - 6000 fl ÖW eine 5 % Gemeinde Umlage repräsentiren und daß wenn z.B. besagter Betrag der Armenversorgung gewidmet wurde entweder 5 % Gemeindeumlage erspart wurden oder die alljährige Sammlung zur Hintanhaltung des Strassenbettels unterbleiben könnte. Der Herr Vorsitzende eröffnet nun über diese Angelegenheit die Debatte. Nachdem sich Niemand zum Worte meldet beantragt er über obig erwähntes Schreiben der Sparcasse-Direktion zur Tagesordnung überzugehen.

Für diesen Antrag erhebt sich nur Herr G.R. Karl Holub, wonach dieser Antrag abgelehnt erscheint. Sodann stellt Herr G.R. Friedrich Brandl den Antrag, es sei bei dem Umstande als die Anschauung des Herrn Bürgermeisters eine berechtigte ist, mit der Sparcasse-Direction ein Einvernehmen zu treffen, wonach dieselbe künftighin keine Vorschläge mehr erstatten, sondern es bei der Stadtgemeinde Steyr ebenso halten möge wie bei der Landgemeinden. Herr G.R. Karl Holub unterstützt diesen Antrag: der Herr Bürgermeister wahre eben das Recht der Gemeinde und dasselbe müsse auch jeder Gemeinderath thun; er wolle absolut nicht daß das Bestimmungsrecht der Gemeinde beeinflust werde und hätte diese seine Anschauung gewiß auch schon in der letzten Sitzung

dargethan, wenn er anwesend gewesen wäre. Herr G.R. Mathias Perz ist der Meinung man solle abwarten ob nicht etwa künftighin die Sparcasse-Direction es selbst unterlassen werde, Vorschläge zu erstatten. An der nun folgenden Abstimmung erheben sich für den Antrag der Herrn G.R. Brandl, der Antragsteller und Herr G.R. Karl Holub sonach auch dieser Antrag abgelehnt erscheint. Der Herr Vorsitzende erklärt hierauf daß er sich in dieser Angelegen heit das Weitere vorbehalte. I. Section. Referent, Sections Obmann Herr G.R. Anton Jäger v. Waldau 1. Der Recurs des Anton und der Maria Zarbl gegen die Entscheidung des Armenrathes Steyr wegen Verweigerung eines

Unterstandes wird über Antrag der Section aus den von dem städtischen Armenrathe geltend gemachten Gründen (nachgewiesener Verdienst und bereits gewährte Armenbetheilung) einstimmig abgewiesen. - Z. 12895 II. Section. Referent: Sections Obmann Herr G.R. Mathias Perz. 2. Laut Amtsbericht beläuft sich das Keinerträgniß des städtischen Marktgefälles vom diesjährigen Herbstjahrmarkt auf 410 fl 93 xr, das sind um 21 fl 86 xr mehr als im Vorjahr. Einstimmig zur Kenntniß genommen. - Z. 12786 III. Section. Referent: Sections Obmann Herr G.R. Johann Redl. 3. Wird das Protokoll über die Collaudirung der vom Herrn Baumeister Franz Arbeshuber

erbauten beiden neuen städtischen Zinshäuser in der Bahnhofstrasse verlesen. Die beiden Häuser sind was die eigentliche Baumeisterarbeit anbelangt vollkommen entsprechend ausgeführt, nur bei einzelnen Professionistenarbeiten wurden Nachbesserungen aufgetragen; die Wohnräume im 1. und 2. Stockwerke sind trocken und können sobald sich Miethpartheien finden bezogen werden. Bezüglich der gestellten Nachtragsforderungen von ciria 1000 fl möge zu nächst das Bauamt relationiren. Einstimmig zur Kenntniß. - Z. 12634 IV. Section. Referent: Sectionsobmann Herr G.R. Anton Mayr. 4. Wird über Vorschlag des städtischen Armenrathes und über Antrag der Section einstimmig beschlossen die erledigte Pachersche Pfründe mit täglich 17 1/2 xr dem Michael Steinmayr zu verleihen. - Z 13311

b. Ferner wird über Vorschlag des städtischen Armenrathes und über Antrag der Section einstimmig beschlossen, dem Karl Wittigschlager welcher dermalen einen Wochenverdienst von durchschnittlich 10 fl hat, die Pachersche Pfründe pr täglich 17 1/2 xr zu entziehen. - Z 13312 Hierauf Schluß der Sitzung 5 Uhr Nachmittags. Der Vorsitzende Die Gemeinderäthe Der Schriftführer

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